Kaufen* bei
Amazon
Bücher.de
Buch24.de
* Werbe/Affiliate-Links
Inhalt: Der Großgrundbesitzer Abdi Aga herrscht über fünf Dörfer am Rande des Taurusgebirges. Der Boden ist schlecht, nur Disteln wachsen dort, so daß die Menschen sich nur recht und schlecht durchbringen, und Abdi nimmt sich jedes Jahr noch zwei Drittel der Ernte. Die vielen Ungerechtigkeiten veranlassen den Jungen Memed, von zu Hause fortzulaufen. Ein halbes Jahr verbringt er in einem anderen Dorf, in einer anderen Familie und könnte dort ein gutes Leben führen, aber es zieht ihn doch in die Nähe seines Dorfes, weil er sich Sorgen um seine Mutter macht. Er wird entdeckt, zwangsweise zurückgeholt und muß künftig noch härter arbeiten, weil Abdi Aga Memed und seiner Mutter nun drei Viertel der mageren Ernte abverlangt. Ein paar Jahre später kommt es zu einer weiteren Eskalation. Memed und Hatçe, ein Mädchen aus dem Dorf, lieben sich seit Kindesbeinen, aber das Mädchen soll Abdi Agas Neffen heiraten. Memed und Hatçe fliehen, werden aber von einem Verfolgertrupp gestellt und Memed verletzt Abdi Aga und erschießt dessen Neffen. Zurück kann er nun nicht mehr, er flieht in die Berge, wo er sich einer Räuberbande anschließt. Aber er überwirft sich schließlich mit dem Bandenführer und macht mit wenigen Verbündeten auf eigene Faust weiter. Als Plage der mächtigen Agas findet er viel Unterstützung in den Dörfern. Zwei große Ziele hat er: Abdi Aga zu töten und seine geliebte Hatçe, die nach Falschaussagen von Abdi Agas Männern zu der Schießerei auf ihrer Flucht mit Memed im Gefängnis sitzt, dort herauszuholen.
Meine Meinung: Robin Hood auf türkisch. So läßt es sich etwas vereinfachend zusammenfassen, und solche Geschichten haben es bei mir recht leicht, weil ich sie gerne mag – da kommt meine revolutionär-romantische Ader zum Tragen Ganz so einfach ist es aber natürlich nicht, denn Memed und Robin unterscheiden sich ganz erheblich. Memed kommt vom unteren Ende der sozialen Skala, er ist nicht edelmütig, sondern vielmehr teils ein Getriebener seiner eigenen, vor allem aber fremder Handlungen, teils wirklich einfach ein rücksichtsloser Räuber. Im Vergleich zu seinem ersten Bandenführer kommt er zwar gut weg, aber er schaut durchaus auf seinen eigenen Vorteil. Seine Rache an den Agas entspringt höchst persönlichen Rachemotiven, es geht viel um (tatsächlich oder vermeintlich) verletzte Ehre. Und genau darin ist vieles, was für mich nur schwer erträglich ist, auch wenn es im Rahmen dieser Geschichte im großen und ganzen zu nachvollziehbaren Reaktionen führte – es mag in diesem Sinne sehr „typisch“ türkisch sein.
Im Gegensatz zu anderen türkischen Büchern hat mir dieses hier aber trotz dieser Ferne in der leitenden Motivation der Charaktere gut gefallen, was wesentlich auch daran lag, wie Kemal es erzählt hat: ohne – angesichts der grausigen Verhältnisse auch nicht geeignetes – Pathos und mit passender, einfacher (aber nicht simpler) Sprache. Erschreckend war für mich vor allem die Machtfülle und Selbstherrlichkeit, mit der die Großgrundbesitzer die Bauern ausbeuten, hintergehen und betrügen. Daß Kemal mit Memed gerade auch in dieser Beziehung einen Nerv getroffen hat, zeigt sich daran, daß Ende der 1970er Jahre in der Region der Romanhandlung Bauern eine Landbesetzung damit begründeten, schon Memed habe so gehandelt. Memed war von einer Romanfigur binnen zwanzig Jahren zu einer Realität für die Menschen geworden ...
Schönen Gruß,
Aldawen