Henning Mankell - Das Auge des Leoparden

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 4.862 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von dora.

  • Hallo!


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    Inhalt:
    "Der weiße Mann arbeitet schnell und hart, aber Eile und Ungeduld sind in den Augen der Schwarzen ein Zeichen fehlender Intelligenz." – Eigentlich hatte der junge Mann nur eine kurze Reise nach Afrika machen wollen, aber dann war er neunzehn Jahre geblieben. In Lusaka übernimmt er die Hühnerfarm einer weißen Engländerin und verfolgt ehrgeizige Reformpläne: Er will neue Häuser für die Schwarzen bauen, ihnen höhere Löhne bezahlen und ihren Kindern eine Schule einrichten.
    Er sorgt für die Witwe eines schwarzen Handwerkers und ihre vier Töchter, deren jüngste für ihn wie eine eigene Tochter ist. Doch bald mehren sich die Zeichen, daß sich die Zustände nicht so rasch in seinem Sinne ändern lassen. Seine weißen Nachbarn werden massakriert. Und der Mann, den er für seinen einzigen Freund hält, rät ihm, für immer wegzugehen ...


    Teilnehmer:


    nikki
    Muertia
    Dora


    Eine kurze Bitte: Damit das ein bisschen angenehmer zu lesen ist, postet erst, wenn ihr angefangen habt. Die Beiträge "Buch liegt bereit, ich fange heute Abend an" ziehen das ganze immer so sehr in die Länge.


    Interessant für Leserunden-Neulinge ist sicherlich die Leserunden-FAQ. Dort findet ihr auch Informationen z.B. zu Spoilern etc.


    Viel Spaß!

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

    Einmal editiert, zuletzt von fairy ()

  • Hallo!


    Ich habe heute angefangen und bin auf Seite 56 (lese die dtv-Taschenbuchausgabe). Bis jetzt gefällt mir Mankell's Stil gut, v.a. die Afrika-Teile. Weiß jemand von euch, inwieweit autobiographisch diese Teile sind? Beim Lesen hatte ich nämlich das Gefühl, ich lese Mankell's Tagebuch. Ich konnte mich sehr gut in Hans' Situation hineinversetzten, in all das Chaos, das er bei seiner Ankunft in Afrika erlebt. Gleich am Anfang wird man mit der angespannten Situation im postkolonialen Sambia konfrontiert.



    Es gefällt mir auch sehr gut, dass Mankell die Zeiten immer wieder wechselt; so lernt man langsam den jungen Hans kennen, um den jetztigen Hans besser zu verstehen.


    LG
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

  • hallo zusammen,
    bin auf Seite 60 (lese HC aber dein zitierter Satz Nikki ist auch in meinem Buch auf S.55)
    Ich denke, dass die Ankunft in Sambia ziemlich autobiographisch ist, ich zitiere:

    Zitat

    Afrika war mein Traumland. Es mussteso etwas sein, wie das Ende der Welt, der exotischste Platz überhaupt.(...) Als ich etwa 20 war, reiste ich nach Westafrika. damit endete die Vorstelling des kleinen Jungen' und es begann die Reise des Erwachsenen. Von da an wusste ich, wie wichtig es ist, eine gewisse Distanz zu Europa zu haben.


    Die Kindheit:


    Die Menschen in Schweden (Europa)


    Das postkoloniale Sambia


    Ich denke auch, dass der Wechsel der Zeiten noch eine weitere Bedeutung hat.


    Edit: Verbesserung eines Nonsens-Satzes :rollen:


    liebe Grüsse
    dora

    Einmal editiert, zuletzt von dora ()

  • Wie bereits angekündigt, bin ich auch eingestiegen in das Buch. Auch ich lese die dtv Ausgabe.


    Bis Seite 60 kann ich sagen, wird einem der Einstieg in die Geschichte leicht gemacht. Man wird langsam herangeführt gerade durch den Wechsel zwischen Hans´Kindheit und der Ankunft in Afrika. Die Sprache wirkt auf mich an manchen Stellen recht holprig. Gerade dies zeigt aber auch die innerliche Zerissenheit und Ziellosigkeit von Hans.


    Was mich irritiert ist, dass Hans immer nur Hans Olofson genannt wird, niemals nur Hans. Nach einigen Kapiteln stört mich das schon ein wenig.


    Die bereits erwähnte Seite 55 hat mich auch schwer schockiert und zum Nachdenken gebracht.

    :lesen: Rebecca Gablé - Der dunkle Thron<br />SuB: 6 (+16 bereits bestellte Bücher, um den SuB mal ein wenig aufzuwerten)

  • Hallo!


    Ich habe heute ein wenig weiter gelesen, leider nicht so viel wie ich wollte, aber immerhin...


    Für meinen Geschmack wird die Sprache immer im "schwedischen" Teil holprig, die Afrikaerlebnisse lesen sich viel leichter. Und obwohl Mankell in beiden Teilen immer den Präsens verwendet, finde ich dessen Verwendung in dem erstgenannten Teil viel irritierender.


    Was sagt ihr zu der Metamorphose der zwei Vandalen (Hans und Sture) und der Rolle von Janine dabei? Ich finde, das ging alles viel zu schnell, dadurch wurde die ganze Situation irgendwie unglaubwürdig. Ich bin auf ihre weitere Rolle ganz neugierig, v.a. da Hans anscheinend nach Afrika fährt, um ihren Traum zu erfüllen. Er scheint ja ziemlich planlos zu sein und seine ersten Erfahrungen in Afrika deuten darauf hin, dass diese Reise eine Art Selbsterfahrungsreise bzw. ein Weg zur Selbserkenntnis für ihn sein wird. Wir werden sehen.


    Ich bin auch neugierig, wie Mankell Afrika und v.a. das Leben dort weiter beschreiben wird. Bis jetzt ist er nicht in einen Exotizismus verfallen, ein paar Klischees werden schon angesprochen (aber kommt man ohne die überhaupt aus?) und ich hoffe, dass das so auch bleibt. Wenn sie nicht zur tragenden Säule seines Romans werden, kann ich damit leben.


    Das Ehepaar Mastertons repräsentiert eine an ihre eigene Überlegenheit glaubende Gruppe, die mir äußerst unsympathisch ist. Sie sind Gefangene ihres eigenen Reichtums und können ihr Leben anscheinend nur in Angst und Wut leben. Hans scheint ihren Ansichten gegenüber Afrikanern abgeneigt zu sein. Mankell beschreibt ziemlich gut seine Verlegenheit, seine Unsicherheit im Bezug auf die Verhaltensweisen und den Sinn seiner Reise. Ich bin gespannt, wie er sich weiterentwickeln wird.


    So, jetzt gehe ich ein wenig weiter lesen und wünsche Euch einen angenehmen Wochenbeginn! :smile:


    LG
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

  • hallo zusammen,
    Hans Olafson scheint sich seit seiner Kindheit nicht viel verändert zu haben, er ist ziemlich phlegmatisch, einsam und manipulierbar.
    Weder als Kind noch als Erwachsener hat er konkrete Ziele und sogar sein Entschluss nach Sambia zu fliegen sieht eher nach Flucht als nach Ankommen aus.
    Die Geschichte mit Janina ist mir auch zu glatt, zwei Teufelsbraten und ein nasenloser Engel, irgendwie zuviel des Guten.
    Ich lese den schwedischen Teil nicht so gerne, kann es aber jetzt nicht genau begründen. Ich merke nur, dass ich leicht genervt bin, wenn der afrikanische Teil aufhört.
    Das Ehepaar ist wohl ganz klar repräsentativ für die weissen Farmer im Süden Afrikas. Als vor einigen Jahren in Simbabwe die weissen Grossgrundbesitzer vertrieben und auch getötet wurden, äusserten sich diese ziemlich identisch.
    Ich denke, dass der Roman später an Stärke gewinnt.
    liebe Grüsse
    dora

    Einmal editiert, zuletzt von dora ()

  • Hallo!


    Ich habe inzwischen einiges gelesen und bin auf Seite 200.


    Den Schweden Teil empfinde ich auch als weniger amüsant, wie den Afrika Teil des Buchs. Der Schreibstil und die Atmosphäre, die geschaffen wird soll wohl aber auch die Trostlosigkeit von Hans´Leben ausdrücken.


    Die Freundschaft zwischen Sture und Hans empfand ich nicht als zu glatt, denn Kinder freunden sich nun mal schnell und unkompliziert an. Aber die Freundschaft zu Janine kam mir auch etwas merkwürdig vor. Unschlüssig irgendwie.


    Die Afrikanischen Siedler mag ich allesamt gar nicht. Ihre Ansichten sind mir zuwider und der Konflikt in den sie Hans stürzen kommt mir nicht immer klar genug heraus.


    Ich hoffe auf mehr Informationen über das Leben auf der Farm und intensiveren Kontakt zu den dort lebenden Menschen.

    :lesen: Rebecca Gablé - Der dunkle Thron<br />SuB: 6 (+16 bereits bestellte Bücher, um den SuB mal ein wenig aufzuwerten)

  • Ich habe gerade festgestellt, dass die wenigen Gespräche mit seinem Vater genauso verlaufen wie die Gespräche mit den Afrikanern. Auf alle Fragen erhält er einsilbige, ausweichende Antworten.

    :lesen: Rebecca Gablé - Der dunkle Thron<br />SuB: 6 (+16 bereits bestellte Bücher, um den SuB mal ein wenig aufzuwerten)

  • Hallo zusammen!


    Muertia du hast mich inzwischen bereits weit überholt. Ich bin erst auf Seite 173.


    Die schwedischen Teile begeistern mich noch immer nicht. Die Sätze werden dort stakkatoartig aneinandergereiht und dadurch fühle ich mich beim Lesen irgendwie gehetzt. Komisch.


    Schade finde ich, dass es im Buch kein Glossar gibt für die afrikanischen Begriffe, die Mankell benutzt. So muß ich mir alles selber zusammendichten. Ich führe bereits eine Liste.


    @Dora: seine Reise nach Afrika bekommt immer mehr einen Fluchtcharakter. Aber er fühlt sich extrem unwohl dort. Auf Seite 149 sagt er "Es ist nicht normal, umzingelt von Haß zu leben." Deshalb frage ich mich immer, warum er 18 Jahre dort geblieben ist. Wie es scheint, ist ihm das auch nicht wirklich klar. Was will er wirklich in Afrika? Die Arbeit an Judith's Farm kommt für ihn einer Befreiung von Janine's Traum gleich. Vielleicht will er allem, was ihn mit Schweden verbindet, fliehen? Auch seinem Vater, mit dem er ein schwieriges Verhältnis hat.


    LG
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

    Einmal editiert, zuletzt von nikki ()

  • Hallo!


    Jetzt bin ich bereits im dritten Teil.


    Im Laufe der Erzählung wird immer deutlicher, warum Hans unbedingt weg will aus Schweden. Ich muß meine Meinung von heute morgen zum Teil revidieren; die Teile lesen sich zwar mühsamer, sind aber unabdingbar für das Verstehen von Hans' Leben und seinem Tun in Afrika. In Afrika hat er das erste Mal das Gefühl, eine Aufgabe zu haben, jemand zu sein. All das, was er in Schweden nie gefunden hatte. In Sambia versucht er, seinen Idealen zu folgen, zerbricht aber langsam an diesen. Die Geschehnisse im Land werden immer undurchsichtiger und eine Gewalteruption steht wahrscheinlich bevor. Er bleibt trotzdem dort.


    Sein Verhältnis zu Janine verstehe ich aber noch immer nicht. Warum hat er sie verraten? Weil sie mutiger war als er? Weil sie etwas tun wollte und nicht nur wartete, dass etwas geschieht? Seine Abkehr war viel zu prompt, zu überzeichnet - genauso wie seine Verwandlung am Anfang ihrer Freundschaft.


    LG
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

  • hallo zusammen,
    Ich bin auch im dritten Teil und werde heute abend zu Ende lesen (falls ich nicht einschlafe :zwinker:).
    Warum bleibt er in einem Sambia das ihn unglücklich macht?
    Ich habe ja schon erwähnt, dass Hans nicht ganz entscheidungswillig rüberkommt, es muss sehr hart für ihn gewesen sein, überhaupt nach Afrika zu reisen. Es hält ihn nichts auf diesem Kontinent fest, andererseits, welche Perspektiven hätte er in Schweden?
    In Sambia hat er das Gefühl doch etwas Gutes zu tun, er gibt 2000 Menschen eine Arbeit.


    Den 3. Teil sehe ich stark aussagekräftig, vor allem die Gespräche mit Peter Motombwane.
    Zuerst auf Seite 266:


    das weisse Gehirn: Kolonialist, Ausbeuter, Unterdrücker
    das schwarze Gehirn: entwürdigt, ausgebeutet, unterdrückt


    Ganz relevant in meinen Augen ist das Gespräch auf den Seiten 272 und 273.
    Doch darüber würde ich lieber mit euch diskutieren, wenn ihr auch soweit seid.
    liebe Grüsse
    dora

  • Ich bin fertig und warte auf euch um den 3. Teil zu diskutieren :)


    Und darüber lässt sich viel sagen hehe

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  • Hallo!


    Ich bin auch fertig! Soeben zu Ende gelesen.


    Ja, der dritte Teil hat es in sich. Mankell malt da ein äußerst verstörtes, fast trostloses Bild von Afrika, durchsetzt mit kleinen Hoffnungen (zB Frauen). Findet Ihr nicht, dass er ein bisschen schwarz-weiß Malerei betreibt? Auf der einen Seite die Weißen (Ausbeuter, Rassisten) und auf der anderen Seite Schwarze (zur Gewalt und starkem Aberglaube neigende Menschen) zwischen denen sich so ein riesiger Abgrund aufgetan hat, der nicht überbrückbar zu sein scheint? Es scheint unmöglich zu sein, als Weißer einen Schwarzen zu verstehen und vice versa. Man muß natürlich die geschichtlichen Hintergründe im Kopf behalten, aber trotzdem hat mich diese Aussichtslosigkeit verstört und irritiert zurückgelassen. Ich bin selber noch unschlüssig, wie ich diese Dualität finden soll.
    Hans hat erkannt, dass der Fehler aller "Hilfe" aus Europa am Bestehen auf der eigenen, europäischen Sichtweise liegt. Die Entwicklungshilfepolitik hat jahrzehnte dafür gebraucht und wie man sieht, ist Mankell nicht wirklich ein Freund dieser. Oft zu Recht, meiner Meinung nach. Die Entwicklungshelfer werden als neue Kolonialherren dargestellt, der Satz von diesem Schweden war bezeichnend dafür: "Entwicklungshilfe wäre ein Kinderspiel, wenn man nicht mit den Afrikanern zu tun hätte." (S. 284). Erinnert uns dieser Satz nicht an den von Werner Masterton (S. 55) im Zug? Aber trotz dieser Erkenntnis wirft er Peter M. vor, ohne die Weißen nichts bewegen zu können. Und Peter M., ein Widerstandskämpfer, bleibt gefangen in diesem Bild von Gewalt und Aberglaube. Sie bewegen sich ein Stück des Weges gemeinsam, letzendlich muß diese Freundschaft aber scheitern.


    Jetzt muß ich leider weg, aber das Gelesene muß sich eh' setzen.


    LG
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

    Einmal editiert, zuletzt von nikki ()

  • Hallo Nikki und Muertia,
    ich habe mich viel mit sogenannter Entwicklungshilfe, sei sie staatlicher oder sogenannter NGO Natur beschäftigt und die Resultate dieser Recherchen waren alles andere als positiv, ob in Bosnien-Herzegowina, Serbien,Afghanistan, Irak, ... es verläuft meistens so, wie bei Mankell beschrieben. Zuerst wird das für das Wohl (sprich:Luxus) der Entwicklungshelfer gesorgt, ein grosser Teil wird für Bestechung diverser Beamten (Zoll, Transport, Bescheinigungen, Erlaubnisse, usw.) ausgegeben und mit etwas Glück wird der notleidenden Bevölkerung minimal geholfen.
    In einer längst überwundener Naivität habe ich mich zweimal an solchen Aktionen beteidigt und glaubt mir, ich war auf dem besten Weg misanthrop zu werden...


    Betreibt Mankell schwarz-weiss Malerei? Ich denke nicht. Solange sich die Rolle der Weissen gegenüber Afrika nicht komplett verändert, wird es Afrika nicht besser gehen. Solange Europa Afrika in existenzieller Abhängigkeit hält, werden die Menschen dort an Hunger, Epidemien, Kriegen und Wassermangel sterben.
    Es genügt aber m.E. nicht sich aus Afrika einfach zurückzuziehen, sondern diesem Kontinent das zurückgeben, was ihm genommen wurde - ein Ding der Unmöglichkeit- und diese Aussage glaube ich in Peter Motombwanes Worten herauszulesen.


    Es geht nicht an, dass ein paar, und seien es tausende, Europäer, die sich als Gutmenschen verstehen, Dank und Anerkennung von der schwarz-afrikanischen Bevölkerung erwarten, nur weil sie nicht rassistisch sind. Das genügt eben nicht und Änderungen in den Köpfen der Menschen passieren nicht einfach so. Es ist ein Prozess, der viel Zeit benötigt, Jahre, Jahrzehnte...


    Der Aberglaube ist stark präsent in der afrikanischen Dorfbevölkerung, es ist aber ein ganz anderer Aberglaube als der europäische. Ob das gut oder schlecht, berechtigt oder unberechtigt ist, ist nicht an mir zu urteilen, aber ein Bild davon kann man sich mit der Lektüre von Ben Okri (z.B. verfängliche Liebe) machen.
    So, jetzt ist es an euch.
    liebe Grüsse
    dora

  • Hallo Dora, hallo Muertia!


    Ich bin auch kein allzugroßer Fan diverser Entwicklungshilfeorganisationen, weil wirklich ziemlich viel Mist passiert ist und noch passiert, aber es gibt Organisationen, wie zB "Die Ärzte ohne Grenzen", dessen Arbeit ich sehr begrüßenswert finde.


    Was sollte man tun? Es bleibt ein Ding der Unmöglichkeit Afrika all das zurückzugeben, was dem Kontinent weggenommen wird, das stimmt. Aber wie sollte man aus diesem Teufelskreis aus Ohnmacht, Wut, Ignoranz und letzlich Gewalt herauskommen? Wieso nicht Hilfe annehmen, wenn sie gebraucht wird?
    Mir ist vollkommen klar, daß Meinungsbildung und Abbau von Vorurteilen langwierige Prozesse sind, v.a. in Situationen, wo eine Grupper unter einer anderen stark zu leiden hatte. In solchen Fällen sitzt das Mißtrauen tief. Dazu braucht man sich nur die Situation und die Lage im ehemaligen Jugoslawien anschauen. Es wird noch Generationen dauern, bis der Haß verflogen ist, den man aufeinander hat. Aber der Weg aus der Ausweglosigkeit liegt mE nicht darin, sich voneinander zu entfernen, sondern aufeinander zuzugehen. Und in dieser Hinsicht fand ich arg, dass Mankell oft in dem Buch an der unüberwindbaren Kluft zwischen dem "weißen" und "schwarzen" Denken festgehalten hat. Ist die Denkweise also biologisch determiniert und ich kann als eine Weiße nie eine Person schwarzer Haut verstehen? An so etwas kann und will ich nicht glauben. Mankell hat in seinem Buch zwei Weltbilder präsentiert, die sich diametral entgegenstehen. Und in dieser Hinsicht bleibe ich dabei, dass er uns ein schwarz-weißes Bild ohne jegliche Grauschattierungen präsentiert. Das Positive dabei ist, dass er uns dadurch die Brutalität und die Radikalität beider Gruppen stärker vor Augen führen konnte. Vielleicht war dieses schwarz-weiße Bild in diesem Falle sogar sinvoll.


    Ich hoffe, dass ich mich einigermaßen klar ausdrücke, mir schwirrt nämlich der Kopf nach einer 4-stündingen Autofahrt nach Hause. Ich fand das Buch eigentlich ziemlich gut.


    LG
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

    Einmal editiert, zuletzt von nikki ()

  • Hallo,

    Wieso nicht Hilfe annehmen, wenn sie gebraucht wird?


    Es hängt vor allem von der Art der Hilfe ab: Lebensmittel, Medikamente, usw. alles schön und gut, aber auf die Dauer keine Lösung.
    Ausbildung, Möglichkeit der Verarbeitung vorhandener Rohstoffe, eigenständiger Wirtschaftsaufbau, gerechter Handel, Produktion, und, und, und... Das wäre doch möglich und gerecht, doch die Bereitschaft ist in Europa und U.S.A. nicht vorhanden. "Wir" geben, aber nur mit Bedingungen verknöpft. Solange sich das nicht ändert sehe ich keine befriedigende Lösung.




    Zitat

    Mir ist vollkommen klar, daß Meinungsbildung und Abbau von Vorurteilen langwierige Prozesse sind, v.a. in Situationen, wo eine Grupper unter einer anderen stark zu leiden hatte. In solchen Fällen sitzt das Mißtrauen tief. Dazu braucht man sich nur die Situation und die Lage im ehemaligen Jugoslawien anschauen. Es wird noch Generationen dauern, bis der Haß verflogen ist, den man aufeinander hat. Aber der Weg aus der Ausweglosigkeit liegt mE nicht darin, sich voneinander zu entfernen, sondern aufeinander zuzugehen.




    Ich denke nicht, dass man hier Vergleiche ziehen kann. Im früheren Jugoslawien haben die Menschen friedlich miteinander gelebt, der Krieg war grausam und vor allem überflüssig (wie alle Kriege), trotzdem haben viele Freundschaften, Ehen, Nachbarschaften usw. unter verschiedenen "Völkern" auch diesen Krieg überlebt. In Afrika ist die Ausbeutung schon Jahrhunderte alt und die Weissen können nach Lust und Laune nach Afrika fliegen, sich dort niederlassen, aufkaufen...wie ist es umgekehrt? Wie zeigen wir unseren Respekt diesen Völkern: ich sage nur: Sizilien, Spanien...


    liebe Grüsse
    dora

    Einmal editiert, zuletzt von dora ()

  • Hallo Ihr beiden,


    nachdem ich jetzt noch einmal ein paar Tage über das Buch nachgedacht habe, muss ich zu dem Schluß kommen, dass ich es nur mittelmäßig fand. Mankell hätte wirklich mehr aus dem Thema an sich holen können. Die Protagonisten sind mir nicht ans Herz gewachsen und die einzelnen Handlungsstränge waren für meinen Geschmack nicht ausformuliert. Irgendwie hatte ich immer das Gefühl, es fehlt etwas. Ging es euch auch so?


    Auch wenn von tragischen Ereignissen die Rede war, konnte ich die Gefühle, die diese Ereignisse auslösen müssten, rein gar nichts spüren. Ansonsten geht es mir oft so, dass ich mich in die Figuren hereindenken und mitfühlen kann, was sie erleben. Leider war hiervon nichts zu spüren.



    Ansonsten ist dies das wirklich erste Buch von Mankell, dass mir nicht so richtig gefallen hat. Es war irgendwie nicht Fisch und nicht Fleisch für mich. Wie ist Euer Gesamteindruck?


    Ich kann mich leider nicht wirklich an der Diskussion über Entwicklungshilfe beteiligen, da ich mich in diesem Thema zu wenig auskenne, um wirklich beurteilen zu können, was nun davon gut oder auch nicht gut ist. Ich hoffe, ihr könnt mir das nachsehen.


    Es war im Übrigen eine tolle Erfahrung für mich, ein Buch in einer solchen Leserunde zu lesen. Ich habe tatsächlich anders gelesen als ich es sonst tue und mir sind durch Eure Beitrage ganz viele Dinge aufgefallen, die ich wahrscheinlich ohne sie nicht bemerkt oder anders bewertet hätte. Ich würde mich auf jeden Fall freuen, Euch demnächst wieder Mal in einer Leserunde zu "treffen".


    Viele Grüße,
    Muertia

    :lesen: Rebecca Gablé - Der dunkle Thron<br />SuB: 6 (+16 bereits bestellte Bücher, um den SuB mal ein wenig aufzuwerten)

  • Hallo Muertia, hallo Dora!


    Die Geschichte mit Janine hat mir auch von Anfang an nicht wirklich gefallen, aber die Figur habe ich irgendwie ziemlich rasch verdrängt. Dafür fand ich Hans O. und vor allem Peter M. ziemlich gelungen. Das Einzige, was mich am Buch wirklich störte, war dieser Aspekt hinsichtlich der Unmöglichkeit des gegenseitigen Verstehens. Andererseits hat aber Mankell dadurch die drückende, angst- und hasserfüllte Stimmung gut einfangen können. Jede Nacht habe ich mit Hans O. gezittert, ob und wie er die Nacht überleben wird und über die Mastertons geschimpft, wenn sie ihre abschätzigen Bemerkungen fallen gelassen haben.
    Auf alle Fälle hat mir das Buch Lust gemacht, wieder "Herz der Finsternis" von Joseph Conrad zu lesen. :smile:



    Es war im Übrigen eine tolle Erfahrung für mich, ein Buch in einer solchen Leserunde zu lesen. Ich habe tatsächlich anders gelesen als ich es sonst tue und mir sind durch Eure Beitrage ganz viele Dinge aufgefallen, die ich wahrscheinlich ohne sie nicht bemerkt oder anders bewertet hätte. Ich würde mich auf jeden Fall freuen, Euch demnächst wieder Mal in einer Leserunde zu "treffen".


    Ein Buch in einer Leserunde zu lesen finde ich auch toll. Ich lese die Bücher dann auch anders, mache mir viel mehr Gedanken und Notizen als normalerweise. Ich würde mich auch auf alle Fälle freuen, mit Euch wieder einmal ein Buch zu lesen. :winken:


    LG
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

  • Hallo Nikki und Muertia,


    Muertia: Vielleicht war es Mankells Absicht die Gefühle des Lesers Janine gegenüber so oberflächlich zu lassen. Und Hans ist meiner Meinung nach überhaupt nicht fähig Liebe anderen Menschen gegenüber zu empfinden. Seine Freundschaft mit Sture ist schlagartig zu Ende als dieser verunglückt. Hans beneidet ihn sogar nach seinem einmaligen Besuch...das sagt wohl genug aus über Hans.
    Nur gegenüber Joyce Lafuma und ihren Töchtern scheint er sowas wie Liebe, Respekt und Verantwortung zu spüren, sogar der Tod seines Vaters lässt ihn ziemlich kalt.


    Den dritten Kapitel finde ich so reich an Aussagen, Überlegungen, unangenehmen Wahrheiten.
    Auch wenn es literarisch gesehen ein eher schwaches Buch ist, die Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus ist exemplarisch.


    Mir hat es auch viel Freude gemacht mit euch zwei zu lesen und wünsche mir euch bald bei einer neuen Leserunde zu begegnen.
    Liebe Grüsse
    dora

    Einmal editiert, zuletzt von dora ()