Jane Austen - Persuasion (Überredung)

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  • Hallo,


    bis 6. Kapitel:
    Anne hat irgendwie in der Familie keinen guten Stand und ich weiß nicht warum. Sie ist intelligent, warmherzig und unkompliziert. Vielleicht eben weil sie nicht so ist wie andere Frauen und sich nicht für Bälle und Kleider in diesem extremen Ausmaß interessiert, wie es damals bei den Damen üblich war. Was mich stört, ist dass Anne so offensichtlich gekränkt wird und es anscheinend jedem egal ist, ob es ihr weh tut oder nicht:


    Zitat

    "Then I am sure Anne had better stay, for nobody will want her in Bath."


    Zitat

    ... and the affront contained to Anne, in Mrs. Clay's beeing of so much use,while Anne could be of none, ....


    Zitat

    However, at any rate, as I have a great deal more at stake on this point than anybody else can have, I think it rather unnecessary in you to be advising me.


    Aber sie ist gut genug um anderen Dinge zu sagen, die sich die betreffenden Personen nicht trauen, weil sie dann nämlich einmal ausnahmsweise ehrlich und nicht verlogen sein müssten. :kotz: Welch furchtbar dekadente Gesellschaft.


    Mittlerweile bin ich auch so weit, dass Elizabeth mir alles andere als sympathisch ist. Ich glaube sie ist einfach nur gefrustet, da sie vermutet, ihr restliches Leben als alte Jungfer zu verbringen.


    So, nun werde ich noch etwas weiterlesen, denn es baht sich ja wohl ein interessanter Besuch an, der "poor Anne" etwas beschäftigen wird. :breitgrins:


    Cait: Ich freue mich trotzdem, daß Du dabei bist. Besser wenig als gar nicht. :knuddel:


    Tina

  • Oh ja, das Warten. Ausserdem habe ich das Klavierspielen vergessen. In den Filmen ist das immerhin für die Zuhörenden meist (Marianne ja, Mary nein) ein Genuss. Oder bietet Anlass für wunderbares Geplänkel oder wenigsten Gesprächsstoff, wenn zum Wetter alles gesagt ist. :breitgrins:


    Die Verwandschaftsbesuche waren tatsächlich recht ausgedehnt. Ich vermute aber, die meisten Damen wurden, wie Anne, einfach integriert und zur Arbeit mit herangezogen. Also nicht in der Küche, aber im Gestalten der Gärten, Blumen schneiden, Kinder erziehen, Nachbarn besuchen etc. Die Familienstrukturen damals waren wohl auch anders, ich vermute, es war eine Selbstverständlichkeit, die ledige Verwandschaft aufzunehmen. Und zuhören. Vermutlich boten auch sie Abwechslung und waren deshalb gerne gesehen.


    Das sich Mr. Eliot so mokant über Seeleute geäußert hat, hat mich übrigens auch fuchsteufelswild gemacht. Anne dagegen hat die arbeitende Bevölkerung ja glühend verteidigt. Einen Moment lang fühlte ich mich an Diskussionen zwischen rechts und links erinnert, Bürgertum gegen Arbeitschaft. Und obwohl Anne keinen rechten Stand in ihrer engsten Verwandschaft hat, ihren Mund hält sie dennoch nicht. Manchmal kommt sie mir vor wie eine kleine spitze Nadel, sie richtet vielleicht nicht viel aus, aber sie ihr pieksen kann unangenehm sein.


    Eliot und Elizabeth finde ich in ihrer Haltung einfach unerträglich borniert. Diese Herablassung ohne jede Grundlage geht mir gegen den Strich, das feine Getue hinter soviel ... Nichts :grmpf:


    Cait: Ich bin im Lesrundenmittun nicht immer die Schnellste und freue mich auch, wenn später immer noch jemand da ist, der mitdiskutiert. :winken:

  • Das sich Mr. Eliot so mokant über Seeleute geäußert hat, hat mich übrigens auch fuchsteufelswild gemacht. Anne dagegen hat die arbeitende Bevölkerung ja glühend verteidigt. Einen Moment lang fühlte ich mich an Diskussionen zwischen rechts und links erinnert, Bürgertum gegen Arbeitschaft. Und obwohl Anne keinen rechten Stand in ihrer engsten Verwandtschaft hat, ihren Mund hält sie dennoch nicht. Manchmal kommt sie mir vor wie eine kleine spitze Nadel, sie richtet vielleicht nicht viel aus, aber sie ihr pieksen kann unangenehm sein.



    @spatz Ich denke Anne traut man nur wenig zu weil sie so ruhig ist, dabei ist sie eine stille, aber äußerst scharfe Beobachterin. Und sie sagt meist an den richtigen Stellen ihre Ansicht zu den Dingen im sachlichen Rahmen. Sehr schön ist wie ich finde wie man im laufe der Geschichte merkt wie sie immer mehr aus sich raus geht und auch von Lady Russel sich nicht mehr so leicht beeinflussen lässt. :smile:

    Ein nicht zu Ende gelesenes Buch gleicht einem nicht zu Ende gegangenen Weg.<br />(Weisheit aus China)<br /><br />Gruß Pinky

  • Leute, ich habe eine entsetzliche Entdeckung gemacht:
    Ich mag Anne nicht! :entsetzt:


    Okay, okay, verglichen mit den anderen ist sie immer noch die angenehmste, aber...
    ihre Selbstaufopferung geht mir so sehr auf die Nerven. Wieso wehrt sie sich nicht mal gegen die Ungerechtigkeiten, denen sie von den anderen ausgesetzt wird? Wieso muss sie immer so unerträglich "gut" sein? Wieso hält sie sich so hundertprozentig an die bescheuerten Gesetze der Gesellschaft? Usw.
    Ihr Verhalten während des Spazierganges z. B., als die Crofts mit ihrer Gefährt vorbeikommen und sich erbieten, jemanden mitzunehmen: Anne ist ja so gerührt, als Frederick sieht, wie erschöpft sie ist, und daher dafür sorgt, dass die Crofts sie einladen. Aber wieso kann sie nicht selbst sagen, dass sie müde ist? Sie ist doch immerhin eine erwachsene, 27jährige Frau, und müsste als solche doch für sich selbst sprechen können. Aber nein, das wäre ja unweiblich und außerdem ungehörig, sich so "vorzudrängeln". Ich finde es bescheuert.
    Oder ihr Verhalten in Lime: Wie sie Kapitän Benwick "predigt", er solle sich nicht zu sehr in romantischer, depressiv stimmender Poesie vergraben und ihm Vorhaltungen darüber macht, welches Verhalten angemessen ist, brachte mich auf die Palme. Sie weiß sooo genau, was richtig und falsch ist, reagiert in so engen Bahnen, dass es mich bedrückt. Hinter ihrer ganzen demütigen Haltung nach außen versteckt sich eine anmaßende, besserwissende Moraltante, die ich immer weniger mag.
    Kann irgendjemand nachvollziehen, was ich meine?


    Das Buch bedrückt mich in vielem. Diese unglaubliche Enge und Eingeschlossenheit, der die Frauen in der "besseren Gesellschaft" ausgesetzt sind, diese engen Grenzen, in denen sie nur handeln dürfen - brrr. Wenn jemand diese Grenzen überschreitet, und sei es auch nur durch einen Sprung eine Treppe hinunter (Kap 12), folgt die Strafe auf dem Fuß. Aber immerhin - Louisa springt; etwas, das Anne niemals tun würde, so sehr hat sie das angemessene Verhalten verinnerlicht. Louisa ist kindisch, Anne aber so sehr von den gesellschaftlichen Normen unterjocht, dass sie sie nicht einmal mehr als Einschränkung wahrnimmt.
    Hier frage ich mich gerade, wo Jane Austen selbst steht. Mir scheint immer mehr, dass sie die Normen als selbstverständlich hinnimmt, und nur die Personen, die diesen Regeln aus Defiziten in ihrer Persönlichkeit nicht ganz gerecht werden können, kritisiert. Dies hinterlässt bei mir ein ungutes Gefühl, und ich kann von Austens Büchern nicht mehr so uneingeschränkt schwärmen wie noch vor einigen Jahren.
    Ich hoffe nur, ich habe mich einigermaßen verständlich ausgedrückt; mir scheint das gerade nicht so der Fall zu sein.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Eigentlich halten sich doch heute auch noch größtenteils der Leute an das was man gerne in der Gesellschaft sieht. Klar mitlerweile gibt es auch einige die nicht so sind, die so genannten Außenseiter z.B. oder Exentriker. Von Annes bescheidenheit und zurückhaltung könnten sich in der heutigen Zeit mal viele eine dicke Scheibe abschneiden. Heute ist davon zuwenig vorhanden. Sicher, Anne sollte vielleicht ihren Gefühlen mehr freien lauf lassen, und sich nicht so leicht beeinflussen lassen. Das wäre ganz gut. Vor allem hat Lady Russel am Anfang der Story viel zu großen einfluss auf sie, wodurch sie für eine junge Frau ihres alters aus der heutigen sicht gesehen unselbständig wirkt. Aber das waren ja damals auch andere Zeiten. So wie wir Menschen heute auftretten, wäre damals eben wohl alles andere als willkommen gewesen. Jane Austen hat eben mir ihrem Werk, bzw. Werken einen einblick in die Gesellschaft der damaligen Zeit des Landadels uns gegeben. Aber auch ein Stück von sicher selber und von Personen ihres Umfelds.

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  • Pinky
    Ja, sie geht immer mehr aus sich raus und die Contenance geht immer mehr flöten, je öfter sie ihren Frederick vor das Gesicht bekommt. Lady Russels Einfluss nimmt auch ab, weil sie größtenteils einfach nicht anwesend ist, wenn die wichtigsten Dinge passieren. Ausserdem scheint mir Anne in Gedanken so sehr beschäftigt, dass für die Rücksicht auf andere Meinungen fast keine Zeit mehr bleibt.


    Und ja, eigentlich wollte ich das Buch ja häppchenweise lesen, mit gelben Zetteln, die Abschnitte markieren. Aber nein, die Sache hat mich dermaßen mitgerissen, dass mir jetzt nur noch das Vergnügen bleibt, die schönsten Stellen ein zweites Mal zu lesen und irgendwann auch die Anmerkungen.


    In meiner Reclam-Ausgabe gibt es übrigens ein Alternativkapitel, für 22 und 23 glaube ich. Es geht, natürlich, um das schlussendliche Zusammkommen der beiden Liebenden. Es ist das Ursprungskapitel, das später zur Endfassung umgearbeitet wurde? Hat es noch jemand zur Hand? Mich würde interessieren, welche Fassung euch besser gefällt.


    Und nochmal zurück zur Contenance. Ich musste so oft grinsen, wenn ich Annes Gedanken gelesen habe. Dieses ständige Interpretieren, diese Unsicherheit, dieses Schwanken zwischen höchstem Glück und tiefster Verzweiflung, das hineinlesen in Gesten und Ausdrücke, die Finten und Manöver, die man schlägt, um dem anderen einfach nur zu begegnen ... ich habe mich so oft wieder erkannt. JA hat diese Zeit der Verliebtheit recht treffend geschildert. ich fühlte mich in meine Teenagerzeit zurück versetzt und auch jetzt ist es eigentlich nicht wirklich anders, wenn mein Herz mal wieder in Flammen steht. In einem Lexikon habe ich heute gelesen, dass sie vermutlich einen Teil ihrer eigenen Verliebtheiten mitverarbeitet hat. Das berührt mich.

  • Saltanah
    Ich habe eine Freundin, die mag Emma nicht leiden. Dumme Kuh nennt sie diese. Ja, das gibt es :zwinker:


    Warum Anne so gut sein muss oder möchte weiß ich nicht. Vielleicht ein Ansinnen der Autorin?
    Ich nehme an, dass sie für etwas steht, wie fast alle Hauptpersonen in Austens Werk für etwas stehen.
    Vielleicht zeigt ihr Schicksal, dass auch das perfekteste Verhalten nicht unweigerlich zum perfekten Leben führt. Und ihre Überredung war meiner Meinung nach schon ein Zeichen für Schwäche. Und auch wenn es im letzten Kapitel als richtig dargestellt werden soll mit den wunderlichsten Schlangenlinien, ich halte es dann doch mit Frederick. Es war nicht die richtige Entscheidung.


    Wieso wehrt sie sich nicht? Sie wäre wohl nicht gehört worden. Unter der Fuchtel der Russel (die ich eigentlich nicht mag, da ihre Menschenkenntniss sehr parteiisch ist) und unter Nichtbeachtung der nächsten Anverwandten blieben wohl nur drastische Maßnahmen, und da steht ihr ihre Moral entgegen. Der einzige Ausriss, in die Verlobung, bricht ja auch unter Druck zusammen. Vielleicht hat sie dieser Eindruck geprägt.


    Das Einhalten der gesellschaftlichen Normen und Regeln ist natürlich ein schweres Thema. Ich behaupte mal, dass Austen diese Regeln verteidigen möchte, sie verurteilt in allen ihren Romanen deren Verletzungen aufs Schärfste. Ich denke da an Lydja Bennett und Emma. Es ist also nicht zu erwarten, dass ausgerechnet Anne eine Ausnahme bildet. Im Gegenteil. Wie ich heute gelesen habe war es gerade Austens Intention, die damalige Zeit im privaten bürgerlichen Umfeld genau zu schildern, vielleicht auch den jungen Leserinnen einen vergnüglichen Leitfaden in die Hand zu geben. Und immerhin schildert sie die Mehrheit ihrer Geschlechtsgenossinnen. Hätte die große Anzahl rebellischer Frauen, die uns die heutigen historischen Romane so verkaufen wollen, wirklich existiert, die Stellung der Frau heute wäre wohl eine ganz andere. Vielleicht sollte man zeitgenössische Literatur von den heutigen Erwartungen trennen.


    Ihr Verhalten in Lyme allerdings, da gebe ich dir recht. Moralapostel. Bis zur Anmaßung und Besserwisserei möchte ich nicht gehen, aber die Stelle habe ich stirnrunzelnd gelesen und händeringend nach Ironie gesucht, allein, ich fand keine. Schade. Noch eine Schwäche der Anne Elliot.


    Also ja, ich kann deine Meinung ein wenig nachvollziehen, auch wenn ich die Dinge anders sehen mag.
    Aber genau das regt eine Diskussion doch erst an.


    Mal abgesehen von den moralischen Grundsätzen der Zeit, dem völligen Ausklammern der politischen Realitäten und der Beschränkung auf ein eng begrenztes Sujet stehen die Bücher von Jane Austen für mich vor allem für herrliche Dialoge und ironische Betrachtungen menschlicher Charaktäre. Ich liebe das Geplänkel zwischen den Liebenden ehe sie sich kriegen, ich mag es, dass die meisten "Schwächen" der Heldinnen mit Selbsterkenntnis und Überwindung ausgebügelt werden und vor allem schätze ich die authentische Schilderung des damaligen Lebens. Jane Austen hat nicht gegen herrschende Konventionen angeschrieben um die Stellung der Frau zu verbessern, vielleicht hätte sie sich das in ihrer abhängigen Lage auch gar nicht leisten können, aber sie hat unglaublich scharf beobachtet.


    Edit: Oh man, in langen Worten das, was Pinky schon geschrieben hat. *unterschreib also*

    Einmal editiert, zuletzt von spatz ()

  • Was haltete ihr im Übrigen von der Aussage, das Frauen länger an hoffnungslosen Fällen hängen?
    Ich bin so unentschlossen, ob ich ... oder ob ich nicht ... und ob Frauen generell und Männer nicht ... oder selten ...

  • Obwohl Annes schwächen immer wieder deutlich zur geltung kommen, so finde ich das gerade ihre Fehler sie Menschlich machen. Es ist als würde dadurch ein Ausgleich zu dem perfektioniert, zurückhaltendenden erscheinenden verhalten sich entwickeln.

    Ein nicht zu Ende gelesenes Buch gleicht einem nicht zu Ende gegangenen Weg.<br />(Weisheit aus China)<br /><br />Gruß Pinky

  • Ich bin erst beim dritten Kapitel und kann noch nicht so viel zu dem Buch sagen, ausser, dass ich bis jetzt noch nicht bemerkt hätte, dass Anne die Hauptfigur in dieser Geschichte ist, wenn es nicht hinten auf dem Buch drauf stände.
    Der Vater ist mir ziemlich unsympathisch bis jetzt, zu den anderen Personen kann ich noch nichts sagen.



    Gut und schön, Sir Walter würde am liebsten diese Sorgen unterm Teppich kehren, kann man so sagen. Aber selbst als statt er sich damit befasst, sondern Lady Russel und Anne und hinter her die Vorschläge zu Einsparungen machen, lehnt er dennoch ab und nur weil er nicht auf die Materiellen Luxus Sachen verzichten will. Und Elizabeth ist ja kein Dolch besser. [...] Dabei, wäre Sir Walter auf die Vorschläge, die recht vernünftig sind eingegangen, so hätte er und seine Familie in Kellynch Hall bleiben können, als auch das sie nach ein paar Jahren schuldenfrei gewesen wären und hätten sich langsam von alle dem erholen können.


    Das ging mir beim Lesen auch durch den Kopf.

  • Hallo!


    Okay, okay, verglichen mit den anderen ist sie immer noch die angenehmste, aber...
    ihre Selbstaufopferung geht mir so sehr auf die Nerven. Wieso wehrt sie sich nicht mal gegen die Ungerechtigkeiten, denen sie von den anderen ausgesetzt wird? Wieso muss sie immer so unerträglich "gut" sein? Wieso hält sie sich so hundertprozentig an die bescheuerten Gesetze der Gesellschaft?


    Saltanah, ich kann Dich gut verstehen :bussi: Das stört mich auch, denn Anne ist nicht dumm. Sie ist sich ihrer Situation wohl bewußt und auch nicht besonders glücklich so, wie sie lebt. Dass sie trotzdem nichts dagegen unternimmt liegt meiner Meinung nach daran, dass sie sich nicht zutraut, etwas zu ändern. Schließlich bekommt sie weder von ihrer Familie noch von ihren Bekannten Unterstützung oder wird wenigstens ein bisschen aufgebaut. Wie soll sie da lernen zu kämpfen? Aber wie ich Jane Austen kenne wird sich das im Lauf der Erzählung gewaltig ändern :zwinker:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • So, ihr Lieben.


    Ich möchte mich auch mal zu dem Buch melden.
    Leider hat mich es bisher noch nicht so in den Bann gezogen. Ich wette das kommt noch. Ich bin jetzt kurz vor dem 8. Kapitel und es gefällt mir schon recht gut.
    Anne ist mir symphatisch, aber bisher habe ich noch keinen richtigen Eindruck von allen Personen.. Ich weiß nur, dass mir der Vater und vor allem Elizabeth unheimlich unsymphatisch sind.


    Eine Sache ist mir aberwieder aufgefallen und das war bisher bei jedem Jane Austen Buch:
    Es lag früher im Naturell der Frauen zurückhaltend zu sein und gepflegte Konversation zu führen.. und wenn man sich zu jemanden hingezogen fühlte durfte man es sich blos nicht anmerken lassen... außer natürlich die Person war standesgemäß.
    Ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch und jedes Mal, wenn ich eine Situation lese in der die Hauptperson übertriebene Zurückhaltung und Meidungs des Herzensmannes übt, werde ich ungeduldig und denke mir :"Oh man, hör doch mal auf so rumzupienzen und Ran an den Speck" :breitgrins: :rollen:
    Ich kann es einfach kaum aushalten bis die Personen zueinander finden. Dieses ewige um den heißen Brei reden macht mich ganz hibbelich.


    Ich bin aber schon gespannt auf meine weiteren Eindrücke. Schade, dass ich wohl erst am Wochenende so richtig zum Lesen komme.

  • Danke, Spatz und Kirsten! Es beruhigt mich, dass ihr meine Meinung über Anne nicht für die Ausgeburt überspannter Hirngespinste haltet.



    jedes Mal, wenn ich eine Situation lese in der die Hauptperson übertriebene Zurückhaltung und Meidungs des Herzensmannes übt, werde ich ungeduldig und denke mir :"Oh man, hör doch mal auf so rumzupienzen und Ran an den Speck" :breitgrins: :rollen:


    Das kann ich gut nachvollziehen, Nicole, aber andererseits macht das ja auch einen Teil des Charmes von Austens Büchern aus. Diese Unterdrückung jeglicher Spontaneität, dieses Es-geschieht-eigentlich-absolut-nichts, die verborgen unter der Oberfläche des gesellschaftlichen Scheins stattfindende Dramatik, das finde ich ebenso nervend wie anziehend.


    Leider finde ich gerade den Zettel mit meinen Aufzeichnungen nicht, daher kann ich mit keiner Kapitelangabe zu einer Szene dienen, bei der ich wirklich mit dem Kopf schütteln musste: Anne denkt über ihren Cousin, den Erben ihres Vaters, nach, der mittlerweile reformiert erscheint, dem sie seinen "neuen Charakter" aber nicht ganz abnimmt. Er ist ihr "zu beherrscht, zu wenig spontan, gibt zu wenig von sich selbst preis" (so ungefähr habe ich ihre Kritik in Erinnerung). Dies mag ja stimmen, aber diese Kritik ausgerechnet aus Annes Mund zu hören, ist doch etwas überraschend. Sie hätte dort genauso gut von sich selbst sprechen können.


    Noch eine weitere Szene ohne Kapitelangabe ist mir in Erinnerung geblieben: Sir Walter erfährt, dass Anne einen Teil ihrer Zeit bei Mrs Smith verbringt, und mokiert sich über diese. "Eine Mrs Smith, was hat denn eine Mrs Smith zu bieten, eine gemeine (im Sinne von gewöhnliche) Mrs Smith, die noch nicht mal gut aussieht und weder Geld noch gute Herkunft aufweisen kann. Natürlich sagt er damit mehr über sich selbst als über Mrs Smith aus, eingebildet wie er ist. Andererseits blieb mir die Parallele zu Annes Meinung über Mrs Clay und die verstorbene, ihr völlig unbekannte Frau des jungen Mr Elliot auf. Beide verurteilt sie als nicht angemessene Partien für Sir Walter bzw. Mr Elliot, nur aufgrund der Tatsache, dass sie nicht standesgemäß sind. Ihre Meinung ist nicht wirklich differenzierter als die Sir Walters; über den Charakter der beiden Frauen macht sie sich keinen Gedanken, nur der Aspekt ihrer Herkunft zählt.


    Kap. 21:
    Anne erfährt von Mrs Smith Neues über Mr Elliot.


    Insgesamt hat mir das Buch wieder gut gefallen, wenn auch weniger gut als früher. Dies liegt einerseits an meiner neuen Einstellung zu Anne, andererseits vermutlich aber auch daran, dass ich es als nicht ganz gelungene Hörbuchfassung gehört habe. Die Sprecherin las mir nicht neutral genug; die völlig übertriebene Stimmenverstellung bei den Dialogen störte mich so sehr, dass ich dem Inhalt nicht immer die angemessene Aufmerksamkeit schenken konnte. Aber auf jeden Fall werde ich das Buch in einigen Jahren wieder lesen.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Diese Unterdrückung jeglicher Spontaneität, dieses Es-geschieht-eigentlich-absolut-nichts, die verborgen unter der Oberfläche des gesellschaftlichen Scheins stattfindende Dramatik, das finde ich ebenso nervend wie anziehend.


    Das geht mir auch so. Bei Emma konnte ich mich hinterher nicht so richtig entscheiden, ob es mir gefallen hat oder nicht. Ich bin gespannt wie es mir mit diesem Buch ergeht.


    3. Kapitel, Mr. Elliot:

    Ich bin gerade im 7. Kapitel, Anne ist zu Besuch bei ihrer Schwester Mary, und ich bin froh, dass ich eine Weile nichts von Mr. Elliot lesen muss.


    Die folgende Stelle, die Tina schon genannt hat, ist mir auch besonders aufgefallen, das finde ich schon ziemlich unverschämt von Elisabeth:


    ansonsten finde ich Anne aber relativ sympathisch, auch wie sie es schafft ihre Schwester aufzumuntern, die ja ach so krank ist. Dazu fand ich auch folgende Stelle sehr amüsant:
    Kapitel 6:

  • Hi,


    ich habe jetzt bis 1.Buch Kapitel 13 gelesen und freue mich für Anne, daß sie endlich einmal geschätzt wird und ihre Intelligenz und Fähigkeiten anerkannt werden.
    Was Anne Selbstbeherrschung angeht und ihre übermäßige Zurückhaltung, auch wenn sie Schaden nimmt erkläre ich mir mit Selbstschutz. Sie stellt ihre Ratio über ihr Emotio weil sie nicht verletzt werden möchte. Ich kann mir vorstellen, daß sie insgeheim viel lieber spontaner und impulsiver wäre. Gerade die Aktion mit Louisas Unfall, zeigt doch wie sehr sie sich nach aussen hin im Griff hat und wie es letztlich wirklich in ihrem Inneren aussieht. Ich kann Anne sehr oft verstehen.


    Tina

  • So, ich hab jetzt auch angefangen! Das ist mein 3. Buch von Jane Austen, und ich bin gut reingekommen. An die Sprache habe ich mich schnell wieder gewöhnt, und ich bin schnell in diese Welt abgetaucht. Die Erklärungen finde ich nach wie vor sehr nützlich, auch wenn ich mittlerweile ja einiges über die Gebräuche der damaligen Zeit weiß.


    Etwas verwirrt hat mich die Verwendung des Namens Elizabeth. Der ist für mich schon vergeben, zudem ist mir diese Elizabeth nicht sonderlich sympathisch. Die Auswahl an Namen war wohl zu der Zeit recht eingeschränkt - hoffentlich taucht nicht auch noch eine Elinor auf!
    Sir Walter mag ich natürlich überhaupt nicht, allein seine Überheblichkeit und Arroganz was den Adel und angemessene Partien betrifft. Auch seine Begründungen für seine Zu- bzw. Abneigung seinen Kindern gegenüber finde ich haarsträubend.

  • Hallo,


    leider später als gedacht melde ich mich endlich zurück.
    Das 15. Kapitel habe ich mittlerweile durch, aber so ganz warm geworden bin ich mit Anne immer noch nicht. Meine Sympathie für sie begründet sich eher auf den Umstand, dass ich die anderen Personen (v.a. Sir Walter und Elizabeth, aber auch die recht nervige Mary) noch weniger mag.
    Vor allem die von Saltanah angesproche Szene in Lyme hat mich fast schon geärgert. Wenigstens sieht sie selbst ein, dass sie sich als Moralapostel aufgespielt hat. :rollen:
    Total unverschämt fand ich aber ihre Gedanken über Kapitän Benwick auf (in meiner Ausgabe) Seite 108.

    Zitat

    "Und dennoch", folgerte Anne[...]"ist sein Herz vielleicht nicht so kummervoll wie meines. Seine Aussichten werden nicht immer zerstört sein. Er ist jünger als ich, wenn nicht an Jahren, so doch an Gefühlen; er ist jünger, weil er ein Mann ist. Er wird sich wieder aufraffen und mit einer anderen glücklich werden."


    Während Kapitän Benwick's Frau gestorben ist, hat sie ihr Glück ja wohl (mehr oder weniger) selbst verbockt. Gut, sich das einzugestehen ist wahrscheinlich hart. Aber sich mit einem Witwer zu vergleichen finde ich dennoch ziemlich unpassend. Immerhin lebt ihre große Liebe noch - auch wenn sie scheinbar unerreichbar ist. Dieses Selbstmitleid...


    Was ich - wie schon bei Emma - auch nun wieder feststellen muss: Ich möchte damals nicht gelebt haben. Diese Etikette... Das wäre nichts für mich. Wobei ich gerne darüber lese. :breitgrins: Dass Anne generell eher passiv ist, stört mich auch gar nicht weiter. Sie muss sich ja nicht gleich gegen die ganze Gesellschaft auflehnen. Gegenüber ihren Schwestern könnte sie aber wohl denn mal ihren Mund aufmachen. Außerdem ist sie mir insgesamt immer noch recht blass. Ich tue mich irgendwie etwas schwer, ein genaues Bild von ihr vor meinem inneren Auge aufzubauen.


    Was mir auch noch aufgefallen ist: Krieg scheint sehr rentabel (gewesen) zu sein. An einer Stelle (muss sie noch mal suchen) kam es so rüber, als sei Krieg wünschenswert, weil man neben Ruhm und Ehre zu viel Geld kommen kann. Seltsame Einstellung in meinen Augen. Mal abgesehen davon, dass etliche Menschen darunter leiden, besteht ja auch für die eigene Person ein gewisses Risiko.


    Ansonsten lese ich das Buch nach wie vor gerne. Trotz Anne's Charakterschwäche, im doppelten Sinne. Austen's Scharfzüngigkeit ist wirklich unübertroffen und amüsant. Jetzt bin ich gespannt, was es mit Mr. Elliot auf sich hat und warum er wirklich so plötzlich zurückgekehrt ist.

  • Hallo,


    meine Gedanken zu Kapitel 17:


    Annes Gedanken zu dem Beruf einer Krankenschwester fand ich sehr schön. Weniger schön dagegen fand ich Sir Walters Bemerkung über Mrs. Smith. Wie kann man nur so arrogant und selbstherrlich sein. Mrs. Smith ist unschuldig verarmt, während seine finanzielle Misere ganz alleine seinem Unvermögen zuzuschreiben ist, mit Geld umzugehen. Mr. Elliot scheint ja sehr nett zu sein, aber Anne hat ihre Vorbehalte. Ich bin gespannt ob sie damit Recht hat. Genauso furchtbar finde ich, daß nur die Gesellschaft der Menschen zählt, von denen man seinen Vorteil erhoffen kann. Es geht in keinster Weise um Sympathie oder Charakter, sondern nur um Geld, Ansehen und ein finanziell unbesorgtes Leben.
    Ja, Anne hat sich damals sehr beeinflussen lassen und Captain Wentworth sehr verletzt, aber sie war auch noch um einiges jünger. Ich weiß nicht ob man in dem Alter und vor allem in diesem Jahrhundert, als junges Mädchen soviel Rückgrat haben konnte um sich dagegen aufzulehnen. In der heutigen Zeit fände ich ihr Verhalten einfach nur bescheuert, aber man darf nie die Zeit des Romans vergessen und dass Jane Austen ja keine Schriftstellerin unserer Zeit ist, die ihre Informationen über Verhalten und Lebensumstände aus dritter Hand hat, sondern aus eigener Lebenserfahrung. Gerade das macht für mich immer den Reiz an ihren Büchern aus, da ich das Gefühl habe, daß alle Informationen zu dieser Zeit sehr unverfälscht und ungefiltert zu bekommen.


    Tina

  • Hallo,


    Tut mir leid, dass ich erst so spät schreibe, aber komme momentan überhaupt nicht zum Lesen... hab mir das wohl schlecht eingeteilt. Hoffe ihr seid mir nicht böse! Dachte ich schreibe besser, als ich schreibe gar nicht.


    LG Cynthrax

  • Ich habe gerade Kapitel 5 beendet, und ich muss sagen dass mir Anne bisher nicht so sympathisch ist wie Elizabeth oder Elinor. Sie ist sehr duldsam und zieht sich gern zurück, ersteres musste sie durch ihre Familie sicher hart lernen. Diese Familie! Der Vater ist schon schlimm genug, aber die beiden Schwestern sind nicht wirklich besser - für die eine ist sie überflüssig, und die andere möchte von ihr bemitleidet und unterhalten werden. :rollen: Ich bin seeehr ruhig, aber in dieser Situation wäre ich schon ausgerastet! Damals natürlich undenkbar...


    Sir Walters Meinung zur Marine zeigt mal wieder eindeutig, wie er gestrickt ist. Es geht ihm nur um die äußere Fassade, eigene Vorteile, Stand und Adel. Puh, in seiner Gesellschaft würde ich krank werden! Da wünsche ich mir doch Lizzy's scharfzüngige Kommentare...
    Lady Russell macht auf mich allerdings auch keinen viel besseren Eindruck, aber zumindest hat sie Gefühle für Anne. Die Betitelung "Freundin" in der Inhaltsangabe empfinde ich allerdings als ziemlich übertrieben.


    Anne's schlimme Befürchtungen bezüglich Mrs. Clay brachten mich etwas zum Grübeln. Was genau befürchtet sie denn? Im schlimmsten Fall doch wohl eine Heirat, unter dem Stand von Sir Walter - was er sicher niemals tun würde. Also wohl doch eher die Befürchtung, was Mrs. Clay's kluger Kopf aushecken würde, wie sie Sir Walter "rumkriegen" könnte. Vielleicht eine kompromittierende Situation, die Gerüchte, der Skandal, die Folgen für den eigenen Ruf? Macht sie sich also noch Hoffnungen auf eine Heirat, und befürchtet das aus bei einer Verschlechterung ihres Ansehens?