Hallo,
Ich finde den Roman gar nicht so realitätsfremd. Gerade, wenn man den beschriebenen Arbeitsrhythmus nicht kennt und er neu für Karl ist, muss er ihm umso mechanischer vorkommen. Kafka brauchte nur ganz leicht übertreiben und manchmal vielleicht auch gar nicht, um den Effekt zu erzielen. Dann kommt schon mal ein Satz zustande wie "das Grüßen wurde abgeschafft".
Das Kapitel Hotel Occidental mit den Beschreibungen der Arbeitsbedingungen umfasst kaum 30 Seiten.
ZitatDie Szenen haben nicht nur Slapstick-Charakter (diese Optik wird letzlich auch durch viele Kommentare im Web geipmpft). Ich kann sie mir auch als graue und triste, deutlich reellere Szenen vorstellen. Lass' mal Aki Kaurismäki drehen oder Katharina Thalbach für's Theater Regie führen - die Bühne als riesige Mausefalle...
Am Anfang des Romans sind mir auch Fellini und Kaurismäki durch den Kopf gegangen, doch schon beim 2. Kapitel stimmte für mich der Vergleich nicht mehr. Ich verstehe auch deine Anspielung nicht richtig, könntest du mir bitte genauer erklären, was du meinst?
Ich weiss (noch) nicht welche Optik im Web vertreten wird, seit einer Zeit weigere ich mich, da während dem Lesen eines Buches zu recherchieren, weil es mehr verwirrt als sonst was. Ich habe die hier geschriebenen Kommentare auch nicht mehr nachgelesen, ich lasse mich dann doch zu sehr beeinflussen und das ist schlussendlich nur frustrant.
Weshalb ist dir der Vergleich mit Chaplin so zuwider? Seine Filme über die Arbeiterklasse in den U.S.A. sind doch alles andere als lustig. Ich habe vereinzelte Slapstick-Elemente in Amerika ja nicht mit Stan Laurel & Oliver Hardy verglichen.
ZitatEin Ende habe ich übrigens schon vermisst, muss ich zugeben. Auch wenn es ein offenes Ende gewesen wäre, aber es hätte vom Autor gestammt mit einem bestimmten Zweck. Schade, dass dieses Buch nicht fertig wurde. Immerhin, es besteht die Möglichkeit, dass ein vollständiges Buch nochmal einen ganz bestimmten Dreh oder eine bestimmte Vervollständigung bekommen hätte.
Das sehe ich auch anders als du. Mich hat dieses "Ende" nicht gestört. Es ist eben eine Tatsache, dass Kafka der Verschollene nie beendet hat, dass es ein unvollständiges Werk ist. Er hat es ja nicht mit Absicht so hinterlassen, er wollte es in dieser Form ja nicht veröffentlichen. Für mich ist es eher ein "Dokument". Als mein Großvater starb, hat meine Oma (die nicht lesen und nicht schreiben konnte) mir Tagebücher meines Großvaters gegeben, da war auch viel unvollständig. Da mein Opa vor allem mir viel bedeutete, waren diese Hefte nur für mich und meine Familie interessant, wäre er ein guter Schriftsteller, Maler oder Musiker gewesen, hätte die Welt sich dafür interessiert...
liebe Grüsse
dora