Alex Capus - Fast ein bisschen Frühling

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 12.168 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

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    Inhalt: Mitte Dezember 1933 kommen Kurt Sandweg und Waldemar Velte nach Basel. Sie haben im Süddeutschen eine Bank überfallen, dabei aus Versehen den Bankangestellten erschossen und wollen einfach nur weg, am liebsten nach Indien, da Amerika in der Wirtschaftskrise auch kein attraktives Ziel ist und das erbeutete Geld für die Reise dorthin sowieso nicht reicht. In Basel bleiben sie einige Tage, vor allem, weil sich Waldemar in einem Kaufhaus in die Schallplattenverkäuferin Dorle verguckt und jeden Tag bei ihr eine Schallplatte bestellt, die er am nächsten Tag abholt. Zwei Abende treffen sich Waldemar und Kurt mit Dorle und einer ihrer Kolleginnen zu ausgedehnten Spaziergängen durch die Städt. Diese zweite Frau, eine Aushilfskraft vom Dorf und die Großmutter des Erzählers, bekommt dann aber Ärger mit ihrem Quasi-Verlobten und „steigt aus“. Da den beiden langsam das Geld ausgeht, überfallen sie in Basel erneut eine Bank, wo sie zwei Tote hinterlassen, und machen sich anschließend auf den Weg nach Frankreich. Dort kommen sie aber nicht weiter, nach Spanien läßt man sie nicht hinein und so kehren sie in die Schweiz zurück. Aber ein glückliches Ende ist angesichts dieser Vorgeschichte natürlich nicht mehr denkbar, die Spirale zu ihrer Verhaftung und weiterer Gewalt ist längst in Gang gesetzt.



    Meine Meinung: Vorweg geschickt: Die Geschichte, die Capus hier ausgegraben, sehr akribisch recherchiert und detailliert präsentiert hat, ist ohne Frage interessant. Trotzdem hat der Roman mich nicht in letzter Konsequenz überzeugt. Zum einen erzählt der Autor mit einigen Zeitvor- und -rücksprüngen, die ich hier weder sachlich noch für die Erzähldramaturgie notwendig fand. Dann gibt es viele Details um Maria und Ernst (die Großeltern des Erzählers, ob tatsächlich die von Capus wird nicht klar), die in erheblichen Teilen für die Erzählung recht irrelevant sind und auf die ich gut hätte verzichten können. Über Waldemars Vorgeschichte und Familie erfährt der Leser ein bißchen, über Kurt praktisch nichts. Das ist sehr bedauerlich, mag aber damit zusammenhängen, daß mit diesem Zeitabstand einfach nicht mehr darüber zu ermitteln war. Erstaunlich fand ich allerdings, daß mich Capus auch sprachlich hier nicht so überzeugen konnte wie in Eine Frage der Zeit, da hatte ich mir einfach mehr versprochen.


    3ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Danke für deine Einschätzung, Aldawen.


    Das bestätigt jetzt irgendwie mein Zögern, als ich über das Buch gestolpert bin und ich bin doch froh, dass ich es nicht gekauft habe, so interessant der Klappentext auch erscheint. Wenn ich es in unserer Bücherei finden sollte, werde ich aber mal einen Blick reinwerfen.

  • Inhalt:
    Siehe oben in Aldawen´s Beitrag

    Autor (von amazon.de):


    Alex Capus, geboren 1961 in Frankreich, studierte Geschichte und Philosophie in Basel. Zwischen 1986 und 1995 arbeitete er als Journalist bei verschiedenen Schweizer Tageszeitungen, davon vier Jahre als Inlandredakteur bei der Schweizerischen Depeschenagentur SDA in Bern. Alex Capus lebt heute als freier Schriftsteller in Olten, Schweiz.


    Meine Meinung:


    Dieses Buch versprach zunächst, ein spannender, temporeicher und leicht melancholischer Lesegenuss zu werden. Gehalten hat es dieses Versprechen allerdings leider nicht. Zeitweise fühlte ich mich tatsächlich an einen Artikel in einer Zeitung erinnert, so emotionslos werden die Ereignisse geschildert. Man taucht zu keiner Zeit in die Gedanken und Gefühle der Protagonisten ein, sie bleiben dem Leser leider verschlossen. Die einzige Person, der man ein wenig näher kommt, ist die junge Verkäuferin Dorle, allerdings auch nicht so sehr, als dass sie sympathisch würde.


    Fazit: Es ist nicht alles schlecht in diesem Buch, aber überzeugen konnte es mich wirklich nicht.


    2ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Viele Grüße
    Muertia

    :lesen: Rebecca Gablé - Der dunkle Thron<br />SuB: 6 (+16 bereits bestellte Bücher, um den SuB mal ein wenig aufzuwerten)

  • Im November 1933 überfallen zwei Wuppertaler eine Bank in Stuttgart, doch der Überfall läuft nicht wie geplant und auch das erbeutete Geld reicht nicht für die geplante Reise der Zwei nach Indien. In Basel bleiben sie hängen und während sie mit einer Plattenverkäuferin Tango hören und spazieren gehen, wird das Geld immer knapper und irgendwann zieht sich das Netz der polizeilichen Ermittlungen um sie herum langsam zu.


    „Fast ein bißchen Frühling“ (Wieso trägt ein Buch eines Schweizer Autoren eigentlich einen Titel mit ß?) ist ein kurzer sachlicher Bericht über eine Anekdote der Kriminalgeschichte. Die Brutalität, die die beiden während des Überfalls an den Tag legen, steht in absolutem Gegensatz zu der Meinung die ihre Freunde und Familie von ihnen haben und dem Eindruck, den sie auf Fremde machen, so dass man nicht weiß, wie man sie einschätzen soll. Der Autor hilft einem dabei leider gar nicht weiter, denn Capus erklärt weder die Taten noch die Gedankengänge der Täter. Das Abdriften in die Erlebnisse der Nebenfiguren, die als Großeltern des Erzählers (es wird nicht klar, ob dieser mit Capus identisch ist) die erste Quelle der Geschichte bilden, erläutert ebenfalls nichts. Der Autor macht sich nicht die Mühe irgendetwas zu erklären, er beschreibt nur, lässt die Taten für sich sprechen und überlässt dem Leser die Interpretation. Dadurch zeichnet er ein unerhört realistisches Bild des Alltags in den 1930er Jahren, sein Vorgehen dient aber leider nicht wirklich dem Lesegenuss.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Wer gerade die sachliche Beschreibung der Verbrechen interessant fand, für den habe ich noch einen Buchtipp: VaBanque. Bankraub - Theorie. Praxis. Geschichte


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  • Meine Meinung
    Wer Kurt Sandweg und Waldemar Velte in Basel erlebt, kann sich kaum vorstellen dass die Räuber und sogar Mörder sind. Auf Marie wirken sie wie freundliche, junge Männer, die durch Zufall in Basel gelandet sind und nichts Böses im Sinn haben. Dorle steht ihnen schon misstrauischer gegenüber, geht aber trotzdem mit ihnen spazieren. Diese gemeinsamen Spaziergänge halten sie aber nicht davon ab, die beiden Räuber an die Polizei zu verraten.


    Im Verlauf der Geschichte habe ich meine Meinung von eigentlich jedem ändern müssen. Sandweg und Velte haben mir am Anfang fast leid getan. Ihre Verliebtheit in Dorle fand ich irgendwie süß. Aber je weiter die Geschichte ging, desto mehr wurden sie zu den Verbrechern, die sie schon von Anfang an waren. Den Vergleich zu Bonnie und Clyde fand ich interessant und nach und nach auch irgendwie passend.


    Dorle wirkte am Anfang so nett auf mich, wie sie am Ende kaltherzig und berechnend war. Sobald sie erfährt wer ihre beiden Freunde wirklich sind, zögert sie nicht, sie zu verraten. Natürlich verhält sie sich dabei korrekt, aber sie scheint sich keine Gedanken über ihr Handeln zu machen oder Zweifel zu haben.


    Nur Marie bleibt sich im Verlauf der Geschichte treu. Allerdings ist sie gegenüber den anderen so unscheinbar, dass sie weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart einen bleibenden Eindruck auf mich hinterlässt.


    Fast ein bißchen Frühling ist eine interessante Geschichte, die nett erzählt ist. Trotzdem fehlt ihr das gewisse Etwas, das sie langfristig in meiner Erinnerung bleiben lässt.
    2ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Alex Capus schrieb mit Fast ein bisschen Frühling die authentische Geschichte zweier junger Männer aus Wuppertal

    Es ist eine schwere Zeit im Nazideutschland 1933/34. Also beschließen Kurt Sandweg und Waldemar Velte von Wuppertal nach Indien auszuwandern. Aber wie und mit welchem Geld. Da bleibt nur eins: Sie rauben eine Bank aus.
    Sie erschießen ausversehen den Filialleiter. Aber war es ein Versehen, oder lässt Capus seine Leser nur in dem Glauben?

    Sie fliehen,aber sie wollten ja sowieso nach Indien. Dummerweise kommen sie nur bis Basel. Nicht weil die Polizei sie vielleicht geschnappt hätte. Nein! Man(n) verliebt sich in die Schallplattenverkäuferin Dorly Schupp.
    Doch wie geht es jetzt weiter mit Kurt, Waldemar und Dorly?
    Hat das Zukunft? Werden die beiden Bankräuber doch noch geschnappt?

    Alex Capus hat aus diesem Banküberfall, eine nette authentische Geschichte zu Papier gebracht. Die Protagonisten sind überwiegend sympathisch und wirken teilweise auch etwas schusselig, so das ich mir als Leser mehr als einmal an den Kopf langte, ob so vieler Missgeschicke.
    Trotzallem fesselte mich das Buch nicht. Schade eigentlich.

    :biene:liest :lesen: und hört

    07/60

    2116 /25.525 Seiten


  • Mit dem vorhandenen Thread zusammengefügt - der hatte allerdings ursprünglich das "bißchen" nach alter Rechtschreibung im Titel und war deshalb wohl schwieriger zu suchen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen