Wolfram Fleischhauer - Das Buch in dem die Welt verschwand

Es gibt 112 Antworten in diesem Thema, welches 29.094 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von creative.

  • Teil III, Kapitel 3: Ein einsames Gehöft, ein Bett aus Stroh, ein Mann und eine Frau - innerlich verdrehe ich die Augen. :rollen: Musste ja irgendwann dazu kommen. Aber wie es dann letztendlich "passierte", war ... hmm, merkwürdig?


    Am besten fand ich diese Stelle:

    Zitat von "S.317"

    Er blickte an sich hinab. Ihre beiden Hände hielten ihn jetzt umfasst. Ihre Finger waren ineinander verschränkt, als betete sie. Aber sie betete ja wirklich.


    Also, wenn ich mir das so vorstelle... :totlach: Nun, ich gebe zu, ich war schon ein bisschen erheitert. Der Humor war aber wohl eher unfreiwillig.
    Irgendwie fand ich die ganze Szene komisch, gelinde gesagt. Aber wenigstens haben wir DAS jetzt erledigt. :schwitz:


    Für den Rest des Buches hoffe ich, dass es genauso spannend bleibt, und das ich die Auflösung verstehen werde.

  • Zitat von "Thanquola"

    Nun, ich gebe zu, ich war schon ein bisschen erheitert. Der Humor war aber wohl eher unfreiwillig.
    Irgendwie fand ich die ganze Szene komisch, gelinde gesagt. Aber wenigstens haben wir DAS jetzt erledigt. :schwitz:


    Hurra, noch eine, die so reagierte wie ich! Erst ein Seufzer "Muss das wirklich sein?", dann ein Lächeln auf Grund der vorhandenen Komik, dann die Erleichterung "Das hätte schlimmer kommen können!"

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Du meine Güte... ihr seid ja mal so richtig unromantisch, oder? :breitgrins:
    So eine elementare Szene ist doch auf diese Art besser geschrieben, als wenn er zu ihr sagt "Ey, Alde... poppen?" :lachen:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Zitat von "nimue"


    So eine elementare Szene ist doch auf diese Art besser geschrieben, als wenn er zu ihr sagt "Ey, Alde... poppen?" :lachen:


    genau


    :rotfl:


    Olima :breitgrins:

    In te ipsum redi - Schaue in dich selbst hinein

  • Zitat von "nimue"

    Du meine Güte... ihr seid ja mal so richtig unromantisch, oder? :breitgrins:

    Auf mich trifft das wirklich zu. Das Romantikgen in mir muss arg unterdrückt worden sein. Ich nehme alles immer sehr wörtlich, versuche, mich selbst in der Situation vorzustellen und scheitere regelmäßig an Dingen wie folgendem:


    "Eine leichte kreisende Bewegung ihrer Hüfte ließ nun auch noch den Rest ihrer Bekleidung zu Boden sinken."
    Ich weiß nicht, ob es an meinem Hüftschwung oder an falscher Bekleidung liegt, aber bei mir funktioniert so was nie. :sauer:

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Zitat von "Saltanah"

    "Eine leichte kreisende Bewegung ihrer Hüfte ließ nun auch noch den Rest ihrer Bekleidung zu Boden sinken."
    Ich weiß nicht, ob es an meinem Hüftschwung oder an falscher Bekleidung liegt, aber bei mir funktioniert so was nie. :sauer:


    Bei mir auch nicht, aber das liegt bestimmt an meiner Hummeltaille :breitgrins:
    Übrigens fand ich diese Szene wirklich nicht sonderlich romantisch...

    viele Grüße<br />Tirah

  • Hallo,
    So mir fehlen jetzt noch 70 Seiten, und ich hoffe jetzt schon sehr stark auf das "fulminante Ende". Ansonsten wird sich meine Begeisterung für das Buch doch sehr in Grenzen halten.


    Naja, historische Bücher, die sind nicht mein Genre. So sehr mich die Vorgänge des 20. Jh. interessieren, alles was vorher war, kann mich gar nicht so recht faszinieren. Vielleicht liegt es auch daran.


    "Drei Minuten mit der Wirklichkeit" - dieses Buch habe ich in wenigen Tagen verschlungen, im wahrsten Sinne des Wortes. Hier lese ich nunmehr schon fast eine Woche herum, .... naja, wie gesagt, meine Erwartungen setze ich in das Ende! Mal sehen!!


    :winken:

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • O je, ich verfolge mit Bangen, wie allenthalben die Daumen langsam nach unten gehen. Erotikszene ungenügend. Akzeptiert. Die Auflösung wird wohl die Erwartungen auch nicht erfüllen, fürchte ich. Für das Dilemma, um das es geht, gibt es keine allgemeinverbindliche Lösung. Das muß jeder für sich entscheiden. Darum geht es ja, auf der sinnbildlichen Ebene.
    Bitte diese Ebene nich ganz ausschalten. Es ist kein Krimi, bzw. der "Täter" ist etwas relativ Abstraktes, etwas, das uns heute sehr fremd ist.

  • Zitat von "Wolfram Fleischhauer"

    Erotikszene ungenügend.

    Na, sooo schlecht war sie nun auch wieder nicht. Ich hatte schlimmeres befürchtet, und auch schon viel schlimmeres gelesen. Eine "3" würde ich ihr geben, wegen der vorhandenen Originalität vielleicht sogar eine "2-". :zwinker:
    Angenehm war auch dass es dabei blieb, und auch der weitere Verlauf der Liebesgeschichte erfüllte meine Befürchtungen nicht. Bravo!


    Ansonsten habe ich gestern abend die Lektüre beendet, muss aber erst noch meine Gedanken sammeln und ausreichend Zeit finden, um eine endgültige Beurteilung abgeben zu können. Eins kann ich jetzt schon sagen: Das Ende war überraschend und für mich völlig unvorhersehbar. Die Auflösung des "Titelrätsels" hat schon was.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo,


    so es ist geschafft. Die letzten 50 Seiten hab ich jetzt in einem Zug gelesen, mir kamen abwechselnd die Tränen und die Gänsehaut. Ich muss meine Meinung von gestern revidieren, das Ende hat alles wieder gut gemacht!! Dennoch, so mitten drin, hatte ich schon mal einen argen Durchhänger, da war für meine Begriffe in bisschen zu viel Verschwörung, zu viele Sekten ... gut, auch wenn das wohl ein Bild der Zeit von damals war.


    Meine Gedanken muss ich noch ordnen, viele Fragen werden hier aufgeworfen, auf die es wirklich keine allgemeingültige Antwort gibt.


    Gleich als erstes fällt mir ein:


    - Ist ein Mord gerechtfertigt, wenn dadurch unzählige Morde/Tode/Katastrophen verhindert werden?


    - Können einige wenige über das Schicksal der Menschheit bestimmen?


    - kann man Gedanken, kann man den Fortschritt verhindern?


    Auf eine interessante Diskussion freue ich mich jetzt!!

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Hallo, nochmals ich. :smile:


    Eine Szene aus dem Buch muss ich hier gleich mal reinstellen. Es ist die Rechtfertigung Magdalenas, die hat mir so gut gefallen, weil sie so vieles auf den Punkt trifft. Phänomenal:


    Zitat

    »Die Bürger erheben sich nicht gegen die Fürsten, weil sie aus den Fürsten Menschen, sondern weil sie aus Bürgern Fürsten machen wollen. Dem Bürger ist gar nichts heilig. Er kennt nur Handel und Profit. Und du wirst sehen: Wenn man ihn lässt, wird er sich den ganzen Erdkreis in viel entsetzlicherer Sklaverei unterwerfen, als es gegenwärtig der niederträchtigste Fürst tun könnte. Denn sie sind viele, so unendlich viele wie die Heuschrecken der ägyptischen Plagen. Und vergiss nicht: Sie haben kein Gewissen. Sie können das Heilige nicht sehen. Sie sind völlig blind dafür. Sie hassen es, weil man es nciht tauschen kann. Sieh sie dir doch an, dort, wo sie bereits die ersten Stufen der Macht erklommen haben. Wer kommt denn in den Genuss ihres angeblichen Freiheitskampfes? Wer bezahlt den Preis ihrer Freiheit? Ihre geknechteten Sklaven. Ihre rechtlosen Frauen. Die unterdrückten Bewohner ihrer Kolonien.«

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Ich bin jetzt auch "bald" durch, da ich ja leide retwas später angefangen hatte.


    Zur "erotikszene": Ich muss sagen, ich bin da etwas mehr von der romantischen Art und hätte es lieber gehabt, wenn die beiden jetzt aus "Liebe" miteinander geschlafen hätten. Daher fand ich es komisch, dass Nicolai zwar anscheinend in Magdalena verliebt und "von ihr besessen" zu sein scheint, aber sie einfach nur durchgeknallt ist. Also die Anziehung eigentlich nicht beidseitig ist. Das hat mir in dieser Szene gefehlt. Eine FRau, die 1780 "einfach so" mit einem Mann ins Bet geht?? Auch wenn sie anscheinend in einer Sekte ist, und ihn zu einer höheren Erkenntnis bringen will, finde ich etwas komisch. So, gestolpert bin ich über diese Szene auf jeden Fall und sie ist zumindest auch sehr originell, auch wenn ich als MAnn beim Beten schon längst die Flucht ergriffen hätte. (nun ja, da ich ein Mädchen bin, kann ich das ja so genau nicht beurteilen... :zwinker: )


    Auf jeden Fall ungweöhnlich und es scheint keine normale Liebesbeziehung zu werden, da Magdalena sich ja immer noch sehr komisch benimmt.


    Auf Seite 279 ist mir aufgefallen, dass Nicolai doch schon seinem Alter entpsrechend handelt. Er kommt mir durchaus vor wie 20, denn erstens war man damals wahrscheinlich etwas früher "erwachsen" als heute, zudem hatte er ja auch schon sein Studium abgeschlossen (heute fängt man gerade damit an) und auch schon einiges Schlimmes erlebt in seinem Leben: sein Vater, der ihn rausschmeist, die Blamage etc. Andererseits verhält er sich eben auch noch relativ naiv, was besonders auf Seite 279 deutlich wird, wie ich finde, als er Magdalena geheime Informationen gibt, obwohl er sie verdächtigt zu eben dieser Organisation zu gehören, die er und Di Tassi verfolgen. Er ist da ja auch schon von ihr "besessen", aber ich hätte ihm mehr Vernunft zugetraut, vor allem da sich Magdalena ja nun wirklich auch verdächtig benimmt: anscheinend sehr gebildet, Haare gefärbt...


    Auf Seite 274/75 (TB) bin ich dann noch auf eine der vielen Stellen gestoßen, die mir nicht so ganz klar ist. ich verstehe hier den Zusammenhang nicht (vielleicht kenne ich zuwenig Luziferlegenden), warum die Menschen vor dem Feuer in die Zukunft sehen konnten? Und was das eigentlich miteinander zu tun hat? Ist das Feuer sinnbildlich für die Vernunft und die Vernunft behindert die Gabe, in die Zukunft zu sehen? Aber wie kommst Nicolai darauf, dass die Menschen früher in die Zukunft schauen konnten??


    Nun, der Roman erinnert mich ein wenig an "Der Name der Rose" (ein Buch an dem ich gescheitert bin *gg*): Verschwörungen, Geheimbünde, geheime Symbole und ein ominöses Buch, von dem aber noch gar keine Rede war und einige seltsame Todesfälle.
    Ich glaube, ich muss das Buch nochmal lesen, damit ich alles verstehe, denn ich bin jetzt auf Seite 393 und habe noch keine Ahnung, was genau abläuft. Ich tappe noch mehr im Dunkeln als Nicolai, was die Sache sehr spannend macht und ich als sehr positiv empfinde. Bei Dan Browns "Diabolus" zum Beispiel ist es mir sehr negativ in Erinnerung geblieben, dass ich das Codewort schon 10 Seiten vor den Protagonisten kannte. Hier sind mir die Protagonisten immer noch einen oder zwei Schritte voraus, weil man als Leser kaum genügend Informationen hat um sich ein Bild zu machen. Vielleicht wäre eine Epidemiekarte ganz nett gewesen *g*.


    Sehr schön finde ich auch, dass die Briefe abgedruckt sind, die Symbole und die Entschlüsselung. Sowas liebe ich - das macht das Ganze so mysteriös....
    Gut fand ich auch, dass einiges erklärt wurde (die Probleme mit dem zersplitterten Deutschen Reich und die Buchhändler und Verlagswelt zur damaligen Zeit, davon hätt ich gerne noch mehr gehabt), andererseits musste zumindest ich auch sehr viel nachschlagen. Die Vomika habe ich übrigens in keinem medizinischen Lexikon gefunden, ich wollte doch so gerne die genaue Krankheit kennen :(, aber vielleicht lüftet sich das Geheimnis ja noch?


    So und nun weiterlesen, nicht dass ihr den Schluss ganz ohne mich diskutiert....

  • Hallo!
    Habe das Buch gerade beendet und bin ziemlich beeindruckt!
    Hui, ich muss erst mal in Ruhe durchatmen...
    Die Erotikszene... also ich fand die jetzt nicht direkt romantisch, aber sollte sie das denn überhaupt sein?


    Zu creatives Fragen:

    Zitat von "creative"

    Meine Gedanken muss ich noch ordnen, viele Fragen werden hier aufgeworfen, auf die es wirklich keine allgemeingültige Antwort gibt.


    Gleich als erstes fällt mir ein:


    - Ist ein Mord gerechtfertigt, wenn dadurch unzählige Morde/Tode/Katastrophen verhindert werden?


    Eine Frage, die man sich oft stellt. Ich für meinen Teil würde ja sagen. Der Konsequenzen muss man sich allerdings bewusst sein und eventuelle Strafen in Kauf nehmen.


    Zitat von "creative"

    - Können einige wenige über das Schicksal der Menschheit bestimmen?


    Definitiv. Davon bin ich fest überzeugt. Schließlich gingen ja jede Revolution und andere Umwälzungen von kleinen Gruppen aus, die es schafften, das "Volk" für seine Sache zu gewinnen oder es schafften, dass ihnen die Problematik selbst bewusst wurde.


    Zitat von "creative"


    - kann man Gedanken, kann man den Fortschritt verhindern?


    Ich denke nein. Am Beispiel des Buches kann man ja sehen, dass es nicht möglich ist und auch die Kirche, beispielsweise, konnte es nicht verhindern, dass sich ein Fortschritt im Denken der Menschen vollzog.
    Und wenn es mal so weit kommen sollte, dass man Gedanken von Menschen verhindern kann - dann ist sowieso alles verloren! :breitgrins:


    Wer macht denn jetzt den ersten Schritt, das Ende des Buches zu diskutieren?
    Ich trau mich doch nicht anzufangen... :breitgrins:

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

  • Ich hoffe, dass ich das durfte Wolfram.
    Aber ich habe einiges von seinen Gedanken kopiert, damit hier endlich die Diskussion vom Zaun bricht :zwinker:


    Zitat

    Am 11. September 2001 geschah das Attentat in New York. Die Bewertungen des Terrors in den Medien hätten unterschiedlicher nicht sein können. Oft musste eine undeutliche Vorstellung des Islam als Erklärung herhalten. Man betonte die Polarität zwischen der westlichen, säkularisierten Welt, die eigentlich an überhaupt nichts mehr glaubt und die völlig im Materialismus gefangen ist, und der archaischen islamischen Welt, in der noch daran geglaubt wird, dass man durch Selbstmordattentate in den Himmel kommen kann.


    dass Kant Gott umgebracht hat, und dass die Tragweite dieser Tat erst in 200 Jahren verstanden werden wird. Die 200 Jahre sind jetzt gerade um.


    Wie stehen wir eigentlich zu diesen existenziellen Fragen? Sind wir alle Komplizen Kants? Haben wir das Für und Wider dieser Komplizenschaft überhaupt richtig abgewogen? Und was bedeutet das heute für uns?


    Also ich persönlich habe meinen Gottglauben wieder gefunden. Er ist zwar nicht katholisch, oder überhaupt einzuordnen. Aber er macht mich glücklich. Und das ist die Hauptsache :smile:


    Ich bin froh, dass ich frei im Denken bin, dass ich mich ohne Konsequenzen von der Kirche entfernen konnte. Eine längere Zeit auf der Suche war, um wieder an etwas glauben zu können. Sozusagen bin ich dankbar für die Freiheit, die mir Kant geschenkt hat.


    Ich weiß aber, was Wolfram meint.
    Ja, es gibt diese Gottlosen, die dem Materialismus fröhnen, und über Leichen gehen. Aber gehen diese islamistischen Fanatiker nicht mit Gott auch über Leichen?
    Spielt es eine Rolle mit oder ohne Gott?

  • Zitat von "cerridwen"

    Auf Seite 274/75 (TB) bin ich dann noch auf eine der vielen Stellen gestoßen, die mir nicht so ganz klar ist. ich verstehe hier den Zusammenhang nicht (vielleicht kenne ich zuwenig Luziferlegenden), warum die Menschen vor dem Feuer in die Zukunft sehen konnten? Und was das eigentlich miteinander zu tun hat? Ist das Feuer sinnbildlich für die Vernunft und die Vernunft behindert die Gabe, in die Zukunft zu sehen? Aber wie kommst Nicolai darauf, dass die Menschen früher in die Zukunft schauen konnten??


    Eine alte Legende besagt, dass die Menschen, als ihnen von den Göttern das Feuer geschenkt wurde, im Gegenzug die Gabe aufgeben mussten, in die Zukunft schauen zu können.

  • Zitat


    Eine alte Legende besagt, dass die Menschen, als ihnen von den Göttern das Feuer geschenkt wurde, im Gegenzug die Gabe aufgeben mussten, in die Zukunft schauen zu können.


    Oh, dankeschön.....




    Ich bin noch nicht durch! Bitte keine Spoiler.... Gebt mir noch ein paar Stunden


    Liebe Grüße
    Cerridwen :zwinker:

  • Ich möchte zu Heidis Denkanstöße zurückkehren:


    Der Teil des Aufsatzes aus Heines "Salon" (HC, S. 435f) ist großartig. Es wird die Wandlung des Gottesbildes im Laufe der Zeit (vom Alten Testament bis Ende Mittelalter) beschrieben.


    So gesehen ist die Abkehr von Gott eigentlich nur mehr die logische Fortsetzung dessen. Man hat sich Gott schon geformt, in gewisser Weise so, dass man mit ihm eh tun kann was man will. Vom zornigen, strafenden Gott ist man abgekommen, zum gütigen, alles verzeihenden Menschenfreund.


    Ich glaube die Zeit war damals einfach reif für neue Ideen. Man durchschaute die ausbeutenden Fürsten, die selbstherrliche, machtbesessene Kirche, wurde sich selber mehr bewusst. Wenn es nicht Kant gewesen wäre, wäre es wohl jemand anderer gewesen. Kants Ideen fielen auf fruchtbaren Boden, deshalb setzten sie sich auch durch. Wäre die Zeit nicht reif gewesen dafür, hätte ihn wohl niemand ernst genommen. So sehe ich das.


    Einen direkten Zusammenhang zu 9/11 kann ich nicht erkennen. Für mich hat jedes Jahrhundert, jede Epoche seine Geißeln und seine Herausforderungen. Massaker, Mord und Totschlag, blutige Kriege und Kämpfe gab es schon vor Jahrhunderten, alleine die Methoden und Mittel sind heute andere. Und wenn man daran denkt, was im Christentum schon alles "im Namen Gottes" gemacht wurde.... Es liegt wohl an uns, wie wir mit den Herausforderungen umgehen.


    Wie sieht mein Gottesbild aus? - eine schwierige Frage.
    Ich bin davon überzeugt, dass es eine höhere Instanz gibt und dass es nach diesem Dasein hier auf Erden noch etwas gibt.
    Gott hat uns die Welt zur Verfügung gestellt, wir haben die Verantwortung, und es liegt an uns, was wir daraus machen. Gott greift für mich nicht mehr ein, er beobachtet - wohl mit Entsetzen - was wir aufführen. Die Entscheidung liegt bei jedem Einzelnen, was er aus seinem Leben macht, wie er sich verhält. Ich denke, Gott gibt Hinweise und Anregungen, wie man es machen könnte, die Entscheidung, welchen Weg man geht, die liegt aber bei jedem selber.


    Ich glaube auch an eine ausgleichende Gerechtigkeit nach unserem Tod, und ich glaube, dass Gott keinen Unterschied zwischen Buddhisten, Hindu, Christen, Juden oder Moslems etc. macht. Für mich gibt es keine "richtige" Religion, jede Religion ist gewachsen in der Kultur und der Mentalität der Völker. Ich halte nichts von Zwangsmissionierungen irgendwelcher afrikanischen Stämme oder ähnlichem. Dass ein in der Wüste lebende Nomade andere Vorstellungen von Gott hat als wir, das ist wohl klar. Für mich entscheidend ist die Haltung im Leben, die Haltung zur Natur und zu den Mitmenschen.

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Hallo zusammen, ich bin zwar noch nicht durch und werde es wahrscheinlich auf heute noch nicht schaffen, aber ich möchte trotzdem hierzu schon was sagen


    Zitat von "creative"

    Man hat sich Gott schon geformt, in gewisser Weise so, dass man mit ihm eh tun kann was man will. Vom zornigen, strafenden Gott ist man abgekommen, zum gütigen, alles verzeihenden Menschenfreund.


    Auch das ist wohl eine Zeiterscheinung. Ein zorniger, rachedürstiger Gott passt nicht mehr ins heutige Zeitbild und einer Kirche, der die Mitglieder scharenweise laufengehen


    Zitat von "creative"

    Einen direkten Zusammenhang zu 9/11 kann ich nicht erkennen. Für mich hat jedes Jahrhundert, jede Epoche seine Geißeln und seine Herausforderungen. Massaker, Mord und Totschlag, blutige Kriege und Kämpfe gab es schon vor Jahrhunderten, alleine die Methoden und Mittel sind heute andere. Und wenn man daran denkt, was im Christentum schon alles "im Namen Gottes" gemacht wurde.... Es liegt wohl an uns, wie wir mit den Herausforderungen umgehen.


    Der Einfluss der Massenmedien macht Katastrophen von heute zum weltweiten Spektakel. So bekommen Ereignisse eine ganz andere Dimension.


    Wie sieht mein Gottesbild aus? - eine schwierige Frage.
    In den letzten 20 Jahren, habe ich mich so gut wie garnicht mit Gott, meinem Gott oder meiner Religion beschäftigt. In letzter Zeit denke ich schon eher über diese Zusammenhänge nach, obwohl die Begriffe für mich eher negativ belegt sind. Gerade weil so viel im Namen Gottes und der Religion passiert.


    Zitat von "creative"

    Ich glaube auch an eine ausgleichende Gerechtigkeit nach unserem Tod, und ich glaube, dass Gott keinen Unterschied zwischen Buddhisten, Hindu, Christen, Juden oder Moslems etc. macht. Für mich gibt es keine "richtige" Religion, jede Religion ist gewachsen in der Kultur und der Mentalität der Völker.


    Ich würde noch weiter gehen, alle Religionen und alle Götterbilder sind meiner Meinung nach aus dem Bedürfnis der Menschen entstanden unerklärliches zu erklären. Teilweise aus der Entwicklung der Völker selbst, teilweise vorgegeben von der jeweiligen Obrigkeit, sei König, Häuptling usw.

    Zitat von "creative"

    Ich halte nichts von Zwangsmissionierungen irgendwelcher afrikanischen Stämme oder ähnlichem. Dass ein in der Wüste lebende Nomade andere Vorstellungen von Gott hat als wir, das ist wohl klar. Für mich entscheidend ist die Haltung im Leben, die Haltung zur Natur und zu den Mitmenschen.


    Womit wir wieder bei der übermächtigen "christlichen" Kirche sind, die andere Glaubensrichtungen unterdrückt und nicht akzeptieren kann, dass es auch andere Haltungen zum Leben, Mitmenschen und Natur als die Christliche.


    Schönen Sonntag noch


    Olima

    In te ipsum redi - Schaue in dich selbst hinein

  • Nach einem spannenden Anfang und einem kürzeren Durchhänger in der Mitte hat mir das Ende mit der ungewöhnlichen, wirklich nicht erwarteten Auflösung wieder gut gefallen. Trotzdem stehe ich dem Buch zwiespältig gegenüber. Nicht dass ich es schlecht finden würde, im Gegenteil.


    Was mich allerdings stört, ist der Genrewechsel. Es beginnt als spannender historischer Thriller voller rätselhafter Ereignisse, deren Zusammenhang kaum zu erraten ist, bringt einige Actionsequenzen, die obligatorische S.e.xszene, zweifelhafte Gestalten und alles was dazu gehört.
    Mit der Aufklärung des Rätsels kommt die Wende. Das Buch wird auf einmal philosophisch voller interessanter Gedanken über die man sicher lange nachdenken und diskutieren kann. Die Bezüge zu Kant und Heine verdienen es auch, genauer erforscht zu werden, wodurch das Buch auch die Allgemeinbildung der interessierten LeserInnen vertieft. Das finde ich alles sehr positiv, nur leider passt dieses Ende meiner Meinung nach nicht zum Anfang. Oder der Anfang nicht zum Ende, je nachdem, wo man den Schwerpunkt sieht. Für mich ist dieses Buch dadurch weder Fisch noch Fleisch, sondern ein nicht ganz geglückter Zwitter. Ein historischer Roman, der gleichzeitig auch tiefschürfend, bzw. ein Gedankenroman, der gleichzeitig spannend sein will. Beide Teile sind gelungen, aber nicht die Vereinigung. Schade.


    Noch ein Wort zur Sprache: über weite Strecken fand ich das Buch gut geschrieben, aber vor allem gegen Ende missfielen mir einzelne Formulierungen. Natürlich ist das sehr subjektiv, aber mir war das eine oder andere Adjektiv zu viel des Guten. Warum z. B. muss der Abgrund zwischen Nicolai und Magdalena "riesig" sein? Ein einfacher Abgrund wäre für mich völlig ausreichend und gerade durch seine Einfachkeit auch größer, da weniger übertrieben gewesen. Aber wie gesagt ist das meine ganz subjektive Ansicht.
    Nicht subjektiv sondern objektiv schlecht ist eine Formulierung wie "zischte er zwischen zusammengepressten Lippen hervor" (S. 422). Mit zusammengepressten Lippen kann man noch grunzen, aber kein verständliches Wort hervorbringen. Der Sinn der Sache ist zwar verständlich, aber die Formulierung leider missglückt.


    Aber trotz dieser Kritik hatte ich nicht den Eindruck, meine Zeit verschwendet zu haben. Die Lektüre hat sich gelohnt, und ich werde das Buch sicher auch weiterempfehlen, mit gewissen Vorbehalten.

    Wir sind irre, also lesen wir!