Heinrich Heine - Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland

Es gibt 20 Antworten in diesem Thema, welches 5.562 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Miramis.

  • Hallo!


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    Heines Schrift war als ideengeschichtliche Grundlage für die literaturhistorische Romantische Schule gedacht. Aber nur in der französischen Ausgabe konnten beide Schriften zusammen erscheinen, während die Philosophie-Schrift in Deutschland erst 1835, zwei Jahre nach der Romantischen Schule, erschien. Als Heine 1852 versuchte, die Erstellungen der Erstausgabe auszubessernm gelang ihm dies nur teilweise, weshalb unser Text wieder die Handschrift zugrunde legt. Ausführliche Anmerkungen un d ein Nachwort erschließen diese für das Verständnis des Heineschen Denkens so wichtige Schrift.


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    Teilnehmer
    Papyrus
    Miramis
    Wolves
    Qantaqa (vllt später)
    Weratundrina


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    Eine kurze Bitte: Damit das ein bisschen angenehmer zu lesen ist, postet erst, wenn ihr angefangen habt. Die Beiträge "Buch liegt bereit, ich fange heute Abend an" ziehen das ganze immer so sehr in die Länge.


    Interessant für Leserunden-Neulinge ist sicherlich die Leserunden-FAQ. Dort findet ihr auch Informationen z.B. zu Spoilern etc.


    Viel Spaß!

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

    Einmal editiert, zuletzt von fairy ()

  • Da habe ich mich in der Teilnehmerliste ja selbst vergessen. :breitgrins:


    Ich versuch mich jetzt mal zu äußern, habe grade das 1. Buch beendet (also bis Seite 50).


    Der Einstieg ist ja schon bitter... Heine möchte nur die großen Fragen in dürftigem Zuschnitt klar und deutlich behandeln um den Wissensdurst des Volkes zu befriedigen. Ich musste auf diesen 50 Seiten des öfteren mal ein Wort nachschlagen. Aber ich hoffe, dass es einfach daran gelegen hat, dass diese Worte einfach nicht mehr so allgegenwärtig im Sprachgebrauch sind.


    Vor allem muss man sich beim Lesen ständig vor Augen führen, dass Heine zu den Franzosen spricht, um ihnen Klarheit über deutsches Handeln und Denken zu verschaffen.
    Die Leser (also die Franzosen) brauchen keine Angst vor Scherzen haben, die die fromme Seele verletzen, diese wären allerhöchstens noch in Deutschland notwendig, um dort die Macht der Religion zu neutralisieren. Mit dem Einstieg hat Heine bei mir direkt gepunktet und ich habe gespannt weiter gelesen.


    Bevor er zur Erklärung der Idee des Christentums kommt, greift er noch auf, dass Voltaire nur den Leib des Christentums, nicht aber dessen inneres Wesen verletzt hat. Ich muss unbedingt nochmal Voltaire lesen, das ist bei mir schon so lange her, dass ich mich kaum noch dran erinnern kann, weiss nur, dass ich ihm immer sehr wohlgesonnen war.


    Den ersten Anhaltspunkt, unser vorangegangenes Leserundenbuch betreffen, finde ich direkt auf Seite 9:
    Denn das Christentum ist eine Idee, und als solche unzerstörbar und unsterblich, wie jede Idee. Was aber ist diese Idee?
    Eine Antwort gibt Heine zunächst nicht, sondern erwähnt nur, wo man sie definitiv nicht findet.
    Auf der Suche nach der Antwort kommt er dann zu der Lehre der beiden Prinzipien gut und böse, die sich bekämpfen, was vielen Strömungen eigen ist (vergleicht hier insbesondere Manichäer und Gnostiker).
    Gut = Christus = Geist = Spiritualismus <--> Böse = Satan = Materie = Sensualisus
    Diese Gleichung führt durch das ganze erste Buch.


    Heine benutztbei seinen AUsführungen immer wieder eine so feine Ironie, dass ich mich immer wieder dabei ertappt habe, wie ich vor mich hin schmunzelte und immer wieder das starke Bedürfnis hatte, meinem Schatz aus dem Büchlein vorzulesen. .
    So z.B. die Metapher "Verbreitung des Christentums = ansteckende Krankheit" und dem daraus folgenden: Ist auch mancher von uns schon genesen, so kann er doch der allgemeinen Lazarettluft nicht entrinnen, und fühlt sich unglücklich als der einig Gesunde unter lauter Siechen.
    Ich denke, dass sich eben doch so manche fromme Seele bei der Lektüre stark auf den Schlips getreten fühlen dürfte. Als Zukunftsvision für die glücklicheren folgenden Generationensieht Heine dann den Frieden zwischen Lein und Seele.


    Man findet in diesem Buch so viele zitierungswürdige Stellen, ich weiss gar nicht, welche ich auslassen soll :zwinker:. Fast die komplette Seite 13 habe ich unterstrichen. Auch die folgenden zwei Seiten, auf denen Heine - weiterhin auf der o.g. Gleichung basierend - über die Sinnenfeindlichkeit der Kirche und der Christen im Allgemeinen philosophiert, sind einfach nur gut. Stellen wie: [...] einer Zeit, die alles was süß und lieblich war als Teufelei verschrie. oder der wahre Christ spazierte, mit ängstliche verschlossenen Sinnen, wie ein abstraktes Gespenst, in der blühenden Natur umher.


    Nun beginnt Heine den Volksglauben in Europa und seine regionalen Unterschiede zu untersuchen, indem er sagt, dass zwar die Ansichten über das gute Prinzip weitestgehend die gleichen gewesen seien, das böse Prinzip jedoch verschieden sei. Hierbei herrscht vor allem ein Nord-Süd-Gefälle.


    Jetzt bin ich auf Seite 16 angelangt und schick das erst mal ab. :elch:

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • Die christliche Kirche also verteufelt im wahrsten Sinne alle alten Götter, die griechischen, die nordischen - alle sind Teufel!
    Besonders Venus hebt Heine hervor, die im Venusberg hausen sollte und dort ein liederliches Leben voll Verlockung führte. Kommt daher wohl die Benennung des Venusberges bei Bonn? Ich hab das noch nicht nachgeschlagen.


    Noch ein schönes Zitat zur Umkehrung des Nationalglaubens: [...Pantheismus]in jedem Baume atmete eine Gottheit, die ganzeErscheinungswelt war durchgöttert; das Christentum verkehrte diese Ansicht, und an die stelle einer durchgötterten Natur trat eine durchteufelte.


    Im Anschluss erzählt Heine etwas über die unterschiedlichen Geister- und Zauberwesen (bis Seite 24), was auch sehr schön zu lesen ist (und weniger anstrengend :zwinker: ). Zwischen all den Schauergeschichten die Feststellung: Indessen, wie die Deutschen nun einmal sind, sie suchen oft im Grauen selbst ihren besten Spaß [...] :entsetzt:


    Als Überleitung von den Geistergeschichten zu weiteren Erläuterungen über Religion, Kirche undKirchenleuten: Ich habe mich vielleicht zu lange bei diesen kleinen Dämonen aufgehalten, und es ist Zeit, daß ich wieder zu den großen übergehe. :totlach:


    Die Greuel der Hexenverbrennung führt Heine auch auf diese Umkehrung des Pantheistischen zum Pandämonischen zurück; logisch - die Menschen haben überalll nur noch "das Böse" an sich gesehen. Zum Charakter des Teufels: der unterste Absatz auf Seite 25. Die feine Ironie Heines finde ich einfach nur gut. :anbet: Sie gipfelt darin, dass Heine auf den Seiten 26/27 "behauptet", dass Kirchen durch die Ablaßbriefe quasi durch die Sünden der Menschen finanziert worden sind und die Kirche sich daher dieses raffinierte System ausgedacht hat zum Besten der Sinnlichkeit. :breitgrins:


    Ab Seite 28 geht es dann intensiver um Spiritualismus und Sensualismus, da ist ein Satz, den ich mir noch dringend "übersetzen" muss, weil er einer der Schlüsselsätze ist (Z.6-16).


    to be continued

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~



  • Das hört sich so an, als könnten Harry Heine und ich gute Freunde werden. :breitgrins:


    Hehe, ja, so geht es mir auch. :breitgrins:
    Unbedingt lesenswert jedenfalls!!!

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • Ich bin doch gar kein Teilnehmer... :rollen:


    Ich habe keine Lust Heine zu lesen und alles was ich wissen will das frage ich eben euch ;)

    ♪♫♪<br /><br />Luci ♥<br /><br />&lt;a href=&quot;http://www.BuchSaiten.de&quot;&gt;Mein Bücherblog: BuchSaiten.de&lt;/a&gt;<br /><br />SLW 2010 - 4/10 noch 6 Bücher<br /><br />Das gute Gefühl, ein schönes Buch beendet zu haben ist irgendwie nicht vergleichbar ♥

  • Hallo ihr Lieben,


    ich bin genau an dieser Stelle:



    Als Überleitung von den Geistergeschichten zu weiteren Erläuterungen über Religion, Kirche und Kirchenleuten: Ich habe mich vielleicht zu lange bei diesen kleinen Dämonen aufgehalten, und es ist Zeit, daß ich wieder zu den großen übergehe. :totlach:


    Echt klasse, mit soviel Unterhaltungswert hätte ich bei diesem Werk nicht gerechnet. auch :totlach:


    Aber erstmal von vorn und erstmal Weratundrina: :anbet: wie du das alles auf den Punkt bringst, ist echt phänomenal!


    Zu Heines Vorwort möchte ich bemerken, dass es mich sehr erstaunt hat, dass er von vornherein Abstand von dem Geschriebenen nimmt und zugibt, dass er heute in manchen Punkten ganz anders denkt. Interessant fand ich auch seine Informationen über das Zustandekommen dieser Schrift und den Verlust des Original-Manuskripts beim Hamburger Brand 1842.


    So, und nun muss ich mal zusehen, was ich Weratundrinas Ausführungen noch hinzufügen kann, denn ich muss ja nun nicht alles wiederholen. :zwinker:


    Dieser Satz bezüglich der Idee des Christentums hat mir auch sehr gut gefallen. Überhaupt gefällt mir die Art Heines, das Christentum von außen her zu beleuchten und nicht aus seinem Inneren heraus.


    Die Idee des Christentumes hat ihren Ursprung in dem Prinzip gut-böse - Heine greift hier auf das überlieferte Wissen der Manachäer und Gnostiker zurück - hier fand ich die Parallele nicht zu unserem Leserundenbuch, sondern zu dem vorangegangenen Buch "Schule der Lügen", ebenfalls von Wolfram Fleischhauer, in dem dieser Punkt auch thematisiert wird.


    Die Einteilung in gut und böse und das absolute Schubladendenken, das jede Lebensform und jeden Gegenstand diesem Prinzip unterwirft, führt zu manch seltsamen Auswirkung, die uns Heine aufzählt. Der Christ sieht in allem Materiellen den Teufel und spaziert daher ängstlich und mit verschlossenen Sinnen durchs Leben.


    Heine bezeichnet es als Fortschritt der künftigen Generationen, dass das Verkehrte an dieser Einteilung erkannt wird und die Menschen Abstand von davon nehmen werden. "Denn ich glaube an den Fortschritt, ich glaube, die Menscheit ist zur Glückseligkeit bestimmt, und ich hege also eine größere Meinung von der Gottheit als jene frommen Leute, die da wähnen, er habe den Menschen nur zum Leiden erschaffen."


    Mein absoluter Lieblingssatz in diesem Zusammenhang: "Das endliche Schicksal des Christentums ist also davon abhängig, ob wir dessen noch bedürfen". Was für ein revolutionäres Gedankengut zur damaligen Zeit und, ich wage es kaum zu sagen, auch zur heutigen!


    Heine gibt aber der Religion schon auch ihre Daseinsberechtigung, sie war absolut notwendig für die Menschheit während der letzten achtzehn Jahrhunderte. Sie diente der Tröstung der Menschen, "sie zähmte die Starken und stärkte die Zahmen", sie schuf kolossale Bauwerke, die christliche Kunst ist unvergleichlich, mit einem Wort, sie war eine Wohltat für die leidenden Völker. Waren diese Wort Heines wohl mehr als Abgesang gedacht? Hm...


    So, das war mal mein erster Eindruck - zu den Teufeln komme ich später noch. :breitgrins:


    Viele liebe Grüße
    Miramis

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Vielen Dank für die :blume: :blume: :blume: , so verstehe ich die Sachen einfach selbst besser ud überlese nicht Stellen, die mir auf den ersten Blick unklar sind. Ich zwinge mich zur Beschäftigung damit.


    Ja, bis dato hatte laut Heine die Religion eine Daseinsberechtigung, aber dann nicht mehr. Ich nehme an, im Zuge der Aufklärung kann er es einfach nicht mehr nachvollziehen (genau wie ich es erst recht nicht mehr in den heutigen Zeiten nachvollziehen kann, weshalb mir Heine da eben recht nahe ist :zwinker: :zwinker: )


    Ab Seite 28 wird es dann wirklich haarig:


    Z. 27 ff
    Heine beginnt den Franzosen die Reformation zu erklären und sie von dem Vorurteil abzubringen, dass es sich in Deutschland (wie in Frankreich) bei der Reformation einzig um den Kampf gegen den Katholizismus handelt.
    Die Gründe für den Kampf sind in beiden Ländern genau gegenteilig:
    In Deutschland beginnt der Spiritualismus den Kampf, weil er bemerkt, dass der Sensualismus beginnt die Oberhand zu gewinnen (als Beispiel führt er an: ...die hübschen Priesterkonkubinen wurden gegen kalte Eheweiber umgetauscht.... etc.) und in Frankreich beginnt der Sensualismus den Kampf, weil er heimlich vom Spiritualismus beherrscht wird. :spinnen:


    Seht ihr das auch so? Oder habe ich da was falsch verstanden?


    Nun bringt Heine Molière ins Spiel - leider reicht mein Französisch nicht für die komplette Übersetzung der Z. 29 und 30. - , der nun, anders als Voltaire, den Spiritualismus selbst angreift: [...]dadurch wurde nicht bloß die gewöhnliche Scheinheiligkeit persifliert, sondern auch die allgemeine Lüge, die aus der Unausführbarkeit der christlichen Idee notwendig entsteht [...]
    Durch Moliere mussten und müssen sich folglich alle möglichen Glaubensrichtungen angegriffen fühlen (Jansenisten, Jesuiten, Methodisten etc.), weil Moliere im "Allgemeinen" die Urschwächen der Menschheitpersifliert--> das glaube ich auch!


    Gleichzeitig warnt Heine davor, den Katholizismus vollständig zu tilgen aus Angst, dass er in einer neuen Form unter einem neuen Namen wiederkehren und noch weit verdrießlicher belästigen könnte, als in ihrer jetzigen gebrochenen, ruinierten und allgemein diskreditierten Gestalt. Wie böse kann dieser Mann sein? :breitgrins: Mir gefällt das! :zunge:


    Auf S. 30 Z. 27ff erzählt Heine ein Gleichnis vom Rosenöl, ein schönes Bild, leider kann ich nicht so ganz fassen, was da für wen/was steht.


    Nach dem Beginn der Reformation kommt der langverhaltene Sensualismus zum Vorschein und äußert sich in Lust am Krieg, nicht Einhaltung des Zölibats (wahrscheinlich wurden viele katholische Geistliche nach der Reformation lieber protestantisch, um heiraten zu können?) etc.. Der Spiritualismus versucht dem Einhalt zu gebieten und gebiert dabei quasi sein eigenes Todesurteil: die Philosophie (vovon dann im zweiten Buch die Rede sein wird).


    Nun berichtet Heine vom Reichstag zu Worms 1521 und ich bin mir gar nicht so sicher, wie er das Auftreten Luthers nun beurteilt. Teils kommt es mir ehrlich bewundernd vor, dann wieder etwas ironisch. Hier zu unterscheiden fällt mir schwer, weil es ja doch ein andere Sprachgebrauch ist. Wie er z.B. Luthres schmächtiges Äußeres beschreibt, dann aber gleichzeitig sagt, dass bei dieser Auseinadnersetzung nicht nur einepsychische sondern auch ein e pysische Kraft benötigt wird. Ironie? Und dass er die edle Tat dem Hause Braunschweig nie vergessen wird (der Herzog gab Luther Bier)? Ironie? Heine sagt, Luther hätte in seinem Charkter alle Tugenden und Fehler der Deutschen aufs Großartigste vereinigt , und gibt dafür dann etliche Beispiele, wobei mir eineige Redewendungen auch wieder stark ironisch vorkommen.
    Was meint ihr? Dann nennt er ihn einen kompleten Mensch (steht da so mit einem t) - d.h. ein absoluter Mensch, in dem Geist und Materie nicht getrennt sind, weder Spiritualist, noch Sensualit. Eigentlich ein tolles Urteil für einen Menschen, wie ich finde.


    Seite 34 - ich schicke es jetzt erst mal ab, bevor ich es nochmal versehentlich lösche, wie es mir grad eben schonmal passiert ist. :grmpf:

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • Hallo ihr Lieben,


    es tut mir sehr sehr leid, aber ich melde mich von dieser Leserunde ab. Ich kann mich im Augenblick überhaupt nicht auf Heine konzentrieren, ständig triften meine Gedanken ab :sauer: Das wird weder Heine noch der Leserunde gerecht. Verfolgen werde ich diese Leserunde mit größtem Interesse. Ich bewundere eure vielen Gedanken zu dem was ihr schon gelesen habt.


    Liebe Grüße
    von einer völlig unkonzentrierten wolves

  • Ach wolves, es geht mir ähnlich wie Dir: Ich kann mich nicht richtig auf das Büchlein konzentrieren :sauer:
    Aber Weratundrina liefert ja hervorragende Vorgaben :smile:


    Ich fühle mich zur Zeit jedenfalls wie ein Franzose, dem Heine die deutsche Welt erklärt. Ich hoffe ich kann irgendwann auch etwas Sinnvolles beisteuern, bevor ihr das Buch aushabt :winken:

  • Momentan hänge ich auch etwas hinterher. Sowohl mit dem Lesen, als auch mit dem Schreiben hier.


    Ist einfach zu viel los hier und ich habe mir was Entspannenders für den Abend ausgesucht (immerhin wieder ein Fleischhauer :breitgrins: )

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • Huhu,


    ich bin noch dran, habe aber den Heine zugunsten eines anderen Leserundenbuches etwas vernachlässigt. :redface:


    Da morgen Feiertag ist, werde ich hoffentlich ein bisschen Zeit dafür haben - allerdings kann ich den Text auch nur häppchenweise lesen, sonst kapiere ich noch weniger... :breitgrins:


    Viele liebe Grüße und bis morgen!


    Miramis

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • So, ich bin nun auch durch mit Teil I. Mir hat es richtig Spaß gemacht, diesen Text zu lesen, obwohl ich bestimmt nicht alles verstanden habe. :breitgrins:



    Heine beginnt den Franzosen die Reformation zu erklären und sie von dem Vorurteil abzubringen, dass es sich in Deutschland (wie in Frankreich) bei der Reformation einzig um den Kampf gegen den Katholizismus handelt.
    Die Gründe für den Kampf sind in beiden Ländern genau gegenteilig:
    In Deutschland beginnt der Spiritualismus den Kampf, weil er bemerkt, dass der Sensualismus beginnt die Oberhand zu gewinnen (als Beispiel führt er an: ...die hübschen Priesterkonkubinen wurden gegen kalte Eheweiber umgetauscht.... etc.) und in Frankreich beginnt der Sensualismus den Kampf, weil er heimlich vom Spiritualismus beherrscht wird. :spinnen:


    Seht ihr das auch so? Oder habe ich da was falsch verstanden?


    Ja, so habe ich es auch verstanden. Dieser Gegensatz zwischen "Spiritualismus" und "Sensualismus" zieht sich über weite Teile des Textes und ich verstehe Heine so, dass er damit das Geistige und das Materielle trennen möchte.



    Gleichzeitig warnt Heine davor, den Katholizismus vollständig zu tilgen aus Angst, dass er in einer neuen Form unter einem neuen Namen wiederkehren und noch weit verdrießlicher belästigen könnte, als in ihrer jetzigen gebrochenen, ruinierten und allgemein diskreditierten Gestalt. Wie böse kann dieser Mann sein? :breitgrins: Mir gefällt das! :zunge:


    Dabei gab er doch an Anfang Entwarnung, dass keine profanierenden Scherze das Ohr der frommen Seelen verletzen sollte....ach so, ich vergaß: das galt ja nur für die Franzosen :breitgrins:



    Auf S. 30 Z. 27ff erzählt Heine ein Gleichnis vom Rosenöl, ein schönes Bild, leider kann ich nicht so ganz fassen, was da für wen/was steht.


    Ich habe das Gleichnis so verstanden, dass das Rosenöl für den Spiritualismus steht. Ein paar Tropfen davon sind ok, aber wer wird denn gleich sämtliche Rosen der Welt deswegen zu Rosenöl machen......oder so. Für mich heißt das soviel wie: man soll es eben nicht übertreiben mit dem Spiritualismus und auch die Freuden des Sensualismus genießen. :zwinker:


    Und schon ist er da, der Sensualismus, "mit all seiner lang verhaltenen Glut, und Deutschland wurde der wildeste Tummelplatz von Freiheitsrausch und Sinnenlust."


    Zum Thema Martin Luther:



    Was meint ihr? Dann nennt er ihn einen kompleten Mensch (steht da so mit einem t) - d.h. ein absoluter Mensch, in dem Geist und Materie nicht getrennt sind, weder Spiritualist, noch Sensualit. Eigentlich ein tolles Urteil für einen Menschen, wie ich finde.


    Ich finde, er hat Martin Luther toll charakterisiert und mir ist in seinen Auführungen eigentlich keine Ironie aufgefallen. Ich nehm das Heine so ab, dass er den Martin Luther schwer in Ordnung fand. Interessant fand ich diesen Satz dazu:


    "Der Zwerg, der auf den Schultern des Riesen steht, kann freilich weiter schauen als dieser selbst, besonders wenn er eine Brille aufgesetzt; aber zu der erhöhten Anschauung fehlt das hohe Gefühl, das Riesenherz, das wir uns nicht aneignen können."


    Klasse, oder? Heine gesteht Luther seine bahnbrechende Rolle in der Geschichte zu, obwohl er weiss, dass nicht alles so perfekt geworden ist, wie Luther sich das vorgestellt hätte. Übrigens finde ich es sehr interessant, welche Auswirkungen Luthers Ansichten und vor allem seine Bibel-Übersetzung auf die Entwicklung eines einheitlichen Deutschlands hatte. Das Luthers Bibel zum ersten Mal eine gemeinsame Sprache für alle zur Folge hatte, war mir bisher nicht bekannt.


    Langsam aber sicher steuern wir auch auf die Vernunft zu; Luther sagte ja, dass seine Lehre nur durch die Bibel selbst oder durch die menschliche Vernunft widerlegt werden könne. Damit öffnete er das Tor zur Geistesfreiheit. Nach einem kurzen Ausflug in die Welt der von Heine so verhassten Zensur :zwinker:, schenkt uns Heine noch seine Betrachtungen der Literatur vor und nach Luther, die Veränderung des Menschen vom Volk als Masse hin zum Einzelindividuum. Diesen Abschnitt fand ich auch sehr spannend.


    So, dieser Abschnitt ist gelesen und war sehr viel unterhaltsamer, als ich anfangs dachte. Jetzt geht es dann weiter mit der philosophischen Revolution, die der religiösen Revolution auf den Fuß folgte und ich denke, wir werden in diesem 2. Buch den Vorgängen in unserem Leserundenbuch "Das Buch in dem die Welt verschwand" auf die Spur kommen....

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel


  • Ich habe das Gleichnis so verstanden, dass das Rosenöl für den Spiritualismus steht. Ein paar Tropfen davon sind ok, aber wer wird denn gleich sämtliche Rosen der Welt deswegen zu Rosenöl machen......oder so. Für mich heißt das soviel wie: man soll es eben nicht übertreiben mit dem Spiritualismus und auch die Freuden des Sensualismus genießen. :zwinker:


    Ja - aber für was stehen die Rosen selbst. Irgendwie habe ich die ganze Zeit das Gefühl, die Lösung liegt mir auf der Zunge, aber ich komme nicht darauf!



    Zum Thema Martin Luther:


    Zitat


    Ich finde, er hat Martin Luther toll charakterisiert und mir ist in seinen Auführungen eigentlich keine Ironie aufgefallen. Ich nehm das Heine so ab, dass er den Martin Luther schwer in Ordnung fand. Interessant fand ich diesen Satz dazu:


    "Der Zwerg, der auf den Schultern des Riesen steht, kann freilich weiter schauen als dieser selbst, besonders wenn er eine Brille aufgesetzt; aber zu der erhöhten Anschauung fehlt das hohe Gefühl, das Riesenherz, das wir uns nicht aneignen können."


    Ein ganz toller Satz, den habe ich mir auch dick angestrichen! Und sooooo wahr! :klatschen:


    Malst du eigentlich in deinem Buch rum? Ich fühlte mich direkt an die Schulzeit erinnert und hatte keinerlei Hemmungen in dem Heftchen rumzumalen. :breitgrins: (unterstreichen, Notizen machen).
    So ein "richtiges" Buch ist ein Reclam-Heft für mich immer nicht. :redface:

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~



  • Ja - aber für was stehen die Rosen selbst. Irgendwie habe ich die ganze Zeit das Gefühl, die Lösung liegt mir auf der Zunge, aber ich komme nicht darauf!


    Für was stehen die Rosen? Hm, ich werde mal drüber nachdenken...



    Malst du eigentlich in deinem Buch rum? Ich fühlte mich direkt an die Schulzeit erinnert und hatte keinerlei Hemmungen in dem Heftchen rumzumalen. :breitgrins: (unterstreichen, Notizen machen).
    So ein "richtiges" Buch ist ein Reclam-Heft für mich immer nicht. :redface:


    Nein! :entsetzt:


    Ich habe eine Ausgabe aus der Bibliothek, Band 5 der Ullstein Gesamtausgabe - die würden sich schön bei mir bedanken, wenn ich darin rumschmiere... :breitgrins:
    Übrigens gefällt es mir so gut, dass ich wahrscheinlich die übrigen Texte auch noch lesen werde. :zwinker:

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • :breitgrins: Ja, ja, ich bin ein Buch-Banause! :breitgrins:


    Ich hab von Heine bisher nur die Gedichte, bei Gelegenheit schau ich mal nach den anderen Werken, wenn es sie gebraucht irgendwo gibt.

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • So, wieder ein Häppchen Heine geschafft.


    Das zweite Buch handelt von der philosophischen Revolution, die Heine als die letzte Konsequenz des Protestantismus bezeichnet. Er erwähnt auch gleich im zweiten Absatz schon Kant, der uns besonders interessieren dürfte. :zwinker:
    Aber zuvor möchte er noch die philosophischen Vorgänge im Ausland skizzieren; na dann mal los.


    Zunächst wird René Descartes angesprochen, den er als den "Vater der neueren Philosophie" bezeichnet. Interessant finde ich, dass Heine behauptet, Frankreich war nie der geeignete Boden für die Philosophie, deswegen ging Descartes auch nach Holland.


    Ein toller Satz, der mir sofort gefiel: "die Wahrheiten, wozu wir durch die Philosophie gelangen, sind am Ende dieselben welche uns auch die Religion überliefert". Damit leitet Heine eine Diskussion über die Scholastiker, die "heimliche philosophische Opposition" der Kirche ein; während Philosophie und Religion nicht im Widerspruch zu stehen scheinen, sind die Scholastiker der wahre Gegner der Philosophie. In diesem Zusammenhang habe ich bei wikipedia nochmal nachgelesen, was genau denn Scholastiker eigentlich sind; den Begriff kannte ich schon, aber nicht, was ganz genau dahinter steht. Witzig, dass ausgerechnet ein Papst sie verbot.


    Dann treffen wir auf zwei altbekannte Begriffe, nämlich den Spiritualsmus und den Sensualismus. Für die philosophische Abhandlung ersetzt Heine sie durch die Begriffe Idealismus und Materialismus und definiert sie so, dass der Idealismus für die Lehre der angeborenen Idee steht (Gedanken und Ideen entstehen vom Inneren des Menschen heraus) und der Materialismus steht für die Lehre von der Geisteserkenntnis durch die Erfahrung und durch die Sinne (Gedanken und Ideen werden dem Menschen von außen zugeführt).


    Während Frankreich eher dem Materialismus zugewandt ist, wurde Deutschland zum Schauplatz des Idealismus.


    Dies alles ist vermutlich für philosophisch Interessierte ein alter Hut; für mich ist es eine neue Welt, da ich mich noch nie mit Philosophie befasst habe. Umso mehr freut es mich, dass Heine hier einen kleinen Crash-Kurs für Ungebildete gibt :breitgrins:
    Lustig fand ich seine Worte: "....denn ich rechne darauf, daß auch Deutsche diese Blätter lesen." :zwinker:


    Also - ich bleib dran.... :winken:


    edit:
    Weratundrina: könnte es sein, dass die Rosen für Gedanken stehen? *grübel*

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Ja, das könnte schon sein. Muss ich gleich nochmal nachschlagen, ob das dann Sinn macht.


    Mit dem zweiten Buch habe ich angefangen, bin aber noch nicht sehr weit. Mal sehen, wann ich da weiter lese.
    Momentan habe ich nach den "3 Minuten Wirklichkeit" nun noch die "Frau mit den Regenhänden" wieder gelesen. Und jetzt gefällt es mir seeeeehr gut. :klatschen:


    Das ist halt manchmal das Problem mit den Leserunden, dass einem ein eigentlich tolles Buch zur falschen Zeit begegnet. :rollen:

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • Weratundrina: schön, dass dir "Die Frau mit den Regenhänden" beim re-read besser gefallen hat; manchmal muss man ein Buch wirklich zweimal lesen, wenn nicht öfters. Mir hat der Roman übrigens auch sehr gut gefallen. :zwinker:


    Aber jetzt zu Heine. Ich bin immer noch mit dem zweiten Teil beschäftigt und jetzt geht es langsam ans Eingemachte.


    Heine lässt sich nun über die verschiedenen Philosophen aus, die aus der Schule des Descartes hervorgegangen sind. Weniger ausführlich behandelt er Locke, der die materialistische Ausrichtung der Lehre des Descartes vertritt.


    Interessanter erscheint der in Deutschland wirkende Gottfried Wilhelm Leibniz, der die idealistische Richtung des Meisters verfolgte. Trotz der Kühnheit seiner Gedanken vetrat er doch auch den religiösen Gedanken in der Philosophie, was ihn wohl für den damaligen Zeitgeist etwas "kompatibler" machte. Außerdem versuchte er den Gegensatz zwischen den Lehren des Plato und des Aristoteles zu überwinden, was ihm nach Meinung Heines aber nicht gelungen ist; sind doch Plato und Aristoteles wiederum die Vertreter unserer altbekannten Prinzipien Idealismus und Materialismus.


    Hier schweift Heine ein bisschen ab, und ich finde seine Ausführungen zu Aristoteles und seinem Ziehsohn Alexander (dem Großen) recht unterhaltsam.


    Dann kommt Benedikt Spinoza an die Reihe; er vertritt eine ganz eigene Richtung der Philosophie, nämlich den Pantheismus. Hervorgegangen ist er auch aus der Schule Descartes, wobei er nicht unbedingt dessen Lehre übernommen hat, sondern seine ganz eigene. "Ein großer Genius bidet sich durch einen anderen großen Genius, weniger durch Assimilierung als durch Reibung. ein Diamant schleift den anderen." So beschreibt Heine das Verhältnis zwischen den beiden. Dass Spinoza eine ganz eigene Richtung der Philosophie vertrat, liegt womöglich auch daran, dass er als Jude einen ganz anderen religiösen Hintergrund hatte als die anderen Schüler Descartes. Übrigens wurde er aufgrund seiner Ansichten aus der jüdischen Gemeinschaft ausgestoßen.


    Von Spinoza sagt Heine, dass ihn "nicht bloß die Schule, sondern auch das Leben" bildeten. Er ging nicht rein analytisch zu Werke, sondern eher praxisbezogen und hat zum Beispiel auch ein Traktat zur Politik verfasst.


    Nun kommen zwei Seiten Erklärung über den Pantheismus, die man mit Spinozas Leitsatz zusammenfassen kann: Es gibt nur eine Substanz, das ist Gott. Diese eine Substanz ist unendlich, sie ist absolut. Wie Heine diesen Leitsatz verfolgt und seine Schlüsse zieht, dazu beim nächsten Mal. Ist nicht ganz einfach zu verstehen, aber ich bleibe dran.


    Ich hoffe doch, dass von euch noch irgendjemand sich mit dem Aufsatz beschäftigt? Nicht dass ich hier umsonst poste... :zwinker:


    Viele liebe Grüße
    Miramis

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Hallo ihr Lieben,


    denkt ja nicht, ich hätte den Heine abgebrochen... :zwinker:


    Ich habe ihn nur zugunsten einer anderen Leserunde für einige Zeit zur Seite gelegt und habe die Lektüre heute wieder aufgenommen. Wider Erwarten fiel mir der Einstieg trotz der Pause sehr leicht und ich war sofort wieder "drin".


    Jetzt weiss ich auch, was genau Heine mit Pantheismus meint; der Gott des Pantheismus befindet sich innerhalb der Welt, im Gegensatz zum Gott des Deismus, der die Welt von oben herab, also von außerhalb regiert. Auf Basis dieser Aussage stellt Heine den Bezug des Deismus zum Spirituellen, den des Pantheismus zum Materiellen her.


    Als Deismus in Vollendung beschreibt Heine das Christentum, das "eben allzu erhaben, allzurein, allzugut für diese Erde" ist, wo die Idee des Christentums "nur in der Theorie proklamiert, aber niemals in der Praxis ausgeführt werden konnten".


    Dagegen im Pantheismus manifestiert sich Gott in allem, was lebt; in Pflanzen, Tieren und am "herrlichsten" im Menschen.


    Heine stellt auch den Unterschied zwischen Franzosen und Deutschen wieder einmal heraus; während die Franzosen eine politische Revolution, basierend auf dem Prinzip des Materialismus erlebten, ist Deutschland der gedeihlichste Boden des Pantheismus, der unsere Dichter, Denker und Künstler hervorgebracht hat.


    Dieser Absatz hat mir gut gefallen, drum möchte ich zitieren:

    Zitat

    In der Tat, wir sind dem Deismus entwachsen. Wir sind frei und wollen keines donnernden Tyrannen. Wir sind mündig und bedürfen keiner väterlichen Vorsorge. Auch sind wir keine Machwerke eines großen Mechanikus. Der Deismus ist eine Religion für Knechte, für Kinder, für Genfer, für Uhrmacher.


    Ganz schön leidenschaftlich, und ich denke, Heine hat hier seine Rolle als Belehrender kurz aufgegeben und seine innerste Überzeugung zu Papier gebracht. Nachdem er sich noch kurz über die Gegner des Pantheismus, namentlich des Spinoza, lustig macht, geht er wieder zur Tagesordnung über und wir wenden uns wie bereits zuvor den Philosophen zu.


    Bei Leibniz waren wir stehen geblieben. Ein Vertreter der Leibnizschen Philosophie (ich erinnere mich: Idealismus verbunden mit Religion) war Christoph Wolf, dem es zu verdanken ist, dass erstmals in deutscher Sprache philosophiert wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Französisch und Latein die Sprache der Philosophen. Sehr interessant fand ich Heines Ausführungen zur lateinischen Sprache; er hält sie für ungeeignet zum Zwecke des philosophischen Austauschs, weil sie in seinen Augen eine "Kommandosprache für Feldherren, eine Dekretalsprache für Administratoren, eine Justizsprache für Wucherer, eine Lapidarsprache für das steinharte Römervolk" ist. Dagegen offenbart die Natur in der deutschen Sprache ihr geheimstes Wort. Wie poetisch!


    Danach folgen einige Ausschweifungen über die Grabenkämpfe, die es offenbar im Wettstreit um die verschiedenen philosophischen und religiösen Strömungen gab.


    Dann kommt Heine auf den Buchhändler Nicolai aus Berlin zu sprechen; von dem erzähle ich dann nächstes Mal... :winken:

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel