Christoph Ransmayr: Der fliegende Berg

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 2.499 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von finsbury.

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    Hallo zusammen,


    gerade habe ich im Rahmen meiner literarischen Weltreise das hier vorgestellte Buch beendet:


    Christoph Ransmayr: Der fliegende Berg


    Zum Autor:
    Der Österreicher Christoph Ransmayr wurde 1954 geboren, hat einige Romane geschrieben –sein bekanntester ist wohl „Die letzte Welt“ von 1988 und ist mit vielen wichtigen Literaturpreisen ausgezeichnet worden. Er lebt in Wien und Irland. „Der fliegende Berg“ ist sein aktueller Roman (2006).


    Zum Inhalt:
    Zwei irische Brüder brechen in den osttibetischen Transhimalaya auf, um einen bisher nicht kartierten, fast 7000 Meter hohen Berg erstzubesteigen, den die osttibetischen Hirtennomaden, die Khampas, Phur-Ri, den „fliegenden Berg“ nennen. Der ältere Bruder, Liam, projiziert in die Besteigung dieses Berges auch einen Richtungswechsel für sein Leben, der jüngere, aus dessen Perspektive die Ereignisse geschildert werden, lässt sich von seinem Bruder eher mitziehen, findet aber dann in der Hirtennomadin Niema die große Liebe. Der Aufstieg schließlich verläuft dramatisch und endet in einer Katastrophe, mit der der Leser direkt zu Beginn des Romans bekannt gemacht wird, so dass das davor liegende Geschehen in Rückblicken dargestellt wird. Dort erfährt man anhand der Eltern der beiden Brüder auch viel über das Irland der siebziger (?) Jahre, die IRA und das Lebensgefühl der Iren.


    Meine Deutung und Stellungnahme:
    Der Roman ist im so genannten Flattersatz geschrieben, d.h. mit jeder Sinneinheit beginnt eine neue Zeile, so dass der Eindruck eines Versepos entsteht. Das hemmte zunächst meinen Lesefluss, man gewöhnt sich aber schnell daran.
    Der Text ist reich an Parallelen und Sinnfälligkeiten: Zwei unterdrückte Völker werden durch die Reise der beiden Brüder miteinander verbunden: Das Jahrhunderte lang und auch heute noch im Norden von Großbritannien besetzte Irland und das von den Chinesen annektierte Tibet. Befreien kann man sich aus diesen Umklammerungen nur individuell: durch das Wagnis neuer Entdeckungen oder, wie beim Ich-Erzähler und Niema, die Witwe eines Opfers der chinesischen Willkürherrschaft ist, durch die Liebe. Ebenso wie Irland und Tibet werden Meer und Gebirge zueinander in Beziehung gesetzt: Räume, die sich letzten Endes der Einflussnahme durch den Menschen entziehen, weshalb sich auch Liams Traum nicht erfüllen kann.
    Das Thema des Romans ist interessant, es geht - wie meist in Literatur - um die großen Menschheitssehnsüchte, die oben dargestellten, originellen Parallelen lassen das Ganze nicht so abgedroschen wirken.
    Dazu kommt Ransmayrs meist schöne Sprache: Der Flattersatz lenkt den Blick auf die Durchgestaltung der einzelnen Sinnabschnitte.
    Manko: Die Aufdringlichkeit der Motivik: Selbst der Unaufmerksamste wird immer wieder plakativ auf die oben angesprochenen und andere Parallelen und Bezüge aufmerksam gemacht: Ransmayr traut seinen Lesern scheint’s nicht viel zu!
    Auch die Liebesgeschichte ist nicht so ganz nach meinem Geschmack: Sie hat ein wenig den Beigeschmack von „Zivilisationsmüder Europäer liebt schönes, exotisches Naturkind“.
    Fazit: Ein Roman für Freunde extremer Naturräume, einer gepflegten Sprache und historisch Interessierte: Die Lektüre hat sich für mich gelohnt, aber begeistert hat sie mich nicht.


    HG
    finsbury

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah () aus folgendem Grund: Coverlink eingefügt.

  • finsbury: Vielen Dank für deine Rezi. Das Buch hatte mich die ganze Zeit auch sehr interessiert. Da ich noch einiges zum lesen hier habe, warte ich dann doch lieber bis es als Taschenbuchausgabe herauskommen wird.

  • Der Roman ist im so genannten Flattersatz geschrieben, d.h. mit jeder Sinneinheit beginnt eine neue Zeile, so dass der Eindruck eines Versepos entsteht. Das hemmte zunächst meinen Lesefluss, man gewöhnt sich aber schnell daran.


    So etwas habe ich wissentlich noch nicht gesehen oder gelesen. Ich werde mal drauf achten, wenn ich dieses Buch sehe und es anlesen.

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa


  • finsbury: Vielen Dank für deine Rezi. Das Buch hatte mich die ganze Zeit auch sehr interessiert. Da ich noch einiges zum lesen hier habe, warte ich dann doch lieber bis es als Taschenbuchausgabe herauskommen wird.


    Mittlerweile ist es als Taschenbuch herausgekommen und befindet sich seit heute in meinem Besitz. :smile:

  • Hallo wolves,



    Mittlerweile ist es als Taschenbuch herausgekommen und befindet sich seit heute in meinem Besitz. :smile:


    Nun, dann wünsche ich dir viel Spaß bei der Lektüre und bin gespannt auf deine Eindrücke!


    HG
    finsbury