Hong Ying – Der Pfau weint

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    Zum Buch: Liu Cui ist eine vielbeschäftigte Wissenschaftlerin, die in einem renommierten Pekinger Labor arbeitet. Ihren Mann, Direktor beim großen Staudammprojekt im Süden, sieht sie nur selten. Eines Tages erhält sie ein Geschenk von ihm, das sie stutzig macht: einen Flacon betörenden Parfüms. Hat er eine Affäre? Um das herauszufinden, reist Liu Cui in ihre alte Heimat am Jangtse-Fluß. Am Drei-Schluchten-Staudamm, gepriesen als das neunte Weltwunder, sucht sie Li Lusheng – und entdeckt etwas viel Grausameres als einen Ehebrecher. Sie sieht Vertreibung und Korruption im Namen der Regierung, im Namen ihres Mannes. Aus einer Stippvisite wird eine Reise zurück in die Vergangenheit ihrer Familie. Was hatte ihr Vater mit dem Tod einer Prostiuierten zu tun? Allmählich taucht aus den Wassern des Jangtse eine qualvolle und übersinnliche Geschichte empor.


    Zur Autorin: Hong Ying, 1962 in Sichuan geboren, wuchs in den Slums von Chongqing am Rande des Jangtse in China auf. Mit 18 Jahren verließ sie ihren Heimatort und begann in Peking ein neues Leben als Autorin. Später übersiedelte sie angesichts von Repressionen und Zensur nach England, wo sie heute lebt. International wurde Hong Ying durch ihren Roman „Der chinesische Sommer“ und ihre Lebensgeschichte „Tochter des großen Stromes“ bekannt. „Die chinesische Geliebte“ erschien 2004 und stand wochenlang oben auf der Spiegel-Bestsellerliste.



    Meine Meinung: Die Buchbeschreibung ist etwas verwirrend, denn weder geht es hier ernsthafterweise um einen möglichen Seitensprung (das ist nur der Aufhänger für Liu Cuis Reise in den Liang-Bezirk) noch geht es schwerpunktmäßig um die Korruption im Zuge des Riesenprojektes, wenngleich diese zumindest eine gewisse Rolle spielt.


    Die Geschichte von Liu Cuis Familie sowie einer weiteren und die Ent- oder besser Aufdeckung dieser Geschichte durch Liu Cui bilden den Kern. Die beiden Frauen der Familien waren befreundet, der Mann der anderen Familie Offizier in der Revolutionsarmee, die Kinder wurden am gleichen Tag geboren. Lui Cuis Vater, früher Präfekt des Bezirks und sehr engagiert im Kampf gegen „Konterrevolutionäre“, war nicht nur am Tod der Prostituierten beteiligt, sondern auch an dem des Abtes des nahegelegenen Klosters. Diese beiden wurden am gleichen Tag hingerichtet, und an jenem Tag wurden auch die Kinder geboren. Yueming, der Sohn der zweiten Familie, erschien seiner Mutter als Reinkarnation der Prostituierten, und Liu Cui entwickelt im Verlaufe der Aufdeckung der Geschichte das Gefühl, selbst jene des Abtes zu sein. Sie freundet sich mit Yueming an und beide geraten ins Visier der Behörden.


    Damit ist eigentlich alles wesentliche über den Inhalt gesagt, und soweit ist das auch alles verständlich. Trotzdem hat mich das Buch etwas ratlos zurückgelassen, vielleicht deswegen, weil ich mit der Mentalität speziell von Liu Cui schlecht zurecht kam. Sie ist ungeheuer diszipliniert in ihren Reaktionen, selbst wenn sie wütend ist. Auch für andere Figuren gilt, daß sie mir – unabhängig von Sympathie oder Antipathie – in ihrem Verhalten merkwürdig fremd und distanziert bleiben. Es war durchaus nicht uninteressant, ihnen auf ihren Wegen zu folgen, aber ich könnte z. B. nicht sagen, ob und wenn ja was die Familiengeschichte mit dem Korruptions-/Vertreibungsthema zu tun hat. Über beide Teile hätte ich gerne mehr erfahren (auch wenn die Familienvergangenheit am Ende einigermaßen klar ist), um so vielleicht auch eine Beziehung zwischen den Strängen herstellen zu können.


    3ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen