Jeannette Walls - Schloss aus Glas

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  • Jeannette Walls - Schloss aus Glass


    OT: The Glass Castle


    Inhalt:
    Bei diesem Memoir wird das Leben einer sehr unkonventionellen Familie geschildert.Der Vater ist Alkoholiker, der Gelegenheitsjobs verrichtet und die Mutter ausgebildete Lehrerin, die ihre Zeit aber lieber mit Malen verbringt.
    Obwohl die Eltern das Potenzial haetten, ein geordnetes Leben zu fuehren, entscheiden sie sich dagegen - ein buergerliches Leben entspricht nicht ihren Wertvorstellungen.
    Stattdessen halten sie sich mehr schlecht als recht ueber Wasser. Immer sind sie auf der Flucht vor Glaeubigern, weshalb sie oft ueber Nacht den jeweiligen Wohnort verlassen, immer nur mit dem noetigsten Gepaeck. Oft gibt es kein Essen und die Kinder muessen selbst schauen, wie sie zurechtkommen.
    Wichtiger ist den Eltern, dass die Kinder gebildet sind und widerstandsfaehig. Auch wird den Kindern Selbstbewusstsein vermittelt und trotz allem werden sie geliebt.
    Anfangs ist Jeannette Walls noch begeistert von ihrem Vater, mit dem es nie langweilig wird und der ihr sogar das Rechnen mit Binaerzahlen beibringt. Doch irgendwann kann sie keine Entschuldigungen mehr fuer sein immer verantwortungsloseres Verharlten finden. Auch das alte Versprechen, ihnen ein Schloss aus Glass zu bauen, nimmt sie ihm nicht mehr ab und so beginnt sie sich langsam von ihren Eltern zu loesen.


    Meine Meinung:
    Die Geschichte selbst fand ich sehr faszinierend, obwohl ich mich oft ueber die Verantwortungslosigkeit der Eltern geaergert habe.
    Die Journalistin J.W. hat die Ereignisse ihrer Kindheit chronologisch aufgefuehrt und auch lebhaft geschildert, weshalb die Geschichte auch fluessig zu lesen ist. Trotzdem hat mich gerade diese Aufzaehlung etwas gestoert, was aber auch eine Eigenart von Biographien sein kann.
    Positiv ist mir aufgefallen, dass die Autorin sich mit Schuldzuweisungen zurueckhaelt und auch kein Selbstmitleid hat.
    Auf jeden Fall gibt das Buch reichlich Stoff zum Nachdenken und es ist kein Buch, das man gleich wieder vergisst.
    Von mir bekommt das Buch 4 Leseratten.
    4ratten

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    Einmal editiert, zuletzt von fairy ()

  • Poste mal meine Rezi:


    Zunächst kurz über die Autorin:


    Jeannette Walls lebt und arbeitet als Journalistin in New York und Long Island. Sie schrieb Gesellschaftskolumnen für E! Channel und das New Yorker Magazin Intelligencer. Im Moment moderiert sie dreimal wöchentlich eine Live-Sendung im Morgenfernsehen bei MSNBC. Sie hatte eine sehr außergewöhnliche Kindheit über die sie 2005 die Autobiographie "Schloss aus Glas" veröffentlichte.


    "Schloss aus Glass" von Jeannette Walls ist aber noch weit mehr als nur eine Autobiographie. Es ist das unglaubliche Zeugnis einer unfassbaren, seltsamen Kindheit in einer verrückten Familie.


    Die kleine Jeannette wächst mit ihren 3 Geschwistern in den USA auf, in Armut und Verhältnissen, die für unser Verständnis schlimmer kaum sein könnte. In einer Familie für die man das Wort "Widerspruch" erfunden haben muss.


    Die Mutter ist eine erfolglose Künstlerin, die recht wenig Lust auf Erziehung hat und die Kinder sich selbst überlässt, dies aber mit großem Erfindungsreichtum an Worten, als antiautoritär und naturverbunden oder harte Schule für das Leben, bezeichnet.
    So ist die erste Erinnerung von Jeannette die, dass sie als Dreijährige stundenlang unbeaufsichtigt am Herd spielt, um Hotdogs zu kochen. Natürlich verbrennt sie sich extrem schlimm und muss ins Krankenhaus, aus dem sie schließlich gar nicht mehr raus will, nicht zurück in das Elend und die Armut!
    Dies ist jedoch nur ein kleiner Teil aus einem großen Fundus an schlimmen, aber auch wunderschönen Erinnerungen, die Jeannette Walls niedergeschrieben hat.
    Liebt diese (Raben-) Mutter ihre Kinder überhaupt mag man sich fragen? Sie muss es tun, wenn Jeannette nach so langer Zeit und dem Schreiben ihrer Biographie, ihre Mutter immer noch liebevoll als an die Wahrheit und an die Kunst glaubend bezeichnet. Es ist unfassbar wie belastbar die Liebe zwischen Eltern und Kindern sein kann, wie groß sie sein kann, um rückblickend warme und schöne Erinnerungen zu hinterlassen, wo eigentlich Hunger und Armut und Demütigung vorherrschten.


    Der Vater, ein Träumer und Alkoholiker und doch (oder gerade deswegen) von seinen, noch kleinen, Kindern idealisiert und glühend verehrt und geliebt, besonders von seinem Liebling Jeannette. Er schenkt ihr die Sterne, geht mit ihr nachts in der Wüste auf Dämonenjagd und verspricht ihr ein Schloss aus Glas zu bauen, in dem sie alle wohnen werden.


    Die Familie zieht von Städtchen zu Städtchen, doch immer wieder verliert der Vater die Arbeit, die Schulden türmen sich auf und sie fliehen in Nacht-und-Nebelaktionen weiter. Immer den Versprechungen des Vaters vertrauend, nun in eine goldene Zukunft aufzubrechen.
    Die Familie hält trotz der widrigen Umstände fest zueinander.
    Doch je älter die Kinder werden, desto mehr blicken sie durch und desto schwerwiegender werden auch die innerfamiliären Krisen.


    Eine der fesselndsten, ungewöhnlichsten Autobiographien, die ich je gelesen habe. Ein Buch das einen packt und nicht mehr los lässt.
    Die ganzen Geschehnisse, die für die Walls - Kinder so normal sind und einen den Atem rauben, erlebt man hautnah mit und fiebert mit den Kindern doch endlich den Absprung von dieser Familie zu schaffen, fühlt aber auch die Schmerzen eines Lebens, wenn der Abschied von dieser wirklich naht.


    Fazit:


    Ein ganz anrührendes Buch, ohne Bitterkeit, das einen oft zum Lachen bringt.
    Daher von mir:

    5ratten

  • Jeannette Walls beschreibt in diesem Buch ihre eigene Kindheit, über die sie lange geschwiegen und gelogen hat, weil sie sich ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch für die allgegenwärtige Armut schämte.


    Noch bevor sie in die Schule kommt, hat sie ein Dutzend Mal das Zuhause gewechselt, wobei als Zuhause nur ein Ort gilt, an dem man seine Sachen vollständig ausgepackt hat, einzelne Übernachtungen in Motels, dem Auto oder unter freiem Himmel werden nicht mitgezählt. Es wirkt ein wenig hippiehaft, konventionslos und sehr frei, ohne dass die Kinder darunter leiden, aber nur am Anfang. Während die Mutter ihre Rolle als Mutter ablehnt und sie sich mit der Ausrede, dass Kinder ohne Gängelband am Besten gedeihen, aus der Verantwortung stiehlt und sich statt dessen in ihr erfolgloses Künstlerdasein vertieft, schenkt der Vater den Kinder die Sterne vom Himmel und plant mit ihnen ein Schloss aus Glas, was er für sie bauen will, wenn er endlich genügend Geld und Gold dafür gefunden hat. Auf Misserfolge reagiert der Träumer mit Realitätsflucht, Alkoholkonsum und auch immer wieder mit einem Ortswechsel. Nach Jahren, die sie arm, aber relativ glücklich in den warmen Wüstenstaaten verbracht haben, flüchtet sich die Familie, als wieder einmal die Seifenblasenträume zerplatzen, nach Virginia in die Heimatstadt des Vaters. Dort wird den Kinder zum ersten mal ihre Außenseiterposition wirklich negativ bewusst und Hunger und Kälte gehören zum Alltag, ohne dass die Eltern in der Lage sind etwas an der Situation zu ändern, so dass die Kinder irgendwann ihre Zukunft in die eigenen Hände nehmen.


    Auch wenn die Kinder es zu Beginn gar nicht als so schlimm empfinden, möchte man die Eltern wegen ihrer Verantwortungslosigkeit durchschütteln. Es ist unglaublich, was die Kinder durchstehen müssen und wie sie zwar sehr schnell erwachsen werden, aber ihre Eltern immer noch lieben und versuchen ein möglichst normales Familienleben zu führen. Ein Buch welches immer wieder bedrückend wirkt, aber seinen Leser dabei nie die Hoffnung verlieren lässt, dass es ein gutes Ende nehmen wird. Hätte die Autorin dies nicht gleich zu Beginn deutlich gemacht, wären die Erlebnisse der Kinder sicherlich noch viel erschreckender gewesen. Ein Buch welches zugleich Mut macht und Erschütterung bezüglich so manch schlimmer Lebenssituation auslöst.


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

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    Klappentext:
    Jeannette Walls ist ein glückliches Kind: Ihr Vater geht mit ihr auf Dämonenjagd, holt ihr die Sterne vom Himmel und verspricht ihr ein Schloss aus Glas. Was macht es da schon, mit leerem Bauch ins Bett zu gehen oder in Nacht-und-Nebel-Aktionen den Wohnort zu wechseln. Doch irgendwann ist das Bett ein Pappkarton auf der Straße, und eine Adresse gibt es schon lange nicht mehr.
    Eine ungewöhnliche Kindheit in einer Familie, die man sich verrückter nicht vorstellen kann.


    Meinung:
    Ich kann mich meinen Vorschreiberinnen nur anschließen, das Buch hat mir gut gefallen, es lässt sich flüssig lesen und hat mich so gefesselt, dass ich innerhalb eines Tages durch war.
    Ich hatte zunächst den Klappentext nicht gelesen und war überrascht darüber, als ich merkte, dass es sich um eine Autobiographie handelte. Auch wenn ich einerseits den Mut der Eltern bewunderte, einfach ihr Leben so zu leben, wie sie es sich vorstellten und ihren Kindern durch ihre antiautoritäre Erziehung viel Freiraum ließen, überwog mit zunehmender Seitenzahl eher die Wut darüber, wie Eltern so egoistisch und gleichgültig ihren Kindern gegenüber sein können. Auch wenn deutlich wird, das vor allem der Vater an seinen Kindern (besonders an Jeannette) hängt, ist er trotzdem nicht in der Lage, wenigstens ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Die Mutter, fern von gut und böse, scheint mit dem Leben restlos überfordert.
    Erst mit zunehmenden Alter der äußerst begabten Kinder, als sie durch kleine Tätigkeiten selber Geld verdienen können, entspannt sich ihre Lage ein wenig und sie sind in der Lage, ihr Leben selber in die Hand zu nehmen und genügend Abstand zwischen sich und die Eltern zu bringen.
    Eine wirklich ungewöhnliche Autobiographie, deshalb von mir:


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Normalerweise hätte ich dieses Buch aufgrund des Klappentextes nie gelesen. Ich fürchtete eine deprimierende Geschichte über die ich mich nur ärgern würde. Bei einem Besuch bei Freunden wurde es mir nahezu aufgedrängt, mit einer wärmsten Empfehlung. Da ich geliehene Bücher ungern ungelesen zurückgebe, habe ich das Buch auf die SLW gesetzt, sozusagen um mich selbst dazu zu zwingen, und habe es nicht bereut.


    Auch ich war sehr fasziniert von der Geschichte und hatte das Buch in kurzer Zeit ausgelesen.
    Die Eltern, zumindest der Vater, einerseits liebevoll, andererseits völlig verantwortungslos und unzuverlässig, die Wurzelosigkeit der Familie, permanente Umzüge, der zunehmende und zerstörerische Alkoholkonsum des Vaters - die Autorin schafft es, die fürchterlichsten Erlebnisse und Demütigungen ihrer Kindheit größtenteils mit einem erfrischenden Humor zu schildern, wobei man an manchen Stellen als Leser durchaus schlucken muss. Die Einsamkeit und Hilflosigkeit der Kinder tuen einem selbst in der Seele weh. Oft kann man kaum glauben, was sich alles abspielt, wie oft die Eltern Chancen ihrer Kinder, und auch die eigenen, eigenmächtig zunichte machen.
    Vor allem Verständnis für die Mutter fehlte mir gänzlich, hatte sie doch für ihr Leben anscheinend ganz andere Voraussetzungen als der Vater, für den ich stellenweise Mitleid empfand. Sie agiert als Co-Süchtige, lebt in ihrer eigenen Welt und scheint für die Kinder viel weniger Verantwortung zu empfinden als der Vater, der auf seine ganz eigene Weise zumindest meistens irgendwie versucht ein guter Vater zu sein.
    Dennoch bleibt man nicht mit einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit zurück. Für die Eltern scheint die Situation die einzig wahre Lebensform zu sein. Und es ist toll zu sehen, wie es die Kinder schaffen, eigenständig aus dieser Situation herauszukommen und ihren eigenen Weg zu gehen.


    Das zweite Buch der Autorin über ihre Großmutter liegt schon bei mir bereit. Vielleicht wird das meine Sicht auf die Mutter etwas geraderücken.


    Dieses Buch bekommt von mir 4ratten

    Die Literatur gibt der Seele Nahrung,<br />sie bessert und tröstet sie.<br /><br />:lesen:<br />Alfred Kerr: Die Biographie

  • Ganz so positiv, wie das Buch hier gesehen wird, habe ich es nicht erlebt.


    Vater und Mutter waren mir von Beginn an so unsympathisch, daß ich mich gar nicht richtig auf die Geschichte einlassen konnte.
    Gleichgültig und verantwortungslos gegenüber den Kindern.
    Das unstete Leben, dessen Schilderungen den Großteil des Buches einnehmen, hat nach den ersten Wohnortwechsel leider nichts nichts neues mehr gebracht, überall ist einfach nur das selbe geschehen: die Kinder wurden sich selbst überlassen, ihre Bedürfnisse übergangen, die Eltern kamen mit Gesetz oder Nachbarn in Konflikt und die Familie zog bei Nacht und Nebel weiter. Dann geht alles wieder von vorne los.
    Ich fand das Erzählte nicht wirklich spannend.


    Erst als sich die Kinder von den Eltern lossagen und ihr eigenes Leben führen, war ich interessiert, wie es weitergeht, wie die drei es schaffen, ein geregeltes und anständiges Leben zu führen.


    Insgesamt fand ich das Buch eher schwach, am zweiten Roman, in dem es um die Großmutter von J.Walls geht, habe ich kein Interesse.

  • Jeannette Walls


    Schloss aus Glas


    The Glass Castle



    Die Familie Walls ist wohl das, was man in den USA White Trash nennt. Die Eltern sind - freundlich gesagt - sehr unkonventionell, fügen sich nicht in die Gesellschaft ein und halten sich an fast keine Regeln. In diesem Sinne wachsen die vier Kinder auf. Hier vermeide ich absichtlich die Formulierung „werden erzogen“, denn von Erziehung kann nur sehr partiell die Rede sein. Da beide Elternteile unreif, verantwortungslos und egoistisch sind, müssen die Kinder zumeist selbst sehen, wie sie irgendwie über die Runden kommen.


    Jeannette Walls erzählt ihre Geschichte, ohne Selbstmitleid aufkommen zu lassen. Die Leserin liest und wundert sich. Hat man gerade noch gedacht, die Eltern wären am Nullpunkt ihrer Pflichterfüllung den Kindern gegenüber angekommen, setzen sie leichter Hand noch eins drauf… Das macht das Buch zu einem emotional harten Brocken. Aber gleichzeitig war ich auch sehr fasziniert von der Geschichte und wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht. Ob ich nun den Vater oder die Mutter schlimmer fand, konnte ich unterm Strich nicht entscheiden. Ihre Opfer sind ihre Kinder, und die haben sich tapfer gehalten.


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:



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    Ich würde das Buch in die Sparte "Autobiografisches/Erinnerungen" einsortieren, da passt es wesentlich besser.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.