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Ein namenloser Ich-Erzähler flieht vor der venezolanischen Justiz. Es ist nicht ganz klar, für welches Verbrechen er verurteilt wurde, ob er schuldig oder unschuldig ist; am Ende scheint nur vage die Möglichkeit auf, dass es sich um ein politische motiviertes Verbrechen oder vielleicht auch nur um eine politisch motivierte Verurteilung handeln könnte.
Dieser Ich-Erzähler gelangt durch die Hilfe eines Teppichhändlers auf eine Insel, die der Teppichhändler für das einzig sichere Versteck hält, da das Gerücht umgeht, auf ihr grassiere eine Seuche, die die Menschen von außen nach innen sterben lasse.
Diese Insel ist alles andere als ein gastlicher Ort, doch sie ist gleichwohl nicht unberührt von der Zivilisation. Auf ihr stehen drei eigenartige moderne Bauten (von denen eigentlich nur der erste eine wirkliche Rolle spielt): ein "Museum", eine Kapelle und ein Schwimmbad.
Wer hat diese Gebäude errichtet und zu welchem Zweck?
Zunächst hört der Erzähler nachts nur Schritte, doch bald wird es zur Gewissheit: Er ist nicht das einzige Wesen auf dieser Insel. Das Seltsame an den anderen Bewohnern, denen er nach und nach begegnet, ist nur, dass sie ihn offenbar nicht bemerken. Sie scheinen ihn zu fixieren, sie setzen sich sogar neben ihn, doch sie reagieren nicht auf seine Gegenwart. Wenn er sie anspricht, antworten sie nicht, obwohl sie untereinander sehr wohl sprechen.
Ist all dies ein perfider Einfall der Geheimpolizei, die ihm auf den Fersen ist, oder welches andere Geheimnis verbirgt sich hinter diesen Merkwürdigkeiten?
Im Vorwort bezeichnet Jorge Luís Borges Bioy Casares' bekanntesten Roman Morels Erfindung als "ohne Übertreibung perfekt". Adolfo Bioy Casares war sehr eng mit dem bekannteren Borges befreundet, hat mit ihm zusammen mehrere Bücher herausgegeben. Wie das Werk Borges' ist das Bioy Casares' mit phantastischen Elementen durchsetzt - im vorliegenden Fall im schönsten klassischen Sinne: Man zweifelt lange, ob es bei den Erscheinungen, mit denen der Ich-Erzähler die Leserschaft konfrontiert, mit rechten Dingen zugeht, ob sie übernatürlichen Ursprungs oder doch nur menschliches Werk sind.
Der Text wird als ein Tagebuch präsentiert, das gelegentlich mit Anmerkungen eines fiktiven Herausgebers versehen ist. Auch das ist ein bekannter Kunstgriff der phantastischen Literatur, über den die authentische Wirkung des Textes erhöht und somit die Verunsicherung verstärkt werden soll. Diese Darstellung führt natürlich auch zu längeren reflektierenden Passagen, die ich aber nicht als langatmig empfunden habe. Es ist erstaunlich, was Bioy Casares aus einem einzigen - soviel sei verraten: sehr Moderne-typischen - Einfall herausholt. Wenn der Ich-Erzähler nach etwa zwei Dritteln des Buches den zündenden Einfall bezüglich des Scharadenspiels hat, dem er ausgesetzt ist, fragt man sich zunächst, was im letzten Drittel eigentlich noch passieren soll. Enttäuscht wird man nicht, das Ende ist nicht wirklich vorhersehbar, jedenfalls sehr gelungen und rundet diesen spannenden Text wunderbar ab. Leseempfehlung für Freunde anspruchsvoller SF!