Leo Tolstoi - Krieg und Frieden (Buch 3 - Teil 2)

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 3.887 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Aeria.

  • Ist die Leserunde eingeschlafen? Oder genießt ihr einfach die letzten schönen Sommertage?


    Ich habe den 2. Teil des dritten Buches erreicht und muss sagen, dass mir der Roman immer mehr und mehr gefällt. Wer hätte das gedacht.
    Die Schlacht von Borodino steht kurz bevor und ich war auch schon bei Wiki, um mir die Sache noch ein wenig näher anzusehen. Bei Wiki gibt es übrigens ein Bild von Kutusow, das ich auf meinem Buchcover habe.


    Neulich habe in knapp zwei Stunden über 100 Seiten gelesen, was für mich - vor allem bei diesem Buch - schon eine große Leistung ist. Aber ich konnte nicht aufhören.
    Teil 1 dieses dritten Buches fing eher langweilig an, aber dann als die Berater des Zaren beschrieben wurden, musste ich kichern. Gut geschrieben, Leo! :zwinker:


    Der alte Fürst Bolkonskij ist tot und ich bin froh darüber. Er war die einzige Figur des Romans, die ich regelrecht hasste. Hoffentlich findet Prinzessin Marja nun ein wenig Frieden und Glück, die Begegnung mit Nikolai Rostow wird sicher dazu beitragen (arme Sonja!).


    ***
    Aeria

  • Ist schon eine Weile her, dass ich Krieg und Frieden gelesen habe, deshalb hab ich nochmal an besonders interessanten Stellen nachgelesen. Ich muss zustimmen, den Tod von Bolkonskij empfinde ich auch als äußerst angenehm, worauf es Tolstoi ja auch angelegt hat. In diesem eil fiebert man ja aber auch vor allem auf die Schlacht von Borodino hin, die äußerst interessant zu werden scheint.

  • Ganz begeistert bin ich übrigens von Tolstois Sichtweise gewisser Ereignisse.
    Er beschreibt z. B. die Begegnung von Lawruschka, Rostows Diener, mit Napoleon, und erwähnt nebenbei noch die Version des Chronisten. Das fand ich witzig.
    Genauso die Truppenbewegungen, von denen die Geschichtsschreiber annehmen, dass sie eine kluge List waren, dabei war alles ganz anders :zwinker: . Wie auch immer es wirklich gewesen ist, ich glaube Tolstoi aufs Wort.


    ***
    Aeria

  • Gelesen habe ich diesen Teil schon vor einiger Zeit, aber irgendwie bin ich nie dazu gekommen, ihn auch zu kommentieren.



    und muss sagen, dass mir der Roman immer mehr und mehr gefällt.


    Das geht mir leider ganz und gar nicht so. Mich langweilt das Buch zusehends. So hervorragend mir auch das erste Buch gefiel, so uninteressant finde ich das dritte, und es fällt mir immer schwerer, es nicht einfach zugunsten anderer Bücher beiseite zu legen (was ich im übrigen in der vergangenen Woche getan habe, aber gestern habe ich mich mit neuer Energie wieder dran gemacht). Zwar gibt es immer wieder interessante Stellen, aber der allgemeine Eindruck ist doch eher negativ.


    Zu den guten Stellen zähle ich die Beschreibung der "Mäntelchen im Wind"-Mentalität der Petersburger Bevölkerung im 6. Kap.. Eben noch stärkstens kritisiert, wird Kutusow mit der Ernennung zum Oberbefehlshaber zum allgemeinen Helden, dessen Vortrefflichkeit nie jemand nie nicht angezweifelt hatte :zwinker: . Nur eine arme, auf Aufstieg bedachte Socke bekam den Meinungsumschwung nicht rechtzeitig mit und setzte sich dementsprechend in die Nesseln.


    Im 7. Kap. erhärtet sich mein früher geäußerter Verdacht: Tolstoi hat sich tief in die Literatur zu Napoleons Russlandfeldzug eingelesen, und zitiert oder referiert diese fleißig. (Für meinen Geschmack zu fleißig.)


    Dem Grafen Bolkonskij weine ich auch kein Tränchen hinterher. Endlich ist der Tyrann tot und Marja hoffentlich frei! Ob das wirklich was zwischen ihr und Nikolai geben wird? Treffend geschildert die Reaktion Marjas auf seinen Schlaganfall: Insgeheim wünscht sie sich den Tod des Grafen eher als seine sowieso unrealistische Gesundung und gleichzeitig ist sie entsetzt über diesen Wunsch. Eine Reaktion, die sehr menschlich ist und bei Angehörigen schwer kranker Menschen immer wieder vorkommt.


    Kap. 15:
    Eine Sprachfrage: Denisow (der also doch noch lebt) benutzt Fürst Andrei gegenüber den Ausdruck "Guerillakrieg". Wie drückt er sich im Original aus? Gibt es das Wort schon so lange, oder ist es eine schlecht gewählte, anachronistische Übersetzung?


    Kap. 26:
    Napoleon wird als Witzfigur dargestellt. Etwas davon wünschte ich mir auch (wie schon mehrfach erwähnt) bei der Beschreibung des Zaren.


    Kap. 27:
    Napoleons Schlachtplan: b010.gif


    Kap. 32 & 33:
    Ein Vergleich des Verhaltens Napoleons und Kutusows zeigt eindeutig, auf welcher Seite Tolstoi verständlicherweise seine Sympathien hat. Napoleon wirkt im Vergleich zu Kutusow einfach unfähig.


    Was soll man zu Pierres Verhalten anderes sagen als: Der spinnt doch!


    Kap. 35:
    Auch hier zeigt sich wieder einmal, wer ein richtiger Held und wer ein Mistkerl ist: Andrei erträgt stoisch seine schlimme Bauchverletzung, während Anatol ganz unheroisch schreit. Etwas zu klischeehaft gezeichnet für meinen Geschmack.


    Kap. 36:
    Zu Zehntausenden lagen Menschen in allen möglichen Uniformen tot auf den Wiesen und Äckern (...) :entsetzt: Und wozu? Krieg ist ein Horror.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Saltanah
    Zu dem Guerillakrieg.
    Im Russischen heißen die Guerillas Partisanen, so steht's auch in meiner Ausgabe. Ich dachte mir schon, dass das Wort so übersetzt worden ist, denn ich habe "Partisan" noch nie irgendwo gelesen, obwohl es dieses Wort auch im Deutschen gibt, siehe Wiki.


    So, die Schlacht von Borodino ist vorbei. Endlich :rollen: . Ich hatte schon vor Beginn der Kampfkapitel eine Abneigung gegen diese Schlacht, aus einem ganz wunderlichen Grund: In der 4. Klasse mussten wir ein 4seitiges Gedicht ("Borodino" von Lermontow) auswendig lernen. :zwinker: Das hinterlässt Spuren.


    Ist Fürst Andrej jetzt tot oder wie?


    Zu Pierre schließe ich mich Saltanahs Meinung an. Der spinnt echt. Was sucht er denn auf dem Schlachtfeld?! Er kann kaum reiten, kann nicht schießen, ist jedem im Weg und hat nicht die geringste Ahnung von dem, was da eigentlich strategisch vor sich geht. Aber was habe ich eigentlich erwartet? Pierre war von Anfang an ein Tölpel und das wird er wohl auch bleiben...


    ***
    Aeria

  • Danke für die Auskunft, Aeria. Partisanen, natürlich. Darauf hätte ich selbst kommen können. Für mich ist das ein geläufigeres und "deutscheres" Wort als Guerilla, dass ich immer noch als Fremdwort auffasse.



    Ich hatte schon vor Beginn der Kampfkapitel eine Abneigung gegen diese Schlacht, aus einem ganz wunderlichen Grund: In der 4. Klasse mussten wir ein 4seitiges Gedicht ("Borodino" von Lermontow) auswendig lernen. :zwinker: Das hinterlässt Spuren.


    Das ist kein sonderbarer, sondern äußerst verständlicher Grund. Mein Beileid an alle russischen Viertklässler.


    Ist Fürst Andrej jetzt tot oder wie?


    Ich glaube schon. Eine solche Bauchwunde kann man ohne Antibiotikum und mit Schlächtern statt Chirurgen wohl kaum überleben. Andererseits ist er ja der positive Held und als solcher in der belletristischen Logik eigentlich unsterblich. Wir werden's erfahren.

    Wir sind irre, also lesen wir!

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • [quote author=Saltanah]
    Kap. 32 & 33:
    Ein Vergleich des Verhaltens Napoleons und Kutusows zeigt eindeutig, auf welcher Seite Tolstoi verständlicherweise seine Sympathien hat. Napoleon wirkt im Vergleich zu Kutusow einfach unfähig.
    [/quote]


    Was hast du erwartet? Das Buch hat ein Russe geschrieben, der war sicher nicht gut auf Napoleon zu sprechen :zwinker: . Der Roman ist ein paar Jahrzehnte nach den beschriebenen Ereignissen erschienen, da stand Russland wahrscheinlich sowieso noch unter Schock. An den Ersten Vaterländischen Krieg, wie er in Russland heißt, denkt man heute noch.


    Ach ja, was mir gar nicht gefällt, ist meine Ausgabe. Der erste Band war völlig ok, der zweite hat auf JEDER Seite Druckfehler, manchmal bis zu vier Stück, das regt mich so auf, dass ich kaum weiterlesen kann.


    ***
    Aeria