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Inhalt
"Als ich gebeten wurde, einen Mythos auszuwählen und darüber zu schreiben, erkannte ich, dass die Entscheidung schon feststand. Das Telefonat war noch nicht zu Ende, da schwebte mir bereits die Geschichte von Atlas vor, der die Welt auf den Schultern trägt. Ohne den Anruf hätte ich die Geschichte womöglich nie geschrieben, aber als er kam, wartete genau diese Geschichte darauf, erzählt zu werden. Der Leitspruch von Die Last der Welt heißt: 'Ich will die Geschichte von neuem erzählen.’ Die Last der Welt bewegt sich weg von der einfachen Geschichte der Strafe des Atlas und der vorübergehenden Erleichterung, die er erfährt, als Herkules ihm die Welt von den Schultern nimmt. Ich wollte Einsamkeit, Isolation, Verantwortung, Bürde und schließlich auch die Freiheit erforschen, denn meine Version hat einen besonderen Schluss, der sonst nirgends zu finden ist."
Meine Meinung
Der Mythos von Atlas und Herkules wird neu erzählt, und neben einem besonderen Schluss auch mit Themen der Kosmologie und Mineralogie ergänzt. Die beiden Figuren sind dabei sehr unterschiedlich: Atlas ist nachdenklich und oft philosophierend, Herkules dagegen ein Draufgänger und Schürzenjäger.
Die Vorgeschichte, also den Grund für die Bestrafung von Atlas, hätte ich mir etwas detaillierter gewünscht - es wird zwar beschrieben, dass er sich gegen die Götter gewendet hat, aber eher oberflächlich. Für diejenigen, die sich mit Mythen sehr gut auskennen, ist das sicher unerheblich - aber für einen nur gelegentlichen Leser von Mythen wie mich wäre das hilfreich und aufschlussreich.
Die Geschichte lässt sich größtenteils flüssig lesen, sie konnte mich schnell fesseln und mir gefällt der Stil. Die biografischen Teile fand ich manchmal interessant, manchmal aber auch recht ausschweifend - da wollte ich dann lieber schnell zu der eigentlichen Geschichte zurück. Es gibt auch einige Stellen, die zum Nachdenken anregen, z.B. über Grenzen und Sehnsucht, und die mich sicher noch etwas länger beschäftigen werden.
Das Vorwort hat mir ausgesprochen gut gefallen, besonders diese Stelle:
ZitatZurzeit haben massenhaft Menschen eine schauerliche Lust am vermeintlich Realen, sei es in Form von Reality-TV oder jener Art primitiver Fiktion, die uns als halb dokumentarisch verkauft wird. Oder aber in Form der nur geringfügig besseren Tatsachenberichte, Biografien und Reportagen aus dem "wahren Leben", die den angestammten Platz der Fantasie eingenommen haben.
Dieses Phänomen verweist auf eine schreckliche Angst vor Innerlichkeit, vor dem Erhabenen, dem Poetischen, dem Geistigen, dem Kontemplativen,
Geschichtenerzähler wie ich, die weniger an die erklärende als die mythische Kraft des Erzählens glauben und die überzeugt sind, dass Sprache mehr ist als Informationsvermittlung, müssen gegen den Strom schwimmen, so wie Siegfried, der rheinaufwärts rudert.
Anhand von Mythen lassen sich wunderbar Geschichten erzählen - neu erzählen, um ihrer selbst willen, und bleibende menschliche Wahrheiten entdecken. Wir können nicht mehr tun, als diese Geschichten immer wieder zu erzählen, in der Hoffnung, nicht nur auf taube Ohren zu stoßen. In der Hoffnung, dass inmitten des Albtraums aus endlosen Nachrichtenströmen und Promi-Klatsch auch noch andere Stimmen Gehör finden, die vom lebendigen Geist und den Irrfahrten der Seele sprechen.
Wenn man sich mit Göttern und Sagengestalten nicht so gut auskennt, muss man allerdings ein paar mal nachschlagen - aber es hält sich in Grenzen, und ich empfand das als eine Bereicherung. Ein kurzes Glossar mit einer groben Zuordnung wäre da aber vielleicht hilfreich gewesen.
Das Projekt
Gemeinsam mit 30 internationalen Verlagen ruft der Berlin Verlag ein einzigartiges Projekt ins Leben - die Buchreihe Die Mythen. Sie startet weltweit gleichzeitig als Auftakt zu einer verlegerischen Herkulestat. Renommierte Schriftsteller aus der ganzen Welt versammeln sich zu diesem groß angelegten literarischen Unternehmen und schaffen mit ihren ganz eigenen Versionen mythischer Geschichten einen modernen Kanon klassischer Erzählkunst.
Soweit ich herausfinden konnte, sind neben Die Last der Welt noch folgende Titel erschienen:
~ Karen Armstrong - Eine kurze Geschichte des Mythos
~ Margaret Atwood - Die Penelopiade
~ Viktor Pelewin - Der Schreckenshelm. Der Mythos von Theseus und dem Minotaurus.