Laurence Sterne - Tristram Shandy

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  • Ok, aber gibt es das Wort "Fortification" im englischen überhaupt? Im deutschen kann ich keinen Google-Beleg finden. Man muss also davon ausgehen, dass es der gemeine Leser nicht kennt. Wie ist das im Englischen?


    Gruß, Thomas

  • Ok, aber gibt es das Wort "Fortification" im englischen überhaupt?


    Gemäss meinem Collins (Millenium Edition): ja.


    Im deutschen kann ich keinen Google-Beleg finden. Man muss also davon ausgehen, dass es der gemeine Leser nicht kennt.


    Nein? Ich finde jede Menge für "Fortifikation". Bei Wikipedia.de wird man umgeleitet zu "Befestigung". Mein Duden von 1996 kennt das Wort als "veraltet".


    Wie ist das im Englischen?


    Meines Wissens immer noch der Fachbegriff für Befestigung und Befestigungskunst.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)


  • Ok, aber gibt es das Wort "Fortification" im englischen überhaupt? Im deutschen kann ich keinen Google-Beleg finden. Man muss also davon ausgehen, dass es der gemeine Leser nicht kennt.


    Also im Grimm und im Adelung konnte ich es nicht finden, aber der Zedler kennt die Fortification

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym, 2001


  • Ich finde jede Menge für "Fortifikation". Bei Wikipedia.de wird man umgeleitet zu "Befestigung". Mein Duden von 1996 kennt das Wort als "veraltet".


    Ok, da habe ich irgendwie nicht richtig geschaut. Dann kann man die Übersetzung so gelten lassen. Ein Nachschlagen im Duden kann man erwarten.


    Gruß, Thomas


  • Ok, aber gibt es das Wort "Fortification" im englischen überhaupt?


    Langenscheidts Großes Schulwörterbuch Englisch-Deutsch kennt es als normales Wort ohne Zusatz von "veraltet", "ungebräuchlich" o. ä.
    Und mir als "gemeiner Englischleserin" ist es auch ohne Blick ins Wörterbuch geläufig.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Langenscheidts Großes Schulwörterbuch Englisch-Deutsch kennt es als normales Wort ohne Zusatz von "veraltet", "ungebräuchlich" o. ä.


    Vielleicht sogar dank Uncle Toby? :teufel:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Ich habe nun das 3. Buch beendet und ich bin erstmals richtig begeistert.


    Da liegt Tristrams Mutter, die in einer Verfilmung wohl gar nicht mitspielen würde, seit Stunden in den Wehen und sein Vater, der Onkel und der Arzt unterhalten sich über die abstrusesten Dinge. Männer haben sich wohl in kaum einem anderen Buch so lächerlich benommen wie hier. Und obwohl über die Wehen immer nur nebenbei erwähnt werden, wird man als Leser während des Lesens langsam nervös und fragt sich, wann der Arzt endlich eingreifen will und wozu er überhaupt gekommen ist. Sterne erkennt das auch und baut gleich Überlegungen zum relativen Vergehen der Zeit ein und deutet damit auf Proust hin.


    Der Witz im Band ist unglaublich gut gemacht. Die Gebärzange ist in einen Beutel so fest eingebunden, dass man diesen nicht mehr aufbekommt und schon wird der Diener mit seitenlangen lateinischen Flüchen belegt, die auch auf der Nebenseite übersetzt wiedergegeben werden.


    Und dann gibt es eine seitenlange komische Abhandlung über Nasen. Tristrams Vater sammelt Bücher darüber! Ein Bibliophiler! Aber auch hier werden wieder echte Bücher, die darüber handeln, eingebaut. Großartig wie nun die Personen zum Leben erwachen mit ihren abstrusen Steckenpferden. Aber man findet sich in gewisser Weise ja auch selber darin.


    Serne zitiert häufig ihm bekannte Literatur, die mir leider kaum bekannt ist. Rabelais zum Beispiel (er steht bei mir noch im Regal). Viele offene Anspielungen auf das Altertum. Man würde sich eine noch besser kommentierte Ausgabe wünschen. Richtig genießen kann man das nur, wenn man es kennt, ansonsten muss man so manche Stelle überlesen. Oder halt zu einem späteren Zeitpunkt wiederlesen. Ein Buch zum Wiederlesen.


    Ich lese übrigens weiter in der Walther-Übersetzung. Die Sprache ist schwierig, an manchem Fremdwort scheitere ich, aber hier im dritten Band komme ich ganz gut zurecht. Inzwischen habe ich den Inhalt im Kindler komplett nachgelesen, das erhöht den Genuss eher, wenn man die ganz großen Linien schon kennt.


    So kann es weitergehen!


    Gruß, Thomas

  • Sterne erkennt das auch und baut gleich Überlegungen zum relativen Vergehen der Zeit ein und deutet damit auf Proust hin.


    Er ist m.M.n. sogar komplexer als Proust, da er auch immer wieder auf die ungeheuer komplizierten Relationen von Lesezeit - Erzählzeit - erzählter Zeit eingeht.


    Eng damit verknüpft: Schreiben und Lesen werden ebenfalls ständig thematisiert, so, wenn er z.B. die Leserinnen schickt, das vorhergehende Kapitel nochmals zu lesen, weil ihnen offenbar etwas entgangen sei, mit den Lesern plaudert er unterdessen weiter, bis irgendwann in diesem Kapitel dann die Leserinnen wieder zum Erzähler und den Lesern stossen. Versuche einer mal, dies als Diagramm verschiedener Zeit- und Erzählebenen darzustellen. :smile:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Nochmals Hallo!


    Ich schon wieder ...


    Klein-Tristram ist nun geboren - Vater wie Onkel haben die Geburt verschlafen, und der Leser mit ihnen. Wir treffen "the man-midwife" in der Küche wieder, wo er versucht, eine Schiene für Klein-Tristrams durch die neuartige Geburtszange des Doktors zerquetschte Nase zu konstruieren. Ein heutiger Autor hätte die ganze Geburt ausführlichst und wenn möglich blutrünstigst wiedergegeben; Sterne geht so leicht darüber hinweg; dabei beklagt sich Tristram ständig über seine deformierte, weil viel zu kleine Nase ... :smile:


    Ich habe nun das 3. Buch beendet und ich bin erstmals richtig begeistert.


    Begeistert bin ich schon lange. Allerdings aufgrund fehlender Lesezeit mit Buch 3 noch nicht fertig ... :sauer:


    Serne zitiert häufig ihm bekannte Literatur, die mir leider kaum bekannt ist. Rabelais zum Beispiel (er steht bei mir noch im Regal). Viele offene Anspielungen auf das Altertum. Man würde sich eine noch besser kommentierte Ausgabe wünschen. Richtig genießen kann man das nur, wenn man es kennt, ansonsten muss man so manche Stelle überlesen. Oder halt zu einem späteren Zeitpunkt wiederlesen. Ein Buch zum Wiederlesen.


    Letzteres auf jeden Fall! Im übrigen hat Sterne - ein echter Vertreter enzyklopädischen Schreibens wie später auch sein "Schüler" Jean Paul oder Arno Schmidt - nicht nur Rabelais und Cervantes sondern auch die abstrusesten Autoren gelesen, die wiederaufzufinden heute schon ein bisschen Mühe bereitet. (Ich für meinen Teil habe mir vorgenommen, im Anschluss an Sterne John Locke: An Essay Concering Human Understanding wiederzulesen. Dessen Erkenntnistheorie scheint sich Sterne allen Ernstes angeeignet zu haben.)


    (Auch ohne Sterne lohnt sich übrigens eine Rabelais-Lektüre. Da beginnt - nebenbei gesagt - am 25. April 2007 eine Leserunde zu Gargantua & Pantagruel im Klassikerforum ... :zwinker: )


    So kann es weitergehen!


    A propos: Wo ist Mondpilz? Haben den die Seleniten gepflückt? :breitgrins:


    Grüsse


    Sandhofer


    EDIT: Datum korrigiert.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

    Einmal editiert, zuletzt von sandhofer ()

  • (Auch ohne Sterne lohnt sich übrigens eine Rabelais-Lektüre. Da beginnt - nebenbei gesagt - am 25. April 2007 eine Leserunde zu Gargantua & Pantagruel im Klassikerforum ... :zwinker: )


    Das reizt mich schon, wenn es nicht so viele Bücher geben würde, die ich mir für dieses Jahr bereits vorgenommen habe. Ich bin kein so großer Leserundenfreund, da man dann immer so unter Termindruck steht. Den Austausch hier finde ich sehr schön, aber auf der anderen Seite... So bin ich gerade auch aus meinem privaten Literaturkreis ausgestiegen.


    Gruß, Thomas

  • Letzteres auf jeden Fall! Im übrigen hat Sterne - ein echter Vertreter enzyklopädischen Schreibens wie später auch sein "Schüler" Jean Paul oder Arno Schmidt - nicht nur Rabelais und Cervantes sondern auch die abstrusesten Autoren gelesen, die wiederaufzufinden heute schon ein bisschen Mühe bereitet. (Ich für meinen Teil habe mir vorgenommen, im Anschluss an Sterne John Locke: An Essay Concering Human Understanding wiederzulesen. Dessen Erkenntnistheorie scheint sich Sterne allen Ernstes angeeignet zu haben.)


    In Literaturlexika fällt, wenn man bei Jones und Sterne nachliest, immer wieder der Name Richardson. "Muss" man etwas von ihm kennen?


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()


  • (Auch ohne Sterne lohnt sich übrigens eine Rabelais-Lektüre. Da beginnt - nebenbei gesagt - am 25. April 2007 eine Leserunde zu Gargantua & Pantagruel im Klassikerforum ... :zwinker: )


    Eichhörnchen das ich bin, habe ich mir heute früh mal schnell den Rabelais bei ZVAB rausgesucht. :breitgrins: Zu der Leserunde werde ich leider keine Zeit haben. Aber bestimmt ab und zu mal reinschauen. :winken:

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym, 2001

  • In Literaturlexika fällt, wenn man bei Jones und Sterne nachliest, immer wieder der Name Richardson. "Muss" man etwas von ihm kennen?


    Den "Erfinder" des Empfindsamen Romans? - Eigentlich schon. Immerhin steht Goethes Werther in seiner Tradition. Ich gestehe aber, dass Richardson seit Jahrzehnten auf meiner Kaufst-du-mal-wenn-du-gerade-darüberstolperst-Liste steht und es bisher noch nicht in mein Regal geschafft hat :redface: . "Wir wollen weniger erhoben und fleissiger gelesen sein!" Ja, ja ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Den "Erfinder" des Empfindsamen Romans? - Eigentlich schon.


    Ich habe den sehr interessanten Wikipedia-Eintrag gelesen. Offenbar ein häufig gelesener Autor zu seiner Zeit. Es gibt zur Zeit kein einziges seiner Werke in deutscher Sprache. Alles nur noch antiquarisch.


    Gruß, Thomas

  • Hallo zusammen!


    Unterdessen bin ich in der Mitte von Buch 4. Shandy rechnet gerade aus, dass er bei seinem Schreib- bzw. Beschreibtempo (3 1/2 Bücher, und er ist gerade mal auf der Welt!) viel mehr erlebt, als er beschreiben können wird. Was ihn nicht davon abhält, eine merkwürdige Geschichte vom Mann mit der Nase zu erzählen, der in Strassburg damit Aufsehen erregt. Oder ein "Kapitel über Kapitel" einzufügen ... :smile:


    Noch zu Richardson: Ja, er war ein Bestsellerautor seiner Zeit. Auf Englisch sind Clarissa und Pamela immer noch als Taschenbücher auf dem Markt.


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    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Das 4. Buch habe ich durch. Neben den von sandhofer erwähnten Szenen, die mir auch sehr gut gefallen haben, gibt es im 4. Band noch den "Gag", dass der Autor 10 Seiten mit einem kompletten Artikel wieder entfernt hat. Die Seitenzählung springt von 141 auf 151. Solche Spielereien würde man heutigen Autoren zutrauen, offenbar hatte der Autor jede Menge Spaß beim Schreiben.


    Gruß, Thomas

  • Ja, der Mann mit der Nase. :klatschen: Die Entwicklung von Gerüchten hat sich wohl im Laufe der Jahrhunderte kaum verändert.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym, 2001

  • Hallo zusammen!


    So, nun bin ich auch irgendwo im 5. Buch.


    Vater und Onkel versuchen, ob die Taufe bzw. die Namensgebung rückgängig zu machen ist und besuchen ein paar Theologen. Witziges Zwischenspiel, wo dem einen eine heisse Kastanie in den offenen Hosenstall fällt. Daneben auch eine Parodie auf scholastische Spitzfindigkeiten, die darin gipfeln, dass eine Mutter als nicht blutsverwandt mit ihrem Kind betrachtet wird ... :smile:


    Dann ist Tristrams älterer Bruder gestorben, offenbar sehr unterwartet, aber wir wissen nicht, woran. Tristram wird so zum Alleinerben, und es deutet sich schon an, dass er die bei den ältesten Shandy-Söhnen übliche Europatour unternehmen wird dürfen. Bei alledem wissen wir aber (im Moment jedenfalls) nicht, wie alt Tristram schon war, als sein Bruder verstarb. Auch die Reaktion der Mutter auf die Todesnachricht wird nicht etwa im Anschluss an die des Vaters überliefert, sondern da erfahren wir, was die hauptsächlichen Dienstboten dazu meinen ... :breitgrins:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo zusammen!


    Nun stecke ich bereits im 6. Buch.

    Die sehr sentimentale Geschichte um Le Fever und seinen Sohn. Einmal mehr gerät Tristram Shandy dem Leser komplett aus den Augen. (Wie ja überhaupt Uncle Toby & Corporal Trim m.M.n. die eigentlichen Hauptfiguren dieses Romans sind.)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo zusammen!


    Unterdessen bin ich ganz alleine mit Tristram Shandy im 7. Buch in Frankreich unterwegs. Ist es die dem Familienältesten zustehende Herrentour? Wir erfahren nicht viel, noch weniger darüber, was in der Zwischenzeit geschehen ist. Dafür lässt sich Tristram Shandy - mit beigefügen Grafiken - über seinen mäandrierenden Schreibstil aus und verspricht in Zukunft absolut geradlinig weiterzuschreiben.


    Das siebte Buch zeichnet sich bisher durch einen völlig zerrissenen, rhapsodischen Stil aus, wie man ihn später vom Sturm und Drang (Werther!) oder der dunklen Romantik kennt (Die Nachtwachen des Bonaventura).


    Übrigens, BigBen: Sooo schlimm fand ich die Beschreibungen von Uncle Tobys Festungswerksleidenschaft auch beim zweiten Mal nicht. Ich hatte im Gegenteil in Erinnerung, dass da noch viel mehr davon geredet wurde. :zwinker:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)