Zeruya Shalev - Mann und Frau

Es gibt 15 Antworten in diesem Thema, welches 4.894 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von monerl.

  • Hallo,


    mal wieder veranstalten Saltanah und ich eine Minileserunde. Diemal handelt es sich um das Buch Mann und Frau, von Zeruya Shalev.

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    Kurzbeschreibung:


    Udis und Na'amas Ehe ist in eine Sackgasse geraten. Udi reagiert darauf mit den unterschiedlichsten körperlichen Symptomen - einmal ist er für zwei Tage fast vollständig gelähmt, ein anderes Mal wird er für kurze Zeit blind, und das immer nach einem Streit mit Na'ama. Dann legt er sich ins Bett und lässt sich von Frau und Tochter bedienen. Na'ama gegenüber rechtfertigt er dieses Verhalten mit dem Hinweis auf ein acht Jahre zurückliegendes Erlebnis - damals hätte seine Frau ihn beinahe mit einem Maler betrogen. Etwas, was er nie verziehen hat. Na'ama leidet seither unter Gewissensbissen und versucht fast alles, um ihm den Alltag so angenehm wie möglich zu gestalten - nur damit er sie wieder liebt, wie früher. Aber er ist nicht bereit, ihr zu vergeben. So sind beide, Mann und Frau, vor allem damit beschäftigt, sich gegenseitig zu zermürben.
    Schließlich bringt Na'ama ihren Mann zu einer jungen israelischen Heilerin, die ihre Kunst von den alten Tibetern gelernt hat. Sie erkennt, dass nicht nur der Ehemann und Vater, sondern die ganze Familie sich eines kathartischen Prozesses unterziehen muss. Mit dem Haken, dass Udi kurz darauf die Familie verlässt, um zu seiner Ärztin zu ziehen ... Na'ama ihrerseits beginnt eine Affäre mit einem erfolgreichen Architekten, deren intensive erotische Natur ihr zur Offenbarung wird.
    Und doch finden Na'ama und Udi wieder zueinander. Die Trennung ist vollzogen, der unmerklich vor sich hin schwelende alltägliche Hass ist verglimmt - doch vielleicht zeigt sich hier die Chance zu einem neuen Anfang. Ein intelligentes, ein weises Buch über das weite Feld ehelicher Zweisamkeit.


    Ich habe gestern angefangen zu lesen und bin jetzt beim 5. Kapitel angelangt. Mir fällt es momentan noch sehr schwer meine Eindrücke zu diesem Buch zu beschreiben.
    Der Stil ist mir sehr befremdlich, was nicht bedeutet, daß ich ihn als schlecht empfinde, aber ich glaube ich brauche einfach noch ein paar Kapitel um mich einzulesen.
    Die Autorin erzählt in der 1. Person. Die Erzählung an sich erscheint mir sehr unkoordiniert, aber das drückt auach andererseits die Verwirrung der Erzählerin aus, die momentan in einem absoluten Trümmerfeld ihrer Ehe steht. Das fehlen von Satzzeichen kommt da noch erschwerend hinzu. Man (zumindest ich) muß mich sehr konzentrieren um zu registrieren, wer was zu wem sagt.
    Nichts desto trotz, verleitet das Buch zum weiterlesen. Man ist neugierig, fast schon ein bisschen voyeuristisch, wie es in dieser Beziehung wohl weitergehen wird und ob es überhaupt nochirgendwie weitergehen kann. Man hat von Anfang an das Gefühl, daß hier zwei Menschen (mit der 10jährigen Tochter 3 Menschen) zusammen leben, die sich eigentlich aus der Tiefe ihres Herzens hassen und fast nicht die Anwesenheit des anderen ertragen können.
    Dann wird Udi krank, kann sich nicht mehr bewegen und kommt letztendlich ins Krankenhaus. Na'ama scheint sich um ihn zu sorgen, aber ich werde das Gefühl nicht los, daß es wohl eher das Verhalten ist, was sie denkt, daß alle von ihr erwarten, vermischt mit schlechtem Gewissen, warum auch immer.
    Eigentlich ist die ganze Geschichte ziemlich beklemmend. Man hat das Gefühl man schaut gefangenen Tieren zu und das kommt der Beschreibung der Ehe der beiden wohl recht nahe.


    Der Schreibstil an sich ist angefüllt von Metaphern und Adjektiven, daß es mich zu anfang fast erschlagen hat, aber auch daran werde ich mich gewöhnen. Die Sprache ist sehr bildhaft und manchmal schon so intensiv, daß fast kein Raum mehr bleibt für die eigenen Vorstellung und Phantasie, aber das empfinde ich jetzt nicht als negativ. Personen werden dadurch sehr plastisch.


    So, das sind meine ersten Eindrücke und ich werde jetzt die Gunst der Stunde nutzen, daß mein Mann heute frei hat und Tochter somit 100% beschäftigt ist (er aber auch :breitgrins:).


    Tina

  • Hallo Tina,


    ich habe mit der Lektüre gestern abend angefangen und stecke zur Zeit im 6. Kapitel. Hoffentlich haben unsere Bücher dieses Mal gleichviele Kapitel. Ich lese ja die englische Übersetzung mit 284 Seiten und 20 Kapiteln (und hintendrauf ein Zitat von "DIE WELT, Germany" :breitgrins: ; eher ungewöhnlich auf englischen Büchern deutsche Lobpreisungen zu lesen).


    Die ersten Sätze haben mich schockiert: Im Präsens geschrieben, was ich doch gar nicht mag. Allerdings habe ich mich ziemlich schnell daran gewöhnt.
    Die ganz strikte Einhaltung der Erzählperspektive in der 1. Person fasziniert mich hingegen. So subjektiv wie in diesem Buch wird sonst meist auch bei Ich-Erzählungen nicht erzählt (und das liegt natürlich eben an dem von mir ungeliebten Präsens). Alles, was Na'ama durch den Kopf geht, bekommen wir "live" mit, ohne dass ihre Eindrücke durch späteres ein Nachdenken über die Situation gemildert werden. Daher wirken alle Menschen, auf die sie trifft, unsympathisch und in ihren Reaktionen oft unangemessen, was aber (weitgehend) eben durch die gewählte Erzählweise bedingt ist. Aber auch Na'ama wirkt nicht gerade sympathisch auf mich. Sie scheint mir in einer Situation (Ehe) festzuhängen, die einerseits selbst gewählt und andererseits sehr einengend ist. Wie ihre (Ex-)Freundin bemängelte, so möchte Na'ama gerne eine Veränderung, tut aber nichts dafür, diese zustande zu bringen.
    Was Udi angeht, weiß ich noch nicht so recht, was ich von ihm halten soll. Er wirkt zwar wie ein ziemliches A***loch, aber auch da ist zu bedenken, dass wir ihn ja nur aus Na'amas Sicht sehen.
    Mein Eindruck zu dem Buch ist noch sehr zwiespältig; es fasziniert mich mehr, als dass es mir wirklich gefällt, aber schlecht ist es garantiert nicht.


    Viel Spaß mit dem Buch,
    Saltanah

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Mein Eindruck zu dem Buch ist noch sehr zwiespältig; es fasziniert mich mehr, als dass es mir wirklich gefällt, aber schlecht ist es garantiert nicht.


    Sorry, wenn ich hier so hereinplatze - aber dieser Satz charakterisiert die Bücher von Zeruya Shalev in meinen Augen wirklich gut.


    Ich verfolge Eure Leserunde gespannt mit, weil mich das Buch vor einiger Zeit auch sehr beeindruckt hat.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Hi,


    ich bin es nochmal.
    Mittlerweile muß ich sagen, daß Na'ama mir eigentlich leid tut, sie aber auch teilweise selbst dran schuld ist. Ich kann da ihre Freundin Annat schon verstehen, die sagt, ändere endlich was, oder hör auf mich mit Deinem Gejammere zu nerven.
    Ich kenne dieses Gefühl. Wenn es mir manchmal schlecht geht, dann vershcließe ich mich und stelle mich bei meinen Freundinnen tot, denn ich traue mich dann nicht zu sagen, warum es mir schlecht geht, da es oft immer wieder daas selbe ist, ich aber zu doof, zu feige oder auch zu bequem bin, etwas zu ändern. Ich kann von daher gut verstehen, daß einem das auf die Dauer aggresiv macht, wenn man immer wieder Ratschläge gibt, seine Meinung sagt und dann das Gefühl hat, ich hätte eigentlich auch mit der Parkuhr reden können, die hätte für 1 Euro die Stunde, sehr wahrscheinlich besser zugehört und mehr begriffen.


    Udi ist in meinen Augen einfach nur ein selbstherrliches, egoistisches A... Ich habe absolute Aversionen gegen diesen Typ.


    Kapitel 5 Seite 82


    "...vermutlich habe ich mich im Laufe der Jahre zornig damit abgefunden, daß seinem Gefühl nach jede Beschäftigung, die nichts mit ihm zu tun hat, Betrug ist, schon seit Jahren komme ich mit Schuldgefühlen von der Arbeit nach Hause..."


    Das schlimme an der Sache ist, daß mich diese Stelle zu betroffen macht, weil ich dieses Gefühl absolut nachempfinden kann und kenne. :sauer:


    Genauso vermessen und unverschämt ist es von ihm, Na'ama die Schuld daran zu geben, daß er die Tochte hat vom Balkon fallen lassen. Ich bin generell ein Mensch für den partnerschaftliche Treue wichtig ist, aber wenn man so einen Kotzbrocken zum Ehemann hat, dann finde ich es absolut verständlich, daß man ihn betrügt und sich seine Liebe, Wärme und Geborgenheit dort holt, wo man sie gerne und von Herzen bekommt, weil man respektiert und geliebt wird, als der Mensch der man ist.


    Ich muß sagen, da mir das Buch immer besser gefällt, mir aber auch angst macht.


    Tina

  • Hallo,


    während ich meinen Beitrag, schrieb, habe ich nicht mitbekommen, daß ihr geschrieben habt.
    Mein Buch hat ebenfalls 20 Kapitel, aber 399 Seiten.
    Ich glaube, nachdem Du es gesagt hast, daß es vielleicht auch an dem Präsens liegt, daß ich Schwierigkeiten habe, aber wie gesagt, mittlerweile beschäftigt mich das Buch so von seinem Inhalt, daß momentan für mich der Schreibstil etwas in den Hintergrund geraten ist.


    Mein Eindruck zu dem Buch ist noch sehr zwiespältig; es fasziniert mich mehr, als dass es mir wirklich gefällt, aber schlecht ist es garantiert nicht.


    Mich hat es schon extrem misstrauisch gemacht, daß dieses Buch von Marcel Reich-Ranicki gelobt wurde. Da habe ich wirklich gezögert, ob ich es mir kaufen soll. :rollen:


    Tina

  • Lesestand: Bis Kap. 9.


    Au weia, au weia, was bin ich froh, nicht in Na'amas Haut und Ehe zu stecken. Da liegt ja so ziemlich alles im Argen. Ugi ist wieder erkrankt, mit ständig wechselnden Symtomen liegt er nur noch im Bett, und es scheint ihm jedes Verlangen, gesund zu werden zu fehlen. Na'ama schwankt zwischen Mitleid und Abscheu ihm gegenüber, was ich gut nachvollziehen kann. Ganz extrem deutlich werden ihre negativen Gefühle, als es gegen Ende des 9. Kapitels heißt Phantasien seiner Gesundung werden von Phantasien seines Todes abgelöst. Der Tod (aber immerhin nicht ihr eigener Tod, was sonst ja eher die "typisch weibliche" Reaktion ist) als einziges Mittel, einer als ausweglos aufgefassten Situation zu entkommen. Bitter, sehr bitter.
    Einerseits tut sie mir leid, so wie sie sich gefangen fühlt, andererseits möchte ich sie ordentlich schütteln, und ihr sagen, dass sie endlich was unternehmen soll, denn so wie bisher kann es einfach nicht weiter gehen! Interessant ist auch, dass sie zwar ihren schwangeren Mädchen erzählt, diese hätten eine Wahl, aber sich selbst außerstande sieht, eine Wahl zu treffen. Sie agiert nicht, sondern reagiert nur.
    Ich finde die Schilderung ihrer psychischen Hilflosigkeit sehr beklemmend, vor allem weil sie so glaubwürdig geschildert ist. Von außen gesehen ist es klar, dass sie etwas unternehmen müsste und könnte, aber in ihrer Situation kann sie das ebenso wenig, wie Ugi sein altes Leben wieder aufnehmen kann. Furchtbar!

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich bin jetzt bis Kapitel 14 gekommen.


    Also ich kann beim besten Willen kein Verstnändins für Udi aufbringen und ich muß ganz ehrlich sagen, so ehrlich es Sohara vielleicht meint und so sehr sie vielleicht wirklich daran glaubt, aber ihre ständige Aussage wie z.B. in Kapitel 13


    "...du verstehst immer noch nicht, wie die KRankheit funktioniert, wie gewaltig und wunderbar sie ist, sie segnet jeden, der an ihr Teil hat, den Menschen, der sie hat, denjenigen, durch dessen Hilfe er sie bekommen hat, und auch denjenigen, gegen den sie gerichtet ist."


    Ne, dafür habe ich kein Verständnis sondern würde diesem Udi wirklich einfach nur gerne mal links und rechts ein 'runterhauen. Da kann man wirklich nachvollziehen, daß Na'ama manchmal der Gedanke kommt, daß der Tod eine einfache Lösung wäre, so schlimm sich das jetzt anhört, aber sie könnte sich natürlich einfach von ihm trennen. Ich glaube sie geht nicht diesen Schritt, weil sie auch jetzt noch unter der Trennung ihrer eigenen Eltern leidet.


    Kapitel 14


    Udi sagt Na'ama, daß er sich von ihr trennen wird. Ich verstehe sie einfach nicht. Ich an ihrer Stelle wäre einfach nur erleichtert, daß ich mich mit diesem geistig kranken, hypochondirschen Egoisten nicht mehr abgegeben müsste. Mir käme diese Eröffnung wie eine verheißungsvolle Freiheit vor. Warum klammert sie sich jetzt so an diesen Idioten?
    Mittlerweile fällt es mir schwer für überhaupt jemanden Verständnis zu haben.


    Dieses Buch schafft es tatsächlich mich teilweise ganz hippelig zu machen. Ich kann nicht lange an einem Stück darin lesen, weil es mich viel zu sehr bewegt und beschäftigt.


    Wie kommst Du momentan mit dem Schreistil zurecht Saltanah?

  • Hallo,


    ab und an höre ich beim lesen Musik, wenn es passt. Manchmal gibt es lustige Zufälle. Meine Tochter hat heute eine CD aus der Schublade geholt, die schon ganz lange nicht mehr gehört habe und hat sie in den CD-Spieler eingelegt und die Musik passt einfach nur perfekt.
    Achinoam Nini Gil Dor

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    Diese CD hatte ich mir irgendwann in Israel gekauft und bin fast verzweifelt, weil ich dachte ich bin einfach zu blöd um die Hülle aufzubekommen, aber genau wie hebräische Bücher, funktioniert der Verschluß in unseren Augen von hinten nach vorne.
    Von Noa habe ich sehr viele CD's und ich finde ein bißchen stelle ich mir Sohara so vor wie Noa aussieht. Nur nicht so blaß geschminkt.


    Tina :winken:

  • Ich habe gerade das 13. Kap. beendet.
    Seit dem 10. Kapitel, also mit dem Auftauchen von Zohara ist bei mir etwas die Luft raus. Das Buch beklemmt mich nicht mehr so wie am Anfang, jetzt wo eine Lösung des Knotens immerhin in den Bereich des Möglichen gelangt ist. Damit verliert es aber auch an Intensität und an Interesse für mich.
    Zohara machte mich direkt misstrauisch; ich habe Aversionen gegen "fernöstliche Weisheiten" (und Weisheiten insgesamt), obwohl ja auch immer etwas Wahres daran ist. Aber immerhin scheint sie ja sowohl bei Na'ama als auch bei Udi eine Veränderung in Gang gesetzt zu haben. Vielleicht brauchten die Beiden wirklich nur einen kleinen Anstoß von außen, um ihre festgefahrene Situation doch als veränderbar zu sehen. So ganz einfach und glimpflich geht das allerdings zum Glück nicht vonstatten.
    Schlimm (und wahr) war die Kochszene im 12. Kapitel, als sie sich alle gegenseitig wegen Kleinigkeiten Schuldzuweisungen an den Kopf werfen. Nobody needs my sacrifices sagt/denkt Na'ama an dieser Stelle, und dem kann ich nur zustimmen. Dies und der Mangel an Ehrlichkeit (der in der folgenden Einkaufsszene mit Na'ama und Noga besonders deutlich wird) sind mMn die größten Probleme der Familie. Alle haben sie unausgesprochene Erwartungen, reagieren auf ebenso unausgesprochene (vielleicht gar nicht vorhandene) Erwartungen, tun das, was "man eben so tut", und so kann ein Problem nicht angesprochen, geschweige denn gelöst werden. Manchmal gibt es hoffnungsvolle Situationen, in denen das richtige Wort erlösend wirken könnte, aber das richtige Wort wird dann doch durch eine Standardfloskel ersetzt und eine weitere Möglichkeit geht verloren.


    Das Buch gefällt mir also weiterhin, wenn auch nicht mehr so gut wie am Anfang. Es ist kein Buch zum Verschlingen; auch ich muss immer wieder Pausen machen und es zur Seite legen. Hinzu kommt noch der satzzeichen- und absatzarme Stil, der die Lektüre weiter erschwert. Diese Mühe ist es aber auf jeden Fall wert.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Kap. 14 & 15:
    Wow, jetzt geht's wieder richtig rund! Das Buch fesselt mich jetzt noch mehr als am Anfang. Udi Entschluss - auch gleich in die Praxis umgesetzt - Na'ama zu verlassen, kam für sie wie aus heiterem Himmel. Irgendwie kann ich schon verstehen, dass es sie so sehr schockiert: für sie war ja eine Trennung, wie viele Probleme auch auftauchten, außerhalb jeglichen Vorstellungsvermögens. Wie mies auch immer das Verhältnis, so sind sie doch eine Familie und als solche für Na'ama untrennbar. Trotzdem hätte ich sie gerne geschüttelt und ihr gesagt, sie solle doch froh sein, dass er (endlich) weg ist. Nur ist diese Haltung für sie nicht möglich und entsprechend ihr Schock.
    Sehr geärgert hat mich, dass sie weiterhin nicht ehrlich ihrer Tochter gegenüber ist. Sie versuchte, Noga diese Information vorzuenthalten, eine Reaktion, die für mich unter aller Kritik ist. Genauso übrigens wie Udis Brief; er nimmt noch nicht mal Abschied von seiner Tochter! Es wundert mich nur, dass er es Na'ama mitgeteilt hat, und nicht einfach klammheimlich verschwunden ist (mitsamt aller seiner von Na'ama frisch gewaschenen Kleidung :grmpf: ).
    Ist dir auch der Verdacht gekommen, dass sich etwas zwischen Udi und Zohara angebahnt hat? Ganz sicher bin ich mir nicht, aber irgendwie kann ich das Gefühl nicht abschütteln, dass da was nicht stimmt.



    Mittlerweile fällt es mir schwer für überhaupt jemanden Verständnis zu haben.


    Ich kann die Handlungsweisen der beiden zwar nachvollziehen, finde sie also (leider :rollen: ) glaubwürdig, aber Verständnis dafür aufbringen kann ich auch nicht. Ich hoffe nur, dass ich mich nie so bescheuert verhalten werde, aber wer weiß... Weit hergeholt erscheint mir die Geschichte nicht, sonst würde ich sie nicht als so beklemmend empfinden. Der Keim, die Möglichkeit eines solchen Verhaltens findet sich wohl auch in mir :rollen: .

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Uff. Das Buch ist zu Ende.


    In den letzten Kapiteln ist mir Na’ama immer unsympathischer geworden. Wie kann man nur so weit gehen, sich ohne Mann nicht mehr als eigenständige Person definieren zu können. Da geht mir die Hutschnur hoch und dann taucht da noch das nächste absolut selbst überschätzte, überhebliche A…loch auf. Micha. :rollen: Was bitte schön ist dass denn für ein selbstherrlicher Idiot und wie in aller Welt, kann man sich auf so ein Niveau herablassen. Ne, ne, ne. Manchmal denke ich, manche Frauen verdienen es einfach nicht anders. Selbst dran schuld. Die einzige die mir wirklich Leid tut, ist die Tochter und ich glaube dieses Kind geht noch am vernünftigsten und am realistischsten mit der Sache um.
    Das Ende von dem Buch ist extrem abrupt. Ich hatte das Gefühl, dass es mitten im Satz aufhört. Ich habe nach dem letzten Satz umgeblättert und war erst einmal etwas verwirrt, weil da nichts mehr stand. Irgendwie kam ich mir in diesem Moment auch etwas verlassen vor. Nun ja, so hat Na’ama bei meinem gedachten ende wenigstens die Chance sich im Spiegel noch ins Gesicht schauen zu können.


    Das mit Zohara fand ich hatte sich abgezeichnet. Spätestens, als sie so wortkarg wurde und sich so distanziert hatte. Na ja, sie wusste ja, was sie sich da angelt. Geschieht Ihr Recht. Also so einen Hypochonder wollte ich im Leben nicht für alles Geld der Welt zu Hause haben. Ich glaube ich würde nach einer Woche im Knast landen. :kommmalherfreundchen: Auch wie er sich vor seiner Tochter weggestohlen hat, fand ich ziemlich armselig, aber es passt ja zu seinem Charakter, den wir schon zu genüge kennen lernen durften. Die arme Maus. :sauer:.


    Ich habe das Buch gestern beendet und musste es erst einmal überschlafen, bevor ich meinen Senf dazu abgebe.

  • So, ich habe es jetzt auch durch.


    In den letzten Kapiteln ist mir Na’ama immer unsympathischer geworden. Wie kann man nur so weit gehen, sich ohne Mann nicht mehr als eigenständige Person definieren zu können.


    Das ist ja das Problem, das sie die ganze Zeit schon hatte, allerdings war es ihr wohl nicht so recht bewusst. Eigentlich finde ich diese Haltung völlig unakzeptabel, aber ich weiß, wie weit sie (leider) verbreitet ist. Viel zu viele Frauen in meinem Bekanntenkreis können eine schlechte Beziehung erst dann beenden, wenn sie Ersatz gefunden haben. Eine Zeit ohne Mann ist für sie undenkbar, und so schlittern sie von einer Katastrophe in die nächste, ohne sich eine Atem- und Denkpause zu nehmen.
    Ich befürchtete, dass Na'ama das mit Micha (welch ein Mann! :rollen: ) ebenso machen würde, aber es scheint mir am Ende des Buches doch Hoffnung für sie zu bestehen, da sie immerhin sein Büro (vor dem sie ganz unbewusst im Auto wieder landet) nicht wieder betritt. Das Schlimmste an ihrer Eskapade mit Micha war eigentlich, dass sie ihre berufliche Distanz so total verliert, und Yael gegenüber einen Vertrauensbruch begeht. Dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben mit einem anderen Mann Geschlechtsverkehr hat, sehe ich nur positiv; ein Schritt, um über Udi hinweg zu kommen.
    Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass Na'ama sich wirklich entwickelt hat, erwachsener und unabhängiger geworden ist. Ob sich das allerdings so hält, wird nur die Zukunft weisen. Zu einfach ist es, in alte Verhaltensweisen zurückzufallen.


    Richtig gut gefiel mir, wie sie sich am Ende Noga gegenüber verhält. Endlich versucht sie nicht mehr, ihre Tochter durch Lügen zu beschützen, sondern ist ehrlich ihr gegenüber und bringt sie dazu, sich der Wirklichkeit zu stellen. Noga war ja überhaupt die eigentliche Leidtragende, die völlig unverschuldet unter dem Konflikt der Eltern leidet. Aber vielleicht wird es ja jetzt besser. Positiv ist auch, dass Udi immerhin an ihren Geburtstag denkt und sogar auftaucht.
    Ich habe nur Angst, dass er vielleicht doch wieder zurückkommen will, und dass Na'ama das zulässt. Von daher ist das Ende ebenso abrupt wie beunruhigend und auch absolut passend. Dass wir in Unklaren darüber gelassen werden, wie es nun wirklich weitergeht, passt perfekt zu der beunruhigend nahegehenden Erzählweise.


    Fazit:
    Ein anstrengendes Buch, nicht nur wegen des schwer durchschaubaren Stils, sondern auch wegen der Unmittelbarkeit, in der wir mit der Protagonistin konfrontiert werden. Wobei konfrontiert eigentlich das falsche Wort ist; wir werden ihr nicht gegenübergestellt, wir sind Na'ama. Sie kommt nah, machmal zu nah, in ihrer oft idiotischen Denk- und Verhaltensweise, die doch so gar nicht abwegig ist. Beunruhigend ist, wie oft ich mich wiedererkannt habe, mir problemlos vorstellen konnte, selbst in der gleichen Falle zu landen.
    Besonders hervorheben möchte ich die Kombination von Präsens und Ich-Erzählung, die das Buch extrem subjektiv macht. Alle und alles wird einzig durch die Augen von Na'ama geschildert, alle anderen Personen bekommen wir nur aus ihrer (oft ungerechten) Sicht mit. So extrem wie in diesem Buch ist mir das noch nie begegnet.


    Wegen eines leichten Hängers in der Mitte des Buches gibt es eine Maus Abzug:
    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich habe das Buch ja vor einigen Jahren gelesen und war so gefesselt wir Ihr - teilweise tut es weh, weil man eigene Verhaltensweisen erkennt, teilweise einfach deshalb, weil man so schonungslos in Na'amas Gedankenwelt gerissen wird.


    Kürzlich habe ich mir das Hörbuch ausgeliehen, sehr schön gelesen von Anika Pages. Beim Zuhören sah ich Na'ama förmlich vor mir, die Sprecherin setzt diesen Strudel von verwirrten Emotionen wunderbar in Tonfall und Betonung um. Eine Empfehlung, auch als Hörbuch.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Über die Autorin (von Wikipedia abgeschrieben):
    *13. April 1959 im Kibbuz Kinneret (am See Genezareth in Galiläa, Israel) ist eine israelische Schriftstellerin.
    Zeruya Shalev ist die Tochter einer Malerin und Kunstdozentin und eines renommierten Literaturkritikers und Bibelgelehrten, sowie eine Cousine des Schriftstellers Meir Shalev. Nach ihrer Militärzeit studierte sie Bibelwissenschaften und arbeitet heute als Schriftstellerin und Verlagslektorin. Sie lebt mit ihrem dritten Mann und zwei Kindern aus verschiedenen Ehen in Jerusalem, wo sie am 29. Januar 2004 bei einem Bombenanschlag erheblich verletzt wurde.
    In Deutschland bekannt wurde Zeruya Shalev mit dem ersten Band ihrer Romantrilogie über die moderne Liebe Liebesleben. Hier beschreibt sie die inneren Spannungen einer jungen Frau, die sich in einen älteren Mann, einen Bekannten ihres Vaters, verliebt und in Abhängigkeit zu ihm verfällt.
    In Mann und Frau wird das Scheitern einer Ehe beschrieben. Die Protagonistin wird nach vielen Jahren gemeinsamen Zusammenlebens überraschend von ihrem Mann verlassen, begreift diese Neuerung als Chance und bleibt mit ihrem Kind vorerst allein zurück.
    Der letzte Band ihrer Trilogie, Späte Familie, thematisiert das Scheitern einer Ehe und den Prozess dramatischer Krisen, die letzten Endes die Möglichkeit einer „späten Familie“ eröffnen.
    Zeruya Shalev wurde bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.


    Mein Eindruck:
    Zeruya Shalev gehört zu meinen absoluten Lieblingsschriftstellerinnen. Dieses Buch hat mich, wie Späte Familie sehr in seinen Bann geschlagen.
    Die Ehe von Udi und Na’ama steht vor dem Aus. Man hat sich auseinander gelebt, doch noch wollen es beide nicht vor sich zugestehen. Udi reagiert mit unterschiedlichen körperlichen Symptomen auf diese unerträgliche Lebenssituation in der beide stehen. Na’ama, wenig selbstbewusst, reagiert ihrerseits mit Verdrängung. Ihre gemeinsame Tochter Noga ist wie ein Spielball zwischen den beiden.
    Erst als eine „Heilerin“ vor allem Udi die Augen öffnet, beginnt ganz langsam der Umdenkungsprozess. Udi zieht aus und Na’ama muss erst mal mit der veränderten Lebenssituation fertig werden.
    Nur jemand, der selbst in einer ähnlichen Situation war, kann eine Situation so beschreiben, wie es Shalev schafft. Es ist unglaublich wie genau sie die Trennung der beiden darstellt. In ihrer typischen Art zu schreiben, befindet man sich schier im Kopf von Na’ama und durchlebt quälend langsam deren Umdenkungsprozesse unmittelbar mit, das erkennen und akzeptieren der Tatsachen und das langsame Aufbauen von Selbstbewusstsein. Auch ihrer Tochter gegenüber findet sie endlich eine gesunde Einstellung. Und nur so kann auch Udi wieder eine Rolle in deren Leben spielen.


    Für mich ein wirklich großartiges Buch! Und ohne zu zögern kann ich 5ratten vergeben.



    Tina und Saltanah: Eure Minileserunde war damals der Auslöser mir dieses Buch zu kaufen. Vielen Dank dafür :winken:
    Valentine: Das Hörbuch werde ich mir mal vormerken. :smile:

  • [size=13pt]Zeruya Shalev – Mann und Frau[/size]

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    OT: Ba' Al We-Ischa
    OA: 2000
    399 Seiten
    ISBN: 978-3833302695


    Inhalt:
    Udi und Na'ama führen eine Ehe, die von Ereignissen der Vergangenheit belastet ist. Wer trägt die größere Schuld? Udi, der fast den Tod der gemeinsamen Tochter Noga verschuldete? Oder Na'ama, die Udi verletzte, weil sie der Versuchung, mit einem charismatischen Maler fremd zu gehen, nur mit Mühe widerstand? Wo hatte der Reigen der Enttäuschungen und Abhängigkeiten, der sich ausweglos um sich selbst dreht, seinen Ursprung gehabt? Oder musste es so kommen, bei einer Liebe, die schon begann, als beide noch Kinder waren?
    Die Vorwürfe, das immer gleiche Wechselspiel von Schuldgefühl und Verteidigung, dazwischen die gleichzeitig verhätschelte und doch unglückliche, 10-jährige Tochter Noga; das alles lähmt die Beziehungen untereinander und so wundert es nur auf den ersten Blick, dass Ehemann Udi sich eines Morgens tatsächlich nicht mehr bewegen kann. Er ist gelähmt. Jetzt endlich muss in Bewegung geraten, was über die Jahre erstarrt war. Ein zäher Kampf um Leben und Liebe beginnt, in dem eine Heilerin schließlich die eingefahrenen Zusammenhänge durchbricht. Doch einmal aufgebrochen, setzen sich die Kräfte auf eine Weise frei, die nicht vorauszusehen war.


    Eigene Meinung:
    Dieses Buch hat eine erschreckende Nähe zum Leser. Man ist permanent involviert in Na’amas Gedanken und dies im unverfälschten, unrevidierten spontanen Präsens. So ist auch der Schreibstil des kompletten Buches sehr gewöhnungsbedürftig und wird erschwert durch fehlende Redezeichen, so dass man immer sehr darauf achten muss, wann eine Rede beginnt und wann sie endet und vor allem wer was sagt. Dieses Problem tritt aber sehr schnell durch diese besitzergreifende Geschichte verdrängt, die einen sehr viel Mitgefühl (das meine ich jetzt wörtlich) beschert. Man beginnt permanent die Beweggründe und Reaktionen der Protagonisten zu analysieren, sich selbst in diese Situation ein zudenken (Wie würde es mir ergehen? Wie Würde ich reagieren?). Das bedeutet, dies ist kein Buch um Mal darin zu lesen. Man muss sich auf diese Geschichte sehr intensiv einlassen, denn das ist man auf alle Fälle der Autorin schuldig, die einem so hartherzig einen Spiegel vorhält und einen quasi dazu zwingt, sich mit dem (was Beziehungen angeht) Worst Case auseinander zu setzen. Dieses Buch kann einem auch durchaus angst machen, es weiter zu lesen, wenn man sich zu sehr darin wieder findet. Es ist auf alle Fälle ein sehr aktives Buch. Die Autorin geht eine direkte Beziehung zu ihrem Leser ein und bewegt etwas in seinen Gedanken. Was will man mehr von einem Buch. Trotz anfänglicher Unsicherheiten und Zweifel (da von Reich-Ranicki empfohlen :belehr:), war es dieses Buch absolut wert zu lesen.


    Dafür ohne Frage 5ratten


    Tina

  • WOW - Euch hat das Buch tatsächlich gefallen?! Ich kann es fast nicht glauben...


    Ich habe dieses Buch vor vielen Jahren geschenkt bekommen. Dies ist eins der ganz wenigen Bücher, das ich abgebrochen haben, weil ich es - verzeiht mir den Ausdruck - grottenschlecht fand.


    Es war aber sehr interessant, eure Kommentare und Rezensionen zu lesen. :smile:

    Ein Tag ohne Buch ist kein guter Tag!<br />______________________________<br /> :lesen: &quot;Der Tod und die Diebin&quot; - Swantje Berndt<br /> :lesen: &quot;Elyson&quot; - Thomas Elbel<br /> :lesen: &quot;Der Märchenerzähler&quot; - Antonia Michaelis<br /><br />TAMKA 2/4&nbsp; März 2/3&nbsp; Mai 1/2