Haruki Murakami - Naokos Lächeln

Es gibt 27 Antworten in diesem Thema, welches 13.571 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von tjaa.

  • Haruki Murakami - Naokos Lächeln. Nur eine Liebesgeschichte
    Originaltitel: Norwegian Wood


    Klappentext:


    Der Beatles-Ohrwurm "Norwegian Wood" ist für den 37jährigen Toru Watanbe ein melancholischer Song der Erinnerung: an den Aufruhr der Gefühle in einer schmerzvollen und schicksalhaften Jugend, die er zu bewahren und zu verstehen sucht.
    "Naokos Lächeln" erzählt lebendig und leidenschaftlich von einer Liebe mit Komplikationen in den unruhigen sechziger Jahren: Toru, der einsame, ernste Student der Theaterwissenschaft, begeistert von Literatur, Musik und langen einsamen Sonntagsspaziergängen durch die Straßen Tokyos, erfährt früh, dass der Verlust geliebter Menschen zum Leben und zum Erwachsenwerden dazugehört: Sein Jugendfreund Kizuki begeht Selbstmord die geheimnisvolle und anziehende Naoko verirrt sich mehr und mehr in ihrer eigenen unerreichbaren Welt. Töru muss sich zwischen ihr und der vor Lebenslust strotzenden Midori entscheiden.



    Meine Meinung:


    Es ist eine ganz eigene, faszinierende Welt, in die Murakami seine Leser entführt.
    Es passiert nicht viel Aufregendes in der Geschichte, mit dem Hintergrund der Studentenunruhen der 60-er Jahre geht es um Liebe, S.e.x., Tod und dem studentischen Alltagsleben, ohne allerdings allzu viel Bezug auf die politische Lage zu nehmen.


    Der Protagonist Toru, selber bezeichnet er sich als „Durchschnittsmensch“ ist von ganz eigenen, fast schon abstrusen Charakteren umgeben. Da ist zum Einen Midori, die lebenslustige, unkomplizierte Studentin, zu der sich Toru hingezogen fühlt, und zum Anderen aber Naoko, die Freundin seines viel zu früh verstorbenen Freundes, die sich selber in ein Sanatorium begibt, um über den Tod des Freundes hinweg zu kommen und da ist auch noch Nagasawa, der Casanova, der ständig Mädchen aufreißt obwohl er zuhause die Beste aller Frauen sitzen hat.


    Viele eigentlich recht skurrile Situationen werden beschrieben, doch Murakami schildert sie so glaubhaft und eindringlich, dass man gar nicht darüber nachdenkt, wie Irreal das alles eigentlich ist.


    „Naokos Lächeln“ ist nach „Gefährliche Geliebte“ mein zweites Buch von Haruki Murakami. Es scheint eine Eigenart des Autors zu sein, vieles nur anzudeuten und vieles offen zu lassen. Während aber „Gefährliche Geliebte“ ein Gefühl der Unwissenheit und viele, für mich zu viele, offene Fragen hinterließ, hatte ich diesen Eindruck bei „Naokos Lächeln“ nicht. Auch hier werden Handlungen, Gefühle und Beweggründe oft nur angedeutet, aber es wird dem Leser leichter gemacht, mithilfe der Phantasie, mithilfe des Gefühls Antworten zu finden.


    4ratten


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  • Hallo creative,


    na sowas, das Buch hatte hier wirklich noch keinen Thread! :confused: Dabei haben wir es sogar mal in einer Leserunde diskutiert.


    Mir hat das Buch damals auch sehr sehr gut gefallen.


    Viele eigentlich recht skurrile Situationen werden beschrieben, doch Murakami schildert sie so glaubhaft und eindringlich, dass man gar nicht darüber nachdenkt, wie Irreal das alles eigentlich ist.


    Genau! Mir sind diese skurrilen Situationen gar nicht so irreal vorgekommen. Ein wunderbares Buch.


    Meine Rezension:


    Toru Watanabes bester Freund Kizuki begeht im Alter von siebzehn Jahren Selbstmord. Torus Gedanken drehen sich nun um den Tod und Selbstzweifel, immer getragen von der Sorge um Naoko, Kizukis verstörte Freundin. Viel zu schnell muss der junge Mann erwachsen werden, doch je mehr er Naoko kennenlernt, umso tiefer werden seine Gefühle, die er für die zarte, verletzliche Frau hegt. Doch Naoko leidet noch immer und muss schließlich in eine Erholungsanstalt, um dort ihre seelischen Schäden kurieren zu können. In der Zwischenzeit lernt Toru die lebenslustige, freche Midori kennen.


    Haruki Murakami ist bekannt für seine skurrilen Geschichten und noch skurrileren Charaktere. Umso überraschter war ich von "Naokos Lächeln", das sich als sehr angenehm zu lesen herausstellte. Das Buch fließt dahin, wie ein langer ruhiger Fluß und dennoch geschieht auf jeder Seite etwas. Natürlich sind die Hauptprotagonisten eigen. Angefangen mit Toru, der sich ausdrückt, wie der "Held" aus "Der Fänger im Roggen", über Midori, ein junges Mädchen, das scheinbar nur Sex im Kopf hat bis hin zu der mysteriösen, immer in sich zurückgezogen lebenden Naoko. Haruki Murakami erzählt eine sehr tragische Geschichte um Leben und Tod, Liebe und Leid - eine Geschichte, die ans Herz geht, und doch seltsam unberührt lässt.


    Sollte ich "Naokos Lächeln" beschreiben, müsste ich die Worte Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit in einem Atemzug nennen. Die Geschichte beweist Tiefgang, ohne sich in Schwermut zu verlieren, sie beweist Emotionen, ohne kitschig zu werden. Der rote Faden "Tod" verlässt das Buch nie und von Anfang an wird uns bewusst, dass wir hier einem sehr melancholischen und tragischen Ende entgegensteuern.


    5ratten

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.


  • Sollte ich "Naokos Lächeln" beschreiben, müsste ich die Worte Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit in einem Atemzug nennen. Die Geschichte beweist Tiefgang, ohne sich in Schwermut zu verlieren, sie beweist Emotionen, ohne kitschig zu werden. Der rote Faden "Tod" verlässt das Buch nie und von Anfang an wird uns bewusst, dass wir hier einem sehr melancholischen und tragischen Ende entgegensteuern.


    nimue - Klasse! :daumen:
    Schöner hätte man es wohl kaum ausdrücken können!


    Ich mag 'Naokos Lächeln' von allen Murakami-Büchern, die ich bisher gelesen habe, am meisten. Einfach nur schön!


    lg,


    mondpilz

  • mondpilz: Vielen Dank :redface:


    Unglaublich, aber wahr: "Naokos Lächeln" ist bisher das einzige Buch, das ich von Murakami gelesen habe. Dabei habe ich noch einige von ihm auf dem SUB.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Ich muss mondpilz zustimmen, der zitierte Absatz von nimues Rezension ist absolut zutreffend und überdies sehr schön formuliert! :blume:


    Ich möchte auf jeden Fall noch mehrere Murakamis lesen, "Mister Aufziehvogel" und "Nach dem Beben" habe ich auf meinem SUB.

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Nimue spricht mir auch wirklich aus der Seele. Ein richtig schönes Buch. Bei Murakami schätze ich es immer wieder das er sich weiterentwickelt und seinem Stil zwar treu bleibt aber doch immer wieder neues schreibt.
    creative
    Ich bin gespannt ob die Mr. Aufziehvogel gefällt! MIr zumindest ging es bisher so das mir keiner der Romane die ich bisher gelesen habe nicht gefallen hat.

  • Toru Watanabe, der sich selbst als Durchschnittsmenschen sieht, empfand ich in dieser Geschichte als angenehm normal. Er ist von ziemlich ungewöhnlichen Personen umgeben, deren Handlungen und Gedankengänge ich nicht immer nachvollziehen konnte. Torus ernsthafte Art sticht da heraus, und machte es mir neben seiner Begeisterung für Literatur und Musik sehr leicht, ihn zu mögen.


    Anfangs bin ich nicht sehr gut in das Buch hineingekommen, obwohl es sich sehr flüssig lesen lässt. Erst als sich Naoko in eine Erholungsanstalt einweisen lässt und Toru um einen Besuch bittet, wurde es für mich interessanter. Vielleicht habe ich das auch Reiko zu verdanken, deren Geschichte mich mehr gepackt hat als Naokos.
    Toru erlebt einige kuriose Situationen, diese werden aber auf eine Art beschrieben, bei der einem das Absonderliche nicht auffällt - sondern erst später, wenn man darüber nachdenkt.


    Die Grundstimmung dieser Geschichte ist sehr melancholisch und traurig, ohne das jedoch auf die Tränendrüse gedrückt wird. Man wird öfter mit dem Tod konfrontiert, es gibt aber auch einige Momente der Hoffnung: friedliche Szenen, Augenblicke voller Leben.
    Leider hat mich fast nichts davon berührt, es war für mich sehr seltsam dieses Buch so ganz ohne Emotionen zu lesen. Aus diesem Grund vergebe ich auch nur
    3ratten

  • Naokos Lächeln taucht im Roman nicht so oft auf, wie es der Titel vermuten lässt - und dass der Titel so frühlich klingt, hat mit dem Roman für mich nichts zu tun. Eigentlich ist Murakamis Roman eine melancholische und traurige Geschichte, in der es um die missratenen Versuche von Teenagern und jungen Twens geht, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Dabei tun sich die Protagoisten extrem schwer und sie tun ihr Bestes, es dabei zu belassen.


    Torus Freund Kizumi begeht Selbstmord und hinterlässt seine Freundin Naoko sowie Toru ziemlich ratlos und desorientiert - umso mehr, da die drei eine kleine Inselgesellschaft inmitten ihrer Altersgenossen gebildet haben. Mit Außenseitern und anderen Inselgesellschaften tut sich Toru auch weiterhin am leichtesten. Eine desorientierte Naoko trifft er nach einem Jahr wieder und verliebt sich in sie; er kümmert sich auch weiter, nachdem sie in einem Sanatorium lebt und um ihr Gleichgewicht kämpft. Die kesse Midori ist zwar entschlossen und neugierig, aber auch sie erlebt in ihrer Familie Tod und Krankheit und holt sich zum Ausgleich, was sie gerade will.


    Alle Personen passen auf ihre Art und Weise in Torus Kosmos, aber nicht so recht in die Gesellschaft, der mehr Disziplin und Geradlinigkeit besser gefallen würden. Ein bisschen viel Selbstmord und Depression, nicht jedermanns Sache, aber Murakami bringt es fertig, den Roman nicht allzu kaputt dastehen zu lassen.


    Vielleicht ist es ein bisschen spezifisch japanisch und ungewöhnlich für europäische Gemüter, aber die Figuren liebäugeln zum Teil geradezu mit dem Tod, suhlen sich in ihrer Situation und pflegen ihre Sonderlingsrolle. Dieses Thema rettet Murakami mit seinem Erzählstil, der selbst die depressiven Situationen poetisch auszudrücken vermag. Die Ausrutscher aus der Poesie brachte der S.e.x., der schon fast voyeuristisch konstrastierte. Passte jedoch auch zu Menschen, die nichts so richtig tun wollen, zwischen hier und dort schwanken und einfach nur irgendwas zu tun haben wollen, bevor sie statt durch Selbstmord an Langeweile sterben. So jedenfalls kam es mir vor.


    Kein einfaches Buch, keine einfachen Themen, ich pendle zwischen Gefallen und Nichtgefallen, vor allem, weil der letzte Satz nicht nur ein offenes Ende lässt, sondern für mich auch keinen rechten Sinn ergab.


    2ratten


    P.S.: Was mich interessiert:
    Kann jemand Japanisch und die Übersetzung des Originaltitels Noruwei no mori nennen?

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    Einmal editiert, zuletzt von Bettina ()

  • "Noruwei" müsste Norwegen sein, da die Japaner meistens Ländernamen so nett aus dem Englischen übertragen.
    "no" weist dem nach ihm stehenden Wort die vor ihm stehende Eigenschaft zu
    "mori" heißt Wald (sagt mein Lexikon)
    Also müsste es "Norwegischer Wald" heißen. (Die englische Ausgabe heißt auch "Norwegian Wood")

  • Danke Pandora :bussi:


    Mm, zwar taucht der Song immer wieder mal auf, aber ich kapiere auch nach Lektüre des Songtextets inklusive einiger Interpretationsversuche nach wie vor nicht, wieso ausgerechnet dieser Song die ach so große Rolle spielt. Ich schätze allertiefst vergrabene Andeutungen in Büchern wenig, schon gar nicht, wenn ich nachschlagen muss und es dann auch nicht besser weiß und habe es etwas klarer dann doch lieber.
    Wenigstens begeht im Song keiner Selbstmord :rollen:

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  • Das war mein erstes Buch von Murakami. Ich liebe dieses Buch. Leider bin ich eine Niete, was Rezensionen schreiben angeht, aber einige vor mir haben das ja wunderbar formuliert :)
    Nach diesem Buch hat Murakami mich nicht mehr losgelassen. Seine Art, wie er schreibt. Einfach toll. Als nächstes werde ich mich an "Sputnik Sweetheart" auf englisch machen.


    5ratten :tipp:

  • Mir geht es wie Nimue und deshalb möchte ich auch gar nix mehr schreiben außer dass es mir wirklich nahe gegangen ist.
    5ratten


    @ Bettina, dieses Lied muss man glaube ich hören, um den Zusammenhang zu verstehen Es lässt ja auch vieles offen. Im Grunde gehts doch in beidem um die Unfähigkeit andere an sich heranzulassen.

  • Im Grunde gehts doch in beidem um die Unfähigkeit andere an sich heranzulassen.


    In Sachen Liebe wohl sowohl im Song als auch im Buch. Aber im Buch, finde ich, toppt Murakami das Ganze noch durch die Unfähigkeit, überhaupt irgendwelche Kontakte aufzubauen. Freunde, mit denen man ins Kino geht, zusammen lernt, einen Kaffe trinkt etc - Fehlanzeige.


    Kennst Du den Song übrigens auch vom Hören? Alleine Titel und Songtext sagen mir nichts - ich frage, weil Du hören sagst und ich vermute, Du meinst auch tatsächlich die Melodie dazu??

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  • Mein Mann liebt die Beatles (und die Stones!) und hat sämtliche Platten als Vinyl usw. Er hat auch mal Auftritte mit einer Coverband abgeleistet und diesen Song dabei selbst gespielt. Ich finde ihn wunderschön.
    Bei YouTube gibts ein altes Video zum Anschauen und Anhören:

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  • Habe mir gerade zum ersten Mal das Lied angehört (Danke an Geli!! :) ). Vom ersten Ton an finde ich das Lied einfach passend, ich kann nicht mal genau sagen wieso. Aber es passt einfach.
    Und muss dir zustimmen, das Lied ist wirklich sehr schön, wenn auch sehr kurz (ca. 2min15sec).

  • Meine Meinung


    Mein erstes Buch von Haruki Murakami war "Gefährliche Geliebte" und ich war davon nicht so begeistert, weshalb ich Naokos Lächeln lange auf meinem SuB liegen ließ.


    Am Anfang, um genau zu sein die ersten 50 Seiten, bin ich überhaupt nicht in das Buch hinein gekommen. ich habe gelesen und wusste letztendlich nicht was ich gelesen habe. Und der Schreibstil plätscherte nur so vor sich hin. Aber ich habe weiter gemacht, da es ein Buch für den SLW war, aber ich habe schon über Abbruch nachgedacht. Allerding muss ich jetzt sagen, dass es die richtige Entscheidung war weiter zu lesen. Ziemlich genau ab Seite 50 hat es mir plötzlich Spass gemacht dieses Buch zu lesen. Und bis zum Ende hin war ich einfach fasziniert.


    Zuerst wusste ich nicht was ich von Toru Watanabe halten sollte, da er, auch wenn er der Ich - Erzähler war (was ich sonst gar nicht mag und mich hier gar nicht gestört hat) doch etwas lass blieb, wie ich fand. Aber das hat sich im Laufe des Buches gelegt. Ich muss sagen ich empfinde ihn als richtigen guten und netten Kerl, mit dem mann gut reden kann. So jemand wäre als bester Freund ziemlich gut geeignet. Nur seine Gefühle sind etwas kompliziert und ich habe mich immer wieder gefragt, wer es denn nun wird. Dauernd hatte ich wieder eine andere im Kopf.


    Wenn man sich den Titel anschaut könnte man meinen Naoko spielt die Hauptrolle, aber so ist es nicht. Ihre Rolle ist zwar wichtig, aber ich persönlich fand sie nur interessant im Zusammenhang mit Reiko. Sonst habe ich eher weniger gehofft, dass es zwischen ihr und Toru was wird.
    Reiko dagegen fand ich sehr offen und erfrischend. Ihre Geschichte habe ich richtig richtig gern gelesen und würde sofort mehr über sie lesen wollen. Sowohl was die Vergangenheit betrifft, als auch die Gegenwart und Zukunft. Sie würde auch gut zu Toru passen fand ich, wenn da nicht der Altersunterschied wäre, den ich eigentlich immer vergessen habe in dem Buch.


    Dann wäre da noch Midori. Sie hat mir von Anfang an gut gefallen. Aber in manchen Szenen konnte ich sie einfach nicht verstehen. Dann mochte ich sie wieder und dann wieder nicht. Ganz komisch das Ganze. Und auf Seite 330 ca. kam mir ein Verdacht, der anscheinend nicht richtig war:


    Der letzte Satz hat mich dann auch ziemlich ratlos gelassen. Ich mag einfach keine offenen Enden.


    Insgesamt bin ich wirklich überrascht von diesem Buch und ziemlich begeistert.


    4ratten

    Liebe Grüße

    Chibi

    Bevor i mi aufreg´, is ma wurscht. - Rainer Maria Schießler


  • Der letzte Satz hat mich dann auch ziemlich ratlos gelassen. Ich mag einfach keine offenen Enden.


    Wenn ich mich heute an den letzten Satz zurück erinnere (ich glaube, ich kriege das noch sinngemäss hin), dann ist das eigentlich kein offenenes Ende mehr. Sondern ein rabiater Abbruch der Geschichte ohne irgendwelche Fäden, die sich da noch ziehen lassen könnten.

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  • Chibi, Du gibst ja ganz schön Gas :zwinker:



    Insgesamt bin ich wirklich überrascht von diesem Buch und ziemlich begeistert.


    Ich habe das Buch vor fast sechs Jahren gelesen (die Rezi auf meiner Webseite ist von 2004) und kann mich nur noch erinnern, dass mir es genauso ging. Zur Geschichte selbst kann ich kaum mehr was sagen. Das ist eigentlich schade, aber ich kann das Buch ja jederzeit nochmal lesen.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.


  • Zur Geschichte selbst kann ich kaum mehr was sagen. Das ist eigentlich schade, aber ich kann das Buch ja jederzeit nochmal lesen.


    @Nimue: mein Vorschlag: lass es. Es gibt bessere Romane.


    "Naokos Lächeln" ist mein dritter Roman von Murakami, nach "Wilde Schafsjagd" und "Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt". Und ich muss sagen: die erste Hälfte hat mich nicht enttäuscht. Flüssig geschrieben, ruhig erzählt taucht man ein in die Erlebnisse des Ich-Erzählers Tôru aus seiner Studentenzeit - über eine zweistufige Rückblende, von der Gegenwart des Anflugs auf Hamburg über die Geschichte mit Naoko am Brunnen ins 1968er Studentenwohnheim. Weit ausholend aber nicht weitschweifend werden die Hauptpersonen so vorgestellt, dass man sich gut ein Bild von ihnen machen kann. Schön fand ich wieder die Spaziergänge durch Tokyo - es könnten meine eigenen gewesen sein. Und selbst die bei Murakami offenbar unvermeidlichen Zitate aus der Musik - hier ein Song der Beatles, da ein Klassiker von Mozart - kommen ohne die altklugen Empfehlungen der wilden Schafsjagd aus, welche Bach-Fuge am besten zu welcher Pasta passt.


    Allerdings sinkt das Niveau in der zweiten Hälfte ins Bodenlose, mehr und mehr versteifen sich die Dialoge auf das eine: "Wenn Du das nächste Mal masturbierst, bittebitte denke ganz feste an mich, ja?" trällert Midori mädchenhaft-unschuldig ein ums andere Mal. Naoko wird genau einmal in ihrem kurzen Leben feucht, auf dass der Erzähler so richtig in sie kommt, während er in ihren trockenen Phasen ins allzeit bereite Handtuch kommt. Midori, dieser penispickende Grünschnabel, ist ganz heiß auf SM-Pornos: "Bitte komm nicht zur Beerdingung meines Papas, ich hasse so was. Aber danach, dann gehen wir bestimmt in einen Pornofilm, einen ganz säuischen, versprochen?" Wer wollte der närrischen Midori so eine süße Bitte abschlagen? Midori kann einem aber auch Leid tun, ständig stirbt ihr ein Elternteil weg, an offenbar ansteckendem Gehirntumor; da kann ja niemand normal bei bleiben. Der Erzähler beschränkt sich derweil darauf, zwischen der Lektüre von Manns Zauberberg und Hesses Unterm Rad, zwischen Schallplatten verkaufen und Radiomusik hören, sich abwechselnd von Naoko und Midori den Schwanz ablutschen zu lassen und zum großen Finale Reiko die grabentiefen Altersfalten in Gesicht und Gesäß auszulecken, womit der Prozess seines Erwachsenwerdens wohl abgeschlossen sein dürfte.


    Das aber bleibt offen. So wie Sinn und Zeitpunkt der Brunnengeschichte. Offen und unerklärbar bleibt auch, wie ein 20-Jähriger jedes aber auch wirklich jedes im Roman erwähnte Musikstück, das er hört, mitsingen oder gar vorspielen kann - und zwar nicht nur die zeitgenössischen Pop-Songs, sondern auch Klassisches ("das Konzert von Berlioz, das mit den Celli zu Beginn des zweiten Satzes, Du weißt schon").


    Das Niveau des Romans jenseits von Seite 200 ist unterhalb jeder Gürtellinie. Murakami konstruiert unglaubwürdige Charaktere und bleibt eine Erklärung für das erratische Hin und Her des Erzählers zwischen Naoko und Midori schuldig; die literarische Form der Rückblende eines End-Dreißigers auf seine Pubertät nutzt Murakami nicht zur Reflexion, sie ist nur ein Trick, die ersten paar Seiten des Romans einnehmend zu gestalten.


    Immerhin hat Murakami mit diesem Machwerk Geschichte geschrieben. Das Genre "Erwachsen werden unter erschwerten Bedingungen: Geschwister und Eltern, Freunde und Freundesfreunde, alle sind entweder bereits tot oder verunfallen oder bringen sich um" erhält 1987 durch "Naokos Lächeln" Einzug in die ins Deutsche übersetzte japanische Literatur. Ihm folgt 1988 Yoshimoto Banana mit "Kitchen", die das Genre um den im Koma liegenden Bekanntenkreis medienwirksam erweitert und grobe Schwanzphantasien gender-konform durch poetisch-berührende Inzestszenarien ersetzt.


    Zwei Ratten sind eigentlich zu viel und gelten nur für die ersten zwei Hundert Seiten. Murakami kann gut schreiben, aber für einen tadellosen ganzen Roman hat es bis 1987 jedenfalls nicht gereicht. Bis dahin ist "HbW und das EdW" (1985, dt. 1995) sein bester Roman, dann kommt mit Abstand die belanglose "Wilde Schafsjagd" (1982, dt. 1991), und am abstoßendsten ist "Naokos Lächeln" (1987, dt. 2001). Dem Verriss durch Rose-Maria Gropp in der FAZ vom 21. März 2001 kann ich mich nur anschließen. Murakamis Kurzgeschichten sind besser. Ich hoffe, er hat mit "Tanz mit dem Schafsmann" (1988, dt. 2002) den Durchbruch geschafft.


    2ratten


  • @Nimue: mein Vorschlag: lass es. Es gibt bessere Romane.


    Ich kann da leider nur zustimmen. Ich fand von Anfang an nur schlecht in das Buch rein, ausserdem fehlte mir die Gratwanderung an der Realität, die ansonsten typisch für Murakamis Bücher ist. In seinen anderen Werken befindet man sich immer auf einer mal mehr mal weniger dünnen Linie zwischen Traumwelt und Wirklichkeit. Doch in "Naokos Lächeln" suchte ich vergebens nach diesem Abgrund, die Magie fehlte mir. Deshalb war ich von dem Buch auch ziemlich enttäuscht. An die Geschichte kann ich mich schon gar nicht mehr erinnern.

    //Grösser ist doof//