Heinrich Steinfest - Nervöse Fische

  • Autor: Heinrich Steinfest
    Titel: Nervöse Fische


    316 Seiten, Piper Verlag


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    Wie kommt die von einem Hai zerfleischte Leiche in den Swimmingpool auf dem Dach eines Hochhauses? Und wo ist der Hai? Gehörte das im Pool gefundene Utensil dem Toten? Diese Fragen stellen sich dem Wiener Chefinspektor Richard Lukastik – überzeugter Anhänger der philosophischen Überlegungen Wittgensteins – und seinem, in inniger gegenseitiger Abneigung verbundenen, Assistenten Peter Jordan.


    Ohne den Sub-Listen-Wettbewerb hätte ich das Buch wahrscheinlich nicht beendet, da mir der Einstieg doch recht schwer gefallen ist.


    Relativ häufig vorkommende und mir unbekannte Fremdworte bzw. Begriffe kann ich dem Autor kaum negativ anlasten. Im Urlaub jedoch, ohne griffbereite Nachschlagewerke, hat es mich dennoch gewurmt und ich habe die Lektüre kurzfristig unterbrochen, um unter besseren Voraussetzungen weiterlesen zu können. Ein paar Fremdworte weniger hätten es sicherlich auch getan, ansonsten ist die Sprache jedoch verständlich und der Stil flüssig.


    Selten habe ich einen Krimi mit einem derart unsympathischen Hauptprotagonisten gelesen. Lukastik ist arrogant, überheblich, ignorant, besserwisserisch und hat insgesamt eine Art an sich, die mich abstößt. Selbst sein "dunkles Geheimnis" kann mich nicht auch nur ein wenig für ihn einnehmen - einzig sein laxer und sorgloser Umgang mit polizeilichen Anordnungen und Zwängen stimmen mich ein klein wenig milder. Doch selbst hier handelt er oft unverantwortlich eigenmächtig und tritt das gerade erst zart keimende Pflänzchen der beginnenden Zuneigung gnadenlos platt. Um es deutlich zu sagen: Lukastik ist ein Ekel. Zusätzlich werden die Geschehnisse oft aus seiner Sicht erzählt, was es nicht besser macht, da ich gar nicht so tief in diese "verkorkste" Gedankenwelt eintauchen wollte. Seltsam auch Lukastiks immer einmal wiederkehrenden Überlegungen zu anderen fiktiven Krimikommissaren in Buch bzw. Film und die falschen Klischees, die durch diese verbreitet würden. Mag sein, dies soll herausstreichen, dieser Ermittler ist keinesfalls so, dennoch wirkt es oft deplaziert.


    Die anderen Charaktere treten durch diese Überbetonung des Anti-Helden etwas in den Hintergrund und wirken dadurch blassen, was ich ein wenig schade fand – da hätte ich mir mehr gewünscht.


    Die Krimihandlung gerät in "Nervöse Fische" zum Beiwerk, denn der Autor driftet oft ab, verfängt sich in zwischenmenschlichen, politischen oder geschichtlichen Nebenschauplätzen und nicht selten war ich regelrecht erstaunt, wenn abrupt die eigentliche Handlung wieder im Vordergrund stand. Grundsätzlich mag ich Abschweifungen, von daher störten mich die permanenten Wechsel nicht. Im Gegenteil.


    Extrem gelungen sind die Personencharakterisierungen und die Beschreibungen der Handlungsschauplätze. Ohne seitenweise unnütze Angaben zu liefern, werden die Protagonisten und Orte so exakt und treffend geschildert, daß man sich direkt in die Handlung hineinversetzt fühlt. Der Krimi kommt ohne brutale und unnötige Gewalt aus – ein weiterer großer Pluspunkt für mich.


    Nachdem ich mich eingelesen und später dann auch eingelassen hatte, auf diese unbequeme Person des Wiener Chefinspektors, gefiel mir das Buch immer besser. Mal war ich traurig, nachdenklich, amüsiert oder auch ärgerlich.


    Beispielhaft zwei Sätze, die den Stil des Buches gut wiedergeben:


    Zitat:
    Es lag große Erleichterung darin, das Foyer des Hotels zu betreten. Einmal, weil das Dahinschreiten auf dem dunkelroten Teppichboden ein weitaus angenehmeres war und die daraus resultierenden Phantasien in viel tröstlichere Regionen führten, als sie sich aus dem Besuch einer Schule ergaben.


    Wahrscheinlich kann ich nie mehr einen weißen Kiesweg beschreiten, ohne an Kreide und meine Schulzeit zu denken. *g*


    Der Spannungsbogen gleicht mehr einer geraden Linie, auch wenn das Buch im letzten Viertel etwas Fahrt aufnimmt. Trotz der obskuren Umstände bleibt es dabei aber dennoch unspektakulär, ja, sogar fast ruhig. Wer eine nachvollziehbare oder überraschende Auflösung erwartet, wird allerdings wahrscheinlich enttäuscht sein. Dennoch paßt die Auflösung zum Gesamtkonzept.


    Wie Marmotte im kleinen Forum so schön schrieb: "Ja, manchmal bescheren einem die unerwartetsten Bücher Lesefreude" Zuerst war ich hin und her gerissen, später jedoch angenehm überrascht von den nervösen Fischen.


    Dafür von mir: 4ratten

    Liebe Grüße - Inge


    ~ Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann. ~