Carson McCullers - Das Herz ist ein einsamer Jäger

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    In einer Kleinstadt im amerikanischen Süden gehört das ungleiche taubstumme Freundespaar Spiros Antonapoulos und John Singer schon zum Stadtbild, der grobe, gutem Essen niemals abgeneigte Antonapoulos und der elegante, zurückhaltende Singer. Doch eines Tages wird Antonapoulos nach einem Anfall in eine Anstalt eingeliefert, und Singer bleibt alleine zurück.


    Er mietet sich in einem der Zimmer ein, die der kinderreiche Wilbur Kelly an Logiergäste vergibt, und wird allmählich zum Anziehungspunkt für vier ganz verschiedene Menschen, die allesamt mit ihren Problemen, Wünschen und Ängsten zu ihm kommen, weil Singer paradoxerweise eines besonders gut kann: zuhören.


    Die dreizehnjährige Mick Kelly entdeckt ihre tiefe Liebe zur Musik, doch als eines von sechs Kindern eines armen Vaters liegen ein Musikstudium oder die Anschaffung eines Klaviers für sie in weiter Ferne.


    Jake Blount, der sich selbst einen "Wissenden" nennt, ist einerseits klug und belesen und fasziniert von der Grundidee des Kommunismus, nach außen hin aber eher grob und dem Alkohol zugeneigt. Er arbeitet auf einem Rummelplatz als Kartenverkäufer und verwickelt sich immer wieder in hitzige Diskussionen über seine Ideale.


    Der Arzt Benedict Mady Copeland kümmert sich hingebungsvoll um seine Patienten, zu seinen Kindern hat er nach der Trennung von seiner Frau kaum noch Kontakt, abgesehen von seiner Tochter, die ihn hin und wieder besucht. Sein Hauptproblem ist es, in den 30er Jahren im amerikanischen Süden schwarz zu sein, und er träumt von der Befreiung seiner Rasse, notfalls auch mit gewaltsamen Mitteln.


    Der vierte im Bunde ist schließlich der Wirt Biff Brannon, dessen zerrüttete Ehe mit dem Tod seiner Frau geendet hat und dessen Lokal als einziges in der Stadt die ganze Nacht geöffnet hat.


    Singer steht den vieren stets mit Rat und Tat zur Seite, doch insgeheim quält es ihn sehr, seinen Freund verloren zu haben.


    Vor der unspektakulären Szenerie der namenlosen Kleinstadt entsteht ein unglaublich dichtes, einfühlsames Bild dieser Personen und ihres Umfelds. Kleine Freuden und einschneidende Erlebnisse reihen sich dort nahtlos aneinander, und über allem liegt dieser für viele gute amerikanische Romane typische Hauch von Melancholie und Tragik.


    Skurril wie bei Irving oder Boyle wird es nie, sondern leicht distanziert, etwas traurig und dabei ergreifend erzählt die Autorin, die das Buch bereits mit 23 veröffentlichte, von diesen Menschen, die nach außen hin unscheinbar sind, in deren Innerem aber tiefe Gefühle und große Konflikte toben.


    Ein wunderbares Buch!


    5ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Valentine, ich habe das Buch vor langer Zeit gelesen. Es hat mich sehr bewegt. Schön, daß Du es mir wieder in Erinnerung gerufen hast. Wie machen die Iren das nur? Sie bringen so viel Gefühl zwischen die Zeilen, ohne das es schnulzig wirkt. Wirklich ein tolles Buch.
    Klara

  • Schöne Rezension das Buch habe ich auch. Sollte ich vielleicht mal lesen.........
    Grüße Brawen

    :leserin: Simon Singh, &quot;Codes. Die Kunst der Verschlüsselung&quot;<br />:leserin: Wolf Wagner , &quot;Wie funktioniert Politik&quot;<br /><br /><br />SUB-Wettbewerb<br />Frei-SUB: 0/10<br />Genre-SUB: 5/11

  • Wie machen die Iren das nur?
    Klara


    Mit Verlaub, Carson McCullers war eine us- amerikanische Schriftstellerin. Eine Autorin, die ich auch gerne noch lesen möchte.


    Herzlichen Dank für die Rezension, Valentine.


    Liebe Grüße
    mombour

    Einmal editiert, zuletzt von mombour ()

  • @ Valentine


    Danke für die schöne Rezi! :bussi:


    Dieses Buch zählt zu meinen absoluten Lieblingen und ich denke, ich werde es bald mal wieder zur Hand nehmen müssen. Einfach großartig, wie tiefgründig und melancholisch Carson schreibt.
    Von ihr habe ich auch "Die Ballade vom traurigen Café" und "Uhr ohne Zeiger" gelesen, beides auch sehr sehr gut. Und sicher nicht das letzte, was ich von der Gutsten gelesen haben werde. :zwinker:


    5ratten


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  • @Ophelia
    Mich würde interessieren was genau Dir an "Das Herz ist ein einsamer Jäger" so gut gefallen hat. Ich habe das Buch nach ein paar Seiten abgebrochen, es hat mich irgendwie so gar nicht angesprochen. Mag sein das es vielleicht auch am Lesezeitmangel lag, den ich damals hatte.

  • Ich bin zwar nicht Ophelia, aber ich war ja auch sehr begeistert von dem Buch, deshalb starte ich auch mal einen Erklärungsversuch.


    Ich tat mir wie Du, Holden, ein bisschen schwer, in die Geschichte hineinzufinden und musste die ersten 60-70 Seiten hartnäckig am Ball bleiben, doch als dann der 2. Teil anfing (das Buch gliedert sich in drei Teile, von denen der zweite den meisten Umfang einnimmt), war ich plötzlich völlig gefesselt.


    Im ersten Teil werden nach und nach die Figuren eingeführt, zwischen denen es zunächst so gar keinen Berührungspunkte zu geben scheint, mich haben sie auch alle nicht wirklich berühren können, doch das änderte sich mit Beginn des zweiten Teils ziemlich schnell.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • @ Holden


    Ich kann Valentine da nur zustimmen.
    Ich habe auch etwas gebraucht, mich in das Buch hineinzufinden, weil es ziemlich eigen ist....aber ich denke, du solltest es noch einmal versuchen, über die ersten Seiten hinauszukommen. Warte ab, bis mehr Personen (als nur Singer und sein Freund) vorgestellt werden, dann fesselt es einen immer mehr. Ich finde einfach Sozialstudien sehr interessant und McCullers hat zwischenmenschliche Vorgänge sehr gut einfangen können, wie ich finde. Schließlich geht es auch ums Erwachsenwerden...


    Beste Grüße,
    Ophelia :winken:

  • Ich habe das Buch heute morgen begonnen und dann für einige Stunden kaum mehr aus der Hand gelegt.
    Auf den ersten paar Seiten habe ich mich auch gefragt, warum das Buch so extrem beliebt ist, wie es ist. Aber nur ein paar Seiten weiter hatte es mich auch gepackt und bisher kann ich noch gar nicht richtig ausdrücken, wieso.
    Abgesehen von den Dingen, die schon erwähnt wurden und denen ich mich bisher anschließen kann, schafft die Autorin es irgendwie, mich durch ihre Geschichte treiben zu lassen.

  • Kleine Vorbemerkung:
    Mein Beitrag ist deshalb so ungewöhnlich lang, da er damals für die Uni geschrieben wurde. Danach fristet er sein Dasein in den Tiefen meiner Schreibtischschubladen und ich habe mir gedacht, warum nicht die Literaturschockler daran teilhaben lassen :smile: Ich hoffe, das ist okay. Die Stellen, die m.E. zuviel vom Ende des Buches verraten, habe ich als Spoiler gesetzt. Solltet ihr evtl. noch andere solcher Stellen findet, lasst es mich wissen.



    *** Zur Autorin ***


    Carson McCullers (1917-1967), geborene Lula Carson Smith, wuchs in Columbus/Georgia als Tochter eines Uhrmachers auf.


    Sie war kaum volljährig, da verließ sie ihre Heimatstadt um in New York ihr Glück zu machen. Den großen Traum von der erfolgreichen Pianistin konnte sie nicht verwirklichen und musste sich stattdessen mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten.


    Bereits im Alter von 23 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Roman "Das Herz ist ein einsamer Jäger", der großen Erfolg hatte. Es folgen drei weitere Romane, zwei Novellen und eine Reihe von Erzählungen.


    Doch um den Gesundheitszustand der Autorin war es nicht gut bestellt. Noch vor ihrem dreissigsten Lebensjahr erlitt sie drei Schlaganfälle, infolge derer sie halbseitig gelähmt war und sie später in den Rollstuhl zwang. Carson McCullers wurde nur fünfzig Jahre alt, sie verstarb 1967 in New York aufgrund eines neuerlichen Schlaganfalls.




    *** Zum Buch ***


    "Das Herz ist ein einsamer Jäger" ist ein Roman von Carson McCullers, der Einsamkeit, Unverstandenheit, daraus resultierendes Außenseitertum thematisiert und den Sinn des Lebens hinterfragt.


    Das Buch zeigt fünf Grenzgänger, "einsame Jäger" - wie bereits der Titel verrät - die alle nach Verständnis, Freundschaft und Liebe suchen. Doch ihre Träume und Sehnsüchte werden von Normen und feststehenden Erwartungshaltungen der Gesellschaft, von Standes-, Bildungs- und Rassenunterschieden niedergezwungen.



    *** Die Charaktere : John Singer ***


    Einer der fünf Hauptcharaktere aus Carson McCullers' Roman ist der taubstumme John Singer, der in einem Juwelier in der Stadt arbeitet. Äußerlich hebt er sich nicht von den anderen Bürgern ab, er kleidet sich dezent und besitzt auch sonst keine besonderen Merkmale, mit denen er stark auffällig wäre. Dennoch bildet Singer den Mittelpunkt der Geschichte, um den alle anderen Figuren angeordnet sind. Durch seine höfliche Art, die tiefe innere Ruhe, die er ausstrahlt fühlen sich die Menschen zu ihm hingezogen und er wird für die anderen vier Hauptcharaktere zu ihrer wichtigsten Bezugsperson.


    Der Roman beginnt aus der Perspektive Singers, aus welcher auch das erste und zweite Kapitel beendet wird. Selbst im dritten Kapitel beeinflusst er die anderen Charaktere auf eine ganz bestimmte Weise in ihren Entscheidungen.


    Die ersten Seiten des Romans schildern das Zusammenleben John Singers und seinem einzigen Freund, dem Griechen Spiros Antonapoulos, der ebenfalls taubstumm ist. Sie teilen sich eine gemeinsame Wohnung und verbringen auch sonst ihre gesamte Freizeit miteinander. Sie leben in ihrer eigenen kleinen Welt, mit einer eingespielte Routine in ihrem Alltagsleben. Ebenso pflegen sie kaum Kontakte zu anderen Menschen. Singer und Antonapoulos machen sich damit selbst zu Außenseitern, indem sie sich von ihrem Umfeld isolieren und ausgrenzen. Dieses selbst gewählten Einsamkeit schenkt ihnen die Sicherheit, ein behütetes Leben zu führen.


    Ein Thema das sich durch den gesamten Roman zieht, ist Kommunikation, beziehungsweise die Schwierigkeit sich mit anderen zu verständigen und verstanden zu werden. Auch Singer ist aufgrund seiner Behinderung mit diesem Problem konfrontiert. Niemand in der Stadt, abgesehen von einigen wenigen Taubstummen, beherrscht die Gebärdensprache, ohne die John Singer jedoch nicht in der Lage ist, zu kommunizieren. Antonapoulos ist der Einzige, mit dem Singer sich austauschen kann. Er fühlt sich nur in dessen Gegenwart sicher und glücklich, glaubt sich von ihm verstanden. Dennoch erkennt der Leser, dass sich Antonapoulos nicht im Geringsten für das, was Singer zu ihm sagt, interessiert. Das Verstandenwerden und die Kommunikation sind damit nur einseitig vorhanden.


    Bereits im ersten Kapitel muss Antonapoulos die Stadt verlassen und wird in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen. Singer wohnt von da an zur Untermiete im Haus der Familie Kelly, sucht neue Orte auf, wie zum Beispiel das New York Café und knüpft Kontakte zu anderen Bürgern der Stadt. Dennoch beginnt für Singer ab diesem Zeitpunkt, unter den vielen neuen Menschen, die Zeit der Einsamkeit. Eine Einsamkeit, die er nicht kannte, als er zusammen mit Antonapoulos alleine war und ausgegrenzt von ihrem sozialen Umfeld.


    Im Verlauf des Romans entwickelt sich Singer schnell zu einer zentralen Figur und sein Zimmer wird, neben dem New York Café, zu einem Sammelpunkt für die anderen Hauptpersonen und Außenseiter der Stadt: Mick Kelly, die jungenhafte Jugendliche, die ihrem Platz in der Welt sucht; Jack Blount, der Neuankömmling in der Stadt mit revolutionärem Gedankengut; Doktor Benedict Copeland, der sich für die farbige Minderheit in den USA einsetzt; und Biff Brannon, der Besitzer des New York Café.


    Diese vier Charaktere fühlen sich von dem stillen und aufmerksamen Singer magisch angezogen, sie offenbarem ihm ihre geheimen Gedanken, Sehnsüchte und Ängste an und glauben fest daran, dass er derjenige ist, der sie versteht und der ihnen hilft, ihre Träume zu verwirklichen.


    Die Person Singer erhält in der kleinen Stadt immer mehr Aufmerksamkeit, jeder Charakter kreiert in seinen Gedanken seinen individuellen Singer. Dass er nicht ihren Vorstellungen entspricht, kann er jedoch auch nicht widerlegen, da er sich nicht verständlich machen kann. Damit bleibt er trotz allem ein Außenseiter, der missverstanden wird und dem niemand zuhört. Niemand weiss von der Beziehung zu dem Griechen oder kennt die Gefühlslage Singers. Im Verlauf des Romans wird dem Leser deutlich gemacht, dass er letztendlich am wenigsten mit der Einsamkeit umgehen kann.




    *** Die Charaktere : Mick Kelly ***


    Die zweite Schlüsselrolle in The Heart Is a Lonely Hunter spielt neben John Singer die junge Mick Kelly. Sie ist die heimliche Heldin und die hoffnungsfrohste Figur. Häufiger als bei anderen Charakteren sind die Kapitel aus ihrer Sichtweise geschildert.


    Das dreizehn Jahre alte Mädchen Mick befindet sich auf der Schwelle zum Erwachsenwerden und versucht trotz mancher Widerstände ihren eigenen Weg zu finden. Sie gilt unter ihren Altersgenossen als Außenseiterin. Dies liegt zum einen an Micks ungewöhnlichen Gedanken und Vorlieben, zum anderen an ihrem burschikosen Aussehen. Zudem ist sie nicht nur die Größte unter den Mädchen aus ihrem Jahrgang, sondern überdies größer als die meisten Jungs in ihrem Alter, was auf diese abschreckend wirkt und sie sich aus diesem Grund von Mick abwenden und kein Interesse daran haben, mit ihr auszugehen. Sie gehört keinem speziellen Freundeskreis an, ist nicht allzu oft in Gesellschaft von Gleichaltrigen und interessiert sich nicht für die Dinge die in ihrem Alter normal wären.


    Mick verbringt viel von ihrer Freizeit allein und schlendert gedankenverloren durch die Straßen der Stadt, ihre einzige Gesellschaft sind dabei ihre jüngeren Brüder, auf die sie oft aufpassen muss. Später pflegt sie auch mit John Singer und Harry Minowitz Umgang. Bemerkenswert dabei ist, dass sich Mick, wenn auch unbewusst, ausschließlich Menschen zu ihren Freunden und Vertrauten erwählt, die selbst auf irgend eine Art Einzelgänger und Ausgegrenzte sind: John Singer, der Taubstumme; Harry Minowitz, der Jude und ihr jüngerer Bruder Bubber, welcher im Verlauf des Romans ein kleines Mädchen anschießt und danach vom seinem Umfeld gemieden wird.


    Mick zeigt ein besonderes Talent und eine ausgesprochene Hingabe für Musik: Sie komponiert, sie träumt von einem eigenen Klavier und einer großen Karriere als Musikerin und unternimmt den Versuch, eine Violine selbst zu bauen. Doch gibt es niemandem aus ihrer Familie mit dem sie über ihr Talent und ihrer Begeisterung sprechen könnte. Ihr ist bewusst, dass ihre außer-gewöhnlichen Interessen und Vorstellungen im sozialen Umkreis auf Unverständnis stoßen würden, da Mädchen und Frauen in den 1930er Jahren keine Möglichkeiten auf beruflichen Erfolg gegeben waren.


    Am Schluss des Romans ..




    *** Die Charaktere : Jake Blount ***


    Als Zugereister hat Jake Blount es besonders schwer, seinen Platz in der Gemeinde zu behaupten. Während des gesamten Romans hegt er als Einziger von allen Hauptcharakteren neben John Singer keine weiteren sozialen Bindungen zu den anderen Bewohnern der Stadt. Während der ersten Zeit hält sich der Trinker Blount so gut wie ständig in dem Café von Biff Brannon auf. Wankelmut und gelegentliche gewaltsame Wutausbrüche, die charakteristisch für sein Verhalten sind, sein gesteigerter Rededrang, das alles trägt zu einer allgemeinen Abneigung gegen Blout bei. Dabei ist Wohlwollen und Zuwendung genau das, was er anstrebt. Wie allen anderen Charaktere aus "Das Herz ist ein einsamer Jäger" sucht er nach einer Person, die ihm zuhört, nach einem Verbündeten. Dieses Gefühl, verstanden zu werden hat er allein bei John Singer. Er glaubt von der ersten Begegnung an, in Singer einen Seelenverwandten gefunden zu haben.


    Neben seinem Status als Neuankömmling und seinen bedenklichen Verhaltensweisen gibt es noch einen weiteren Grund, warum Jake Blount als Außenseiter gilt: Er ist ein Sympathisant des Kommunismus mit radikalen Ansichten über eine ideale Gesellschaft. Er verfasst Flugblätter und spricht mit den armen Fabrikarbeitern, die er auf der Straße trifft, er möchte unter ihnen eine Aufruhr erzeugen, die dazu führt, dass die Arbeiter sich gegen die ausbeutenden, reichen Besitzer der Baumwollspinnereien zu erheben. Doch auch Blount kann sich - wie die anderen Hauptpersonen im Buch - nicht verständlich machen. In solchen Situation verliert er meist die Beherrschung, wird ausfällig und gibt sich dem Gelächter preis.


    Im zweiten Teil des Romans treffen Jake Blount und Doktor Copeland zusammen um eine lange Unterredung zu führen. Beide stehen marxistischen Ideen aufgeschlossen gegenüber und teilen den Wunsch, soziale Missstände unter der verarmten weißen Bevölkerung bzw. der gesamten schwarzen Bevölkerung zu beseitigen. Doch sie schaffen es nicht, richtig miteinander zu kommunizieren, beide haben eine jeweils andere Auffassung davon, wie dieses Ziel zu erreichen sei, und jeder von ihnen beharrt auf seinem eigenen Standpunkt, sodass sie schließlich auseinander gehen, ohne etwas erreicht zu haben, uneinig und enttäuscht vom jeweils anderen.


    Am Ende des Buches ..




    *** Die Charaktere : Doktor Copeland ***


    Doktor Copeland ist ein farbiger Arzt und gehört damit bereits einer Minderheitengruppe, der schwarzen Bevölkerung, an. Doch selbst in der Gemeinde der Farbigen und sogar in seiner eigenen Familie gilt er als vollkommener Außenseiter, was auf folgende Gründe zurückzuführen ist: Copeland, der sich der Verbesserung der sozialen Bedingungen für die schwarze Bevölkerung gewidmet hat, ist im Vergleich zu Anderen seines Standes und seiner Hautfarbe allzu gebildet und hat zudem äußerst radikale Vorstellungen davon, wie das Wohle seines Volkes verbessert werden könne.


    Copeland, der im Norden der USA eine Hochschulbildung hat, unterscheidet sich bereits in seiner gehobenen, artikulierten Sprechweise von der unsauber ausgesprochenen Umgangssprache der anderen farbigen Figuren aus dem Roman. Aufgrund der unterschiedlichen Bildungsstände ist es ihm nicht möglich, eine ebenbürtige Person und Verbündeten für seine Pläne zu finden. Die Tatsache, völlig allein zu sein, macht aus ihm einen verbitterten, hartherzigen Mann, der gelegentlich von Zorn erfasst wird, welcher auch öfters im Roman zur Sprache kommt.


    Doch auch Doktor Copeland muss schlussendlich ..




    *** Die Charaktere : Biff Brannon ***


    Biff Brannon, der Besitzer des New York Café, welches einen zentralen Ort der Begegnungen der Außenseiter aus der Stadt darstellt, unterscheidet sich von den anderen drei Hauptpersonen, die sich so stark zu John Singer hingezogen fühlen. Er sucht zwar ebenfalls die Nähe des Taubstummen auf, spürt aber nicht wie die Anderen das Verlangen, sich mitzuteilen. Seine Persönlichkeit entspricht eher der von Singer selbst, beide gelten als stille Beobachter.


    Biffs Frau Alice, mit der er seit Jahren in einer kleinen Wohnung direkt über dem Café zusammenlebte, stirbt eines Tages überraschend an Krebs. Inmitten der Trauerzeit lassen sich in Biffs Benehmen immer öfters Verhaltensweisen einer Frau erkennen: Er beginnt ihr Parfüm zu tragen und offenbart, dass er gerne selbst eine Mutter mit eigenen Kinder wäre. Dieses anormale Betragen lässt auf eine andere sexuelle Gesinnung, als bisher angenommen, schließen. Da er sein sonstiges Privatleben aber weitestgehend geheim hält, kann er auch dies gut vor seinen Mitmenschen verbergen und so eventuellen Abneigungen gegen seine Person vorbeugen.


    Die ständigen Grübelein der Cafébesitzers führen meist zu keinerlei neuartigen Einsichten. Jedoch findet Biff in der letzten Szene des Romans ..




    *** Mein Fazit ***


    "Das Herz ist ein einsamer Jäger" ist ein wunderschönes, wenngleich auch trauriges Buch, bei dem es Carson McCullers gelingt, die inneren Welten der Protagonisten auf einfühlsame Weise darzustellen und deren kleinen Hoffnungen, große Verletzbarkeiten und tiefen Gefühle dem Leser näher zu bringen.


    Das Buch umweht ein Hauch von Melancholie und besitzt so viel Tiefgang. In einer wunderschönen, fast poetischen Sprache verfasst, ist es dennoch angenehm leicht zu lesen.


    5ratten

    Ich hieß hier mal caithlin.<br /><br />&quot;If I had a dollar for every time i felt more emotion for a fictional character than people in real life, I could pay for the psychiatric help I obviously need.&quot;

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    OT: The Heart is a lonley Hunter
    OA: 1940
    600 Seiten:
    ISBN: 978-3257242249


    Inhalt:
    Der Roman spielt im Staat Georgia, in einer häßlichen heißen Innenstadt. Es ist die Geschichte eines begabten Mädchens, Mick Kelly, und ihres gewaltsamen Kampfes gegen eine unnachgiebige und harte Umgebung. Carson McCullers’ mitleidiges Engagement gilt den einsamen Sonderlingen und Außenseitern, die sich um den taubstummen John Singer scharen, um ihm ihr Herz auszuschütten.


    Eigene Meinung:
    Dieses Buch ist sehr bewegend. Carson McCullers hat ihre Figuren mit Liebe erschaffen und hat ihnen so viel Leben eingehaucht, dass man glaubt sie zu kennen. Die Protagonisten sind authentisch und so plastisch dargestellt, wie es nur real existierende Personen sein können. Letztendlich sind diese Charaktere auch real, denn wenn es sich hier auch im Fiktion handelt, so sind dieses Menschen, wie in diesem Roman beschrieben, doch überall zu finden.
    Die Handlung spielt in den dreißiger Jahren in einer amerikanischen Kleinstadt, aber auch Ort und Zeit sind letztendlich irrelevant, denn schaut man sich nur ein wenig in seiner eigenen Umgebung um, so wird man diese Menschen mehr oder weniger genauso auch dort antreffen.
    Die zentralen Themen sind Einsamkeit, Rassismus, Armut und Ungerechtigkeit. Die Themen sind ernst und die Stimmung ist oft sehr düster, aber dennoch ist dieses Buch nicht deprimierend. Das liegt mit Sicherheit an der wunderbaren, melancholischen und sehr bildreichen Sprache der Autorin.


    5ratten

  • 5ratten


    Georgia, eine triste Kleinstadt im Jahr 1939. Das Leben ist geprägt von Rassismus, Armut und Hoffnungslosigkeit. Die Menschen rackern sich 50, 60 und mehr Stunden die Woche ab, um ihr tägliches Überleben zu sichern. Inmitten dieser Trostlosigkeit treffen wir auf fünf Personen, die unterschiedlicher kaum sein könnten und dennoch eines gemeinsam haben: Es gibt eine Sache, an der sie mit ganzem Herzen hängen und ihr Dasein ausrichten.
    Da ist Mick, ein 13jähriges Mädchen inmitten einer vielköpfigen Familie, deren ganzes Inneres nach Musik strebt. Sie komponiert kleine Stücke und Lieder und träumt von einer erfolgreichen Zukunft als Komponistin, Dirigentin.
    Biff Brannon, ein sensibler Witwer der in einer lieblosen Ehe lebte und sich noch immer sehnsüchtig Kinder wünscht.
    Jake Blount, unbeherrscht und voller Wut über die Ungerechtigkeit, die den meisten Menschen widerfährt. Er versucht sie wachzurütteln, sie zum Widerstand aufzurufen und dagegen zu kämpfen - doch vergeblich. Dies macht ihn noch aggressiver und immer wieder ist er gezwungen, seinen Aufenthaltsort wegen Gewalttätigkeiten zu wechseln, um einer drohenden Verurteilung zu entgehen.
    Und Dr. Copeland, ein farbiger Arzt, der besessen ist von der Idee seinem Volk bessere Lebensbedingungen zu verschaffen. Auch er will wachrütteln und zum Widerstand aufrufen doch scheitert ebenfalls, selbst bei seinen Kindern.
    Diese Vier glauben, in John Singer, einem Taubstummen, den einzigen Menschen gefunden zu haben, der ihr innerstes Anliegen versteht und teilt. Da er sich nicht artikulieren kann, kein Widerspruch kommt, er immer freundlich und höflich ist, interpretieren die Vier sein Verhalten als Zustimmung. Doch sie irren. Auch John Singer ist getrieben von einer Sache, die ihm alles Andere unwichtig erscheinen lässt: die Liebe zu seinem Freund Spiros. Als dieser stirbt, bringt sich John Singer um.
    Mick resigniert, sie verliert ihre Liebe zur Musik. Jake verliert wieder die Beherrschung und muss die Stadt verlassen, Dr. Copeland ist schwer krank und wird von seiner Familie gepflegt. Und Biff Brannon, der noch am ehesten in sich ruht, beginnt einen neuen Tag.
    Neben der gefühlvollen und dennoch sehr anschaulichen Schilderung des Lebens zu dieser Zeit, bedrückt am meisten wie einsam diese Menschen sind, obwohl sie viel gemeinsam haben. Dr. Copeland und Jake Blount verbindet im Grunde ein Ziel: Gerechtigkeit. Doch jeder verfolgt nur seinen Weg ohne die kleinste Abweichung zuzulassen - und jeder steht wieder für sich allein. Mick und Biff Brannon - er liebt Mick wie eine Tochter, wie gern würde er ihr einen Wunsch erfüllen. Doch sie hat eher Angst vor ihm und käme vermutlich im Traume nicht darauf, dass Biff ihren größten Wunsch nach einem Klavier wahr werden lassen könnte. Und auch John Singer - er ist so fixiert auf seinen Freund Spiros, den für ihn Einzigen mit dem er sich richtig (mit Händen) unterhalten kann, dass er überhaupt nicht merkt als er andere Taubstumme trifft, dass er hier sein Bedürfnis nach Kommunikation vermutlich noch viel besser stillen könnte.
    Ein wirklich empfehlenswertes Buch!

    Je mehr sich unsere Bekanntschaft mit guten Büchern vergrößert, desto geringer wird der Kreis von Menschen, an deren Umgang wir Geschmack finden.&nbsp; &nbsp; Ludwig Feuerbach (1804 - 1872)