Erich Maria Remarque - Der Funke Leben

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    Über den Autor
    Erich Maria Remarque, 1898 in Osnabrück geboren, besuchte das katholische Lehrerseminar. 1916 als Soldat eingezogen, wurde er nach dem Krieg zunächst Aushilfslehrer, später Gelegenheitsarbeiter, schließlich Redakteur in Hannover und Berlin. 1932 verließ Remarque Deutschland und lebte zunächst im Tessin/Schweiz. Seine Bücher "Im Westen nichts Neues" und "Der Weg zurück" wurden 1933 von den Nazis verbrannt, er selber wurde 1938 ausgebürgert. Ab 1941 lebte Remarque offiziell in den USA und erlangte 1947 die amerikanische Staatsbürgerschaft. 1970 starb er in seiner Wahlheimat Tessin.


    Kurzbeschreibung
    "Das Skelett 509 hob langsam den Schädel und öffnete die Augen. Es wusste nicht, ob es ohnmächtig gewesen war oder nur geschlafen hatte. Zwischen dem einen und dem anderen bestand auch kaum noch ein Unterschied."


    Ein deutsches Konzentrationslager in der Schlußphase des Zweiten Weltkrieges. Nur ein Funke Leben trennt die Insassen noch vom Tod. Doch mit den immer näher rückenden Alliierten keimt in den letzten Überlebenden wieder Hoffnung auf ...


    Meine Meinung
    "Der Funke Leben" ist ein Buch, dass ich nie vergessen werde! Schon die ersten Sätze ziehen einen in den Bann und es entsteht ein Sog, dem man sich nicht entziehen kann.


    Hauptperson ist KZ-Häftling Nummer 509 (nach seiner eintätowierten Nummer), Insasse des "Kleinen Lagers", das zur Unterbringung der kranken und nicht mehr arbeitsfähigen Häftlinge dient. Eines Tages beobachtet 509 einen Luftangriff der Alliierten und es keimt erstmals Hoffnung in ihm auf, doch noch gerettet zu werden. Er ermutigt die anderen Häftlinge zum Widerstand. Die Erstarrung, die sie gefangen hielt, bricht...


    Eine Nebenhandlung erzählt vom Leiter des KZs, der sich im Krieg am Vermögen der Juden bereichert hat und es nun mit der Angst zu tun bekommt. Wird er nach dem Krieg bestraft werden? Soll er fliehen und damit den Führer verraten? Oder kann er sich noch schnell mit den Häftlingen gutstellen und sich so ein Alibi verschaffen?


    Dies alles wird von Remarque in nüchterner Sprache erzählt. Trotzdem, oder wahrscheinlich genau deswegen, wächst mit jeder Seite das Entsetzen und vor allem die Wut. Am allerschlimmsten war für mich jedoch die Erkenntnis, dass viele der Verantwortlichen in Nachkriegsdeutschland nur unzureichend oder gar überhaupt nicht bestraft wurden. Selten hat mich etwas so wütend und fassungslos gemacht.


    Unverständlich für mich, dass Remarque für diesen Roman in Deutschland so harsche Kritik hinnehmen musste. So wurde ihm vorgeworfen, nicht authentisch zu sein, da er den Krieg, geschweige denn die Konzentrationslager nicht selbst miterlebt habe. Dies wurde jedoch von vielen Juden zurückgewiesen, die der Ansicht waren, dass gerade jemand wie er das Geschehen unverfälscht darstellen kann.
    Desweiteren war man wohl der Meinung, dass mit diesem Roman zu viele Wunden aufgerissen würden, und es sich nicht verkaufen würde.


    Ich halte das Buch für sehr lesenswert, meiner Meinung nach sollte es auch Pflichtlektüre im Unterricht sein. Schade, dass von Remarque meist nur "Im Westen nichts Neues" erwähnt wird. "Der Funke Leben" ist ein tolles, aufrüttelndes Buch, welches einen noch lange beschäftigen wird.


    5ratten

    Einmal editiert, zuletzt von fairy ()

  • Noch ein Buch, das ich dringend mal wieder lesen müsste!


    Ich stieß als Jugendliche auf dieses Buch, nachdem ich "Im Westen nichts Neues" gelesen hatte und nach weiteren Büchern von Remarque suchte. Es war mein erster "KZ-Roman" und dementsprechend ließ er mich tief erschüttert zurück.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Dieses Buch hat mich innerlich aufgewühlt. Meine Identifikation mit den Protagonisten ging soweit, dass ich mich teilweise schämte wenn ich während des Lesens etwas gegessen habe. "Der Funke Leben" ist ein unbeschreibliches Buch. Es sollte in den Schulkanon aufgenommen werden - dann würden wir vielleicht einige Parolen weniger an den Mauern lesen müssen.


    Wer "Der Funke Leben" noch nicht gelesen hat, sollte es auf seine ToDo Liste setzen. Allerdings sollte man in der richtigen Stimmung sein und etwas Zeit haben, denn meiner Meinung nach, ist dieses Buch nicht geeignet gelesen zu werden, während man auf den Bus wartet.

  • Ihr habt mich überzeugt - Der Funke Leben wird nun demnächst von mir gelesen. Von Remarque kenne ich bisher nur Im Westen nichts Neues, das ich mal gelesen habe und das mir nicht sonderlich gefiel (wohl auch zum Teil deshalb, weil ich es als Pflichtlektüre in der Schule las).

    [i]Wir brauchen aber die Bücher, die auf uns wirken wie ein Unglück, das uns sehr schmerzt, wie der Tod eines, den wir lieber hatten als uns, wie wenn wir in Wälder vorstoßen würden, von allen Mensche

  • Sehr schöne Rezi, noch einmal danke dafür :winken:


    Zitat

    dass ich mich teilweise schämte wenn ich während des Lesens etwas gegessen habe


    Das geht nicht nur Dir so. Wer kann bei einer solchen Lektüre schon mit gutem Gewissen essen?


    Zitat

    Es sollte in den Schulkanon aufgenommen werden - dann würden wir vielleicht einige Parolen weniger an den Mauern lesen müssen.


    Dito! Wir wurden mit Büchern und Filmen über das dritte Reich noch regelrecht "gefüttert", schon in der GS, das scheint heute nicht mehr so zu sein. Wenn ich mir in manchen Foren so ansehe was da von sich gegeben wird, frage ich mich wirklich, ob die Leute nichts darüber wissen.


    Das Buch steht jedenfalls ganz oben auf meiner Liste.

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”


  • Dito! Wir wurden mit Büchern und Filmen über das dritte Reich noch regelrecht "gefüttert", schon in der GS, das scheint heute nicht mehr so zu sein. Wenn ich mir in manchen Foren so ansehe was da von sich gegeben wird, frage ich mich wirklich, ob die Leute nichts darüber wissen.


    Das frag ich mich auch. Wir haben auf dem Gymnasium ziemlich viel zum Thema gelesen und geschaut.


    Von vielen Schülern hört man aber, dass ihnen der ewige "Nazischeiß" auf die Nerven geht :rollen:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Das kommt wahrscheinlich darauf an wie man an das Thema herangeführt wird. Wir haben z.B. mit Damals war es Friederich und Als Hitler das rosa Kaninchen stahl angefangen, quasi mit den Auswirkungen des Krieges auf die einzelnen Menschen und das hat mich ziemlich geprägt. Mit den ganzen Daten, wer, was, wann und wo konnte ich in der 9. auch nicht viel anfangen, allerdings haben wir begleitend dazu Auszüge aus den Nürnburger Prozessen gelesen, Nacht und Nebel dazu gesehen und ähnliches. Bei uns gab es wirklich niemanden in der Klasse, den das kaltgelassen hat.

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”

  • Über "Der Funke Leben" lässt sich wahnsinnig viel schreiben. Ich finde das Werk sensationell. Klar, es hat einige heroisierende Elemente. Aber das ändert nichts an der Wirkung. Als ich es las, hab ich mir den Kuchen oder sonstige Leckereien nebenher geschenkt...weil mir der Appetit vergangen ist. Und so soll das Buch ja wirken! Also wenn Neider wie Heinrich Böll (den ich sehr schätze!) meinen, das Buch so kommentieren zu müssen: "Heißes Eisen in lauwarmer Hand", dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Böll hat fein die Finger vom "heißen Eisen" gelassen. Waren die gar klamm?


    Egal...das Werk ist wichtig, um die Greuel nie zu vergessen.

    And as I sat there brooding on the old, unknown world, I thought of Gatsby's wonder when he first picked out the green light at the end of Daisy's dock. He had come a long way to this blue lawn and hi

  • Ich halte das Buch für sehr lesenswert, meiner Meinung nach sollte es auch Pflichtlektüre im Unterricht sein.


    Finde ich nicht. Als wir damals "Im Westen nichts Neues" lesen mussten, war ich in einer Phase, die war garnicht mit dem Buch zu vereinen. Da wollte ich alles, aber bitte nichts, was mich irgendwie traurig machen konnte. Ich fand das Buch furchtbar. Und damit war ich nicht allein. "Der Funke Leben" ist ja noch krasser. Ich glaube nicht, dass das dann alle "durchhalten". als Anregung kann mans ja immernoch mit nennen.


    Es ist ein super Buch, keine Frage. Aber der Tag ist dann auch erstmal gelaufen, wenn mans gelesen hat.
    Für die Schule würde (wieder und wieder) den "Schwarzen Obelisken" empfehlen.

  • Zitat

    Aber der Tag ist dann auch erstmal gelaufen, wenn mans gelesen hat.


    Genau das ist doch der Sinn der Sache. So sehe ich es jedenfalls, wenn das Buch das bewirkt,ist seine Botschaft angekommen.
    Ich habe es übrigens gestern angefangen.

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”


  • Dieses Buch hat mich innerlich aufgewühlt. Meine Identifikation mit den Protagonisten ging soweit, dass ich mich teilweise schämte wenn ich während des Lesens etwas gegessen habe. ....Allerdings sollte man in der richtigen Stimmung sein und etwas Zeit haben, denn meiner Meinung nach, ist dieses Buch nicht geeignet gelesen zu werden, während man auf den Bus wartet.


    Genauso ging es mir auch. Ich hatte ja schon ein schlechtes Gewissen, wenn ich die Protagonisten mal für ein paar Minuten alleine gelassen habe. ("Die können ja auch nicht einfach das Buch zuklappen" war der Gedanke.) Deswegen habe ich es auch fast an einem einzigen Tag verschlungen. Umso intensiver war wahrscheinlich auch das Gefühl, das ich daraus mitgenommen habe. Nebenbei zu essen, wäre mir wie eine Beleidigung vorgekommen.
    An der Bushaltestelle hätte ich das Buch auch nicht lesen wollen, da könnte ich mich gar nicht auf die Geschichte einlassen. (Und auch hier wäre es mir wie eine Beleidigung vorgekommen, es "so nebenbei" zu lesen.)


    Runterziehend ist das Buch allerdings schon, das stimmt. Ich würde es auch nicht lesen wollen, wenn ich eh schon schlecht drauf bin. Andererseits ist man nachher eh schlecht drauf, von daher würde es passen. :zwinker:


    Beim Rezensieren habe ich gemerkt, dass ich das Buch eigentlich auch gern noch mal lesen würde. Vor zwei Jahren habe ich gesagt: "Das schaff ich nicht nochmal.", aber jetzt reizt es mich doch wieder. Auf jeden Fall ist es ein sehr beeindruckendes Buch.


    Ich bin schon gespannt, wie es dir gefällt, Gytha. Ich hoffe, du magst es genauso wie ich.

    Einmal editiert, zuletzt von Thanquola ()

  • So...ich habe es seit ein paar Tagen durch...uff. Ich konnte das Buch nicht in einem Rutsch lesen. Jeder Abschnitt musste irgendwie erstmal etwas sacken.
    Ich weiß gar nicht so genau, welche Zeitspanne das Buch umfasst, aber am Ende kam es mir vor als würde ich zusammen mit den Häftlingen schon ewig im Lager sitzen, die einzelnen Tage, Wochen ziehen sich hin, Datum, Wochentage, alles ist bedeutungslos, zählen tut eigentlich nur noch ob es was zu essen gibt und ob es nur dünne Suppe sein wird oder auch Brot.


    Die erste wirklich heftige Gefühlsregung kommt beim ersten Bombenangriff. Neubauer, Leiter des Lagers, fährt hinunter in die Stadt, um zu schauen, ob seine Häuser noch stehen und wie es seiner Familie geht. Ich hab mir fast gewünscht, daß es seine Familie erwischt hat, daß er am eigenen Leib erfährt wie es ist jemanden verlieren und völlig verzweifelt zu sein.
    Seine Frau wird erst äußerst unsymphatisch vorgestellt, der krasse Gegensatz zu den skelettartigen Häftlingen oben im Lager, dick, rosig, mit Seidenrock angetan, der Eindruck wird dann aber etwas gemildert als sie auf ihren Mann losgeht. Sie ist keine nette Person, aber immerhin hat sie noch einen klaren Blick für die Realität, der ihrem Mann völlig abhanden gekommen zu sein scheint. Neubauer weiß zwar, daß er falsch handelt bzw gehandelt hat, aber im Grunde interessiert ihn nur wie er vor dem Feind dastehen wird, wenn der Krieg verloren ist. Seine Gedanken gegen Ende sind bezeichnend:

    Zitat

    Warum geschieht das gerade mir, einem anständigen Patrioten, einem guten Ehemann, einem sorgsamen Vater?


    Ganz schlimm wird es, als ein Transport aus einem anderen Lager in Mellern halt machen muß, weil der Zug über die beschädigten Schienen nicht weiterfahren kann. Die überlebenden Häftlinge aus diesem Transport werden eine Nacht im Kleinen Lager, von Neubauer Schonungsabteilung genannt, weil ihre Insassen mehr tot als lebendig sind und nicht mehr arbeiten können, "zwischengelagert". Am nächsten Morgen beginnen sie die Häftlinge aus Mellern, die in ihre Baracken eingeschlossen sind, anzuflehen sie reinzulassen: "Sie bitten uns, um ihrer Mütter willen, sie hereinzulassen, um ihrer..." Avasher brach ab. Er weinte.
    Sie können ihnen nicht helfen, denn wenn sie sie einließen, würden sie riskieren mit auf den Transport geschickt zu werden, der am Morgen weiterfährt zum nächsten Vernichtungslager, dennoch fühlen sie sich schuldig. Einem selbst wird es eng in der Kehle.


    Eine Textstelle, die ich sehr bezeichnend finde:

    Zitat

    Nur eine einzige Partei wird im Chaos der Niederlage intakt bleiben: Der Nationalsozialismus. Ich meine nicht die Mitläufer, die schließen sich jeder Partei an - ich meine den Kern. Er wird geschlossen untergrund gehen und warten, um wieder herauszukommen.


    Nicht nur manchmal habe ich den Eindruck, daß genau das geschehen ist.
    Auch 509s Ausführungen, daß jedes totalitäre System unmenschlich ist, ganz gleich ob Nationalismus oder Kommunismus sind sehr gelungen.
    Was mir sehr gut gefallen hat ist, daß das Buch ganz andere Aspekte behandelt als die, die ich bisher über den Krieg, die KZs oder über die Behandlung der Juden bzw der "Politischen" gelesen habe. Sicher kommen hier auch die Grausamkeiten vor, der Hunger, die Verzweiflung, die Dinge, die einem unbegreiflich scheinen, aber irgendwie ist es doch anders. Z.B. der politische Untergrund im Lager oder die Gedanken der Häftlinge, daß es eventuell auch nach dem Krieg keine Rettung gibt, die Angst, daß die Allierten sie ebenfalls für Untermenschen halten könnten. Die, ihre "Macht" mißbrauchenden Kapos und Blockältesten, die sich kaum noch von der SS unterscheiden, überhaupt die ganze Atmosphäre des Buches.


    Dennoch mußte ich während des Lesens einmal lächeln:


    Und, zumindest für mich, die wichtigste Aussage des Buches:

    Zitat

    "Man wird vor uns nicht auf die Knie fallen, wenn wir hier herauskommen", sagte er. "Man wird alles ableugnen und vergessen wollen. Uns auch. Und viele von uns werden es auch vergessen wollen."
    "Ich werde es nicht vergessen", sagte Bucher finster. "Dieses nicht und alles nicht."
    "Gut."


    509 sagt es immer wieder: "Vergesst es nicht!"


    5ratten


    Eines der Bücher, die man gelesen haben sollte.


    Thanquola


    Ich kann nicht sagen, daß es gut war, weil diese Dinge eben wirklich geschehen sind, aber es war gut es zu lesen.

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”