Franz Kafka - Der Prozess

Es gibt 56 Antworten in diesem Thema, welches 22.306 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kiba.

  • Bei keinem Schriftsteller, auch bei Kafka nicht, ist es so, dass jeder einfach drin finden kann, was ihm passt oder ihn spiegelt ... ;)


    Wenn Du diese Aussage generell nimmst, dann hast wohl recht, man kann nicht jeden Autor so interpretieren, wie man möchte. (Andererseits halte ich gleich noch entgegen, daß wir immer stets das lesen, was wir verstehen können, weil es in unserem Horizont liegt.)


    Aber gerade bei Kafka liegt mir Moosbummerls Aussage näher. Kafka fordert, so stark wie ich es von keinem anderen kenne, dazu auf, seine eigenen Vorstellungen mit in das Geschriebene zu legen. Wenn ich mir so seine Biographie anschaue, dann macht das auch Sinn. Lange Zeit drehte er sich um sich selbst - nahm immer wieder andere Standpunkte an in seinen inneren Kämpfen. (Von diesen Kämpfen ahnten die meisten wohl nicht einmal etwas, war er doch ein liebenswürdiger, aufgeschlossener und herzlicher Zeitgenosse)


    Die Sünde selbst sehe ich bei Kafka auch eigentlich nirgends. Wohl aber die Schuldgefühle. Es gibt einen wunderschönen Brief von Kafka an seinen Vater, in dem er diese Schuld zurückweist. Das Thema gegleitete ihn, aber ich kenne jetzt nichts von ihm, in dem er die Schuldgefühle zur allgemeinen Sünde transportiert hätte.

    Viele Worte sind lange zu Fuß gegangen, ehe sie zu geflügelten Worten wurden<br />(Marie von Ebner - Eschenbach)<br /><br />http://www.zwergerlhausen.de<br /><br />SUB: 241&nbsp; :-)<br />&nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; - 1 (In Swanns Welt v. Marcel Proust)

  • Oh - da kam die Antwort viel zu früh, als dass Du darüber nachgedacht hättest.


    Du hast ja keine Ahnung, wie schnell ich denken kann ... :zunge:


    Andererseits halte ich gleich noch entgegen, daß wir immer stets das lesen, was wir verstehen können, weil es in unserem Horizont liegt.


    Das ist zwar wahr, aber genau betrachtet nur ein Pleonasmus: Wir verstehen, was wir verstehen. :smile:


    Die Sünde selbst sehe ich bei Kafka auch eigentlich nirgends. Wohl aber die Schuldgefühle.


    Dann würde mich interessieren, wie Du Schuld ohne Sünde definierst ;).

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)


  • Dann würde mich interessieren, wie Du Schuld ohne Sünde definierst ;).


    Ganz einfach - damit wir uns schuldig fühlen, brauchen wir keine Sünde, sondern nur das Gefühl, einer Sache nicht gerecht zu werden, der wir aber für jemand anderen gerecht werden sollten - die Kirche arbeitet zwar nach diesem Prinzip, aber erfunden hat sie es mit Sicherheit nicht - und deshalb auch keine copyright darauf.


    Hier ist ein Auszug aus Kafkas Brief an seinen Vater - diesem kann man sehr gut entnehmen, woher seine Schuldgefühle kommen, gegen die er sich stets gewehrt hat und die Abneigung gegenüber Autoritäten hat hier wohl auch seine Ursache:


    Liebster Vater,


    Du hast mich letzthin einmal gefragt, warum ich behaupte, ich hätte Furcht vor Dir. Ich wußte Dir, wie gewöhnlich, nichts zu antworten, zum Teil eben aus der Furcht, die ich vor Dir habe, zum Teil deshalb, weil zur Begründung dieser Furcht zu viele Einzelheiten gehören, als daß ich sie im Reden halbwegs zusammenhalten könnte. Und wenn ich hier versuche, Dir schriftlich zu antworten, so wird es doch nur sehr unvollständig sein, weil auch im Schreiben die Furcht und ihre Folgen mich Dir gegenüber behindern und weil die Größe des Stoffs über mein Gedächtnis und meinen Verstand weit hinausgeht.


    Dir hat sich die Sache immer sehr einfach dargestellt, wenigstens soweit Du vor mir und, ohne Auswahl, vor vielen andern davon gesprochen hast. Es schien Dir etwa so zu sein: Du hast Dein ganzes Leben lang schwer gearbeitet, alles für Deine Kinder, vor allem für mich geopfert, ich habe infolgedessen »in Saus und Braus« gelebt, habe vollständige Freiheit gehabt zu lernen was ich wollte, habe keinen Anlaß zu Nahrungssorgen, also zu Sorgen überhaupt gehabt; Du hast dafür keine Dankbarkeit verlangt, Du kennst »die Dankbarkeit der Kinder«, aber doch wenigstens irgendein Entgegenkommen, Zeichen eines Mitgefühls; statt dessen habe ich mich seit jeher vor Dir verkrochen, in mein Zimmer, zu Büchern, zu verrückten Freunden, zu überspannten Ideen; offen gesprochen habe ich mit Dir niemals, in den Tempel bin ich nicht zu Dir gekommen, in Franzensbad habe ich Dich nie besucht, auch sonst nie Familiensinn gehabt, um das Geschäft und Deine sonstigen Angelegenheiten habe ich mich nicht gekümmert, die Fabrik habe ich Dir aufgehalst und Dich dann verlassen, Ottla habe ich in ihrem Eigensinn unterstützt und während ich für Dich keinen Finger rühre (nicht einmal eine Theaterkarte bringe ich Dir), tue ich für Freunde alles. Faßt Du Dein Urteil über mich zusammen, so ergibt sich, daß Du mir zwar etwas geradezu Unanständiges oder Böses nicht vorwirfst (mit Ausnahme vielleicht meiner letzten Heiratsabsicht), aber Kälte, Fremdheit, Undankbarkeit. Und zwar wirfst Du es mir so vor, als wäre es meine Schuld, als hätte ich etwa mit einer Steuerdrehung das Ganze anders einrichten können, während Du nicht die geringste Schuld daran hast, es wäre denn die, daß Du zu gut zu mir gewesen bist.

    Viele Worte sind lange zu Fuß gegangen, ehe sie zu geflügelten Worten wurden<br />(Marie von Ebner - Eschenbach)<br /><br />http://www.zwergerlhausen.de<br /><br />SUB: 241&nbsp; :-)<br />&nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; - 1 (In Swanns Welt v. Marcel Proust)

  • Ich möchte hier meine Rezi anschließen, die ebenfalls für den SLW 2007 ist.
    Da ja zum Inhalt schon genügend gesagt wurde, lasse ich das aus und poste nur das, was ich bei meiner Rezi unter "Meinung" habe:



    "Der Proceß" wurde getreu Kafkas Handschrift wiedergegeben und erhielt keine Anpassung an die gültige Rechtschreibung, um den ursprünglichen Charakter mitsamt Kafkas Verwendung von älteren Wort-Formen zu erhalten, wie auch im Nachwort geschrieben steht. Dies bereitet zu Anfang leichte Schwierigkeiten in Hinsicht auf den Lesefluss, was sich allerdings nach einiger Zeit legt, sodass es sich flüssiger lesen lässt.


    Während der gesamten Lektüre erfährt man nicht, warum K. eigentlich angeklagt ist. Auch er selbst weiß es nicht. Das Werk schließt mit der Verurteilung K.s.


    Der Sinn des Buches ist nicht leicht zu ergründen; Zu berücksichtigen ist auch, dass das Werk nie fertig gestellt wurde. Im Anschluss an den "Proceß" finden sich noch zugehörige Fragmente.


    Es hat mir alles in allem sehr gut gefallen, ich mag Kafka sehr gerne.


    Abschließend möchte ich noch sagen, was eine Bekannte auf einer anderen Internetplattform zu diesem Buch meinte: kafkaesk :zwinker:


    Ich vergebe:


    4ratten


    Abzug dann doch wegen der teilweisen Langatmigkeit, die das Werk an manchen Stellen für mich persönlich hatte.

    :leserin: Ozzy Osbourne - I Am Ozzy<br /><br /><br /><br />Never trust anything that can think for itself, if you can&#39;t see where it keeps its brain

  • Den positiven Rezensionen hier zum trotz, wenn man ein solches Buch für die Schule lesen muss, wird einem alle Freude daran genommen.
    Ich kann mich mit Kafkas Werk nämlich nicht gerade anfreunde. So viele Interpretationsmöglichkeiten, so viele Andeutungen und Zweideutigkeiten, dass ich jetzt schon keine Lust auf die Arbeit hab.
    Und zu allem Übel auch noch zu wissen, dass der Prozess zu 99% im Abi dran kommt macht es nicht besser :sauer:


  • Den positiven Rezensionen hier zum trotz, wenn man ein solches Buch für die Schule lesen muss, wird einem alle Freude daran genommen.
    Ich kann mich mit Kafkas Werk nämlich nicht gerade anfreunde. So viele Interpretationsmöglichkeiten, so viele Andeutungen und Zweideutigkeiten, dass ich jetzt schon keine Lust auf die Arbeit hab.
    Und zu allem Übel auch noch zu wissen, dass der Prozess zu 99% im Abi dran kommt macht es nicht besser :sauer:


    Zur Schulzeit habe ich genauso gedacht wie Du. Ich denke, in Deutsch geht es auch nicht darum, sich mit dem Werk anzufreunden, sondern es professionell zu analysieren. Und dazu werden nun mal für das Abitur keine "einfachen" Werke ausgewählt. Das ist ja in anderen Fächern auch nicht anders.


    Was mich vielmehr aus heutiger Sicht ärgert: Im Fach Deutsch bekam ich nie explizit beigebracht, wie ein Werk zu analysieren ist (es gibt durchaus Schemata, die man abarbeiten kann), es wurde viel geredet, leider oft ohne (eine für mich erkennbare) Systematik. Ich lese nun einige Artikel aus dem Handbuch Literaturwissenschaft (Thomas Anz). Interessant auf welche unterschiedlichen Weisen man sich Literatur nähern kann und dann fängt die Analyse an sich an, Spaß zu machen. Mein Tipp: Schau mal in der Bibliothek nach Einführungen in die Text- und Inhaltsanlyse/-interpretation. Und dann lies mal eine professionelle Interpretation über Kafka. Dann kannst du den Interpreten einer der "Interpretations-Schulen" zuordnen. Ich bin sicher: Dir werden sich die Augen öffnen.


    Schöne Grüße und viel Erfolg,
    Thomas

  • Hallo!


    Wir schreiben demnächst Klausur über den Prozess von Franz Kafka. Ehrlich gesagt tue ich mich sehr schwer mir ein Thema zu diesem Werk vorzustellen. Was könnte man zu diesem Werk als Erörterungsauftrag stellen und welche Passagen eignen sich für eine Textanalyse? Vielleicht gibt es hier einige im Forum, die schon einmal Klausur oder Abitur zu diesem Werk geschrieben haben? Wenn ja, wie lautete das Thema?
    Freu mich auf eure Antworten


    Liebe Grüße,


    Lara


    EDIT: Vornamen im Betreff eingefügt. LG, Saltanah

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • Es gibt sehr viel Sekundärliteratur zu diesem Roman. Themen könnten sein


    - Welche Rolle spielt das Gericht? Welcher Machtapparat wirkt hier?
    - Interpretation der Türhüterlegende
    - Wie ist die Person Josef K zu interpretieren, was ist er für ein Mensch, was treibt ihn an, welche Probleme hat er?


    Deine Frage ist (oberflächlich) beantwortet, aber ich glaube, dass eine solche Herangehensweise dir in einer Klausur nicht weiter hilft. Lies verschiedene Interpretationen, dort werden Fragen aufgeworfen, die Antworten solltest du dann mal für dich formulieren und nicht aus dem Buch einfach übernehmen. Manche Lehrer mögen das nämlich nicht, zudem musst du die Antworten ja auch argumentativ überzeugend darlegen können.


    Schöne Grüße,
    Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()

  • Hallo!


    Vielen Dank zunächst für die rasche Antwort. Ich habe mir schon einiges an Sekundärliteratur zum Prozess besorgt. Ich finde, dass es bei diesem Werk sehr schwer ist ein ordentliches Klausurthema zu finden. Denn die Schuldfrage zum Beispiel lässt sich hier nicht so ohne weiteres erörtern wie etwa bei Effi Briest. Die Türhüterlegende fällt weg, da wir diese bereits im Unterricht sehr ausführlich behandeln haben.


    Vielleicht fallen anderen noch weitere mögliche Themen ein? Bei allen anderen literarischen Werken, die wir bis jetzt behandelt haben konnte ich mir die möglichen Themen immer vorstellen und eins davon kam auch immer dran. Aber diesmal bin ich wirklich ratlos.


    Liebe Grüße,


    Lara

  • Inhalt:
    Josef K. wird eines Tages, scheinbar ohne jeden Grund verhaftet. Nach und nach erschließt sich dem Leser allerdings, das Josef K. eine Schuld tief in seinem inneren trägt, die er selbst jedoch bis zum Ende nicht als solche erkennt. Der Roman ist nicht als reale Handlung anzusehen, vielmehr schildert Franz Kafka einen inneren Prozess in dessen Verlauf jedoch die Ängste und Gefühle Josef Ks. Wirklichkeit werden.


    Meine Meinung:
    Ich gestehe es :breitgrins: Kafka ist einer meiner Lieblingsautoren überhaupt und deshalb war für mich Der Prozess nie eine langweilige Schullektüre und ich habe mich sogar sehr darauf gefreut ihn mal wieder lesen zu können.


    Zuweilen ist Der Prozess so herrlich absurd und skuril geschrieben, es gibt Vorkommnisse die sind so ungeheuerlich, ich muss jedes Mal schmunzeln und ab und an auch laut heraus lachen. Ich glaube Kafka hat sich beim Schreiben ebenso köstlich amüsiert.
    Ich finde ihn auch nicht so schwer zu lesen, wobei er durch die Einteilung der Kapitel, die recht unterschiedlich lang sind, sich durchaus auch ein wenig ziehen kann.


    Was mich selbst an diesem Roman so fasziniert ist das man ihn auf so viele Verschiedene Arten lesen kann. Einfach so zum Vergnügen ohne Hintergedanken aber dann wieder bewusst Interpretierend, eher religiös, das Gericht als höhere Instanz oder eher auf politischer Ebene als Kritik am preußischen Bürokratiapperat und eben auch aus einem psychologischen Blickwinkel heraus. Gerade in dieser Hinsicht schildert Kafka, trotz der vielen Ironie, auch die Abgründe und Ängste des Menschen. Indem K. in die Tiefen seines Ichs gelangt findet er seine Schuld, doch er scheitert daran das er sich diese nicht eingestehen kann und will, da er sich sonst mit seinen dunkelsten Gedanken beschäftigen müsste und dazu ist er nicht in der Lage. So sehe ich das zumindest.


    Ich finde wenn man sich auf Kafkas Stil in diesem Fall einlässt, kann man sehr viel Spaß mit dem Buch haben und trotzdem intelektuell gefordert sein - wenn man das denn möchte. Die Frage ist ob Kafka es wohl sehr gemocht hätte wenn sein Werk interepretiert wird. Ich glaube sogar über einiges hätte er nur den Kopf geschüttelt und herzhaft gelacht.

  • Der Prozess ist auch eins meiner Lieblingsbücher. Ich habe es im Schulunterricht gelesen (allerdings in keinem Deutschkurs), sondern frewillig in den Pausen :zwinker:
    In dem Buch steckt soviel drin. Die Verfilmung von Welles hat dann einmal mehr gezeigt, dass solche eigenwillige Bücher nur schwer in anderen Medien adaptiert werden können selbst wenn solche Genies wie Wells am Werke sind. Der Film war zwar nicht schlecht, aber die Träume (obwohl Träume sich eher für Film anbieten wegen den Bildern) waren im Buch lebhafter. Das muss man auch ersteinmal können so bildreich zu schreiben, dass gerade den kreativen Machern der Bilder die Ausdrucksmöglichkeiten abhanden kommen.

  • Franz Kafka – der Prozess

    OA: 1925
    207 Seiten

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    Inhaltsangabe:
    An seinem 30. Geburtstag wird Josef K., ein allein stehender Bankbeamter, verhaftet. Die Umstände sind so mysteriös wie grotesk: Die Verhaftung erfolgt durch obskure »Wächter«; das Verhör, dem einige Kollegen beiwohnen, findet im Schlafzimmer der Nachbarin statt. Über den Anlass erfährt K. lediglich, dass das anonyme Gericht, das auf Basis eines unbekannten Gesetzes urteilt, von der Schuld »angezogen« würde; obwohl im Fall von K. kein Verbrechen vorliegt, sei die Schuld prinzipiell unanzweifelbar. K. reagiert widersprüchlich: Während der ersten Vorladung greift er das Gericht offen an; zugleich ist er übertrieben dienstfertig, fügt sich in sein Schicksal, bestellt einen Anwalt und will Erkundigungen einziehen. Die ebenso verzweifelten wie kläglichen Versuche, die Ereignisse zu beeinflussen, scheitern ohne Ausnahme. Ein Geistlicher klärt K. am Ende über die Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen auf: Das Gesetz, unter das der Angeklagte gestellt ist, entzieht sich jedem rationalen Verständnis. So wenig wie der Sinn des Lebens entschlüsselt werden kann, ist der »Sinn« des Gesetzes zu erfassen; da es absolut ist, verweigert sich das Gesetz objektiven Definitionen. Die allein möglichen subjektiven, daher stets unzureichenden Einschätzungen konfrontieren den Erkenntnissuchenden mit der Sinnlosigkeit seines Tuns. Verbissen weigert sich K., sein Dasein unter dieses negative Prinzip des »Scheiterns« zu stellen, den Prozess zu verschleppen oder die Hoffnung auf einen »Freispruch« aufzugeben. K. ignoriert die Warnung des Geistlichen, dass das Verfahren allmählich ins Urteil übergehe.


    Eigene Meinung:

    Die Geschichte von K. ist so verworren, so unbegreiflich und darum ist es noch viel unfassbarer, dass diese Geschichte, mit anderen Beteiligten allerdings, keine Fiktion ist. Sie ist überall dort anzutreffen wo Diktatur und Willkür herrschen. Wo die Würde des Menschen keinen Deut wert ist; wo einfach nur ausgelöscht wird, was im Weg und unbequem ist, auch Menschen. Das schlimme daran ist, dass es den Diktatoren völlig gleich ist durchschaut zu werden, denn sie haben die Macht Unrecht zu Recht umzuwandeln und müssen sich, zumindest vor keinem Menschen, bezüglich ihrer Taten rechtfertigen. Auch heute noch ist diese Form von Willkür auf unserer Erde zu finden und das ist wirklich tragisch. Kafka hat mit diesem Buch auf die wirklich schlimmen Missstände und Sünden der Menschen gezeigt und es ist auch heute wichtig, sich immer daran zu erinnern, dass Gerechtigkeit, Freiheit und Würde keine Selbstverständlichkeit sind.


    5ratten


    02-11-2010 Tina

  • Nein, ich gehöre nicht zu der Schar an gequälten Schülerseelen, die das Buch für den Deutschunterricht lesen mussten. Tatsächlich habe ich das Buch sogar freiwillig gekauft (denn schließlich gehört Kafka zur Weltliteratur und ich wollte zumindest diese Bildungslücke schließen). Gequält hat es mich trotzdem. :rollen:


    Ich kam gut rein ins Buch, die Sprache ist trotz allen interessant, wenn auch m.E. nicht außergewöhnlich. Und dann liest man und liest und denkt die ganze Zeit, dass jetzt doch eigentlich mal was passieren müsste, aber es kommt nix. Ich habe 280 lange Seiten darauf gewartet, dass mal etwas Hirn vom Himmel fällt smilie_denk_11.gif, damit auch ich die Genialität hinter diesem ganzen Geschwafel ausmachen kann. Nur als Beispiel, muss man wirklich ein ganzes Kapitel darüber schreiben, wie er zur Nachbarin rübergeht, weil er mit ihr eine Unterredung sucht, und stattdessen nur die Zimmergenossin antrifft? :schnarch: Ich bin mir sicher, dass das Ganze auch als Kurzgeschichte und besser funktioniert hätte.


    Selten war ich so froh, dass ein Buch endlich vorbei ist. Nun kann ich mich wieder meinen vielleicht weniger klugen, dafür aber auch weniger ermüdenden Büchern zuwenden und duck mich jetzt schnell weg, bevor die Klassikerfans hier anfangen scharf zu schießen. :wegrenn:

    Ich hieß hier mal caithlin.<br /><br />&quot;If I had a dollar for every time i felt more emotion for a fictional character than people in real life, I could pay for the psychiatric help I obviously need.&quot;

    Einmal editiert, zuletzt von caithlin ()

  • Ich bevorzuge trotzdem Bücher, die man lesen kann ohne gleich einen halben Regalmeter Sekundärliteratur daneben stellen zu müssen.

    Ich hieß hier mal caithlin.<br /><br />&quot;If I had a dollar for every time i felt more emotion for a fictional character than people in real life, I could pay for the psychiatric help I obviously need.&quot;


  • Ich bevorzuge trotzdem Bücher, die man lesen kann ohne gleich einen halben Regalmeter Sekundärliteratur daneben stellen zu müssen.


    Das kann ma ja! Da wird jemand verhaftet, ohne etwas Böses getan zu haben. Kommt nun die Geschichte eines diktatorischen Staates?


    Gruß, Thomas


  • Ich bevorzuge trotzdem Bücher, die man lesen kann ohne gleich einen halben Regalmeter Sekundärliteratur daneben stellen zu müssen.


    Genau meine Meinung. Ich bin vor ein paar Jahren ähnlich an Amerika verzweifelt... Es gibt offenbar ein paar Schriftsteller, die zu den Klassikern/zur Weltliteratur gehören, die nun wirklich nicht jedermanns Sache sind. Kafka scheint da dazu zu gehören. Man muss und kann nicht alles verstehen im Leben und man muss auch nicht alles gut finden, nur weils in irgendeinem Kanon steht... Das gilt im Wesentlichen auch für weniger "hochliterarische" Bücher wie zB "Das Parfum", bei dem sich die Leserschaft ja recht klar in zwei Lager spaltet - dazu gibt es kaum mittelmässige Wertungen, entweder man hasst es oder man liebt es... :smile:

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.


  • Und dann liest man und liest und denkt die ganze Zeit, dass jetzt doch eigentlich mal was passieren müsste, aber es kommt nix.


    Das ist Kafkas Stil. Man stellt sich auch nicht vor ein modernes abstraktes Bild und wirft ihm vor, dass man darauf keinen einzigen Gegenstand erkennen könne (aber beim Bild lässt sich dieser "Mangel" schneller erfassen als in der Literatur). Dennoch kann ein solches Bild den Betrachter stärker berühren als so manches "realistische" Bild. Bei Kafka (oder extremer noch bei Joyce) steht nicht die Handlung im Vordergrund, sondern die Gedankenwelt der Figuren.


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()

  • Genau meine Meinung. Ich bin vor ein paar Jahren ähnlich an Amerika verzweifelt...


    Die Argumente beider Seiten von damals passen auch hier. Wobei Amerika ein "sperrigerer" Einstieg darstellt als der wesentlich spannendere "Prozess". Noch besser ist es vermutlich, mit den deutlich kürzeren Geschichten zu beginnen, "Die Verwandlung". Oder vielleicht auch mit der Verfilmung zum Prozess.


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()


  • Man stellt sich auch nicht vor ein modernes abstraktes Bild und wirft ihm vor, dass man darauf keinen einzigen Gegenstand erkennen könne (aber beim Bild lässt sich dieser "Mangel" schneller erfassen als in der Literatur).


    Ein sehr schöner Vergleich!


    Es ist mit der Malerei und der Literatur wahrscheinlich dasselbe: Die einen können mit Abstraktem etwas anfangen, werden davon manchmal berührt (wie du es schreibst) und für die anderen ist es nur Gekrakel... Natürlich kann man lernen, das "Gekrakel" zu lesen, indem man sich mit abstrakter Malerei beschäftigt - genauso wie man sich einen Kafka durch Sekundärliteratur verständlicher machen kann.


    Aber eben, man muss das auch wollen und ich für meinen Teil sage immer wieder, dass ein Buch gerne vielschichtig und mehrdeutig sein darf, dass es aber in erster Linie einen erkennbaren Plot haben sollte. Sonst ists für mich Gekrakel, auf dessen Entzifferung ich keine Zeit verwenden möchte. Aber ich verstehe sehr gut, dass anderen genau das Spass macht, dass es für sie vielleicht sogar die Essenz des Lesens ist :smile:

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.