Haruki Murakami - Wilde Schafsjagd

Es gibt 36 Antworten in diesem Thema, welches 11.658 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Saltanah.

  • Hallo!


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    Inhalt:


    Haruki Murakamis meisterhafter Bestseller um ein Schaf mit übernatürlichen Kräften, ein Teilzeit-Callgirl mit den schönsten Ohren der Welt und einen Kriegsverbrecher mit Gehirntumor ist ein fantastischer Detektivroman, inspiriert von den düsteren Werken Raymond Chandlers - nur dass dieser Fall unlösbar ist. Der Geschichtenzauberer Murakami entführt in eine Welt voll bizarrer Geheimnisse, in der Realität und Fantasie zu einem virtuosen Abenteuer verschmelzen.



    Teilnehmer:


    Nemo
    Nikki
    Saltanah
    PoeticShot
    Stefanie
    Dora
    Gonzo?


    Eine kurze Bitte: Damit das ein bisschen angenehmer zu lesen ist, postet erst, wenn ihr angefangen habt. Die Beiträge "Buch liegt bereit, ich fange heute Abend an" ziehen das ganze immer so sehr in die Länge.


    Interessant für Leserunden-Neulinge ist sicherlich die Leserunden-FAQ. Dort findet ihr auch Informationen z.B. zu Spoilern etc.


    Viel Spaß!

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

  • Bisher zwar erst das erste Kapitel gelesen, aber ich fühle mich sehr an Naokos Lächeln erinnert. Einschübe von Rückblenden in eine Zeit , als der Ich-Erzähler Student war (zusammen mit den ganzen chaotischen Zuständen, die hier nur angedeutet und in NL um einiges deutlicher ausgeführt werden), das Café und der Ich-Erzähler selbst. Irgendwie überraschen mich diese Parallelen, aber ich bin gespannt, ob es so bleibt und bis jetzt hat es mir sehr geholfen, das bekannte Murakami-Feeling zu bekommen. :breitgrins:

    Seit die Mathematiker über die Relativitätstheorie hergefallen sind, verstehe ich sie selbst nicht mehr.<br />~ A. Einstein<br /><br />Man umgebe mich mit Luxus; auf das Notwendige kann ich verzichten. <br />~ Oscar Wilde

  • Beim Lesen des ersten Kapitels fragte ich mich, ob ich denn das richtige Buch in den Händen hielte. Es war so anders als der Klappentext erwarten ließ, dass ich am Überlegen war, ob bei der Produktion meines Buches vielleicht der Text eines anderen zwischen die Buchklappen geraten war. Zwar steht oben auf jeder Seite "A Wild Sheep Chase", aber erst die Erwähnung eines Schafes im 6. Kapitel konnte mich wirklich beruhigen :breitgrins: .
    Zwar fängt das Buch relativ ruhig und "normal" an, aber spätestens mit dem Auftauchen des Ohrmodels und dem wunderbaren Dialog, der sich zwischen ihr und dem Ich-Erzähler im Restaurant entwickelt, wächst es über eine einfache Beschreibung der Zeit hinaus.


    Stil und Erzählatmosphäre gefallen mir sehr gut und die unterschwellige Traurigkeit des (ebenso wie alle anderen) namenlosen Ich-Erzählers trifft mich voll ins Herz.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo,


    Welsh ist beendet und Tosltoi muss warten, gestern hab ich mit Wilde Schafsjagd angefangen.


    Mit den Büchern von Murakami ist es bei mir immer so: wenn ich an das letzte Buch denke bin ich immer total hin und weg und wenn ich dann ein neues Buch von ihm anfange, bin ich erst enttäuscht weil ich nicht sofofrt wieder in eine wunderbare Welt eintauche. Ds dauert immer eine gewisse Zeit, bis das neue Murakami Buch mich in seinen Bann zieht.


    Soweit ich weiss ist Wilde Schafsjagd ja der Vorgänger zum Tanz mit dem Schafsmann, welches mein erstes Buch von Murakami und das bis jetzt auch fantstischste war, dass ich von ihm gelesen habe.
    Das Ohrenmodell, hat mich sofort an Tanz mit dem Schafsmann erinnert. Das Gespräch zwischen dem Erzähler und dem Model begründet eigentlich schon am Anfang des Buches, wieso ich Murakami so mag. Als wäre es das normalste auf der Welt, unterhalten die zwei sich über Ohren und darüber, die Ohren zu blockieren - wahnsinn.
    Ich bin tierisch gespannt was es mit dem Schaf auf sich hat und werde deshalb jetzt noch ne Runde Französisch büffeln und dann weiterlesen.


    Grüße Gonzo

  • Hallo Zusammen,



    Mit den Büchern von Murakami ist es bei mir immer so: wenn ich an das letzte Buch denke bin ich immer total hin und weg und wenn ich dann ein neues Buch von ihm anfange, bin ich erst enttäuscht weil ich nicht sofofrt wieder in eine wunderbare Welt eintauche. Ds dauert immer eine gewisse Zeit, bis das neue Murakami Buch mich in seinen Bann zieht.


    Ja, das geht mir auch manchmal so. Ich habe mal in einer Phase mehrere Bücher hintereinander weg gelesen, da hat es auch ein bißchen gebraucht, bis die Distanz abgebaut war und die Nähe zur Murakami-Welt hergestellt.


    Genau dem möchte ich auf die Spur kommen: was genau sie ausmacht, die Murakami Welt. :)



    Soweit ich weiss ist Wilde Schafsjagd ja der Vorgänger zum Tanz mit dem Schafsmann, welches mein erstes Buch von Murakami und das bis jetzt auch fantstischste war, dass ich von ihm gelesen habe.


    Genau. Tanz mit dem Schafsmann ist die Fortsetzung. Genau genommen gibt es auch noch zwei (?) Vorgänger-Romane, in denen der Ich-Erzähler mitspielt, wenn ich das richtig im Kopf habe. Mindestens einen. Die sind aber (aus welchem Grund auch immer?) nicht ins Deutsche übersetzt.



    Das Ohrenmodell, hat mich sofort an Tanz mit dem Schafsmann erinnert. Das Gespräch zwischen dem Erzähler und dem Model begründet eigentlich schon am Anfang des Buches, wieso ich Murakami so mag. Als wäre es das normalste auf der Welt, unterhalten die zwei sich über Ohren und darüber, die Ohren zu blockieren - wahnsinn.


    Ja. :) Diese unglaubliche Selbstverständlichkeit, mit der er solche Sachen glaubwürdig und sozusagen realitätsecht erschafft. Man glaubt alles, sofort, und eigentlich muß man noch nicht mal einen echten Schritt von der Realität in die Fantasiewelt nehmen.



    Zwar fängt das Buch relativ ruhig und "normal" an, aber spätestens mit dem Auftauchen des Ohrmodels und dem wunderbaren Dialog, der sich zwischen ihr und dem Ich-Erzähler im Restaurant entwickelt, wächst es über eine einfache Beschreibung der Zeit hinaus.


    Genau das sehe ich auch so. Vor allem den letzten Satz. Das ist ohnehin seltsam, dass man bei aller Fremdheit der Kulturen so nah dran ist an diesem Helden und seiner Innenwelt:



    die unterschwellige Traurigkeit des (ebenso wie alle anderen) namenlosen Ich-Erzählers trifft mich voll ins Herz.


    Aber das macht ja nach gemeinhin einen sehr guten Roman aus, dass er über das bloß zeitliche hinausweist. Neben anderen Dingen natürlich. :)



    Irgendwie überraschen mich diese Parallelen


    Gerade deshalb wollte ich das Buch unbedingt noch mal lesen- um da genauer hinzuschauen bei den Parallelen. Beim ersten lesen war ich ziemlich "absorbiert". :)



    Ich bin tierisch gespannt was es mit dem Schaf auf sich hat und werde deshalb jetzt noch ne Runde Französisch büffeln und dann weiterlesen.


    Da hätte ich eine Frage: ich lese das Buch ja zum zweiten Mal. Ich werde nichts vorab verraten, aber wie wollen wir es denn mit dem "Spoilern" halten? Ich kann ja erst mal alles Spoilern, was ich an konkretem, inhaltsbezogenem schreibe?



    das bekannte Murakami-Feeling :breitgrins:


    :):klatschen:


    Gruß
    Wolfgang

  • Hallo!


    Ich habe nun auch mit dem Buch angefangen und bin bis zum Kapitel 4. gekommen.


    Am Anfang haut mich Murakami nicht gerade vom Hocker. Jetzt wird es schon ein wenig spannender, aber bis zum Kapitel 4 dachte ich nur "ich brauche keinen Houllebecq auf japanisch", da das Geschriebene hauptsächlich um sexuelle Eroberungen und gescheiterte Beziehungen des namenlosen Protagnositen kreiste. Jetzt wird es langsam phantastischer (das Modell mit den wunderschönen Ohren und der seltsame Mann sind aufgetaucht) und ich bin gespannt, wie mir das gefallen wird.


    PoeticShot; was meinst Du mit der Fremdheit der Kulturen? Bis jetzt kommt es mir vor könnte der Protagonist in Paris, Los Angeles, Buenos Aires oder in sonst irgendeiner Metropole leben. Ich konnte keine kulturellen Hintergründe erkennen; zumindest bis jetzt nicht.


    Ich gehe jetzt weiter lesen, denn ich bin wirklich gespannt, was es mit diesem Schaf auf sich hat.


    Liebe Grüße
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg


  • Bis jetzt kommt es mir vor könnte der Protagonist in Paris, Los Angeles, Buenos Aires oder in sonst irgendeiner Metropole leben. Ich konnte keine kulturellen Hintergründe erkennen


    Das ging mir zu meiner Überraschung auch bei "Hard-boiled Wonderland", meinem ersten und bisher von einer Kurzgeschichtensammlung abgesehen einzigen Murakami so. Das Buch war gerade wegen seiner kulturellen Unbestimmtheit leichter zugänglich als das japanische Literatur sonst ist. Es könnte sein, dass das ein Markenzeichen Murakamis ist. Vielleicht ist er der Meinung, dass die Lebensbedingungen moderne Großstädter über alle kulturellen Grenzen hinweg ähnlich sind und dass die Internationalisierung so weit fortgeschritten ist (amerikanische Musik und französisches Essen), dass eine deutliche "Verankerung" des Buches in Japan nicht nötig/möglich ist.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • PoeticShot; was meinst Du mit der Fremdheit der Kulturen? Bis jetzt kommt es mir vor könnte der Protagonist in Paris, Los Angeles, Buenos Aires oder in sonst irgendeiner Metropole leben. Ich konnte keine kulturellen Hintergründe erkennen; zumindest bis jetzt nicht.


    Hey,


    Ich glaube, dass ist etwas was Murakamis Bücher, neben dem Phantastischen, ausmacht. Mir ging es zumindest bis jetzt mit seinen Büchern immer so, dass die Geschichten überall spielen könnten. Meistens macht er das indem er Amerikanische Musiker erwähnt oder er lässt seine Figuren nicht nur Sake und Tee trinken sondern öfters mal Whiskey und Kaffee.


    Grüße Gonzo

  • Hallo!


    Ich muß sagen, das Buch gefällt mir immer besser. Bin bereits in Sapporo, also im Kap. 7 (ich konnte letzte Nacht schlecht schlafen, Schäfchenzählen nutzte rein gar nichts, also schnappte ich mir Murakami's Schaf). Die Figuren bekommen für mich jetzt auch mehr an Substanz, sind - obwohl alles phantastischer wird - glaubwürdiger geworden. Eigenartig, nicht?


    Ich merke aber, dass ich schon seit längerer Zeit keine Bücher mit phantastischen Elementen gelesen habe. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich richtig in das Buch reinlesen konnte. Manche Stellen gefallen mir immer noch nicht; wie zB das Gespräch mit dem Chaffeur auf dem Weg zum Flughafen, wo sie über die Namensverteilung sinnieren (wozu?- ich habe das irgendwie nicht verstanden).


    Das Hotel Delphin kann ich mir sehr gut vorstellen: unauffällig, ohne Neonlampen, düsterer Eingang - es erinnerte mich an Szenen aus David Lynch's Filmen. In solchen Hotels müssen einfach eigenartige Sachen passieren!


    Liebe Grüße
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

  • Hallo zusammen,
    da ich die letzte Nacht überhaupt nicht geschlafen habe (liegt wohl an meinem Hustensirup, wirkt besser als Ecstasy und ist billiger :rollen:) habe ich einen schlechten Krimi gelesen und bis zur Hälfte den 4. Kapitel von Wilde Schafsjagd.


    Bis jetzt empfinde ich die Lektüre leicht, freundlich, manchmal musste ich schmunzeln (Unterrock), seine geistreiche und humorvolle Vergleiche bereiten mir Freude.
    Ich muss ehrlich zugeben, bis jetzt bin ich angenehm überrascht, hatte mir ein seichteres Buch erwartet.



    Am Anfang haut mich Murakami nicht gerade vom Hocker. Jetzt wird es schon ein wenig spannender, aber bis zum Kapitel 4 dachte ich nur "ich brauche keinen Houllebecq auf japanisch", da das Geschriebene hauptsächlich um S.e.x.uelle Eroberungen und gescheiterte Beziehungen des namenlosen Protagnositen kreiste.


    Auf Houllebecq wäre ich nicht gekommen, der ist doch so was von gequält, Murakamis Beziehungskram ist doch mit viel Ironie geschildert, oder?



    Beim Lesen des ersten Kapitels fragte ich mich, ob ich denn das richtige Buch in den Händen hielte.


    Genau so ist es mir auch ergangen, ich habe sogar hier im Thread nachgeschaut, ob die Titel wirklich übereinstimmen. :breitgrins:



    PoeticShot; was meinst Du mit der Fremdheit der Kulturen? Bis jetzt kommt es mir vor könnte der Protagonist in Paris, Los Angeles, Buenos Aires oder in sonst irgendeiner Metropole leben. Ich konnte keine kulturellen Hintergründe erkennen; zumindest bis jetzt nicht.


    Genau, vor allem als von Weihnachten die Rede war, habe ich mich gefragt, ob ich wirklich in Japan bin.


    Zitat

    Da hätte ich eine Frage: ich lese das Buch ja zum zweiten Mal. Ich werde nichts vorab verraten, aber wie wollen wir es denn mit dem "Spoilern" halten? Ich kann ja erst mal alles Spoilern, was ich an konkretem, inhaltsbezogenem schreibe?


    PoeticShot: Ohne Spoiler wäre schön... :smile:


    liebe Grüße
    dora


  • Bin bereits in Sapporo, also im Kap. 7


    Meinst du Teil 7? Oder ist das Buch im Deutschen nicht in 8 Teile und 43 Kapitel unterteilt? Auf jeden Fall bist du mir weit davongeeilt.


    Ich befinde mich in Teil 5/Kap.15, also in der Heimatstadt des Ich-Erzählers. Zwischendurch verließ mich leider die Faszination des Anfangs. Die Beschreibung des Luxusautos im 11. Kap. kam mir z. B. reichlich übertrieben vor. Da wollte jemand besonders originelle Vergleiche vornehmen und wurde nur platt. Auch mit den Briefen der Ratte konnte ich nur wenig anfangen. Erst die Ankunft des Erzählers in der Heimatstadt und die Beschreibung ihrer Veränderung konnte mich wieder begeistern. Hier scheint wieder die Traurigkeit des Erzählers durch, für die ich im Moment besonders empfänglich bin. Ihm fehlt ein Ziel im Leben, Lebensfreude ist ihm unbekannt, er hängt in einem Vakuum. Ich würde mich für ihn freuen, wenn sich das (z. B. durch die Jagd nach dem Schaf) ändern würde, bezweifle das aber. Besonders schlimm und treffend fand ich die Stelle im 10. Kap., in der er auf die Uhr starrt:
    As long as I stared at the clock, at least the world remained in motion. Not a very consequential world, but in motion nonetheless. And as long as I knew the world was still in motion, I knew I existed.
    Da spricht kein glücklicher Mensch!

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo!



    Meinst du Teil 7? Oder ist das Buch im Deutschen nicht in 8 Teile und 43 Kapitel unterteilt?


    Meine Ausgabe (suhrkamp) ist in acht Kapitel unterteilt, und jedes Kapitel dann in einfach durchnummerierte Teile.



    Besonders schlimm und treffend fand ich die Stelle im 10. Kap., in der er auf die Uhr starrt:
    As long as I stared at the clock, at least the world remained in motion. Not a very consequential world, but in motion nonetheless. And as long as I knew the world was still in motion, I knew I existed.


    Genau die gleiche Stelle habe ich mir auch markiert. Das andere Bild, das mir sehr gut gefallen hat, war als er auf dem im Trockenen liegenden Wellenbrecher gesessen ist. Er selber scheint ja auch gestrandet zu sein.



    Auf Houllebecq wäre ich nicht gekommen, der ist doch so was von gequält, Murakamis Beziehungskram ist doch mit viel Ironie geschildert, oder?


    Houllebecq war meine erste Assoziation, und die ist fast reflexartig gekommen. Ironie hin oder her, ich quäle mich immer durch solche Geschichten. Ist irgendwie nicht mein Ding.


    Liebe Grüße
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

  • Hallo Zusammen,


    kurz zu den kulturellen Hintergründen. Es geht da schon einigermaßen konkret um Japan- die Vorgeschichte beispielsweise gehört in die Zeit der Studentenunruhen in den Sechzigern. Später (ACHTUNG SPOILER, ich bin bei der "Zweitlesung" auf Seite 178) kommt dann ja auch einiges an japanischer Geschichte zur Sprache, vor allem im Zusammenhang mit dem "Chef"- beispielsweise die Kriegsverbrecherprozesse nach dem zweiten Weltkrieg.


    Ich glaube allerdings auch, dass der Erfolg beim Publikum und bei mir (:)) in der kulturübergreifenden Gemütslage des Helden begründet ist. Man kennt diese Gemütszustände und ich glaube, man hat auch Sympathie mit den vielen kleinen Dingen, die das Leben für den Helden lebenswert machen: Bier trinken, S-E-X, Rauchen (ich bin Ex-Raucher... :breitgrins:)


    Ab und zu stößt man allerdings auch mal auf richtiges Lokalkolorit: oder habt Ihr jemals etwas von "Regenschirm-Schließfächern" gehört? :breitgrins:


    Gruß
    PoeticShot


    EDIT: Und die Musik! Ausgerechnet die habe ich bei der Aufzählung oben vergessen. :redface:

  • Zitat

    oder habt Ihr jemals etwas von "Regenschirm-Schließfächern" gehört?


    Ähm...ja. Ich hab zwar selbst noch keine gesehen, aber irgendwie kommt mir das sehr bekannt vor. Gibt es doch in vielen Bibliotheken oder?


    Wunderschönes Buch. Mittlerweile bin ich bei dem zweiten Auto + Fahrer Kapitel und obwohl mir Sputnik Sweetheart immer noch besser gefällt, hab ich mittlerweile beim Lesen ein Ziehen im Bauch. Vor allem bei den Stellen mit dem Partner aus der Agentur. Er bezeichnet ihn ja als Trinker, der sich nur Tagsüber im Griff hat, aber er selbst hat ja auch diese Exzesse hin und wieder. Allein diese 16-Schritte Szene fand ich...irgendwie herzzerreißend. Ich weiß auch nicht. Für mich ist das Buch bisher trauriger als die anderen Murakamis. Die anderen Hauptpersonen hatten irgendwie immer noch Hoffnung oder Halt im Leben, aber er hat ja irgendwie nichts.
    Das Model zählt für mich auch nicht, weil sie so surreal ist. Sie scheint nichts zu sein, was bleiben wird.


    Was mir noch aufgefallen ist, ist die Namenslosigkeit. Am Anfang gibt es ja diese Anekdote von dem Mädchen das mit allen schlief und das jetzt für ihn keinen anderen Namen mehr hat. Alle anderen Figuren, die wichtig sind, haben auch keine Namen. Sein Partner, der Säufer, das Model, von der er nur als 'meine neue Freundin' denkt, seine Exfrau, der Sekretär, der Chef, die alte Freundin von Ratte. Ratte's richtiger Name wird nicht erwähnt und der Name Ratte ist 'selbst für einen Spitznamen zu albern'. Der einzige Name, an den ich mich konkret erinnern kann, ist der von Jay und der steht vollkommen außen vor (+ Jay ist auch nicht sein richtiger Name). Diese Anonymität sorgt bei mir für eine sehr deprimierende Grundhaltung und der Ich-Erzähler kommt mir noch haltloser vor.

    Seit die Mathematiker über die Relativitätstheorie hergefallen sind, verstehe ich sie selbst nicht mehr.<br />~ A. Einstein<br /><br />Man umgebe mich mit Luxus; auf das Notwendige kann ich verzichten. <br />~ Oscar Wilde

  • Hallo!



    kurz zu den kulturellen Hintergründen. Es geht da schon einigermaßen konkret um Japan- die Vorgeschichte beispielsweise gehört in die Zeit der Studentenunruhen in den Sechzigern. Später (ACHTUNG SPOILER, ich bin bei der "Zweitlesung" auf Seite 178) kommt dann ja auch einiges an japanischer Geschichte zur Sprache, vor allem im Zusammenhang mit dem "Chef"- beispielsweise die Kriegsverbrecherprozesse nach dem zweiten Weltkrieg.


    Sorry, dass ich so pingelig bin, aber ich zähle das zu geschichtlichen Hintergründen. Natürlich prägt Geschichte die kulturellen Entwicklungen eines Landes, aber bei Murakami scheint das alles trotzdem nicht so wichtig zu sein.


    Das mit dem Rauchen ist eine lustige Sache; damals war es anscheinend nicht so verpönt wie heute.



    Was mir noch aufgefallen ist, ist die Namenslosigkeit.


    Das stimmt, das fällt sehr stark auf. Namen scheinen einerseits nicht so wichtig zu sein, andererseits diskutieren sie mit dem Fahrer über die Namensgebung für Flugzeuge, Schiffe, Bahnhöfe. Menschen dagegen haben keine Priorität. Sogar der Kater wurde getauft und bekam einen Namen.


    Ich finde das Buch nicht wirklich traurig. Der Ich-Erzähler ist zwar ziemlich orientierungslos, aber ist er wirklich unglücklich? Ich bin mir da nicht so sicher, denn er scheint mit seiner Orientierungslosigkeit und seiner Apathie fast zufrieden zu sein.


    Liebe Grüße
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

  • Hallo Zusammen,


    man kann natürlich auch den Umkehrschluß machen- was, wenn man Japan vollkommen aus dem Buch streichen würde. Würde es dann noch funktionieren? Die Geschichte um den Ich-Erzähler selbst vielleicht? Vermutlich. Oder?


    Andererseits, und deshalb bestehe ich so auf dem kulturellen Hintergrund, formt Japan und seine Geschichte den Helden- einmal durch die Erfahrungen, die der Charakter selbst gemacht hat: die Zeit der Studententunruhen in den Sechzigern, die Siebziger mit Ihrem eher restaurativen Charakter, die Zeit, in der unser Held das Geldverdienen und Steuernbezahlen lernt. Mit welchem Ergebnis, kann man ganz gut nachempfinden, finde ich- als zwei Szenen zum Vergleich zwischen diesen beiden Zeiten kann man beispielsweise die Szene in Jays dritter Bar heranziehen, aber auch den zweiten Besuch in der Studentenkneipe.


    Aber es geht noch um einiges mehr- besonders im letzten Teil des Buches wird deutlich, wie stark die Geschicke des Helden von Ereignissen aus Japans Vergangenheit geprägt werden. Teilweise geht das ja sogar soweit, dass die Geschichte eines Dorfes, dass vor sehr langer Zeit gegründet wurde, plötzlich Einfluß nimmt auf die Geschichte des Ich-Erzählers.


    Ich denke, das Besondere ist, dass vieles von dem, was da geschrieben wird, für diverse westliche Kulturen gelten kann: zweiter Weltkrieg, die Sechziger, um mal zwei Beispiele zu nennen. Beides sind natürlich, in gewißer Hinsicht, kulturübergreifende Ereignisse gewesen. Das gilt beispielsweise auch für die (populäre) Musik, die immer wieder eine Rolle spielt.


    Ich habe leider auch die zweite Lektüre schon wieder viel zu schnell runtergerissen und widerstehe gerade dem Drang, direkt mit "Tanz mit dem Schafsmann" weiterzumachen. Vieles ist mir noch unklar...


    Wie versteht Ihr das denn jetzt beispielsweise mit dem Schaf? :)


    Es gibt auch bei mir etwas, das mir an den Geschichten von Murakamin besonders momentan so gut gefällt: viele von Murakamis Ich-Erzählern befinden sich in festgefahrenen, erstarrten Lebenssituationen. Und dann treten sie plötzlich aus dem Leben heraus.


    Schade, dass ich gleich zur Spätschicht muß... :zwinker:


    Gruß
    PoeticShot

    Einmal editiert, zuletzt von PoeticShot ()

  • Hallo Nikki,



    zB das Gespräch mit dem Chaffeur auf dem Weg zum Flughafen, wo sie über die Namensverteilung sinnieren (wozu?- ich habe das irgendwie nicht verstanden).


    Da habe ich auch gerätselt. Genau genommen ist der Kater Bückling ja die einzige weitere Person, die einen Namen hat. Ein alternder Kater mit furchtbaren Fürzen... :) Kann man das Kapitel nicht vielleicht auch als eine Art selbstreferentielle Stelle lesen- Murakami wird seine Charaktere schließlich nicht umsonst in einem seitenlangen Abschnitt darüber philosophieren lassen, wann man wem einen Namen geben muß?


    Gruß
    PoeticShot

  • Hi Saltanah,



    Da spricht kein glücklicher Mensch!


    ja, das ist insgesamt bedeutsam. Man hat so ein Gefühl dafür, was ihn denn im Einzelnen so unglücklich macht. Da spielen viele Faktoren eine Rolle: seine gescheiterte Ehe, seine Entäuschung über sein Berufsleben, das Meer, das man in seiner Heimatstadt verbaut hat. Übrigens ein interessantes Bild, das er da beschreibt: das ehemals weite Meer zu einem meterlangen, schmalen Kanal degradiert, umlagert von anonymen Appartmenthäusern... Aber könnte man konkret benennen, was die Ursache jetzt genau ist, für diese Traurigkeit?


    Ich finde auf jeden Fall, dass man diese Traurigkeit ganz spontan teilen kann. Seltsamerweise...


    Gruß
    PoeticShot


  • Das mit dem Rauchen ist eine lustige Sache; damals war es anscheinend nicht so verpönt wie heute.


    Da hätte ich eine Anmerkung zu, bezieht sich aber eher auf den letzten Teil des Buchs. Wie weit seid Ihr denn so? :)


    Gruß
    PoeticShot


  • Da hätte ich eine Anmerkung zu, bezieht sich aber eher auf den letzten Teil des Buchs. Wie weit seid Ihr denn so?


    Ungefähr Hälfte.
    Wenn du etwas zum Ende sagen möchtest, aber den noch nicht fertigen nichts genaueres veraten möchtest, kannst du ja die Spoilerfunktion benutzen:
    Auf den Knopf mit dem "S" (ganz rechts über den Smilies) klicken, zwischen [spoiler_]und [/spoiler_] den relevanten Text tippen, der dann nur zu lesen ist, wenn man ihn mit der Maus markiert. Oben drüber gerne noch schreiben, auf welchen Teil des Buches sich der Spoiler bezieht,


    Ich bin hin- und hergerissen. Zwischendrin finde ich immer wieder Szenen, die mich begeistern, aber dazwischen ist mir das Buch zu - schwer dafür das passende Wort zu finden - zu "normal". Zu sehr einem reinen Unterhaltungsroman ähnelnd. Z. B. fühlte ich mich bei dem Gespräch mit dem "seltsamen Mann" in einen Thriller versetzt, was nicht meinen Erwartungen an das Buch entspricht.
    Und auch die Sprache ist mir zu wenig kunstvoll, zu mit umgangssprachlichen Floskeln beladen. Das mag an der englischen Übersetzung liegen, aber da Alfred Birnbaum auch "Hardboiled Wonderland" übersetzt und mich diese Übersetzung gerade auch sprachlich begeistert hat, denke ich, dass es an Murakami selbst liegt. Ich sehe zwar ein, dass die Sprache gut zu dem Ich-Erzähler passt, aber trotzdem stört mich das Gefühl, so etwas ähnliches schon hundert mal gelesen zu haben.
    Dieses Gefühl wird dann aber zum Glück immer wieder abrupt unterbrochen, wenn das Buch einen Sprung auf eine andere Ebene macht und völlig absurd wird, wie zum Beispiel bei dem Gespräch mit dem Fahrer auf der Heimfahrt (Gottes Telefonnummer! Kap. 19).


    Im 6. Teil/Kap. "Sunday Afternoon Picnic" wird der Ich-Erzähler bedroht damit, dass seine Existenz zerstört würde, wenn er nicht tue, was man will. Auf seine Antwort, ihm liege nichts an seiner Existenz und "bitte schön, nehmt mir, was ihr wollt", heißt es, jeder Mensch habe etwas, das er nicht verlieren wolle. Dem Ich-Erzähler fiel dazu nicht direkt was ein, mir aber schon:


    Noch was zum Schaf, bzw. zur ersten Beschreibung des Schafsbildes, bei der gesagt wird, dass das Bild in Japan entstanden ist. Meine erste Reaktion darauf war: "Falsch! Nein, Schafe gehören nicht nach Japan!" :breitgrins: Irgendwie habe ich Schwierigkeiten damit, mir in einer typisch japanischen Landschaft eine Schafherde vorzustellen. Und eigentlich habe ich damit ja auch recht, denn die Schafe kamen erst in der Meiji-Zeit (im 19. Jahrhundert) nach Japan, sind also noch "Neubürger".

    Wir sind irre, also lesen wir!

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()