Zeruya Shalev - Späte Familie

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  • Wie würde bei Euch die Entscheidung ausfallen, wenn man sich trennen will, weil es einfach nicht mehr geht, weil man keinerlei Gemeinsamkeiten mehr hat, bzw. der andere sich überhaupt nicht mehr für die Belange des Partners interessiert, es nur noch Streit gibt, Anschuldigungen und keinerlei Anerkennung; man geht an dieser Beziehung ein, traut sich aber nicht den entgültigen Schritt der Trennung zu gehen, weil man klipp undklar gesagt bekommt: "Dann geh' doch, aber unsere Tochter bleibt bei mir. Wenn ich morgen zu meinem Chef gehe und ihm sage, daß ich ein alleinerziehender Vater bin bekomme ich sofort einen Kindergartenplatz und eine Halbtagsstelle." Was ist, wenn man es nicht erträgt, sein Kind nicht mehr zu sehen und statt dessen auf Grund einer Erpressung genötigt wird, zu bleiben. Zerstört man sich dabei selbst oder die Familie?

  • Ich hatte leider in den letzten Tagen sehr wenig Zeit zum Lesen, habe jetzt das 12. Kapitel beendet.


    Momentan spüre ich leise Kritik an Ella. Ich freue mich für sie, dass sie sich anscheinend verliebt hat und auch von einer gemensamen Zukunft mit Obed träumt (richtig pubertär ist sie geworden :zwinker: ), allerdings halte ich sie doch für verantwortungslos ihrem Sohn gegenüber. Nach einer Trennung muss man unbedingt das Wohl des Kindes im Auge haben, das ist wichtiger als alles andere. Natürlich hat auch Ella Bedürfnisse und es geht ja auch um ihr Leben. Doch so rasch nach einer Trennung eine neue Beziehung eingehen zu wollen, finde ich übereilt. Sie soll doch zuerst zu sich selber finden und ihr Leben und das ihres Sohnes in Ordnung bringen.


    Außerdem habe ich ein bisschen den Verdacht, dass es sich um eine "Zweckbeziehung" handeln würde. Sowohl Oded als auch Ella haben eine langjährige Beziehung hinter sich, Jahre des Streits und der Anschuldigungen bis zur schmerzvollen Trennung. Jeder der beiden ist alleine, fühlt sich unverstanden und verloren. Das ist doch die beste Basis, um einander zu trösten, sich einander zu bemitleiden, usw. Ob es allerdings auch eine Basis für eine ordentliche dauerhafte Beziehung ist, das wage ich noch zu bezweifeln.


    Amnon hat nicht unrecht, wenn er behauptet, sie habe nur sich selber im Sinn, sie sei egoistisch. Auch ihr Sohn ist momentan eher "Mittel zum Zweck", durch ihn kann sie Kontakt zu Oded herstellen.


    Aber - wie schon erwähnt - wenn man nicht betroffen ist, kann man gut reden!
    Ich habe auch den Eindruck, dass Zeluya Shalev dies alles selber erlebt hat, denn ansonsten könnte man es nie so authentisch und treffend schildern!

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Ich bin gerade auch mitten in Kapitel 17.


    Der Besuch bei Ellas Eltern war insgesamt mehr als skurril. Mir tat Oded ein wenig leid, wie er da herhalten muss, weil Ella ihren Eltern etwas beweisen will :rollen: Und die Eltern - naja, ohne Worte. Dass sie das Kindergeschirr nicht abgeräumt haben, zeigt ganz genau, wie unflexibel sie sind. Eigentlich kann Oded froh sein über die Fischgräte, dadurch konnte er wenigstens einen positiven Eindruck hinterlassen...


    Sehr überrascht war ich von Amnons Reaktion auf Ellas Ankündigung, dass sie zu Oded ziehen möchte. Jetzt fängt der damit an, dass er eigentlich die Beziehung wieder aufnehmen will und damals, als Ella ihn zurückholen wollte, nur so reagiert hat, wie er glaubte reagieren zu müssen :rollen:


    Ich bin gespannt, wie Gili auf die Neuigkeit reagieren wird, ich befürchte da noch größere Kämpfe...


    Auch die Tatsache, dass Oded seine alte Familie noch nicht richtig loslassen kann, zumindest was die Kinder betrifft, könnte ich mir noch als Problemherd vorstellen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Guten Morgen,


    Aber liegt das nicht einfach an der normalen Entwicklung? Oder denkt Ihr, dass dies auch mit der elterlichen Trennung zu tun haben könnte?


    Ich habe zwar kein Kind, aber ich könnte mir vorstellen, dass es eine Mischung zwischen beiden ist.
    Ich kann mir vorstellen, dass er vorher sehr von Ella (und auch von Amnon) verwöhnt wurde. Das er der Mittelpunkt ihres Lebens war und alles nach ihm ausgerichtet wurde. Wenn man sich auf diesem Platz nicht mehr wiederfindet ist es bestimmt für ein Kind nicht so leicht damit umzugehen.
    Dazu kommt noch die ganze Belastung, dass sich Mama und Papa getrennt haben, dass das Leben einfach nicht mehr so ist wie vorher. Das sich alles geändert hat.
    Und ich glaube, dass da die ersten zarten Abnabelungsversuche sind.
    Wie sehen das die anderen?



    Sehr überrascht war ich von Amnons Reaktion auf Ellas Ankündigung, dass sie zu Oded ziehen möchte. Jetzt fängt der damit an, dass er eigentlich die Beziehung wieder aufnehmen will und damals, als Ella ihn zurückholen wollte, nur so reagiert hat, wie er glaubte reagieren zu müssen :rollen:


    Hat mich im ersten Moment auch etwas gewundert. Aber ich habe mir so eine Theorie erstellt, dass er doch etwas eifersüchtig ist. Ella hat ja doch verhältnismäßig schnell (nach ein paar Monaten) wieder eine neue Beziehung und dann zieht sie auch noch zu dem Mann. Ich glaube, dass da Amnon sich als Ex-Mann etwas getroffen gefühlt hat und deshalb so im ersten Moment reagiert hat. Vielleicht hat er daran geglaubt, dass ihn Ella noch ewig lieben und ihm frei zur Verfügung stehen würde. Ich empfand seine Reaktion damals als sehr deutlich. Und hatte den Eindruck von ihm, dass er einen Schlussstrich gezogen hatte. Vielleicht hatte es ihm damals in seiner männlichen Ehre etwas geschmeichelt und war jetzt mit der neuen Situation einfach überfordert. :schulterzuck:


    Liebe Grüße
    wolves

  • Gilis Verhalten würde ich genauso interpretieren wie Du, wolves :winken:


    Und Amnon ... ja, kann schon sein, dass es eher ein reflexartiger Versuch ist, ein Terrain zu verteidigen, das er eigentlich schon verloren hat, nämlich seinen Anspruch auf Ella :schulterzuck:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • So, Mittagspause sei Dank ist Kapitel 17 jetzt beendet.


    Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit Maja (die ist wohl auch schon in der Vorpubertät ;) ) und Gili ist der gemeinsame Abend mit den Kindern ja recht harmonisch verlaufen. Allerdings übertreibt Ella für meine Begriffe ein wenig, wie sie Oded ins Schlafzimmer zerrt und sich kaum beherrschen kann, weil sie ihn unbedingt "will".


    Ich finde es auch nicht so gut, dass sie Gili einfach machen lässt, was er will (z.B. als er und Jotam mit der Pizza herumspielen), nur damit sie in Ruhe verknallt sein kann.


    Andererseits fand ich auch die Reaktion von Talja in dem Café und das Telefonat blöd. Als Außenstehende kann sie die Situation nicht wirklich beurteilen und stellt sich sehr offensichtlich auf Amnons Seite (der ihr wohl seine Sicht der Dinge erzählt hat).

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich bin jetzt mitten in Kapitel 16. Ich finde dieses Buch so wunderbar, ich kann meiner Begeisterung kaum Ausdruck verleihen!


    Obwohl ich es nach wie vor etwas übereilt finde, bahnt sich nun eine Beziehung zu Oded an. Interessant, dass eindeutig Oded der Vernünftigere der beiden ist. Sein Einfluss ist sicher sehr gut für Ella, er öffnet ihr die Augen, er macht ihr die Fehler, die sie in der Vergangenheit begangen hat, bewusst, er kann ihr sicher sehr hilfreich sein zur Selbstfindung und dass sie weiß, was sie will.


    Aber dennoch ist er mir ein bisschen suspekt. Seine tiefe "Seelenschau" würde mich ängstigen. Aber besonders gut gefallen hat mir die Metapher von Freuds Theorie der "Seelenausgrabung". Denn nichts anderes findet in diesem Buch statt. "Seelenarchäologie"!


    Zur Entwicklung/Abnabelung von Gili möchte ich noch sagen, dass sein Verhalten sicher ein Entwicklungsprozess ist. Er war doch ein sehr wohlbehütetes Kind und wird nun in der Schule mit vielen Dingen konfrontiert, die ihm vielleicht nicht bekannt waren. Dazu nimmt ihn sicher die Trennung seiner Eltern sehr mit. Und alles zusammen ergibt wohl ein nicht sehr pflegeleichtes Kind.


    Zum nächtlichen Anruf bei seinem Vater (Trennungsschmerz): Hier würde ich doch Amnons Reaktion verteidigen. Natürlich leidet das Kind unter der Trennung. Dennoch muss man - gerade in so einer Situation - dem Kind genaue Grenzen aufzeigen. Denn so ein Kind entwickelt sich rasch zu einem kleinen Diktator und dann dirigiert er seine Eltern! Das Kind ist nicht alleine, die Mutter ist ja bei ihm. Und er ist in einem Alter, in dem man ihn sehr gut verständlich und freundlich erklären kann, dass die Rollen nun verteilt sind. Wenn es auch hart klingt - ich glaube, dass dies der beste Weg ist, dass sich das Kind mit der neuen Situation anfreundet.

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

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  • Zur Entwicklung/Abnabelung von Gili möchte ich noch sagen, dass sein Verhalten sicher ein Entwicklungsprozess ist. Er war doch ein sehr wohlbehütetes Kind und wird nun in der Schule mit vielen Dingen konfrontiert, die ihm vielleicht nicht bekannt waren. Dazu nimmt ihn sicher die Trennung seiner Eltern sehr mit. Und alles zusammen ergibt wohl ein nicht sehr pflegeleichtes Kind.


    Zum nächtlichen Anruf bei seinem Vater (Trennungsschmerz): Hier würde ich doch Amnons Reaktion verteidigen. Natürlich leidet das Kind unter der Trennung. Dennoch muss man - gerade in so einer Situation - dem Kind genaue Grenzen aufzeigen. Denn so ein Kind entwickelt sich rasch zu einem kleinen Diktator und dann dirigiert er seine Eltern! Das Kind ist nicht alleine, die Mutter ist ja bei ihm. Und er ist in einem Alter, in dem man ihn sehr gut verständlich und freundlich erklären kann, dass die Rollen nun verteilt sind. Wenn es auch hart klingt - ich glaube, dass dies der beste Weg ist, dass sich das Kind mit der neuen Situation anfreundet.


    Das sehe ich genauso wie Du, aber ich glaube, daß Ella ihm soviel durchgehen läßt, liegt vor allem daran, daß sie ein shclechtes Gewissen hat. Sie weiß, auch wenn sie richtig gehandelt hat, daß sie die Hauptverursacherin der Situation ist und das versucht sie abzumildern, in dem sie sich bei ihrem Kind beliebt machen will, weil sie einfach Angst hat, daß Gili sie vielleicht eines Tages nicht mehr mag, oder sie sich unsicher ist, was Amnon Gili über sie erzählen könnte und ob das Kind solche Geschichten vielleicht glauben könnte. Auch wenn ich ebenfalls der Meinung bin, daß es jetzt verkehrt ist die Erziehung schleifen zu lassen, kann ich Ellas Handeln nachvollziehen.


    Kapitel 16:
    Ich bin der Meinung, daß Ella, in dem sie sich direkt in eine neue Beziehung stürzt, sich keinen Gefallen tut. Sie muß einfach mal mit sich alleine sein, sie braucht jetzt die Chance sich selbst kennenzulernen und die nutzt sie nicht. Ich weiß aber auch, daß es Menschen gibt, die nicht alleine leben können und wahnsinnig werden, wenn sie alleine sind.


    Tina

  • Tina: Ich sehe es auch so wie du. Ich kann Ella auch gut verstehe, wenn sie Gili zu viel durchgehen lässt. Sie hat ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber, keine Frage. Aber für das Kind wäre es besser, hätte es eindeutige Grenzen, an die es sich richten kann. (aber man redet sich leicht, wenn man nicht in der Situation ist!!).


    Ich glaube auch, dass erst einmal Ella zu sich finden muss und sich selber bewusst machen soll, was sie wirklich will bzw. Boden unter den Füßen erlangen. Nur dann gibt es eine Zukunft. Wie Freud (?) schon sagte, gibt es nichts Neues, ohne vom Alten tatsächlich Abschied genommen zu haben.

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Beim Thema Trennungsschmerz/Anruf gebe ich Amnon in der Sache absolut recht, aber nicht im Ton, den er anschlägt.


    Ich bin jetzt mit Kapitel 19 fertig. Wieder einmal ist Ella hin- und hergerissen, würde ihre Entscheidung am liebsten in allerletzter Minute rückgängig machen, weil sich vor ihr plötzlich potentielle Probleme auftürmen: Gilis Zimmer ist zu klein, was ist, wenn es ihm nicht gefällt, passen sie und Oded überhaupt zusammen ...


    Eine Beziehung mit Ella zu führen ist wohl nicht einfach, sie kommt mir etwas wankelmütig vor - oder vielleicht auch schlichtweg unsicher, was für sie und vor allem für Gili das Beste ist.


    Bei der Besichtigung der neuen Wohnung, dem Einzug und dem Gespräch mit Oded über Michal, die seit Jahren an Depressionen oder ähnlichem zu leiden scheint, kommt sehr schön heraus, wie schwer es ist, als Patchworkfamilie neu anzufangen. Allen Kindern in gleichem Maße gerecht zu werden, stelle ich mir bei einer solchen Konstellation noch viel schwieriger vor als bei Kindern aus einer intakten Ehe. Eifersüchteleien sind hier auch bei den Elternteilen vorprogrammiert, die Vorgeschichte, die frühere Beziehung, die Kontakte zu den Expartnern spielen mit hinein und verkomplizieren alles...

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich bin jetzt mitten in Kapitel 17.


    Was ich mich die ganze Zeit frage: Was findet Oded an Ella, dass er sich so rasch in eine neue Beziehung stürzt?


    Er kennt sie so gut wie gar nicht, er kritisiert oft genug ihr Verhalten, findet sie wohl auch oftmals "zickig", weist sie zurecht und bremst sie ein. Es geht ihm auch nicht um eine Affäre, denn dann hätte er sich in der ersten Nacht nicht so zurückhaltend verhalten.
    Er macht einen so vernünftigen Eindruck und will einerseits nichts übereilen, andererseits bittet er sie, zu ihm zu ziehen?
    :confused: da versteh' einmal einer die Männer :confused:


    Also, mir geht das irgendwie alles zu schnell.....

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Zitat


    Ich finde Oded auch etwas undurchschaubar, aber bekanntlicherweise sind Psychiater meist ihre besten Kunden.


    Ja, da hast du wohl recht! :breitgrins:



    Kapitel 19:


    Irgendwie habe ich das Gefühl, dass seit einigen Kapiteln das Niveau etwas abfällt. Ella nervt mich inzwischen schon einigermaßen mit ihrem ewigen Hin und Her, ihren Launen, ihrer Unsicherheit. Sie soll endlich mal Nägel mit Köpfen machen!


    Wie Valentine schon erwähnte zeigen sich nun die Probleme einer Patchworkfamilie. Es ist leichter gesagt als getan, in der Theorie scheint es einfach - große Wohnung, Kinder im ungefähr gleichen Alter, die noch dazu Freunde sind - doch die Realtiät und Praxis sieht anders aus. Natürlich sieht jeder Elternteil seine Kinder zuerst, auch die Kinder erkennen die Konkurrenz und fühlen sich gleich vernachlässigt oder hintangestellt.
    Und in der Patchworkfamilie von Ella und Oded da fehlt noch sehr vieles, das ist mehr ein "Gegeneinander" statt eines "Miteinanders".


    Ella zieht nun in die neue Wohnung ein und bekommt gleich einen Dämpfer nach dem anderen. Oded scheint ja alles andere als "pflegeleicht" zu sein, er kritisiert an ihr herum, nichts ist ihm recht. Ich würde ihr raten, sofort die Sachen zu packen und abzuhauen, bevor es zu spät ist!

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  • Irgendwie habe ich das Gefühl, dass seit einigen Kapiteln das Niveau etwas abfällt. Ella nervt mich inzwischen schon einigermaßen mit ihrem ewigen Hin und Her, ihren Launen, ihrer Unsicherheit. Sie soll endlich mal Nägel mit Köpfen machen!


    Dagegen hätte ich auch nichts einzuwenden gehabt ... wobei ich diese Kapitel auch nicht schlecht erzählt fand, mir ging Ella einfach nur ein wenig auf die Nerven ;)


    Ich bin gestern mit dem Buch fertiggeworden.


    Die Rivalitäten in der neu entstehenden Patchworkfamilie waren wohl ein Punkt, mit dem Ella in dem Umfang nicht gerechnet hätte. Wie eine Tigerin verteidigt sie Gilis Rechte, während Oded zusätzlich zu den "normalen" Besuchstagen auch noch Michals Krankheitstage abfedern muss. Teilweise hatte ich das Gefühl, dass da ein regelrechter Stellvertreterkrieg geführt wird, die Elternteile fordern Rechte für ihre jeweiligen Kinder ein, während die das in manchen Fällen lockerer sehen als die besorgten Eltern (z.B. bei dem Streit um Größe und Aussicht von Gilis Zimmer).


    Odeds Gemecker, Ellas Zickereien - schwer zu ertragen, aber eigentlich normal, da die beiden ja nach sehr kurzer Bekanntschaft schon zusammengezogen sind. Wenn Ella sich gelegentlich Amnon zurückwünscht, ist es wohl auch das Gefühl, dass sie seine Fehler und Macken wenigstens kennt, während sie sich von Odeds Zurechtweisungen einfach nur brüskiert fühlt.


    Und da die Atmosphäre durch die Diskussionen wegen der Kinder schon so aufgeheizt ist, bringen sie es nicht fertig, sich mal in Ruhe zusammenzusetzen und Dinge zu bereden und zu klären - wie sie es dann tun, als Oded zusammenbricht und krank wird. (Seine Symptome klangen für mich stark nach Burnout-Syndrom, da er ja auch im Beruf emotional stark beansprucht wird.)


    Traurig fand ich die Geschichte mit Keren, der fröhlichen, hübschen Frau, in deren Leben alles glattzugehen schien und die jetzt schwer krank ist und im letzten Kapitel zu Grabe getragen wird. Vielleicht ein Symbol dafür, dass "nicht alles Gold ist, was glänzt", dass es in jeder Familie Schicksalsschläge und Probleme zu meistern und zu ertragen gilt und dass Ella nicht die einzige ist, vor der sich Hürden auftürmen, die zunächst viel zu hoch erscheinen.


    Der Schluss, so traurig das Umfeld ist, lässt hoffen, dass es doch noch klappt mit der Patchworkfamilie, da Ella und Oded auf der Beerdigung ohne Bitterkeit mit Amnon und Michal zusammentreffen.


    Eine Rezi gibt's in einem Extra-Thread.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Was für ein Buch!


    Ich habe es soeben beendet und stehe noch ganz im Bann dieser Atmosphäre!


    Das letzte Kapitel war sprachlich so gelungen, ich kann nur mein Haupt vor Bewunderung neigen, wie Zeruya Shalev mit Worten umzugehen versteht, ohne jemals sentimental oder kitschig zu werden. Natürlich auch eine Meisterleistung der Übersetzerin, Mirjam Pressler!


    Inhaltlich wäre zu den letzten Kapiteln noch zu sagen, dass es furchtbar traurig war! Dass Ella eine tragische Figur ist, die es ja doch nur gut meint, sich aber vieles selber zerstört durch ihre Naivität und auch ihren Egoismus.


    Wie relativ alles im Leben ist zeigt der frühe Tod von Karen. Ich glaube, dass es Ella da so richtig bewusst wurde, was sie weggeworfen hat, dass ihre kindischen Reaktionen, ihr Wettbewerb mit Oded einfach lächerlich war. Dass es im Leben um etwas ganz anderes geht!


    Der Schluss lässt doch sehr viel Hoffnung verspüren, dass alles besser wird und die 4 Beteiligten ihr Leben wieder in den Griff bekommen werden.


    Zitat

    Seine Symptome klangen für mich stark nach Burnout-Syndrom, da er ja auch im Beruf emotional stark beansprucht wird.)


    Ja, das sehe ich auch so! Und seine Erkenntnis, dass er nicht der starke Mann ist, der er sein möchte bzw. der von ihm verlangt wird. Eigentlich auch eine tragische Gestalt!


    Auch mein Fazit werde ich im Rezensions-Thread noch posten, aber vorher muss ich das Gelesene verdauen und sacken lassen!

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • KApitel 19


    Oded wird mir langsam immer unsympathischer. Er erscheint mir sehr egoistisch, er ist sehr bestimmend und will daß alles nach seinem Willen verläuft. Ausserdem finde ich es störend, daß er ständig Alkohol trinkt und zwar zu jeder Tageszeit.
    Ich bin weiterhin und nun erst Recht der Meinung, daß Oded und Ella viel zu früh zusammengezogen sind. Anstatt ihre Freiheit zu genießen, wieder Selbstvertrauen, als eigenständiger erwsachsener Mensch zu bekommen fällt sie vom Regen in die Traufe, ordnet sich unter und handelt sehr oft gegen ihren eigentlichen Willen nur um des lieben Friedens willen. Das kann eigentlich nicht gut gehen. Wenn ich schon, bevor ich mit jemandem zusammenziehe, solche Zweifel habe, dann lasse ich es doch lieber. Das kann ich niht verstehen und ertappe mich ab und an bei dem Gedanken."Selbst dran Schuld Ella, nun jammer nicht 'rum", obwohl si emir eigentlich schon sehr sympathisch ist. Ich wünsche ihr so sehr einen Platz im Leben, an dem sie frei atmen kann, ohne ständig Kompromisse einzugehen und einfach mal ihren ganz eigenen Wünschen auf eine gesunde egoistische Weise nachkommt.
    Tina


  • Ausserdem finde ich es störend, daß er ständig Alkohol trinkt und zwar zu jeder Tageszeit.


    Irgendwie ist mir das gar nicht aufgefallen :confused: Gibst Du mir noch mal einen Tip?!

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Wollte mich auch mal wieder melden. Ich bin gestern abend mit dem Buch fertig geworden und musste erst noch etwas sacken lassen bevor ich so meine ersten Eindrücke schreibe.


    Irgendwie ist mir das gar nicht aufgefallen :confused: Gibst Du mir noch mal einen Tip?!


    Das war mir auch schon unangenehm aufgefallen. Z.B. auf Seite 312: "...er gießt mir höflich Whisky aus der schon halb leeren Flasche in ein Glas..." (die Flasche war vorher voll). Auf Seite 344 wird am nächsten Tag der Rest der Flasche ausgetrunken. Wenn man einmal darauf achtet, fällt es einem ständig auf, dass Oded fast immer ein Glas hochprozentiges in der Hand hält.


    Auch meiner Meinung nach haben Ella und Oded viel zu früh eine neue Beziehung angefangen. Ich glaube beiden hätte es besser getan sich erst mal klar zu werden, an was ihre alten Beziehungen erkrankt sind, was ihre eigenen Beiträge dazu waren und die Beiträge der entsprechenden Partner. Einfach mal wieder zu sich zu finden. Ich glaube daran, dass man erst wieder für eine neue Beziehung bereit ist, wenn man mit sich und der alten Beziehung im reinen ist.


    So haben sie beide mit ihren alten "Geistern" zu kämpfen und hatten auch noch die Probleme einer Patchworkfamilie, mit den vielen unterschiedlichen Bedürfnissen ihrer Kinder (für die eine Trennung und eine neue"Familie" ja auch nicht so leicht zu bewältigen ist) umzugehen.



    Die Rivalitäten in der neu entstehenden Patchworkfamilie waren wohl ein Punkt, mit dem Ella in dem Umfang nicht gerechnet hätte. Wie eine Tigerin verteidigt sie Gilis Rechte, während Oded zusätzlich zu den "normalen" Besuchstagen auch noch Michals Krankheitstage abfedern muss. Teilweise hatte ich das Gefühl, dass da ein regelrechter Stellvertreterkrieg geführt wird, die Elternteile fordern Rechte für ihre jeweiligen Kinder ein, während die das in manchen Fällen lockerer sehen als die besorgten Eltern (z.B. bei dem Streit um Größe und Aussicht von Gilis Zimmer).


    Kann ich dir hundertprozentig zustimmen, den Eindruck hatte ich auch. Wobei sie mir da irgendwie naiv vorgekommen ist. Hatte sie wirklich geglaubt, dass das ganze völlig konfliktfrei ablaufen würde?


    Wer mir als Person noch sehr symphatisch war ist Orna. (Sie hat mich sehr an Dina erinnert.)Sie war sehr direkt, hat nichts verschönt und hat mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg gehalten. Für Ella war das bestimmt nicht sehr leicht zu akzeptieren, wer will schon seine Fehler so unverblümt sehen?
    Orna hat genau das ausgesprochen, was ich gedacht habe. Wenn Ella an Oded bestimmte Verhaltensmuster nicht akzeptieren kann, dann soll sie ihn doch verlassen oder ihn so akzeptieren wie er ist.



    Das letzte Kapitel war sprachlich so gelungen, ich kann nur mein Haupt vor Bewunderung neigen, wie Zeruya Shalev mit Worten umzugehen versteht, ohne jemals sentimental oder kitschig zu werden. Natürlich auch eine Meisterleistung der Übersetzerin, Mirjam Pressler!


    Empfinde ich auch so!


    Ich weiß nicht ob Oded und Ella weiter ein Paar bleiben werden, für mich war das Ende angenehm offen und sehr gut sprachlich umgesetzt. Alle Beteiligten werden ihren Weg gehen, wohin er auch führen mag.
    Ich hatte sogar ein wenig das Gefühl, dass die Beteiligten etwas Versöhnung gefunden haben mit sich und den Anderen. Zumindest war da ein Hoffnungsschimmer, eine Andeutung davon.


    Liebe Grüße
    wolves

  • Stimmt, auf Orna bin ich gar nicht eingegangen, ich fand sie in ihrer direkten,unverblümten Art super - ich denke, das war zwar nicht das, was sich Ella in dem Moment gewünscht hat, aber das, was ihr guttat.


    Zitat

    Orna hat genau das ausgesprochen, was ich gedacht habe. Wenn Ella an Oded bestimmte Verhaltensmuster nicht akzeptieren kann, dann soll sie ihn doch verlassen oder ihn so akzeptieren wie er ist.


    Genau so sehe ich das auch.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen