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Obwohl es erst zwei Wochen alt ist, steht das erste Lesehighlight für das Jahr 2008 hiermit schon fest: Diese phantastische (im doppelten Wortsinn) Geschichte hat mich amüsiert und berührt gleichermaßen, hat mich auch mal verwirrt und meine Allgemeinbildung auf die Probe gestellt, und vor allem hat sie mich prächtig unterhalten.
Shadow, ein junger Mann ohne viel Vergangenheit, wird nach dreijähriger Haftstrafe vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen, weil seine Frau bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Schnell muss er feststellen, dass in seiner Heimatstadt keine Zukunft auf ihn wartet - der versprochene Job steht nicht zur Verfügung, bei der Beerdigung wird er scheel angesehen. So fällt es ihm nicht schwer anzunehmen, als er auf seiner Reise von einem älteren Herrn einen Job als Leibwächter und “Mädchen für Alles” angeboten bekommt.
Schnell merkt er jedoch, dass mit seinem Boss, der sich nur als “Wednesday” vorgestellt hat, irgendwas nicht stimmen kann. Sie treffen mehr als merkwürdige Leute, die Wednesday offensichtlich zu einem Treffen der besonderen Art überreden will. Es scheint ein Konflikt im Anzug zu sein, doch warum und zwischen wem ist Shadow lange nicht klar. Erst als Wednesday sich als der nordische Göttervater Odin offenbart, der im Zuge der Besiedelung Nordamerikas durch die Wikinger ins Land kam, begreift Shadow, was auf ihn zukommt: Die in den USA heimischen Pantheons aus aller Herren Länder müssen einen Krieg gegen die “neuen Götter” des Internets, der Kreditkarte und anderer neumodischen Erscheinungen führen, um ihr Überleben zu sichern.
Wie in einem Roadmovie führt die Reise quer durch die USA, um die oft schon geschwächten, frustrierten, längst nicht mehr ausreichend verehrten Götterscharen zu einem gemeinsamen Einsatz zu bewegen. Auch Shadow setzt mehr als einmal sein Leben aufs Spiel, um dieses Ziel zu erreichen - nur um am Ende zu erfahren, dass er doch nur Spielball von unberechenbaren Kräften war. Bei der Lektüre dieses Buches ist es ratsam, entweder ein umfangreiches Kompendium über internationale Mythologie oder wenigstens einen Link zur Wikipedia griffbereit zu haben - auf jeder zweiten Seite trifft man auf Charaktere, die zwar für sich schon bemerkenswert und interessant genug sind, mit dem Wissen über ihren religiösen und kulturellen Hintergrund aber noch einiges an Tiefe gewinnen. Gaiman lässt dabei kaum eine Weltgegend aus, um einen wahrhaft bunt gemischten Stab an Handlungsträgern zusammenzustellen.
Ist die Idee hinter dieser Geschichte - die USA von heute, bevölkert von Sagengestalten aus uralten Zeiten - schon ungewöhnlich genug, so ist die Ausführung des Plots doch mindestens ebenso gut gelungen. Shadows Sicht der Dinge, die das “Große Ganze” hinter seinem Job erst langsam erkennt, seine ganz handfesten Abenteuer und die seltsamen Begegnungen, die er macht, lassen die Spannung nie wirklich abflauen. Die Götter sind gleichzeitig so geheimnisvoll und dennoch in der Gegenwart “geerdet”, dass man sie einfach gern gewinnen muss; selbst die Erzbösewichte sind so vielschichtig und interessant gezeichnet, dass auch ihre Handlungen letztendlich plausibel erscheinen.
Auch die phantastischen Elemente dieses Romans, die wesentliche Teile der Handlung ausmachen, wirken nie aufgesetzt oder aus der Luft gegriffen. Ganz im Gegenteil, man kann fast nicht umhin, fest daran zu glauben, dass mitten in den USA eine Weltenesche steht oder dass vielleicht der nette ältere Herr von nebenan eigentlich ein Kobold ist, der seit Hunderten von Jahren hier lebt. Und der Protagonist Shadow, der all die geheimnisvollen Merkwürdigkeiten, die er erlebt, mit (relativer) Gelassenheit hinnimmt, verstärkt noch das Gefühl des Lesers, dass die Welt da draußen wohl wirklich so ist, wie sie dargestellt ist.
Nachdem mir von mehreren Seiten bestätigt wurde, dass in der deutschen Übersetzung viel vom Zauber der bild- und metaphernreichen, aber niemals überladenen Sprache Neil Gaimans verloren geht, bin ich sehr froh, das Original gelesen zu haben. Die Charakterzeichnung, die Dialoge, der gesamte Handlungsfaden hat nichts mit klassischer Fantasy zu tun - und doch ist dies wohl einer der besten phantastischen Romane, die mir je unter die Finger gekommen sind. Einziger Wermutstropfen: Die gewohnt schlechte Qualität des englischen Taschenbuchs.
Links:
- englischer Wikipedia-Eintrag mit Götterverzeichnis (Vorsicht: Spoiler!)
- Fanseite mit viel zusätzlicher Info
- Homepage / Blog von Neil Gaiman
Wertung:
EDIT
Huhu, ich habe den Betreff angepasst und einen Amazon-Link zur deutschen Ausgabe eingefügt. LG Seychella