Leena Lander – Mag der Sturm kommen

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    Inhalt: Die Journalistin Iiris Lehto, die sich wegen Untreue von ihrem Mann scheiden lassen will, kehrt für eine Reportage über ein Atommüllager in ihre Heimatstadt Olkikumpu zurück. Dort trifft sie auf ihre Großtante Natalia, die sie auf ein Familienrätsel ansetzt: den Tod von Eero und Vida Harjulas Tochter (Iiris' Großeltern) im Alter von sechs Jahren, am Tage der Geburt des kleinen Bruders (Iiris' Vater). Dafür übergibt Natalia Iiris auch einen Stapel Briefe, die der irische Geologe Sean O'Brien Vida geschrieben hat. Iiris macht sich auf die Suche.
    Olkikumpu zwischen Ende der 1920er Jahre und 1936. Der Steiger Eero Harjula verliebt sich in die aus Kanada zurückgekehrte Witwe Vida, die im Büro des Bergwerks arbeitet. Sie heiraten und bekommen eine Tochter, Aino. Aber das Glück ist nicht ungetrübt. Vida ist Epileptikerin, sie weiß (oder zumindest ahnt) es, und weil deshalb die Ehe ungültig ist und sie Eero auch nicht belasten will, beschließt sie, ihn zusammen mit ihrer Tochter zu verlassen. Eero überredet sie zum Bleiben. In den folgenden Jahren kommt immer über den langen Sommer Sean O'Brien im Auftrag einer britischen Bergwerksgesellschaft nach Olkikumpu. Er versteht sich gut mit Vida, verliebt sich in sie, Eero wittert ein Verhältnis. 1936 treffen viele Ereignisse zusammen: Sean verschwindet spurlos, Aino stirbt und der Junge wird geboren. Aber wer ist dessen Vater? Und warum/woran starb Aino? Eero und Vida müssen in den Folgejahren vieles lernen. Dies wird durch die schwierige politische Lage in Finnland, die ihre Auswirkungen bis in die Familie hinein hat (Eero ist Mitglied des Schutzkorps, Vida Sozialistin), nicht einfacher.



    Meine Meinung: Die Geschichte von Iiris sowie ihren Großeltern werden parallel erzählt, letztere ist die ausführlichere. Kapitel über die Vergangenheit sind mit einer Zeitangabe überschrieben, die Iiris-Kapitel nicht, so daß man zumindest immer weiß, worauf man sich einstellen muß. In Eeros und Vidas Leben wird der Leser mit Ainos Beerdigung gestoßen, danach springt Lander zunächst ein bißchen zurück und vor und zurück, um irgendwann chronologisch bis im wesentlichen 1936 erzählen, auch wenn es noch ein paar, im Vergleich aber sehr kurze, Ausblicke auf die Jahre danach gibt. Am Ende war mir klar, warum es so aufgebaut war, aber während des Lesens verwirrten die Zeitsprünge schon ein bißchen, und ich habe mich doch sehr lange gefragt, auf was die Geschichte denn nun hinauslaufen soll. Ich konnte, abgesehen von den Familienbanden, keinen rechten Zusammenhang zwischen den beiden Generationen von Frauen erkennen. Es gibt einen, aber ich fand die Konstruktion etwas unbefriedigend.


    Die Protagonisten sind mir insgesamt einigermaßen fremd geblieben, ich kam mit der dargestellten Mentalität nicht klar, denke aber, daß Lander sie wahrscheinlich ganz gut getroffen hat (jedenfalls wenn ich mir vergegenwärtige, was eine finnische Freundin mir über ihre Landsleute erzählt hat). Man könnte ein Wort zuviel sagen und sagt deshalb besser gar nichts. Damit werden natürlich Probleme heraufbeschworen, wo eigentlich keine sind.


    So muß ich feststellen, daß ich es nicht übermäßig fesselnd fand. Da waren die Abschnitte über Steine (darüber läßt sich erstaunlich viel in so einem Roman sagen) und den Bergbau noch mit die interessantesten für mich. Aber keine Sorge, sie sind nicht so umfangreich, daß man das Gefühl hat, eine technische Abhandlung zu lesen. Die finnischen politischen Verhältnisse jener Zeit sind gleichfalls nicht unwichtig und in einem Nachwort erläutert, das ich zum Glück zuerst gelesen habe, sonst hätte ich vermutlich noch mehr Fragezeichen vor Augen gehabt als sie mir die Geschichte selbst verursacht hat.


    3ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Ich habe das Buch vor einigen Jahren in schwedischer Übersetzung ("Må stormen komma") gelesen, aber einen tieferen Eindruck hat es bei mir nicht hinterlassen, weder positiv noch negativ. Sprachlich okay, inhaltlich etwas verwirrend, aber nicht uninteressant - ein Buch, das man lesen kann oder auch nicht. Aldawens 3 Ratten-Bewertung kann hinkommen.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Was geht hier eigentlich vor? Wie konnten diese simplen, Schnaps und Schnee verzehrenden Menschen sich in eine so komplizierte Sache verrennen? Sie verbringen die Hälfte ihres Lebens in der Sauna. Sie brauchten also nicht so verdammt kompliziert zu sein. So geheimnistuerisch. So fremd. So unzugänglich. (der irische Geologe über die Finnen, S.111)


    An diesem Buch habe ich wirklich lange gelesen, obwohl es nicht wirklich umfangreich ist. Allerdings habe ich oft nur ein Kapitel gelesen oder es zugunsten anderer Bücher liegen lassen, so ganz warm sind wir nicht miteinander geworden. :zwinker: Zwar war ich gespannt auf die Auflösung der Geheimnisse und Verschlingungen, wirklich spannend, so dass ich das Buch nicht hätte weglegen können, war es allerdings nicht. Insgesamt ist dieser Roman genauso distanziert wie die vorkommenden Finnen. Gut gefallen hat mir die Vielschichtigkeit der Erzählung. Es werden nicht nur zeitliche Ebenen miteinander verknüpft, sondern auch verschiedene Blickwinkel, oder besser Lagen, wie Gestein; nicht umsonst steigt man Sohle für Sohle in die Tiefe der Geschichte hinab. Das Ende fand ich etwas unbefriedigend. Lander schreibt so lang darauf hin, konstruiert, springt durch die Zeiten, und dann fällt das Finale etwas zu spärlich aus.
    Ausserdem fand ich die Sprache gewöhnungsbedürftig: kurze, manchmal aus einem Wort bestehende Sätze, Wiederholungen, die zu seltsam konstruierten Verschachtelungen führen. Wenn man sich eingelesen hat, entwickeln diese Formulierungen einen eigenen Charme, lange Zeit habe ich es trotzdem nicht am Stück lesen können.


    Von mir ebenfalls
    3ratten


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    Lieblingszitate:


    Erinnerung ist Vergessen. Ist Wiederaufbau der Vergangenheit zu etwas Neuem. Gutem und Richtigen. Kein Lügen, aber ein Konstruieren und Dekorieren, das Konzentration erfordert. (S.343)


    Die Toten sind stark. Stärker als jemals zu ihren Lebzeiten. (S.336)
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    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges