Boccaccio: Dekameron

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  • Boccaccio: Dekameron


    Es gibt verschiedene Ausgaben, ich habe mehrere zuvor geprüft, die gewählte Übersetzung aus dem Aufbau-Verlag liest sich flüssig. Die beiden Bände umfassen 1240 Seiten und enhalten vor jeder Geschichte auch eine kleine Abbildung.


    Für die Suche andere Schreibungen: Decameron – Decamerone


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    Im Jahre 1348 wird Florenz von der Pest heimgesucht. 7 Damen zwischen 18 und 28 Jahren alt und 3 junge Männer fliehen vor der Pest in einen Palast. Dort erzählen sie sich gegenseitig an 10 Tagen, die jedoch nicht unmittelbar aufeinander folgten, jeweils 10 Geschichten. Ich erwähne zunächst den Erzähler, dann meine Bewertung, schließlich folgt der Inhalt der Geschichte. Im Original wird der Inhalt in einer kurzen Überschrift immer verraten. Diese Art der Spannung fällt beim Lesen also weg, man kann natürlich darüber hinweglesen und dies würde ich sogar empfehlen. Ich lasse das Ende hingegen (meist) offen, in wenigen Fällen verrate ich etwas mehr von der Handlung, aber bei der Vielzahl der Geschichten hat man die Details dieser langen Rezension ohnehin vergessen bevor man sich an die Lektüre macht.


    Wenn man bedenkt, dass das Werk im Jahre 1351 veröffentlicht wurde, dann liest es sich nach mehr als 650 Jahren (!) in den heute vorliegenden Übersetzungen überraschend frisch. Es sind zwar nicht alle Geschichten gleich spannend, sie folgen auch nicht immer dem heute überlicherweise gewählten Aufbau, dennoch lassen sie sich mit Genuss lesen.


    Das Dekameron enthält auch einige erotisch angehauchte Geschichten. Es soll ja Leser geben, die nur an diesen interessiert sind. Daher nachfolgend die Auflösung mit den Nummern der Geschichten. Sie enthalten eine Beischlafszene, die natürlich heute niemanden mehr erröten lassen. Dennoch war ich über die Offenheit in so mancher Geschichte überrascht. In den folgenden Geschichten kommen Beischlafszenen vor, wobei diese teilweise sehr detailliert (man lese den dritten Tag), teilweise nur mit einem Halbsatz ausgeführt werden. Dies sei hier nicht unterschieden. Die Nummern lauten: 1.4, 2.2, 2.3, 2.6, 2.7, 2.10, 3.1, 3.2, 3.3, 3.4, 3.5, 3.6, 3.7, 3.8, 3.9, 3.10, 4.1, 4.2, 4.3, 5.4, 5.7, 6.3, 6.7, 7.2, 7.3, 7.4, 7.5, 7.6, 7.7, 8.1, 8.2, 8.4, 8.7, 8.8, 8.10, 9.2, 9.3, 9.6, 9.10, 10.8


    Jeder Tag steht unter einem bestimmten Motto. Am ersten Tag berichtet jeder, was er oder sie am liebsten hat.


    1.1 Panfilo: ++. Ein sein Leben lang hinterhältiger Notar liegt auf dem Sterbebett und man befürchtet, dass er ohne Beichte nicht kirchlich beerdigt werden kann. Doch er findet einen frommen Pater, der ihm die Beichte abnimmt. Was dann passiert, ist eine sehr humorvolle Geschichte.
    1.2 Neifile: +. Ein Christ möchte einen Juden vom wahren Glauben überzeugen. Er reist daraufhin nach nach Rom und lernt die Geistlichkeit dort kennen.
    1.3 Filomena: +. Sehr kurze Geschichte mit Saladin, dem Sultan von Babylon, und einem Gleichnis über die wahre Religion.
    1.4 Dioneo: +. Eine Dirne im Kloster. Ein Mönch wird von seinem Abt erwischt.
    1.5 Fiammetta: o. Sehr kurze Geschichte über den König von Frankreich, der einer Dame seine Liebe gesteht. Diese wird auf interessante Weise zurückgewiesen.
    1.6 Emilia: o. Über die Heuchelei von Mönchen.
    1.7 Filostrato: o. Über den Geiz.
    1.8 Lauretta: o. Über einen Geizhals.
    1.9 Elisa: o. Nur wenige Sätze lange Geschichte über eine trägen König.
    1.10 Pampinea: o. Über einen hochberühmten Arzt namens Meister Alberto und der Liebe zu einer Frau.


    Gesamteindruck des ersten Tages: Bis auf die erste Geschichte sind alle anderen zu kurz, um beim heutigen Leser einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Als ganzes ergibt sich jedoch ein schöner Appetitmacher auf mehr.


    Die Geschichten des zweiten Tages stehen unter dem Obermotto, die Macht Fortunas zu zeigen.


    2.1 Neifile: +. Mit einer List gelingt es Martinello an das Grab des hl. Heinrich zu gelangen.
    2.2 Filostrato: ++. Der gläubige Rinaldo wird von 3 ungläubigen Räubern überfallen. Ob der hl. Julianus dem fast nacktem Rinaldo jetzt noch helfen kann?
    2.3 Pampinea: +. Drei sehr reiche Jünglinge bringen das gesamte Vermögen durch und verarmen. Wie es zur Rettung kommt, ist wieder ganz humorvoll nachzulesen.
    2.4 Lauretta: +. Diesmal geht es um einen verarmten Seefahrer, der wieder mit Fortunas Hilfe gerettet wird.
    2.5 Fiammetta: +. Andreuccio wird in einer einzigen Nacht dreimal hintergangen. Doch das Glück ereilt ihm zur Hilfe.
    2.6 Emilia: +. Eine etwas längere Geschichte mit verschiedenen Begebenheiten. Eine davon: Als Giannotto die Tochter seines Dienstherrn liebt, wird dieser gefangen genommen.
    2.7 Panfilo: ++. Die schöne Tochter des Sultans von Babylon ist dem König von Algarbien versprochen. Doch bevor dieser sie heiraten kann, kommt es aufgrund äußerer Umstände zu wilden Begehrlichkeiten acht verschiedener Männer mit Bettgeschichten am Fließband.
    2.8 Elisa: +. Der Graf von Antwerpen muss mit seinen beiden Kindern aufgrund einer unberechtigten Anschuldigung fliehen und viele Jahre als einfacher Mann leben.
    2.9 Filomena: ++. Es beginnt mit dem Sprichwort: Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Dies wird am Beispiel einer Wette zwischen zwei Kaufleuten demonstriert. Bernabo glaubt an die Treue seiner Frau und er wettet, dass es nicht gelänge, seine Frau zu verführen. Ambrogiuolo, so der Name des anderen Kaufmanns, hat da jedoch einen Plan.
    2.10 Dioneo: ++. Sehr humorvolle Geschichte über eine Frau, die ihren Ehemann verlässt.


    Die durchweg etwas längeren Geschichten des zweiten Tages haben etwas mehr Farbe als diejenigen des Vortages. Die zehnte Geschichte ist dabei am originellsten erzählt und lässt den Leser auch heute noch schmunzeln. Am dritten Tag geht es mit Geschichten weiter, die etwas Nützliches für die Gesellschaft enthalten.


    3.1 Filostrato: ++. Beischlaf im Nonnenkloster. Sehr humorvoll.
    3.2 Pampinea: ++. Kurze Erzählung, wie ein König durch eine List den heimlichen Liebhaber seiner Frau entlarven möchte.
    3.3 Filomena: ++. Eine Frau will einen Edelmann mit Hilfe einer List erobern. Dazu bedient sie sich der Hilfe eines Mönches. Humorvoll.
    3.4 Panfilo: ++. Wieder eine humorvolle, mit Ironie gespickte Geschichte über die Erorberung einer Frau durch einen Mönch. Solche Geschichten stellen die Praktiken der Kirche wie Fasten und stundenlanges Beten zumindest in Frage. In diesem Sinne ist Boccaccio ein sehr moderner Autor.
    3.5 Elisa: ++. Sehr humorvolle Geschichte, in der ein Edelmann eine Frau erorbert, ohne dass diese ein Wort zuvor zu ihm sagen muss.
    3.6 Fiammetta: +. Das ist schon eine ziemliche Räuberpistole, die hier erzählt wird. Eine Frau, die im Dunkeln nicht bemerkt, dass sie nicht von ihrem Mann, sondern von einem unbekannten Liebhaber geliebt wird.


    An dieser Stelle möchte ich mal durchatmen und stelle fest, dass die Frauen bei Boccaccio als jederzeit beischlafwillige Wesen dargestellt werden. So manche Männerphantasie hat er wohl erfüllt. Dennoch kann ich mir gut vorstellen, dass auch Frauen diese Geschichten gefallen haben, da er den Mantel des Schweigens hüllt und sicherlich so manche Frauenphantasie bedient. Und im Gegensatz zu einigen Nackenbeißern werden die Frauen von den Männern immer respektvoll behandelt, auch wenn die zuletzt gelesene Geschichte schon grenzwertig ist.


    3.7 Emilia: +. Die längste Geschichte dieses Tages mit mehreren Motiven. Lässt man die eigentliche Geschichte mal beiseite, dann fällt hier auf, dass Boccaccio die Autorität der Kirche in Frage stellt. In der Geschichte selber geht es mal wieder um die Liebe zu einer Frau, dessen Ehemann zum Tode verurteilt ist.
    3.8 Lauretta: ++. Eine Ehemann soll von seiner Eifersucht geheilt werden. Wie das geschehen soll, ist so unglaublich, dass es hier nicht weiter verraten wird. Lesen!
    3.9 Neifile: +. In dieser Geschichte wird ein Mann mit einer Frau zwangsverheiratet. Die Frau versucht nun seine Liebe zu gewinnen.
    3.10 Dioneo: ++. Wer kennt heutzutage das Sprichwort „Den Teufel heim in die Hölle schicken.“ Ich kannte es nicht. Nach dieser äußerst anzüglich offenherzigen Geschichte wird man das Sprichwort nicht wieder vergessen. Wunderbar.


    Dieser dritte Tag ist grandios. Jeder Tag endet übrigens mit einem Lied, welches vollständig wiedergegeben ist. Nach dem dritten Tag fühlt man sich nun so, als säße man selber in der Runde der Zehn. Ich bin nur gespannt, ob die Ideen ausreichen, um die noch folgenden sieben Tage mit genügend Lesespaß auszufüllen. Am vierten Tag sollen Geschichten über die Liebe, die ein unglückliches Ende nahmen, erzählt werden.


    4.1 Fiammetta: o. Die Erzählungen wechseln nun von der Komödie zur Tragödie. Ein Vater will die Liebe seiner Tochter zu einem Mann nicht akzeptieren. Recht lange Monologe machen die Geschichte etwas schwerfällig. Mit traurigem Ende, als Leser ist man jedoch nicht übermäßig stark bewegt.
    4.2 Pampinea: +. Recht humorvolle Geschichte. Handelt von der Doppelmoral der Mönche. Wiederum gelingt es mit einer List, die Gunst einer Frau zu erorbern.
    4.3 Lauretta: o. Viele Tote in dieser Liebesgeschichte.
    4.4 Elisa: o. Eine Tochter wird von einem Schiff geraubt.
    4.5 Filomena: +. Soll man lachen oder weinen? Die Idee der Geschichte ist abstrus, der Geliebte wird von den eigenen Brüder erschlagen und aus Liebe wird der Kopf in einem Blumentopf beerdigt.
    4.6 Panfilo: o. Der Geliebte stirbt unerwartet. Während Boccaccio bei den humorvollen Szenen mit immer wieder neuen Ideen aufwartet, gelingt ihm das Tragische weiter weniger gut. So richtig niedergezogen wird man nur selten.
    4.7 Emilia: o. Wieder stirbt ein Geliebter, diesmal durch den Genuss einer ansonst harmlosen Pflanze. Eine Handlung ist nun kaum noch zu erkennen.
    4.8 Neifile: +. Ergreifende Liebesgeschichte mit wiederum tragischem Ausgang.
    4.9 Filostrato: +. Der Ehemann bringt den Geliebten seiner Frau um und serviert ihr das Herz des Toten.
    4.10 Dioneo: o. Über eine Wucherbande und einen vermeintlichen Toten.


    An jedem Tag darf ein anderer von den Zehn das Thema des nächsten Tages festlegen. Der- oder diejenige ist dann der König bzw. die Königin der Runde. Die nächste Königin war Fiammetta, die bestimmte, dass am 5. Tag von den Glücksfällen erzählt werden soll, „die nach widrigen und betrübenden Ereignissen Liebende betroffen haben.“


    5.1 Panfilo: ++. Längere Geschichte, die im antiken Griechenland von der Liebe zwischen Kimon und Iphigenie erzählt. Stimmungsvoll umgesetzt.
    5.2 Emilia: +. Boccaccio ist nach den humorvollen Szenen des 3. Tages und den tragischen Geschichten des 4. Tages nun auf romantische Liebesgeschichten umgestiegen. Auch hier wieder gekonnt gemacht wie eine Frau den totgeglaubten Liebhaber wieder auffindet.
    5.3 Elisa: +. Der Aufbau der Geschichten ähnelt sich nun etwas. Zwei Geliebte müssen zunächst einige Gefahren durchlaufen bevor sie schließlich doch zueinander finden. Das „Traumschiff“ wurde also von Boccaccio erfunden!
    5.4 Filostrato: +. Nach längerer Pause mal wieder eine (harmlose) Beischlafszene. Die Tochter trifft sich heimlich im Hause ihrer Eltern mit ihrem Geliebten. Klingt etwas pubertär, ist es auch, dennoch amüsant zu lesen.
    5.5 Neifile: o. Am Ende steht mal wieder ein Hochzeit. Zuvor eine verworrene Beziehungsgeschichte.
    5.6 Pampinea: +. Ein König will zwei Liebende auf dem Scheiterhaufen verbrennen lassen.
    5.7 Lauretta: +. Eine Schwangerschaft führt zur Verurteilung zum Tode. Die Rettung ist dann recht ungewöhnlich.
    5.8 Filomena: +. In dieser Geschichte nun erstmals phantastische Elemente, in der Personen aus der Hölle auf die Erde zurückgekehrt sind. Wiederum geht es um eine zunächt unerfüllbare Liebe.
    5.9 Fiammetta: ++. Anrührende Liebesgeschichte über einen Mann, der sein Haustier, einen Falken opfert, um die Liebe einer Frau zu gewinnen.
    5.10 Dioneo: ++. Ein Ehemann kehrt unerwartet zu seiner Frau zurück. Da muss diese ihren Liebhaber schnell unter einem Hühnerkorb verstecken.


    Elisa legte für den nächsten Tag fest, dass „von denen erzählt werde, die durch ein geschicktes Wort fremde Neckereien zurückgegeben haben oder durch kühnes Erwidern und schnellen Entschluß einem Verlust, einer Gefahr oder Kränkung entgangen sind.“ Die Geschichten des 6. Tages sind deutlich kürzer als diejenigen der Vortage.


    6.1 Filomena: +. Keine richtige Geschichte mehr, nur noch eine Anekdote, in der eine Dame einen Edelmann auf vornehme Weise zum Schweigen bringt.
    6.2 Pampinea: +. Kleine Geschichte über einen einfachen Bäcker, der es schafft, das Aufsehen von Edelleuten zu erringen.
    6.3 Lauretta: +. Es geht um die Ehre einer Frau.
    6.4 Neifile: +. Ein Koch muss sich eine Ausrede einfallen lassen, warum sein servierter Kranich nur ein Bein hat.
    6.5 Panfilo: +. Kann man das Genie einer Person am Aussehen erkennen?
    6.6 Fiammetta: o.
    6.7 Filostrato: ++. Diese kleine Anekdote ist sensationell. Zum einen weil sie indirekt von der Gleichstellung der Frau handelt. Zum anderen weil eine Ehefrau wegen Untreue verbrannt werden soll und sich nur mit Worten vor dem Scheiterhaufen rettet.
    6.8 Emilia: +. Über den Hochmut.
    6.9 Elisa: o.
    6.10 Dioneo: ++. Einzige längere Geschichte an diesem Tag. Sehr humorvolle Erzählung über einen predigenden Pater, der als Reliquie eine Feder des Engels Gabriel vorzeigen möchte. Doch leider ist etwas unvorhergesehenes passiert.


    Dioneo war der nächste König und es sollten Geschichten über Streiche erzählt werden, die Frauen ihren Männern gespielt haben.


    7.1 Emilia: +. Der Geliebte steht vor der Tür. Leider ist der Ehemann noch da. Die gute Ehefrau muss sich nun etwas einfallen lassen …
    7.2 Filostrato: +. Mit recht freizügiger Beischlafszene. Humorvolle Erzählung über ein Fass.
    7.3 Elisa: +. Ein Ehemann kehrt zu früh zurück und es besteht die Gefahr, dass er den Liebhaber entlarvt. Eine List muss (mal wieder) aushelfen.
    7.4 Lauretta: +. Ein Ehemann wird hintergangen und will seine Frau schändlich vorführen, doch die gute Frau weiß sich zu helfen. Sehr humorvoll. Interessant bei Boccaccio, dass er die S.e.x.uelle Selbstbestimmung der Frau ernst nimmt. Ausgesprochen modern.
    7.5 Fiammetta: +. Über die Eifersucht.
    7.6 Pampinea: o. Wieder wird mit einer List der Geliebte verborgen.
    7.7 Filomena: ++.Schöne humorvolle Liebesgeschichte, in der der Ehemann erst aus dem Weg geschafft werden muss, bevor man sich leidenschaftlichen Genüssen hingeben kann.
    7.8 Neifile: +. Um den Humor von Boccaccio verständlich zu machen, hier mal eine etwas genauere Inhaltsangabe: Damit eine Ehefrau ihren Liebhaber empfangen kann, bindet sie sich jede Nacht einen Faden an den Zeh und lässt ihn aus dem Fenster heraushängen. Der Liebhaber kann nun unten ziehen und sofern der Ehemann tief und fest schläft, gibt die Frau ein entsprechendes Zeichen. Das geht solange gut, bis der Faden eines Tages entdeckt wird … Ein bißchen „Münchhausen“ schwingt an diesem siebten Tag in den Streichen schon mit.
    7.9 Panfilo: ++. Großartige Geschichte. Diesmal hat der Geliebte „die Fäden in der Hand“ und eine Ehefrau muss ihm beweisen, dass sie ihn wirklich liebt. Drei Dinge muss sie dazu besorgen …
    7.10 Dioneo: +. Am Ende tritt noch mal jemand aus dem Totenreich auf, einige der wenigen phantastischen Elemente.


    Auch am nächsten Tag soll es mit Erzählungen von Streichen weitergehen, wie Lauretta bestimmte, wobei die Geschlechter dabei keine Rolle mehr spielen sollten.


    8.1 Neifile: ++. Oh, diese Geschichte hat schwarzen Humor. Eine Frau wird hinterhältig hintergangen.
    8.2 Panfilo: +. Ein Priester will eine Ehefrau auf hinterlistige Weise erobern.
    8.3 Elisa: ++. Endlich mal eine Geschichte, in der es nicht um die Eroberung einer Frau geht. Diesmal spielen sogenannte Wundersteine die Hauptrolle. Ein Streich der Extraklasse.
    8.4 Emilia: ++. Erzählt wie sich eine Frau einen auf aufdringlichen Probst vom Leibe hält.
    8.5 Filostrato: o. Hose an oder aus – das ist hier die Frage (dennoch nicht anzüglich).
    8.6 Filomena: ++. Über ein gestohlenes Schwein. Sehr humorvoll.
    8.7 Pampinea: ++. Eine Dame spielt ihrem vermeintlichen Geliebten einen üblen Streich, in dem sie ihn fast erfrieren lässt. Doch der Geliebte rächt sich unerbittlich. So entsehen Kriege! Diese Geschichte gehört zu den Längsten aus der Sammlung.
    8.8 Fiammetta: +. Kurze Anekdote über einen Seitensprung.
    8.9 Lauretta: +. Ein Doktor wundert sich über zwei Maler, die immer fröhlich durchs Leben ziehen, obwohl sie nicht viel Geld haben können. Er freundet sich mit den Malern an, um ihr Geheimnis zu erfahren.
    8.10 Dioneo: ++. Sehr stimmungsvolle Geschichte, in der Geld erschlichen wird.


    Emilia war die nächste Königin und legte fest, dass jeder nun erzählen dürfe, was ihm oder ihr gefalle.


    9.1 Filomena: +. Damit sich eine Dame ihre beiden aufdringlichen Verehrer vom Leibe halten kann, ersinnt sie eine Aufgabe, die diese zum Beweis ihrer Liebe ausführen sollen. Die Aufgabe hat es in sich.
    9.2 Elisa: o. Eine Nonne hat einen heimlichen Liebhaber. Doch als man sie erwischt, passiert ein Missgeschick.
    9.3 Filostrato: ++. Diese Geschichte gehört zu den allerstärksten Stücken des Buches. Sie ist nur wenige Seiten lang und die Grundidee sei hier nicht verraten. Es beginnt folgendermaßen: Calandrino wird von allen Bekannten mitleidig angesehen, da er so schlecht aussehe (wobei das natürlich nicht stimmt). Der leichtgläubige Calandrino legt sich daraufhin ins Bett und was dann passiert, ist unglaublich. Ich liege vor Lachen auf dem Boden. Ebenso unglaublich die Anzüglichkeit dieser 650 Jahre alten Geschichte.
    9.4 Neifile: o.
    9.5 Fiammetta: +. Hier möchte eine Ehemann eine Geliebte gewinnen.
    9.6 Panfilo: +. In dieser Nacht findet wohl nicht jeder sein eigenes Bett …
    9.7 Pampinea: o. Hier tritt der böse Wolf zum ersten Mal auf.
    9.8 Lauretta: o. In dieser Geschichte wird auch mal etwas gegessen. Sonst eher kein Thema für Boccaccio.
    9.9 Emilia: +. Die Wertung erfolgt hier nur für den Stil, nicht für den Inhalt. Dies ist die erste Geschichte, deren Inhalt man nicht gutheißen kann. In ihr wird eine Frau geprügelt, die nicht den Willen ihres Mannes befolgt. Auch wenn Boccaccio sonst ausgesprochen modern ist und selbstbewusste Frauen darstellt, hier zeigt er es nicht.
    9.10 Dioneo: ++. Wieder eine unglaubliche Geschichte, in der ein Einfaltspinsel aus einer Frau (mit ihrer Zustimmung) eine Stute machen soll.


    Panfilo bestimmte für den letzten Tag Geschichten, in denen Großmut und Edelsinn vorkommen sollen.


    10.1 Neifile: +. Über den großmütigen König von Spanien gegenüber einem Ritter.
    10.2 Elisa: +. Über den großmütigen Abt von Clugny gegenüber einem Räuber.
    10.3 Filostrato: ++. Mithidranes ist so neidisch auf die Freigiebiegkeit des Nachbarn Nathan, dass er ihn töten will.
    10.4 Lauretta: ++. Die Erzähler versuchen sich in ihren Großmut-Geschichten immermehr zu übertrumpfen. Hier wird nun eine unglaubliche Großmut-Erzählung über einen Edelmann erzählt, der die größte Liebe seines Lebens verschenkt.
    10.5 Emilia: ++. Über einen großmütigen Ehemann gegenüber dem Liebhaber seiner Frau.
    10.6 Fiammetta: ++. Sehr stimmungsvolle Geschichte mit einem Hauch von Erotik über einen großmütigen König.
    10.7 Pampinea: ++. Die Tochter eines Gewürzhändlers ist unsterblich in ihren König verliebt. Doch der König hat eine Idee.
    10.8 Filomena: +. Stimmungsvolle Geschichte, die im alten Rom spielt. Mit der Hilfe seines Freundes erhält Titus seine Geliebte zur Frau. Doch darüber ist die Familie verständlicherweise recht erzürnt.
    10.9 Panfilo: +. Hier spielt Saladin, der Sultan von Babylon, mit. Ein Ehemann ist in den Krieg gezogen und gilt als tot. Seine Frau darf sich erst 1 Jahr, 1 Monat und einen Tag nach seiner Abreise wieder neu vermählen. Am Tag ihrer erneuten Hochzeit … (nun der Leser kann es sich schon denken).
    10.10 Dioneo: Hier spielt der Mann seiner Frau übel mit. Auch wenn der Erzähler dies durchaus zugesteht, hätte man sich einen anderen Abschluss gewünscht.


    Die zehn Teilnehmer kehrten dann wieder in ihre Wohnungen zurück.


    Natürlich kann man auch jede Geschichte unabhängig lesen und verstehen, der eigentliche Lesespaß ensteht aber erst durch das Wechselspiel der Geschichten untereinander. Bleibt noch die Wertung:


    5ratten


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()

  • Ganz herzlichen Dank für die Übersicht, in der so viel Arbeit steckt und die so hilfreich für den Leser sein kann.
    Ich habe mir den Decameron in meiner lang verflossenen Jugendzeit von meinen Eltern zu Weihnachten gewünscht, in aller Unschuld, und prompt bekommen, ebenfalls in aller Unschuld, sie kannten eben nur die "Falkennovelle", die berühmte
    9. Novelle des 5. Tages.
    Tja, ich habe die zehn Bücher tatsächlich schnell durchgelesen gehabt.


    Das Gesamtpaket atmet insgesamt eine wunderbare Atmosphäre, exotisch, vor allem aber kontrastiv, zum einen Jugend, Adel, Reichtum, Kunst in Form von Literatur, Muße im Garten, Schönheit, zum anderen die Pest in Florenz, also Angst, Elend, Tod.
    Das kann man als Bild für das Leben überhaupt sehen, scheint mir.
    Und daher ist auch die Novellenform so passend, etwas Neuartiges wird erzählt, etwas Erzählenswertes mit einer Pointe, ein Hauch auch von Klatsch, aber in gebundener Form und sehr literarisch; die Themen vereinen Höfisches, Ethik, Sitte und verfeinertes Leben mit Erdigem, Menschlichem und allzu Menschlichem.


    Wundervoll!

  • Nachdem mondpilz und ich heute im Zug eine Menge Zeit hatten, uns über die Bücher zu unterhalten, die wir gerne lesen und noch lesen wollen, haben wir festgestellt, dass wir beide eine bislang nur angelesene Ausgabe des „Decamerone“ zu Hause stehen haben. Es ist zwar im Moment auch eine Leserunde in der Planung, aber wir waren beide der Meinung, dass wir ein langsameres Tempo bevorzugen würden. Deshalb haben wir uns von Bines Märchen-Thread inspirieren lassen und werden jetzt jeden Tag eine der 100 Novellen lesen.


    Jeder, der sich uns anschließen will, ist natürlich herzlich willkommen!


    Schon morgen geht es los mit der Einleitung des ersten Tages und der ersten Geschichte.


    Die Ausgabe, die ich lesen werde, ist eine zweibändige Taschenbuchausgabe von Aufbau im Schuber von 1999 und wurde von Ruth Macchi übersetzt.


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  • Ich wußte schon, dass es einen Thread gibt, aber nachdem es eine Art Minileserunde ist, die über eine Zeitspanne von mehreren Wochen geht, dachte ich, dass eineigener Thread schon sinnvoll ist. Sonst muss sich später jeder, der die Rezensionen zum Buch lesen möchte durch einen Wust unserer Postings klicken.


  • Ich wußte schon, dass es einen Thread gibt, aber nachdem es eine Art Minileserunde ist, die über eine Zeitspanne von mehreren Wochen geht, dachte ich, dass eineigener Thread schon sinnvoll ist. Sonst muss sich später jeder, der die Rezensionen zum Buch lesen möchte durch einen Wust unserer Postings klicken.


    Ok, eigentlich hättest du dann aber unter den Leserunden einen Thread eröffnen sollen. Hier zeigen sich die Schwierigkeiten der Trennung der beiden Bereiche. Wenn man davon ausgeht, dass hier nur fertige Rezis hingehören, dann passt es hier nicht so ganz. Sollen die Mods das entscheiden.


    Gruß, Thomas

  • Minilesetrunden wurden halt, soweit ich das mitbekommen habe, bislang nicht in den Leserundenbereich gepackt, deshalb dachte ich es wäre das beste, den Thread in der Form in der ich es getan habe, hier zu eröffnen.


  • Minilesetrunden wurden halt, soweit ich das mitbekommen habe, bislang nicht in den Leserundenbereich gepackt, deshalb dachte ich es wäre das beste, den Thread in der Form in der ich es getan habe, hier zu eröffnen.


    Ok. Es würde dann ja reichen, wenn es einen Link auf den "offiziellen" Rezí-Thread gibt und vice versa. Dann wäre das hinreichend verbunden.


    Gruß, Thomas

  • Ich finde euer Vorhaben ganz gut, also jeden Tag eine Novelle zu lesen. Ich würde mich euch gerne anschließen, habe aber nächsten Donnerstag eine Diplomprüfung und weiß nicht, ob ich bis da hin so viel zum Lesen komme. Aber ich hole es dann einfach nach oder steige dann ein, wenn ich mehr Zeit habe.

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • @stefanie: Schön, dass du dich uns anschließt. Das mit dem Einholen müsste eigentlich gut funktionieren, weil einige der Geschichten nur wenige Seiten lang sind.

  • Guten Abend,


    ich hab die Einleitung und die erste Geschichte des ersten Tages nun gelesen. Ich lese die Fischer-Ausgabe in der Übersetzung von Karl Witte.


    In der Einleitung hat mich ein Satz schon einmal etwas entsetzt:
    Filomena sagt:
    "Wir [Frauen] sind unbeständig, eigensinnig, argwöhnisch, kleinmütig und furchtsam, ..."
    Natürlich ist das eine andere Zeit, aber dass er die Figuren, mit denen Boccaccio sein Buch beginnt, gleich in solch einem schlechten Licht darstellt, finde ich doch etwas eigenartig.


    Herr Ciappelletto führt durch eine falsche Beichte einen frommen Vater an der Nase herum. Und obwohl er in seinem Leben ein Erzhalunke gewesen, so wird er doch nach seinem Tode für einen Heiligen gehalten und Sankt Ciappelletto genannt.


    Hier wird schon sehr deutlich, wie abwertend die Haltung gegenüber der Kirche (aber nicht unbedingt der Religion) ist. Ich finde interessant, dass der Erzähler Panfilo selbst die Möglichkeit in Betracht zieht, dass Chapelet in den letzten Augenblicken seines Lebens doch noch aufrichtige Reue empfunden hat. Ob so etwas möglich ist? Ein niederträchtiges Leben zu führen und doch noch zu bereuen? Ist die Seele dann nicht vollkommen abgestumpft?


    lg,


    mondpilz

  • Die Einleitung und die ersten Geschichten hatte ich vor einigen Jahren schon einmal gelesen, deshalb war der heutige Teil nicht ganz neu für mich. Allerdings konnte ich mich nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern.


    Sehr amüsant fand ich schon die Vorrede, in der es heißt, dass dieses Buch den armen Frauen gewidmet ist, die tagein tagaus zu Hause sitzen müssen. Die Frage ist ja, ob die Ehemänner und Väter dieser Frauen die Lektüre dieser Geschichte als so passend empfänden.



    In der Einleitung hat mich ein Satz schon einmal etwas entsetzt:
    Filomena sagt:
    "Wir [Frauen] sind unbeständig, eigensinnig, argwöhnisch, kleinmütig und furchtsam, ..."
    Natürlich ist das eine andere Zeit, aber dass er die Figuren, mit denen Boccaccio sein Buch beginnt, gleich in solch einem schlechten Licht darstellt, finde ich doch etwas eigenartig.


    Über diesen Abschnitt bin ich auch gestolpert. Bei mir heißt es übrigens „launenhaft, zänkisch, argwöhnisch, kleinmütig und ängstlich“. (Schön, dass wir unterschiedliche Übersetzungen lesen, da fallen solche kleinen Unterschiede auf).
    Ich habe mich nur im Nachhinein gefragt, ob das wirklich die Überzeugung der Damen ist, oder vielmehr eine geschickte Rechtfertigung dafür, die mit drei der Damen verbandelten Männer mitzunehmen, ohne den Anschein der Sittsamkeit zu verlieren? Wäre das möglich?


    Ich erinnere mich, dass mir die erste Geschichte schon beim ersten Lesen ein wenig zu lang vorkam, da ich das Ende ja schon ahnte bzw. aus dem einleitenden Satz schließen konnte. Amüsant war sie trotzdem. Es wird sich kräftig über die Verteter der Kirche und das gläubige Volk lustig gemacht. Einmal der Mönch, der alles glaubt was ihm von Ciappelletto erzählt wird und ihn nach seinem Tod zu einem Heiligen stilisiert. Dann das Volk, das es eigentlich besser wissen müsste, aber den Worten von der Kanzel mehr Glauben schenken als dem, was es selbst gesehen und erlebt hat.



    Ich finde interessant, dass der Erzähler Panfilo selbst die Möglichkeit in Betracht zieht, dass Chapelet in den letzten Augenblicken seines Lebens doch noch aufrichtige Reue empfunden hat. Ob so etwas möglich ist? Ein niederträchtiges Leben zu führen und doch noch zu bereuen? Ist die Seele dann nicht vollkommen abgestumpft?


    Ich habe den Eindruck, dass Panfilo es selbst nicht wirklich in Betracht zieht, er erklärt diese Möglichkeit ja für eher unwahrscheinlich.
    Ich glaube eher auch nicht an Reue. Wer keinen Glauben an Gott oder das Jenseits hat (diesen Eindruck macht er auf mich) wird wohl seine Verbrechen auch nicht bereuen, weil er keine Konsequenzen fürchtet. Das rein moralische Gewissen wurde dieser Figur ja ohnehin gänzlich abgesprochen.


  • Ich habe mich nur im Nachhinein gefragt, ob das wirklich die Überzeugung der Damen ist, oder vielmehr eine geschickte Rechtfertigung dafür, die mit drei der Damen verbandelten Männer mitzunehmen, ohne den Anschein der Sittsamkeit zu verlieren? Wäre das möglich?


    Natürlich ist das möglich. Ich hatte es nur nicht in Betracht gezogen, weil die drei Männer erst eine Seite später auftreten.


    Nun zur zweiten Geschichte des ersten Tages:


    Der Jude Abraham geht auf Antrieb des Jeannot von Sevigné nach Rom und kehrt, als er die Schlechtigkeit der Geistlichen dort kennengelernt hat, nach Paris zurück, um Christ zu werden.


    Das ist ja wirklich eine nette Geschichte. Ich verstehe allerdings nicht so recht, wieso Jeannot selbst Christ bleibt, wenn er denkt, dass Abraham das Christentum wegen der Schlechtigkeit der Geistlichen ablehnen würde. Die Gedanken Abrahams klingen logisch, wenn sie auch nicht nachvollziehbar sind. Welchen Grund hat aber Jeannot, Christ zu sein?


    lg,


    mondpilz


  • Das ist ja wirklich eine nette Geschichte. Ich verstehe allerdings nicht so recht, wieso Jeannot selbst Christ bleibt, wenn er denkt, dass Abraham das Christentum wegen der Schlechtigkeit der Geistlichen ablehnen würde. Die Gedanken Abrahams klingen logisch, wenn sie auch nicht nachvollziehbar sind. Welchen Grund hat aber Jeannot, Christ zu sein?


    Vielleicht weil er seinen Glauben von den Vertretern seines Glaubens trennt? Wobei wohl genau diese Frage der Witz an der ganzen Sache ist.

  • Nachdem ich gestern nicht online sein konnte, gibt es heute zwei Geschichten nachzuholen.


    Der Jude Melchsidech wendet mit der Geschichte von den drei Ringen eine große Gefahr von sich ab, die ihm von Saladin drohte.


    Die bekannteste Geschichte aus dem "Dekameron", die vermutlich auch die meisten Leute kennen. Bei mir persönlich ist sie ein wenig mit negativen Gefühlen behaftet, weil man mich während meiner Schul- und Ausbildungszeit insgesammt drei Mal dazu genötigt hat "Nathan der Weise" durchzukauen. Dabei gefällt mir die Idee der Ringparabel an sich ganz gut.


    Ein Mönch hat für ein Vergehen eine schwere Bestrafung zu erwarten. Da es ihm jedoch gelingt, seinen Abt der gleichen Sünde auf geschickte Weise zu überführen, befreit er sich von der Strafe.


    Die Geschichte empfand ich als eher schwach. Mal wieder zeigt sich die Kirche von ihrer unmoralischen Seite. Die Auflösung war auch nicht wirklich überraschend. Außerdem: Armes Mädchen, dass sie sich von dem alten Abt nötigen lassen muss.


  • Der Jude Melchsidech wendet mit der Geschichte von den drei Ringen eine große Gefahr von sich ab, die ihm von Saladin drohte.


    Die bekannteste Geschichte aus dem "Dekameron", die vermutlich auch die meisten Leute kennen.


    Ist das wirklich die Bekannteste? Ich dachte, das sei die Falkennovelle?


    Nachdem ich von den ewigen Religionsgeschichten schon etwas genervt war, versprach die fünfte Geschichte des ersten Tages endlich einen Themenwechsel:


    Die Marktgräfin von Montferrat weist die törichte Liebe des Königs von Frankreich durch ein Hühnergericht und ein paar hübsche Worte zurück.


    Allerdings hat mich diese Geschichte nicht sonderlich beeindruckt; ich fand sie eher belanglos.

  • Ist das wirklich die Bekannteste? Ich dachte, das sei die Falkennovelle?


    Auch möglich. Ich weiß nicht, ob es darüber statistische Erhebungen gibt. :zwinker:


    Zitat


    Nachdem ich von den ewigen Religionsgeschichten schon etwas genervt war, versprach die fünfte Geschichte des ersten Tages endlich einen Themenwechsel:


    Die Marktgräfin von Montferrat weist die törichte Liebe des Königs von Frankreich durch ein Hühnergericht und ein paar hübsche Worte zurück.


    Allerdings hat mich diese Geschichte nicht sonderlich beeindruckt; ich fand sie eher belanglos.


    Ging mir ähnlich. Das "Feuer" des Königs kann wohl nicht sehr hoch gelodert haben, wenn er so subtilen Hinweisen zugänglich war. *g*

  • Da ich über's Wochenende Besuch hatte, bin ich ein wenig in Rückstand geraten. Aber zumindest die beiden Erzählungen vom 18. und 19. gelesen und werde die anderen in den nächsten Tagen nachholen.


    Ein wackerer Mann verspottet mit einem trefflichen Witz die niederträchtige Heuchelei der Mönche


    Sehr kurze Geschichte, die so wenig Eindruck bei mir hinterlassen hat, dass ich sie gerade nochmal überfliegen musste, um mich überhaupt zu erinnern worum es ging.



    Guglielmo Borsiere beschämt mit feinem Spott den Geiz des Messer Ermino de' Grimaldi


    Auch diese Geschichte war für mich eher schwach. Das Gleichnis war ganz nett, aber mir war nicht klar, warum der Messer Ermino, der ja angeblich geizig ist, alle Eingeladenen, außer einem, reich entlohnen sollte.

  • Huhu,


    ich hatte auch wieder einiges nachzuholen:


    Neunte Geschichte des ersten Tages:
    Aus dem schwachen König von Zypern wird durch den Spott einer Edeldame aus der Gascogne ein entschlossener Herrscher.


    Zehnte Geschichte des ersten Tages:
    Meister Alberto von Bologna beschämt auf feine Weise eine Dame, die ihn wegen seiner Liebe zu ihr beschämen wollte.


    Erste Geschichte des zweiten Tages:
    Martellino stellt sich lahm und gibt vor, durch den Leichnam des heiligen Heinrich geheilt zu werden. Sein Betrug wird entdeckt, er wird geprügelt und eingekerkert und schwebt in Gefahr, gehenkt zu werden, kommt aber endlich los.

    Zweite Geschichte des zweiten Tages:
    Rinaldo von Asti kommt, von Räubern ausgeplündert, nach Castel Guiglielmo, wo er von einer Witwe beherbergt und für seinen Unfall schadlos gehalten wird, und dann unversehrt nach Hause zurückkehrt.


    Also mir gehen die Geschichten mittlerweile schon ziemlich auf den Geist. Am ersten Tag wird andauernd jemand beschämt und ändert sein ganzes Wesen durch die feine List eines anderen.
    Bei den beiden Geschichten des zweiten Tages, die ich bisher gelesen habe, weiß ich noch nicht so recht, was durch sie ausgesagt werden soll.


    Allgemein finde ich die Idee, dass ein einziger Autor einhundert Geschichten in einem Buch erzählt, immer merkwürdiger und irgendwie auch immer schwachsinniger. Da muss man sich ja zwangsläufig wiederholen!
    Ich habe noch keinerlei Sekundärliteratur zum Decamerone gelesen, kann aber bisher nicht erkennen, was es zu einem bedeutenden Stück Weltliteratur macht. Ich hoffe, das wird mir im Verlauf des Werks noch klarer...


    lg,


    mondpilz