Flann O'Brien - Der dritte Polizist

Es gibt 37 Antworten in diesem Thema, welches 12.141 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von MacOss.

  • HI!


    Ich weiß nicht richtig, wo ich das einordnen soll, ABER ich versuchs einfach mal hier.
    Das Buch "Der dritte Polizist" von Flann o' Brien hat mich - irgendwie geärgert ;o)
    Schon auch fasziniert, aber...hm.


    Wie liest man solche Bücher??


    So wie man ein Gemälde anschaut, ein sinnlicher Eindruck?
    Falls man es schafft, nicht zu denken?


    Oder doch um Himmels Willen nicht als riesige Metapher?
    Was soll das? Was macht ihr mit sowas?


    Grüße,
    Zwielicht


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    Einmal editiert, zuletzt von fairy ()

  • Hallo zusammen!


    Ich weiß nicht richtig, wo ich das einordnen soll, ABER ich versuchs einfach mal hier.


    Gehört für mich in die Kategorie "Weltliteratur".


    Das Buch "Der dritte Polizist" von Flann o' Brien hat mich - irgendwie geärgert ;o)


    Ich vermute, das würde Flann O'Brien freuen ...


    Wie liest man solche Bücher??


    Hmm ... von vorne nach hinten?


    So wie man ein Gemälde anschaut, ein sinnlicher Eindruck?
    Falls man es schafft, nicht zu denken?


    Eine Möglichkeit, ja. Es soll aber auch Gemälde geben, bei denen man denken kann oder muss ...


    Oder doch um Himmels Willen nicht als riesige Metapher?


    Auch eine Möglichkeit ... Ich habe mal Becketts (auch ein Ire!) Warten auf Godot als Komödie inszeniert gesehen. Das grosse Absurd-Nihilistische hat durchaus seine komische Seite. O'Brien zeigt's aus 180° anderm Blickwinkel: Das grosse Komische hat auch seine absurd-nihilistische Seite.


    Was soll das? Was macht ihr mit sowas?


    Der Gentleman geniesst und schweigt ... :breitgrins:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • hm ja ich denke auch dass er sich gefreut hätte...
    bei Godot allerding konnte ich lachen!! Keine Schnörkel, sondern GENAU so isses!


    Hier hab ich die ganze Zeit nur gedacht, mann, wenn Du was sagen willst,
    dann tu es doch....aber lass mich mit den Einzelheiten in Ruhe...;-)
    Zuviel Kleinkram!! So ging es mir.


    Kam mir irgendwie manipuliert vor :belehr:
    ...Zur Deutung gezwungen und gleichzeitig - als wäre keine erwünscht *haare rauf


    Diese Atomtheorie - ein Phänomen, das doch schon in sovielen Büchern drinsteckt,
    nix neues, dann diese Polizeiwache, die von mehreren Perspektiven gleichzeitig sichtbar ist-
    das war ja fast wie der Horla (schuldigung aber ich musste daran denken) - unheimlich, ja...


    Und dieses Gespräch mit der Seele, wie hiess sie noch- zugegeben, als er ihr sagt, sie hätte Schuppen
    und sie sich deswegen beleidigt zurückzieht- das ist schon köstlich.


    Was mir noch gefallen hat, war der Dialog mit dem toten Mathers, der nie mehr "Ja" sagen will.
    Ich glaube, da ist was dran....


    De Selby fand ich furchtbar- hält da jemand die Philosophie zum Narren????


    Jedenfalls ist das wohl eine sehr subjektive Angelegenheit.
    Ich hab eine Stimmung und Bilder, die ich vor dem Buch nicht hatte.


    Und während ich bei Kafka mich nicht nur leise ärgere, sondern richtig
    aggrresiv werde :o) war ich hier eher- in einem komischen Traum,
    der meinen Trotz hervorgerufen hat (so wie surrealistiche Gemälde...etc..
    dasselbe Gefühl bei mir - daher der Vgl)


    Wahrscheinlich ist es lächerlich, wenn ich weiterhin behaupte,
    es hat mir nicht gefallen ....


    Aber irgendwas daran finde ich umständlich.
    Ich weiss nicht was es ist.


    Gehts jemandem ähnlich oder komplett anders?


    Grüße
    Z.

  • Hallo!


    Ähm, kann mir mal jemand ein bisschen mehr von dem Buch erzählen? Eure Diskussion fand ich zwar interessant, sie hat mir aber nicht wirklich weitergeholfen :zwinker:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hallo Kirsten!


    Wie ein amazon-Rezensent so schön sagte: Ich werde den Teufel tun und verraten worum es in diesem Buch eigentlich geht, das muss der Leser hier gerade herausfinden. :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:


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    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Wohl ein Buch, das ausschließlich aus Exkursen und Kommentaren besteht?


    Gruß,
    dumbler

  • Hi Kirsten,


    möchtest Du was über die Handlung wissen? ICH AUCH :o)
    Wirklich ziemlich schwer zu beschreiben...


    Ein Ich- Erzähler (mit Holzbein) erlebt eine ziemlich absurde Reise...eigentlich ist er auf der Suche nach einer Geldkassette,
    die Beute eines Raubmordes, den er mit seinem "Freund" begangen hat...


    Die Geldkassette taucht nicht merh auf, aber dafür der Ermordete, der unter anderem der Meinung ist, Menschen erhielten mit ihrer Geburt eine Farbe, an der man man die Lebenszeit ablesen könne...einige Unheimlichkeiten passieren: er trifft auf ein seltsames Polizeirevier, in dem zB ein Polizist (s)eine Atomtheorie vertritt, nach welcher man mit seiner Umgebung Atome austauscht und also ein Teil von dieser wird....fährt man zB ständig Fahrrad, WIRD man auch ein bisschen Fahrad und das Fahhrad wird ein bisschen Mensch....


    Ein Wissenschaftler namens DeSelby wird oft in allerhand schrägen Fußnoten zitiert und die Seele des Ich- Erzählers sorgt im Zwiegespräch mit ihrem Besitzer auch für einiges --- Stirnrunzeln?! Lachen?! Wundern?! Und viel viel mehr Wundersames passiert... Wie gesagt - ein bisschen WEIRD. Kann man gar nicht wiedergeben.


    Liest Du's?



    @dumbler:
    ok vielleicht- bloß worüber????



    LG
    Z.

    Einmal editiert, zuletzt von Zwielicht ()

  • Hallo!


    Wie schön, daß hier jemand einen Thread zum dritten Polizisten eröffnet hat. Das Buch liegt bei mir seir einigen Monaten auf dem Stapel und wird wohl nach Beendigung der momentanen Lektüre "dran" sein. Eure Kommentare machen mich noch zusätzlich neugierig, ich werde dann von meinen Leseeindrücken berichten.

  • Hallo Zwielicht,


    Es ist wirklich interessant, wie schnell sich manche Menschen über etwas ärgern können, wenn es nur ganz leicht neben dem Schema liegt.
    Ich habe "The third policeman" mal "einen vollendeten Kafka" genannt, über den sich manch eine/r ja auch furchtbar aufregen kann :breitgrins:, warum, bleibt mir ein immerwährendes Rätsel. Weder Kafka noch O'Brien sind schwer zu lesen, die Texte haben eine Handlung, viel direkte Rede, bei O'Brien gibt es am Ende sogar eine Auflösung (!). Was willst du mehr? Eingängiger geht's doch kaum noch.


    Ich lese gerade Philip Pullmans "The golden Compass". Hier weiß man doch auch nicht, was das alles soll. Aber sobald Fahrräder und Polizisten vorkommen und keine Dämonen und Eisbären in Rüstung, kann man alles nur noch als große Metapher lesen? Oder nur noch als sinnlichen Eindruck aufnehmen? :confused:


    Herzlich, B.

  • Hallo zusammen!


    Oder nur noch als sinnlichen Eindruck aufnehmen?


    Ach, Bartlebooth ... da ist endlich jemand bereit, in Betracht zu ziehen, die germanische Angewohnheit, hinter jedem Text einen tiefen, tiefen Sinn zu sehen, über Bord zu werfen und einfach Spass am Text zu haben ... :zwinker:


    Grüsse


    Sandhofer


    der - wie bereits angedeutet - den sauf- und redseligen Vollblutiren O'Brien eher seinem Landsmann Beckett zugesellen würde als dem anämischen Prager Juden Kafka ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • hi Bartlebooth,


    hm....vielleicht wäre mir der Dritte Polizist leichter gefallen (nein, "schwer" zu lesen ist es in der Tat nicht),
    wenn ich hätte laut lachen können, was mir zb erst gestern aus Versehen bei der "Blendung" von Canetti passiert ist (huch :o))


    Ich hab mich richtig weggeschmissen, wunderbar! Und das ist nicht minder absurd....deswegen erwähn ich's.
    Also dass es sich hier um Fahräder handelt, ist nicht das Problem. (Und nebenbei: Bewegen sich Eisbären in Rüstungen in der konkreten Realität??)


    Kafka, wie ich oben schon geschrieben habe, macht mich regelrecht aggresiv, das stimmt -
    na und?? Ist doch prima- oder?


    Was machst du denn, wenn Du sagst, es gibt eine Auflösung? Doch nicht etwa interpretieren?
    Was machst Du denn, wenn Du es EINFACH SO liest, wenn nicht sinnlich wahrnehmen?


    Erklärs mir....ich lerne gern dazu...ehrlich...


    Viele Grüße,
    Z.

  • Hallo sandhofer,


    wenn der Zwinkersmilie nicht wäre, müsste ich jetzt zur Gegenrede ansetzen. Da er da ist, nehme ich deine Bemerkung als Witz, korrigier mich bitte, wenn du doch gern eine Gegenrede hättest :-).


    Hallo Zwielicht,


    bevor ich dir was erklären kann, müssen wir erst einmal eine gemeinsame Sprache finden, denn ich verstehe offen gesagt nicht so recht, was du schreibst.


    1. Natürlich darfst und sollst du auch über Flann O'Brien lachen.
    Bei der Blendung funktioniert das Lachen einfacher, denn man hat ja stets einen Wissensvorsprung vor Kien, amüsiert sich also auf Kosten des weltfremden Gelehrten, weil man die Welt besser kennts als er.


    2. Die Eisbären bewegen sich nicht in der "konkreten Realität" (was meinst du damit überhaupt?). Tun es die Fahrräder bei O'Brien? Wohl kaum. Was ist der Unterschied?


    3. Es wird doch am Ende des "Third Policeman" eine Erklärung für die schräge Welt geliefert. Darauf wollte ich ganz platt hinweisen, vorerst mal nicht mehr. Wer sagt, dass ich nicht interpretiere?


    4. Natürlich nehme ich beim Leseprozess einen Text auch sinnlich war. Meine Bemerkung bezog sich nicht auf diese triviale Feststellung, sondern auf deinen Nachsatz ("Falls man es schafft, nicht zu denken?"). Ich sehe gar keinen Grund, bei Flann O'Brien nach dem sinnlichen Lesevorgang nicht zu denken, eher im Gegenteil.


    5. Ich muss dir recht geben, es ist wohl besser, sich über einen Text aufzuregen und sich dann Fragen zu stellen, wie du es tust. Das meine ich völlig ernst. Die meisten würden das Buch zuklappen, sagen "Was für ein Scheiß, damit vergeude ich meine Zeit nicht" und sich ärgern - und sich weiter keine Fragen stellen. Das ist die deutlich häufigere und die deutlich schlechtere Alternative.
    Ich glaube, ich kann einfach nicht verstehen, was einen an Kafka so aufregt, da gibt es Kandidaten, bei denen ich das viel verständlicher fände (was nicht heißt, dass ich es tun würde). Insofern war das eine rein persönliche Bemerkung.


    Herzlich, B.

    Einmal editiert, zuletzt von Bartlebooth ()

  • Hallo nochmal...



    1. Natürlich darfst und sollst du auch über Flann O'Brien lachen.


    Erst mal danke ;)



    Bei der Blendung funktioniert das Lachen einfacher, denn man hat ja stets einen Wissensvorsprung vor Kien, amüsiert sich also auf Kosten des weltfremden Gelehrten, weil man die Welt besser kennts als er.


    Ist das so? Ich persönlich musste über die völlig übertriebene Darstellung der Beziehung zwischen Kien und seiner "Frau" lachen. Schärfer, besser kann man Projektion, SelbstBLENDUNG, Frustration und Entstehung von WUT in einer menschlichen Beziehung gar nicht beschreiben. Wie vergeblich! Finde ich. Irre. Aber trotzdem, das funktioniert nur weil der Leser die andere Wirklichkeit des jeweils anderen Charakters kennt. Von der wirklich witzigen Sprache mal abgesehen. Meinst du das mit Wissenvorsprung?



    2. Die Eisbären bewegen sich nicht in der "konkreten Realität" (was meinst du damit überhaupt?). Tun es die Fahrräder bei O'Brien? Wohl kaum. Was ist der Unterschied?


    Das wollte ich eigentlich DICH fragen. Du verwendest dieses Eisbärending in Deinem vorherign Post als Gegenbeispiel für die absurde Welt des Dritten Polizisten, die, wie Du schreibst "neben dem Schema liegt"...so las ich es jedenfalls. Und weil ich diese Beispiel nicht weniger absurd fand....


    Keine Ahnung, was konkret oder real ist, jedenfalls gibt es Texte, in denen man eine Welt vorfindet, die man auch in dem sehen kann, was man gemeinhin als REALITÄT bezeichnet. Zum Beispiel, dass bereits Gemordete einem eher weniger begegnen, dass Polizisten meistens nicht unbedingt mit Fahrrädern befasst sind...usw



    3. Es wird doch am Ende des "Third Policeman" eine Erklärung für die schräge Welt geliefert. Darauf wollte ich ganz platt hinweisen, vorerst mal nicht mehr. Wer sagt, dass ich nicht interpretiere?


    Niemand. ICH frage mich, ob das Sinn macht und wie diese Interpretation ausfällt.
    Auch suche ich ja nach einer anderen Möglichkeit, mit solchen TExten umzugehen, als sie "nur so" zu lesen, oder sie zur riesen Metapher hochzustilisieren. Du hast wohl eine gefunden...darf man was drüber erfahren?



    4. Natürlich nehme ich beim Leseprozess einen Text auch sinnlich war. Meine Bemerkung bezog sich nicht auf diese triviale Feststellung, sondern auf deinen Nachsatz ("Falls man es schafft, nicht zu denken?"). Ich sehe gar keinen Grund, bei Flann O'Brien nach dem sinnlichen Lesevorgang nicht zu denken, eher im Gegenteil.


    Ich finde es nicht einfach und nicht trivial, etwas wahrzunehmen, ohne es in Gedanken zu zerstückeln.


    Ich würde sehr sehr gerne wissen, was dir dieses zirkelschlussartige Ende des Dritten Polizisten bedeutet und, nachdem Du ja nun offenbar etwas gedacht hast, welchen Inhalt eben diese Gedanken hatten.



    Zu Sondhofers Smilie...könntet ihr mich aufklären? Vielleicht bin ich ja besonders blöde, aber ... fällt es Euch so leicht, das Fragen abzustellen und "einfach Spaß an einem Text" wie diesem zu haben?



    Sorry, iss' jetzt ein bisschen lang geraten....



    Herzliche Grüße,
    Z.

  • Zitat

    Meinst du das mit Wissenvorsprung?


    Unter anderem, ja. Aber zunächst meinte ich auch hier nur das grundlegende Setting: Wir haben einen Gelehrten, der von der Umwelt abgeschottet in seiner Bibliothek lebt und dann durch eine Regung von unglaublicher Naivität seine Haushälterin heiratet, nur weil sie sein wertlosestes Buch in Butterbrotpapier einbindet. Diese Naivität kennzeichnet Kiens Verhältnis zur Welt insgesamt, nicht nur das zu seiner Frau, sondern etwa auch zu den Leuten, denen er begegnert, nachdem er seine Bibliothek verlassen hat.


    Zitat

    Keine Ahnung, was konkret oder real ist, jedenfalls gibt es Texte, in denen man eine Welt vorfindet, die man auch in dem sehen kann, was man gemeinhin als REALITÄT bezeichnet.


    In Ordnung, dann verstehe ich, was du sagen willst. Aber weder das Setting des "third Policeman" noch die Welt eines beliebigen Fantasy-Romans gehören in diese Kategorie. Dennoch würde doch niemand auf die Idee kommen, Philip Pullman als sperrig zu empfinden, sich drüber zu ärgern. Mein Beispiel sollte sagen: Kommen Dämonen, Elfen und Zauberer vor, finden es die meisten "phantasievoll", kommen komische Fahrräder oder eigenartig handelnde Polizisten vor, gibt das Anlass zu Ärger, man will alles symbolisch lesen usw. usf. Die beiden Welten, das war mein Punkt, sind aber nicht weiter von dem entfernt, was du "Realität" nennst, als die jeweils andere.


    Zitat

    Auch suche ich ja nach einer anderen Möglichkeit, mit solchen TExten umzugehen, als sie "nur so" zu lesen, oder sie zur riesen Metapher hochzustilisieren. Du hast wohl eine gefunden...darf man was drüber erfahren?


    Ich weiß nicht, ich habe wohl nicht den gleichen Begriff vom "nur so"-Lesen. das heißt ja nicht, das ich's nur sensuell perzipiere und nichts weiter damit mache.
    Ich fange erst mal mit den offensichtlichen Themen des Buches an, die da wären: Tod, Zeit, Strafe/Sühne amoralischen Verhaltens. Und schon darüber sagt mir der Text ganz schön viel, darüber hinaus in Bezug auf Beziehungen zwischen Mensch und Mensch sowie Mensch und materiell wertvollem Gut sowie dem Verhältnis dieser beiden Beziehungen zueinander. Wenn wir darüber im Einzelnen sprechen wollen, muss ich wieder alles verspoilern, da ist man hier etwas empfindlich.
    Mein Punkt ist: Ich sehe nicht den Berg, vor dem der Ochs stehen könnte, O'Brien schreibt doch keine hermetischen Texte; d.h.: ich bin mir einfach nicht sicher, ob ich dein Problem richtig verstehe.


    Zitat

    Ich finde es nicht einfach und nicht trivial, etwas wahrzunehmen, ohne es in Gedanken zu zerstückeln.


    Ich habe gesagt, es sei eine triviale Feststellung, dass das "Lesen" auch und zuerst ein sinnlicher Prozess ist, mehr erstmal nicht. Ohne sinnliche Wahrnehmung kann ich nicht "lesen" welchen Begriff von "lesen" ich auch immer zugrunde lege.


    Ich sehe am Ende keinen Zirkelschluss. Es gibt überdies einen ganz entscheidenden Unterschied zwischen Ende und Anfang, wenn sich der Text eine Passage weit auch fast wortwörtlich wiederholt.


    Sandhofer spielt mit seinem Smilie, vermute ich, auf etwas an, was ich früher schon mal geschrieben habe, nämlich dass mich kaum etwas so schnell auf die Palme bringt wie dieser ewige Vorwurf des "Totanalysierens" - gern im Zusammenhang mit Schullektüre - und der gleichzeitigen Empfehlung, einen Text doch "einfach mal so" zu genießen. Mit dem, was du schreibst, hatte das unmittelbar nichts zu tun.


    Herzlich, B.

  • Hi, erst mal herzlichen Dank für Deine ausführlichere Antwort.



    Diese Naivität kennzeichnet Kiens Verhältnis zur Welt insgesamt, nicht nur das zu seiner Frau, sondern etwa auch zu den Leuten, denen er begegnert, nachdem er seine Bibliothek verlassen hat.


    ...bin ja noch nicht mal ganz durch...aber an dieser Stelle muss ich noch sagen, dass ich Therese's Verhältnis zur Kien, auch das des Buckligen dann, zu der Welt, wem oder was auch immer, nicht weniger naiv finde und für mich der Witz erst mal hauptsächlich in diesen Missverständnissen besteht, die sich aus der Subjektivität der jeweiligen Person ergibt, die überhaupt nicht, aber auch gar nicht, irgendwas von der Welt des Gegenübers mitbekommt und das auch gar nicht hinterfragt, egal welche Person... Zurück zum Polizisten....



    Aber weder das Setting des "third Policeman" noch die Welt eines beliebigen Fantasy-Romans gehören in diese Kategorie. Dennoch würde doch niemand auf die Idee kommen, Philip Pullman als sperrig zu empfinden, sich drüber zu ärgern.


    Ja....das stimmt! Ich kenne mich mit Fantasy-Romanen nicht aus, aber es stimmt sicher, dass ich mich über sowas zumindest aus anderen Gründen ärgern würde....hm....warum nicht? Das wüßte ich ja eben gern. Gute Frage....damit machst Du glaube ich, auch mir, mein "Problem" etwas deutlicher. Ich hab Schwierigkeiten, das zu beschreiben.


    Ich weiß nicht, ich habe wohl nicht den gleichen Begriff vom "nur so"-Lesen. das heißt ja nicht, das ich's nur sensuell perzipiere und nichts weiter damit mache.


    Ja, vielleicht. Ich habe dieses Problem ja auch zB bei der Blendung nicht. Ich lese, es macht Spaß, ich muß lachen, und gleichzeitig denke ich mir meinen Teil....wie sonst auch. Beim Dritten Polizisten ist mir das einfach nicht gelungen, und deswegen dieser Thread.



    Wenn wir darüber im Einzelnen sprechen wollen, muss ich wieder alles verspoilern, da ist man hier etwas empfindlich.


    Bin neu in diesem Forum. Bin sehr neugierig auf das "Einzelne"...worauf reagiert man hier empfindlich?!


    ..ich bin mir einfach nicht sicher, ob ich dein Problem richtig verstehe.


    *lach
    Ist eigentlich ganz einfach : Ein Mensch hat ein Buch gelesen, das ihn fasziniert hat, welches er glaubt nicht verstanden zu haben, was ihn nicht stören würde, wenn sich ihm nicht gleichzeitig das starke Gefühl aufdrängen würde, es GÄBE daran etwas zu verstehen; gleichzeitig ist eben dieser Mensch kein Fan von großartigem Rumdeuteln, fühlt sich aber irgendwie dazu genötigt. Das wäre wahrscheinlich bei einem Fantasy- Ding nicht so schwierig für mich, warum auch immer.
    Ich hab auch kein Bock auf "Vielleicht", was um Himmels Willen ist hier los?... so fühlt sich das an.


    Zitat

    Ich sehe am Ende keinen Zirkelschluss. Es gibt überdies einen ganz entscheidenden Unterschied zwischen Ende und Anfang, wenn sich der Text eine Passage weit auch fast wortwörtlich wiederholt.


    OK, dann sollte ich wohl noch mal nachlesen. Obwohl ich befürchte, dass auch das mir nicht helfen wird...vielleicht kannst Du darauf noch mal eingehen.


    LG,
    Z.

  • Zitat von "Zwielicht"

    Ich habe dieses Problem ja auch zB bei der Blendung nicht. Ich lese, es macht Spaß, ich muß lachen, und gleichzeitig denke ich mir meinen Teil....wie sonst auch. Beim Dritten Polizisten ist mir das einfach nicht gelungen, und deswegen dieser Thread.


    Um noch einmal diesen vergleich aufzugreifen: Das liegt mE daran, dass die "Blendung", wie überzeichnet sie auch sein mag und wie sehr die Welten der Protagonisten vielleicht auch beide von unserer gewohnten differieren mögen, doch irgendwie mögliche bzw. leicht vorstellbare Welten sind. Kien und seine Haushälterin (komme gerade nicht auf ihren Namen) sind beide kauzig und schräg, aber eben doch von dieser Welt.


    Zitat

    worauf reagiert man hier empfindlich?!


    Auf inhaltliche Diskussionen, die nicht in so einem weißen Spoilerkasten stehen. Da ich diese leeren Postings erstens anstrengend zu lesen und zweitens größtenteils überflüssig finde, versuche ich hier einen Mittelweg zu gehen, was mir - soweit ich das beurteilen kann - bisher ganz gut gelingt. Das Ende des "Third Policeman" aber hier im Klartext hinzuschreiben, wäre wohl ein Fall für das Moderator/innen-Team.


    Zitat

    (...) gleichzeitig ist eben dieser Mensch kein Fan von großartigem Rumdeuteln, fühlt sich aber irgendwie dazu genötigt.


    Das ist jetzt aber ein bisschen ein grundsätzliches Problem. Du kannst Texte häufig auf einer reinen Plotebene konsumieren oder du kannst dich ein bisschen vielfältiger mit ihren internen und externen Verweisstrukturen auseinandersetzen (Welche themen greifen sie auf? Welche Theorien verarbeiten sie? Gibt es offensichtliche Parallelen zu anderen Texten? In welcher historischen Situation ist der Text entstanden? usw.).
    Wenn dir dann die Handlungsebene zu dunkel und unklar erscheint (was sie mir beim TP nicht scheint, denn aus der Rückschau erschließt sich doch, was hier Sache ist), du aber keine Lust auf intensivere Auseinandersetzung hast - dann ist der Text vielleicht einfach nicht dein Fall. Aber ich will dir auf keinen Fall deinen nächsten Flann O'Brien ausreden, eine gewisse Faszination scheint er für dich ja zu haben.


    Was das Ende betrifft: Ein Zirkelschluss ist eine logische Struktur, die (ich hoffe ich kriege das richtig hin, Beschlagenere dürfen mich da gern präzisieren oder korrigieren) das, was sie zu beweisen sucht, eigentlich voraussetzt. Das sehe ich hier nicht.
    Du meinst wahrscheinlich die Wiederholungsstruktur, die allerdings ja nicht völlig identisch ist, denn der Protagonist ist am Ende ja nicht mehr allein. Das halte ich in Bezug auf die moralische Dimension des Textes für einen entscheidenden Unterschied.


    Herzlich, B.

    Einmal editiert, zuletzt von Bartlebooth ()

  • Warum sind hier eigentlich alle so schüchtern?
    Ich glaub ich werd mir ne Interpretation kaufen, falls es sowas gibt, und basta.


    Deine Kommentare, Bartlebooth, fand ich nichtsdestotrotz erhellend.
    Momentan komm ich aber nicht weiter....


    Erst mal liebe Grüße,
    Z.

  • Was meinst du denn mit schüchtern? Ich bin nicht schüchtern.


    Herzlich, B.

  • ...nein, ok, war blöde formuliert...habe den Eindruck, dass jeder was mit diesem verflixten Buch anfangen kann, nur ich nicht, und ich würde eben gerne ganz konkret hören, WAS (wenn das nicht hierhin gehört, dann interessiere ich mich auch genug für Deine Meinung, um Dich um eine Nachricht zu bitten). Du schreibst ja selbst, es würde sich erschließen, was Sache sei - in der Rückschau. Na, mir nicht *haare rauf


    Ich fange an mich zu fragen, ob ich was überlesen habe, oder ob ich schlicht zu DOOF bin, oder ob ich vielleicht einfach nicht drauf steh'....kann ja sein.


    Natürlich ist sowas vielleicht auch zu persönlich, ich weiss es nicht.
    Jedenfalls ... interessant.


    Gruß
    Z.