Lis Vibeke Kristensen - Ein bretonischer Sommer

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    Lis Vibeke Kristensen – Ein bretonischer Sommer


    Inhalt (Klappentext):
    Die junge Dänin Nanna entdeckt als Au-Pair-Mädchen das aufregende Paris der sechziger Jahre und verliebt sich leidenschaftlich in den Bretonen Yann. Als sie ihn unter tragischen Umständen verliert, bleiben ihr nur ihre Erinnerungen und Sehnsüchte – und ein kleines Dorf in der Bretagne, das nach und nach auch ihre neue Heimat wird.


    Die Autorin (Klappentext):
    Lis Vibeke Kristensen, geboren 1943, hat viele Jahre in Kopenhagen als Regisseurin und Dramaturgin gearbeitet. Sie schrieb Bühnenstücke und Drehbücher fürs Fernsehen und lebt nach einer einjährigen Gastdozentur in Colorado heute wieder in Dänemark.


    Meine Meinung:
    Nachdem ich die Inhaltsangabe gelesen hatte, war mir klar, dass das ein Buch für mich ist mit den Handlungsorten Paris und Bretagne. Und ich wurde nicht enttäuscht.


    Der Roman beginnt 1960 in Paris und endet 1992 in der Bretagne, in dem Jahr, in dem Nanna 50 Jahre alt wird. Man begleitet Nanna durch ihre Zeit in Paris, ihre junge Ehe mit Yann, die Konfrontationen mit der Schwiegermutter, und man erlebt, wie ihr das kleine Fischerdorf und das Hotel der Schwiegermutter und ihre Arbeit dort immer mehr ans Herz wächst, bis es für sie so etwas wie Heimat bedeutet. Ihre eigentliche Heimat Dänemark wie auch ihre Familie dort werden im Lauf der Jahre immer unwichtiger für sie. Die einzige Verbindung stellt noch ihre Freundin Mette dar.


    Nanna war mir von Anfang an sehr sympathisch Als sie nach Paris kommt, um als Au-Pair zu arbeiten, ist sie einerseits überzeugt von dem, was sie tut, hat aber andererseits viele Ängste, die sie doch immer wieder an sich und an ihren Entscheidungen zweifeln lassen. Im Laufe der Jahre verändert sie sich ganz unmerklich und steht am Ende des Romans als gefestigte und selbstsichere Frau da, die all ihre Ängste überwunden hat und mit Überzeugung zu ihren Entscheidungen steht. Durch all die Jahre hindurch hat sie sich ihre ruhige und zurückhaltende Art bewahrt, mit der sie es schafft, auf die Herausforderungen und die Menschen in ihrem Leben zu reagieren ohne von Rückschlägen, Gemeinheiten und Auseinandersetzungen zerstört zu werden.


    Das Ende des Romans ist anders, als ich es erwartet hatte, ist aber ein sehr schönes Ende, das ich auch befriedigend finde und das so gut zu Nanna passt.


    All dies ist in einer sehr poetischen und auch anrührenden Sprache geschrieben.


    Verwoben mit der Geschichte Nannas ist die Geschichte Frankreichs und der Bretagne, und immer wieder beeinflussen geschichtliche Ereignisse und Veränderungen der Gesellschaft auch Nannas Leben auf sehr direkte Weise. Da ich mich zu den Frankophilen zähle, hat mir dieser Aspekt des Romans sehr gut gefallen und ich konnte einiges, was ich selbst erlebt habe, in dem Roman wiederfinden.


    Fazit:


    Ein wunderschönes Buch, vor allem für Leser, die die Bretagne kennen und lieben. Von mir


    5ratten

  • Das hört sich schön an ... wir sind ja erst vorgestern aus der Bretagne zurückgekommen ;)


    Wo spielt das denn genau?

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Oh Valentine, wie schön, Urlaub in der Bretagne - ein Traum.


    Der Ort wird in dem Buch nicht genannt, aber es ist auf jeden Fall ein Dorf, fast eine Kleinstadt, am Meer. Die Beschreibung des Dorfs und der Küste und vor allem die Veränderungen, die im Laufe der Jahre dort stattfinden, haben mich ganz lebhaft an den Ort erinnert, an dem ich als Studentin jeden Sommer verbracht habe, und den ich auch später noch ein paar Mal mit meinem Mann besucht habe. Für mich liegt das Dorf ganz eindeutig an der Westküste der Bretagne :smile:


    Das Buch spielt allerdings nicht nur in der Bretagne, sondern auch in Paris und streckenweise auch in Dänemark, dort allerdings nur kurz.


    LG, Auelie

  • Das hört sich toll an :herz:


    Die Bretagne kann ich als Urlaubsziel nur empfehlen, wenn man im Urlaub nicht nur am Strand in der Sonne brutzeln möchte, besonders das Département Finistère im Nordwesten ist ein wildromantischer Landstrich, der an manchen Orten schon fast etwas Mystisches hat ... dort keltische Musik hören macht fürchterlich sentimental ;)


    Aber das weißt Du ja sicher. Wo warst Du denn da genau? Die Nordwestküste finde ich auch am schönsten *träum*

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich war früher überwiegend am Golf von Morbihan und in La Baule, kenne aber auch das Finistère. Als ich das erste Mal dort war, gab es dort noch keine Touristenmassen und vor allem kaum jemand aus dem Ausland, fast nur Franzosen. Das hat sich im Lauf der Jahre dann sehr verändert, wie auch im Buch beschrieben.


    Wahrscheinlich hat mir das Buch deshalb so gut gefallen, weil Nanna, die Protagonistin, diese Region ganz ähnlich erlebt hat wie ich. Ich suche ja immer wieder nach Büchern, die in der Bretagne spielen und in denen die Geschichte auch direkt etwas mit der Region zu tun hat. Kennst du da welche?


    LG, Auelie

  • Ah, unsere zweite Woche haben wir in Belz verbracht, in der Nähe der Halbinsel Quiberon, und sind auch mal nach Süden runtergefahren: Locmariaquer mit den Menhiren und Ganggräbern, Guerande, Le Croisic ...


    An Bretagne-Büchern fällt mir spontan nur der Krimi "Dolmen" von Nicole Jamet und Marie-Anne Le Pezennec ein, der letztes Jahr auch als TV-Zweiteiler lief (die Verfilmung wurde teils in Le Conquet gedreht, wo wir öfter unterwegs waren), und "Die blaue Muschel" von Joanne Harris. Beide Bücher spielen auf einer fiktiven bretonischen Insel, die mich jeweils stark an die Ile d'Ouessant im Finistère erinnert hat.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Oh ja Valentine, die zwei Bücher kenne ich auch. Die haben beide so ein bisschen Bretagne-Stimmung vermittelt. Aber sonst ist mir auch nichts bekannt. Wenn ich wieder in Frankreich bin, werde ich mal auf die Suche gehen nach weiteren Romanen, die in der Bretagne spielen.


    LG, Auelie

  • Ich habe mir im Urlaub einen Sammelband mit "Leuchtturm-Romanen" gekauft, weil darin "Armen" von Jean-Pierre Abraham enthalten ist, ein Schreiberling, der lange Zeit Leuchtturmwärter vor der bretonischen Küste war. Vielleicht wäre das auch was für Dich?!


    Und spielt nicht auch "Salz auf unserer Haut" von Benoîte Groult in der Bretagne (im Gegensatz zum Film :rollen: )?

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Die Dänin Nanne ist einsam. Durch einen dominanten Vater sehr schüchtern und unsicher, taut sie erst auf, als sie während ihrer Zeit als Au-Pair in Paris einen jungen Franzosen aus einem Fischerdorf in der Bretagne kennen lernt. Mit Yann beginnt sie das Leben zu genießen und als sie ein Kind von ihm erwartet, ist es für sie selbstverständlich ihn zu heiraten und ihm in seine bretonische Heimat zu folgen. Doch das Glück ist nur kurz und als Yann plötzlich stirbt, bleibt sie lieber mit ihren Erinnerungen an ihn bei der Schwiegermutter in der Fremde als in die kalte Heimat zurückzukehren. Nannes Leben bleibt fremdbestimmt, immer wieder fügt sie sich in eines der Bilder, die die Dorfbewohnern sich von ihr machen und nimmt so im Laufe der Jahre viele Rollen ein in der kleinen Gemeinde, bleibt dabei aber stets ein wenig außen vor. Erst am Ende des Buches beginnt sie ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und sich nicht einfach nur in von außen erstellte Rollen einzufügen. Und vielleicht findet sie tatsächlich noch einmal ihr Glück.


    „Ein bretonischer Sommer“ umfasst fast 30 Jahre dadurch bekommt der Leser natürlich nur immer wieder Momentaufnahmen, Schnappschüsse aus Nannes Leben, die so auch einem selbst recht fremd bleibt. Ein wenig enttäuscht war ich von der Beschreibung der Bretagne, einzelne Momente entfalten zwar an anschauliches Bild, aber insgesamt hätte ich mir mehr Stimmung aus der Landschaft heraus gewünscht, vieles hätte genauso gut in einem deutschen Ort oder auch in der dänischen Heimat der Autorin geschehen sein können. Die Fremde bestand in dieser Geschichte nie in der äußeren Umgebung, sondern entstand immer nur durch die Menschen.


    Obwohl sich das Buch angenehm lesen ließ, machte es traurig, die Lebenskraft so versickern zu sehen und erst ganz am Ende gönnt die Autorin Nanne die Kraft aus dem Trott auszubrechen und so eine Zukunft und dem Leser ein klein wenig Hoffnung, dass es nie zu spät ist, damit zu beginnen das Leben zu leben und nicht nur zu ertragen. Nur eine Empfehlung für Leser, die bereit sind, eine Romanfigur über lange Zeit verborgenen Leids zu begleiten.


    4ratten