Norbert Gstrein- Einer

  • Einer- Einer ist Jakob der apathisch in einem Zimmer liegt und womöglich schläft.
    Währenddessen stehen unten in der Küche, bei der Mutter und den Geschwistern, ein Inspektor und sein Gehilfe. Jeder weis etwas über Jakob zu erzählen.
    Wie er geschlagen wurde als Kind, wie er in die große Stadt geschickt wurde um dort das Gymnasium zu besuchen, wie er wieder verstört -nach einigen Monaten- zurück kam, sich vor allen andern verschloss, sich eindeutig gegen jeden und alles stellte, sich für ein Leben hier im Bergdorf entschied wo er begann sich als Schilehrer zu verdingen und wo er nach Monaten und Jahren immer mehr der Einsamkeit und dem Alkohol anheim fiel...und jetzt kommen sie ihn holen.
    Der Inspektor und sein Gehilfe...



    Der Text Einer, des gebürtigen Tirolers Norbert Gstrein, entstand 1988 und dürfte damals, meines Erachtens, nicht nur bei den Kritikern sondern auch beim interessierten Leser positiv aufgenommen worden sein. Gerade zum Ende der 1980-er hin wo immer stärker Begriffe wie No Future und Generation-X als Schlagworte, und schön gewandete Synonyme für die Null-Bock-Generation, herhalten mussten und durch die damaligen Medien geisterten dürfte Gstrein mit seinem Statement den Zeitgeist getroffen haben. Die goldenen 60-er und fetten 70-er wahren vorbei und vieles war im Umbruch begriffen.
    Jakob ist eine Charakter der frei zu sein scheint von jeglichen Zukunftsängsten. Zu sehr ist er in seine Routine aus persönlichen Komplexen und jeglicher Ablehnung der Öffentlichkeit gegenüber sowie dem stetigen Alkoholkonsum eingespannt, als das er sich Sorgen über die Zukunft machen könnte. Er hat einfach keine Motivation sich darum zu kümmern und den Teufelskreis zu durchbrechen.
    Ein Lob verdient der Autor dahingehend das er nicht den selben Fehler begangen hat wie viele vor ihm, nämlich das Geschehen in eine ländliche Umgebung zu verfrachten und dann unmerklich zu ironisieren. Diesen Problemen durch ein unpassendes Augenzwinkern den Ernst zu nehmen nur weil es auf dem Lande, oder wie hier in einem kleinen Wintersportort in Tirol, stattfindet. Denn gerade in solch einem Kontext wirkt das Schicksal des einzelnen unweit tragischer als in einer großen Stadt.
    In der Stadt währe Jakob nur einer von vielen die sich versaufen, aber so -in diesem kompakten Sozialen Umfeld wo jeder jeden kennt- wird er als tragisches Einzelschicksal wahr genommen.
    Zwar nicht weniger aber leider auch nicht mehr.
    Gstrein entlarvt gekonnt den Mechanismus des "Weckschauens" wodurch das WO? eine gewisse Irrelevanz bekommt.
    In Einer sind bereits alle Grundmuster vorhanden die den Autoren auch schon bei Romanen wie Das Handwerk des Tötens auszeichneten. Wieder umkreisend und aus anderen Blickwinkeln versucht er den Werdegang von Jakob anhand von Kommentaren dritter herzuleiten und packt all dies in eine sehr dichte und homogene Sprache. Jene erfordert vom Leser selbst zwar etwas Aufmerksamkeit besticht jedoch im gleichen Maße mit einem makellosen Lesefluß.


    Mit 106 Seiten ist der Text durchaus für einen geruhsamen Sonntag geeignet wobei ich ihm jetzt keinen "Lesezwang" hinzudichten will. Zwar fallen (eben aufgrund der Kürze) keine nennenswerten Kritikpunkte an aber dennoch werden eher Fans Norbert Gstreins zu diesem -doch merklich österreichisch gefärbten- Büchlein greifen.
    Wobei sich hier natürlich niemand abhalten lassen sollte, denn wem auch schon neueres wie obig genannter Roman, Das Handwerk des Tötens, zugesagt hat wird hier einen durchaus interessanten Einstieg in die Frühwerke des Autoren finden.
    Wie gesagt, nicht schlecht aber kein muss so das es von mir insgesammt 3ratten gibt


    Noch ne gute Nacht
    NtM


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    Anmerkung:
    Dem nicht österreichischen Leser, wie natürlich auch allen anderen Interessierten, sei zu der Kommentierten Fassung aus dem Suhrkamp-Verlag geraten, wo einige Begriffe nicht nur näher Erläutert werden sondern dem Text noch ein Umfangreicher Anhang beigefügt wurde.