Stefan Zweig - Schachnovelle

Es gibt 68 Antworten in diesem Thema, welches 36.676 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Xirxe.

  • Hallo zusammen!


    Ist nicht vielmehr die Idee dieser kleinen Geschichte zu zeigen, wie leicht man dem Wahn(sinn) verfällt.


    Es ist m.M.n. die Geschichte von einem, der sich angesichts des Terrors der Nationalsozialisten aufs extremste in sich selber zurückzog - um dann, angesichts eines anderen brutalen Dumm-Menschen, ganz offensichtlich aus dem stalinistischen Machtbereich stammend, selbst diesen Rückzugspunkt aufzugeben. Äusserst entlarvend für Zweigs eigene Haltung und Situation zur Zeit des Abfassens dieser Erzählung.


    (Dass die Nazis eigentlich allzu niedlich dargestellt werden und dass der nationalsozialistische Terror bedeutend schlimmer und grausamer war, als was Zweig sich ausdachte, mache ich ihm nicht zum Vorwurf. Das konnte er nicht wissen. Zum einen sickerten die ersten Informationen gerade eben durch, zum andern war die "Endlösung der Judenfrage" auch gerade eben beschlossen worden, und die Umsetzung des Beschlusses lief erst an.)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo Sandhofer,


    (...)um dann, angesichts eines anderen brutalen Dumm-Menschen, ganz offensichtlich aus dem stalinistischen Machtbereich stammend, selbst diesen Rückzugspunkt aufzugeben. (...)


    Wen meinst du damit?


    liebe Grüsse
    dora

  • Hi!


    Wen meinst du damit?


    Nun ja - diesen Schachspielautomaten, gegen den er auf dem Schiff spielt. Frag mich nicht nach seinem Namen, dafür die die Lektüre der Schachnovelle zu lange her ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Ich hab das Buch gestern abend auch noch schnell zwischengeschoben, nachdem dieser Thread mich von Neuem daran erinnert hat.


    Bäh, bäh, bäh! Mir gefällt Zweigs Schreibe nicht. Wie schon in "Sternstunden der Menschheit" kam es mir so vor, als würde ich einen Artikel einer Zeitschrift lesen. Er bewegt sich auf der Oberfläche, die Intensität fehlt in der Handlung, in den Figuren ...
    Dramatik war keine vorhanden, er erzeugte keine Regung in mir. Ich fühlte weder Mitleid noch Sympathie, noch Abneigung zu irgendjemandem. Der einzige Lichtblick lag auf die Schilderung der Leidenschaft zum Schachspiel.


    Die Beschreibung des Wahnanfalls war fad, das Buchende beinah schon lächerlich. Es gibt andere Bücher von besseren Autoren, in denen der Wahnsinn leidenschaftlicher, dramatischer, lebendiger geschildert wird.


    Mein erster Flop des Jahres. Na toll! :sauer:


    Gruß,
    dumbler

  • Hi!


    Bäh, bäh, bäh! Mir gefällt Zweigs Schreibe nicht.


    Nun ja, mehr als warnen können wir Dich nicht:


    Während ich einige seiner frühen Novellen für durchaus lesbar halte, kann ich dem Rest - und also auch der Schachnovelle - wenig abgewinnen. [...] Nein, ich kann diese Begeisterung nicht teilen. :zwinker:


    :breitgrins:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Nun ja, mehr als warnen können wir Dich nicht


    Wir? Statistisch gesehen stand es ca 15:1, daß es sich um eine gelungene Novelle handelt. Das gilt nicht, daß du mir nun die einzig kritische Stimme vorhälst :zwinker:


    Während ich einige seiner frühen Novellen für durchaus lesbar halte, ...


    Ich bezweifle mittlerweile, ob es überhaupt Lesbares von Zweig gibt. :rollen:


    Gruß,
    dumbler

  • Hallo!


    Statistisch gesehen stand es ca 15:1, daß es sich um eine gelungene Novelle handelt.


    Na ja ... wenn du 15 andern mehr glaubst als mir ... :pueh:


    Ich bezweifle mittlerweile, ob es überhaupt Lesbares von Zweig gibt.


    Glaubst Du mir schon wieder nicht? :zunge:


    Im übrigen halte ich immer noch daran fest, dass es sich nicht um eine Darstellung irgendeines Wahns handelt. Dies sei zur Ehrenrettung Zweigs gesagt. Allenfalls ist es die Darstellung einer tiefen Depression. Und Depressionen sind leider höchts unspektakulär ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Oh Gott Sandhofer, woraus schliesst du das, dass es sich um eine Depression handelt?


    Es handelt sich eher um das, was man umgangssprachlich "Schizophrenie" nennt, also dass zwei verschiedene Personen in
    einer Person existieren. Gerade das weisst doch auf das "Mit sich selbst Schachspielen hin", eine geradezu klassische schizophrene Situation.


    Und der Weltmeister wird als äussert dumpfe Person beschrieben, die ausser Schachspielen sonst nichts kann und ausserdem völlig ungebildet ist. Ich vermute, Zweig wollte die hochgebildete und kultivierte Hauptperson dieser dumpfen Schachmaschine gegenüberstellen. Und das ist ja auch der psychologische Effekt: Jeder Leser identifiziert sich sofort mit dem Helden der Novelle, gerade weil er im Kontrast zu diesem Schachweltmeister steht.


    Zweig war immer ein Fan der grossen heiligen Russlands mit seinen Dichtern und Mystikern. Die politische Anspielung auf die Stalinära scheint mir doch ein wenig weit hergeholt, zumal Zweig dediziert keinen Hang zu politischem Symbolismus hatte.


    MFG


    Ralf

  • Es handelt sich eher um eine multiple Persönlichkeit - denn im Gegensatz zum Allgemeinglauben ist Schizophrenie keine Persönlichkeitsspaltung, sondern eine Störung des Denkmusters; Verfolgungswahn und solches Zeug gehört eigentlich dazu.


    So, aber ich hör schon auf zum Klugscheißen (hat grad gepasst, weil ich grad für eine Psycho-Prüfung lern) und begebe mich zurück zum Thema:
    Schachnovelle. Mir gehts ähnlich, wie den meisten hier. Bei uns war das damals auch eine Pflichtlektüre in der Schule und so wie der Großteil meiner Klasse fand ichs damals zwar spannender und "leichter" als andere Klassiker (zB Kafka), aber so richtig damit anfangen konnte ich erst was, als ich schon ein bisschen älter war und das Ganze später nochmal gelesen hab.


  • Na ja ... wenn du 15 andern mehr glaubst als mir ... :pueh:


    Hinzu kommen ja noch die 65 Stimmen von Amazon und ich hatte Deinen Beitrag zu spät bemerkt und ... :traurig: Ach, du hast ja Recht. Es kommt nicht wieder vor ...


    Zitat

    Glaubst Du mir schon wieder nicht? :zunge:


    Ähm ...


    Zitat

    Allenfalls ist es die Darstellung einer tiefen Depression.


    Eine Depression für den Leser?! :breitgrins:


    Gruß,
    dumbler :winken:

  • Hallo zusammen!


    Eine Depression für den Leser?! :breitgrins:


    Ich bin kein Psychiater oder Psychologe, deshalb mein "allenfalls". Zweig, trotz seiner Freundschaft mit Freud, ja auch nicht. Ich halte dafür, dass, was er schildert, mehr oder weniger sein eigener aktueller Zustand ist. Zweig hat übrigens zwar gerne, aber nicht gerade gut, Schach gespielt. Da es eh schlicht und ergreifend unmöglich ist, gegen sich selber Schach zu spielen, gleitet die Geschichte dort ins Irreale ab. Und dann spielt es nicht wirklich eine Rolle, welcher Art von real exisiterendem Wahn der Geisteszustand des Protagonisten entspricht.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Meine Vermutung besteht darin, dass Zweig ein übertriebenes Suchtverhalten zeichnet. Aber wieso B. sich, nachdem er an der Schulter gepackt wird, plötzlich um Verzeihung bittet und fortgeht, ist genauso irreal wie die künstlich angelegte Schizoph Persönlichkeitsspaltung. Für den Schluss hätten Pfleger mit der weißen Jacke besser gepasst :zwinker:


    Gruß,
    dumbler


  • Weiß jemand, ob es dieses Hotel Metropole tatsächlich in Österreich gegeben hat?


    Es gibt sogar eine Trilogie darüber:


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    Liebe Grüße,
    Bluebell

    [color=darkblue]"Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of b

  • Genau das Buch hab ich heute gelesen =) Es ging ja ziemlich schnell.


    Also ich fand es sehr interessant. Ich habe zwar leider nicht wirklich Ahnung vom Schach, aber alles andere - die Stille, die Einsamkeit, wie man langsam verrückt wird - das konnte ich mir sehr gut vorstellen. Meiner Meinung nach waren auch die Charaktere sehr gut gezeichnet.

  • Hallo,


    Das kuriose ist aber doch, dass B. erkennt, dass man gegen sich nicht Schach spielen kann, macht es aber trotzdem. Das ist sehr rätselhaft. Wie hat er sich selber solch eine Seelenspaltung induzieren können? Ich vermute, das ist Stefan Zweigs Fantasie.
    Als ich die Geschichte früher erstmals las, gefiel sie mir besser als heute.


    Liebe Grüße
    mombour

  • Habe mir im Internet das Buch ,,Die Schachnovelle" gebraucht gekauft und es ist heute angekommen.
    Die Ausgabe ist auf jeden Fall schon etwas älter, aber richtig schön.
    Auf dem Cover sind Schachfiguren abgebildet :smile:.
    So, ich mache mich dann mal an die Lektüre, werde es wahrscheinlich heute auch zu Ende lesen, sind ja nicht sonderlich viele Seiten. Melde mich dann nochmal, um meine Eindrücke zu schildern.



    :smile: Habe es soeben fertig gelesen und bin wirklich fasziniert vom Schachspiel jetzt. Die Schachpartien sind sehr eindrucksvoll geschildert und der Leser fiebert regelrecht mit :smile:.



    5ratten


    :tipp:

    Einmal editiert, zuletzt von IceTea ()

  • Witzig, hier die Diskussion zu lesen, bewegt sich ja sehr zwischen zwei Extremen. Ich nehme dann mal eine Mittelposition ein, ist mal was anderes :breitgrins:


    Zum Inhalt steht ja schon alles im Klappentext, den nimue oben im ersten Posting angeführt hat. Dem kann ich auch wirklich nichts hinzufügen. Sprachlich stellt die Novelle sicher keine besonderen Anforderungen – zum Glück muß ich sagen, sonst wäre ich heute wegen Müdigkeit wohl auch daran gescheitert. Das interessanteste ist sicher die Frage nach dem Schachspiel gegen sich selbst. Wie Dr. B. selbst ja auch sagt, ist dies eigentlich völlig unmöglich, da man ja als Schwarz nicht vergessen kann, was Weiß plant und umgekehrt. Ich denke auch gar nicht, daß es um das Schachspielen selbst geht, und auch nicht um die Frage von gespaltenen Persönlichkeiten, sondern eher darum, welche Mechanismen in einer Isolationssituation auf den Menschen wirken und welche Gegensteuerungsmöglichkeiten man vielleicht entwickeln kann. Das ist hier überzeichnet, hat mich aber nicht gestört, und deshalb empfinde ich auch das Ende nicht als "unlogisch". Meine Einschätzung ist sicher von der sehr guten Erinnerung an den Film geprägt, den ich gerade wegen der Bilder und der dort gewählten Schwarzweißform besonders bedrückend empfand. Dagegen fällt das Buch definitiv ab.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Nachdem soviel über die Schachnovelle geschrieben wurde, habe ich mir das Buch nun ertauscht. Als ich es heute in den Händen hielt, war ich anfänglich enttäuscht - nur 110 Seiten? Na gut, es kommt ja nicht auf die Masse an, sondern auf den Inhalt.


    Ich habe das Buch gerade ausgelesen und mein erster Gedanke war: "Und das soll ein Klassiker sein?" Irgendwie habe ich mir darunter etwas ganz anderes vorgestellt, sowohl unter dem Begriff "Klassiker" als auch unter diesem Buch.


    Insgesamt fand ich es eine nette unterhaltsame Geschichte. Die Faszination, wie Seele und Geist nach Lösungen suchen, um nicht dem Wahnsinn zu verfallen, regen zum Nachdenken an. Immer wieder erstaunt es mich, was unsere Seele und unserer Geist für Leistungen erbringen, um sich selbst zu schützen. Das Buch selbst allerdings liest sich für mich eher wie eine Einleitung oder ein Fallbeispiel zu einem psychologischen Thema und nicht wie ein abgeschlossener Roman. Aber vielleicht soll er das auch nicht sein.


    So genau weiß ich gar nicht, wie ich das Buch bewerten soll. Es hat mich unterhalten, ich fand es nicht langweilig oder langatmig (wann auch bei 110 Seiten), die Geschichte fand ich faszinierend und ausbaufähig. Die Sprache empfand ich als recht einfach und wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich gedacht, es ist ein Jugendbuch.


    Ich glaube, ich schließe mich da Aldawen an und vergebe
    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    LG Murkxsi

    Mein Lebensmotto: Leben und leben lassen!

  • Hi!


    Das Buch selbst allerdings liest sich für mich eher wie eine Einleitung oder ein Fallbeispiel zu einem psychologischen Thema und nicht wie ein abgeschlossener Roman. Aber vielleicht soll er das auch nicht sein.


    Nein. Ich mag Zweig nicht besonders und auch diesen Text nicht, aber zu beider Ehrenrettung sei gesagt, dass das Büchlein nicht umsonst den Titel "Schachnovelle" trägt ... ;)


    Grüsse


    sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Dies wird wohl ein Klassiker für alle Zeit bleiben, unaufdringlich erzählt, auf den Punkt gebracht, an Spannung kaum zu überbieten und Mahnung zugleich.....


    liebe grüße aus den tropen