Kurt Vonnegut jnr.: Slaughterhouse-Five

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  • Hallo zusammen!


    Kurt Vonnegut jnr. - Deutsch-Amerikaner der 4.Generation - gerät, kaum hat man ihm die Uniform übergezogen und ihn nach Europa an die Front verschifft, auch schon in deutsche Gefangenschaft. Wir schreiben das Jahr 1944. Er wird so weit wie möglich von der Westfront wegtransportiert - nach Dresden. Als Kriegsgefangener er- und überlebt er die Bombardierung Dresdens durch die Alliierten. Er und seine Kameraden überleben, weil sie den einzigen bombensicheren Unterstand in der Stadt haben: im Schlachthof Nr. 5.


    Es wird Jahre dauern, bis Vonnegut seine Erlebnisse literarisch verarbeitet hat: Erst 1969 erscheint Schlachthof 5 oder der Kinderkreuzzug.


    Vonnegut beschreibt darin das Leben eines Amerikaners, der als junger Bursche in deutsche Kriegsgefangenschaft gerät und die Bombardierung Dresdens ebenso miter- und überlebt wie Vonnegut selber. Doch Billy Pilgrim ist eine fiktive Gestalt und hat mit Vonnegut ansonsten nur wenig zu tun. Pilgrim gerät der Zeit aus den Fugen. Immer wieder wird er von einem Punkt seines Lebens an einen andern transportiert. Er erlebt seine Geburt mit, ebenso wie seinen Tod. Er wird zwischendurch auch mal von Ausserirdischen, den Tralfamadorianern, entführt und in einem galaktischen Zoo ausgestellt.


    So, wie Vonneguts Story keine Story ist, die uns linear von Zeitpunkt A nach Zeitpunkt B bringt, so gibt es in seiner Geschichte keine Helden. Pilgrim ist eine Art unfreiwilliger Klassenclown in der Armee. Die Amis sind ein Haufen unzivilisierter Burschen aus ländlichen Gebieten, ohne Zusammenhalt, ohne Gruppengefühl. Alle andern Nationen, die Engländer, die Russen, selbst die Deutschen, ja die Tralfamadorianer, sind um einiges zivilisierter.


    Als der Roman erschien, war sich die amerikanische Öffentlichkeit des Ausmasses der Bombardierung Dresdens nicht bewusst. Vonneguts These, dass dabei mehr Menschen umgekommen seien als bei der Atombombe von Hiroshima, stützte sich dafür auf ein Werk von David Irving. Der heute als Holocaust-Leugner diskreditierte Mann galt damals als bahnbrechender Forscher, der u.a. die Zahl der Opfer als rund 135'000 festhielt. Heute wissen wir, dass die zugrundeliegenden deutschen Quellen einfach eine 0 an die tatsächliche Zahl angepappt hatten, und selbst Irving gestand seinen Irrtum ein. Vonnegut allerdings, und das ist ein Wermutstropfen in meinem Enthusiasmus für das Werk, hält bis heute offenbar an den 135'000 fest. ("Ich war da!")


    Fazit: Faszinierende Lektüre, eigenständige Schreibweise (am ehesten noch der Beat-Generation verwandt, wie ich finde), intelligente Unterhaltung.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo allerseits


    Das Buch habe ich als junges Mädchen ! gelesen - lang lang ist's her :rollen: ...... erschreckend, mitreißend, interessant und ein bisschen phantastisch, auf jeden Fall empfehlenswerte Lektüre.


    :schmetterling:


    Daniela

    bitte wühlt bei booklooker mal in meinen Angeboten (elahub) - ich verkaufe für die Katzenhilfe Göttingen :) -

  • Kenne nur die deutsche Übersetzung. Ist viele Jahre her, dass ich das Buch gelesen habe. Die Zeit-Theorie der Tralfamadorianer war mir damals völlig neu. Finde sie aber auch heute noch faszinierend.

  • Obwohl ich schon seit langer Zeit keine neuen Bücher von ihm gelesen habe, so habe ich doch die gelesenen wirklich genossen. Ein wirklich wichtiger Autor der SF ist von uns gegangen... :sauer:


    [']

    Gesegnet diejenigen, die nicht gegoogelt haben, und dennoch glauben.

  • War doch mal wieder ein Grund für eine Amazon-Bestellung...


    [size=7pt](Im Hinterkopf hatte ich Vonnegut irgendwie immer als Deutschen eingetütet)[/size]

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym, 2001

  • Zitat

    (Im Hinterkopf hatte ich Vonnegut irgendwie immer als Deutschen eingetütet)


    Man spricht ihn aber WONNIGATT. (Klasse Mann, das!)

    Wissen verwandelt Fragen in Antworten; <br />Weisheit verwandelt Antworten in Fragen.

  • Man spricht ihn aber WONNIGATT. (Klasse Mann, das!)


    Er stammt in dritter oder fünfter Generation von deutschen Einwanderern ab. Wenn ich mich recht erinner, sprachen seine Eltern noch Deutsch, haben es ihm aber zu seinem Leidwesen nicht mehr beigebracht ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hab's nun auch gelesen und weiß noch gar nicht recht, wo ich das einsortieren soll. Die vielen kleinen Episoden, die in der richtigen Reihenfolge sortiert eine Geschichte ergeben (:breitgrins:), sprechen fast jede Art von Gefühlen an - Heiterkeit, Erstaunen, Trauer, Faszination... Vonneguts Beschreibungen sind sehr bildlich. Das die Episoden so durcheinander sind, hängt wohl mit der Zeittheorie der Tralfamadorianer zusammen. Entsprechend dieser, sind die Episoden wohl geordnet (wären sie in jeder anderen Permutation aber auch :breitgrins:). Interessant ist, wie Vonnegut den Dreh mit dem Kinderkreuzzug hinbekommt.
    4ratten

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym, 2001

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    Inhalt
    Es hat über zwanzig Jahre gedauert, bis Kurt Vonnegut es schaffte, seine Erlebnisse im zweiten Weltkrieg in Worte zu fassen. 1944 gerät er in deutsche Kriegsgefangenschaft und wird nach Dresden gebracht. Mit nur wenigen überlebt er den Feuersturm auf die Stadt. Trotzdem ist Slaughterhouse 5 keine Autobiographie. Sein Held ist Billy Pilgrim, ein amerikanischer Soldat im zweiten Weltkrieg. Fiktion und Wirklichkeit wechseln sich ab ziehen den Leser in ihren Bann.


    Bis jetzt
    Es fällt mir schwer, meine Eindrücke in Worte zu fassen, obwohl mich das Buch schon mit dem ersten Satz in seinen Bann gezogen hat. Der Autor erzählt die Geschichte von Billy. Dabei kommt es mir so vor, als ob er eine Sache erzählen will, dabei aber von einem Gedanken oder Ereignis abgelenkt wird und damit weitermacht. Diese Erzählweise gefällt mir sehr gut, auch wenn das Thema sehr ernst ist. Mein persönliches Highlight ist die Episode, wie das Buch zu seinem Namen (Der Kinderkreuzzug) kam. Damit ist das Wichtigste für mich gesagt.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Der Roman steht auf meiner SUBWettenliste in diesem Jahr, vor allem auch weil er verfilmt worden ist und ich den Vergleich mit der Verfilmung ziehen werde (sollte ich ihn tatsächlich noch lesen *gg*). Ich werd also gespannt verfolgen was Du berichten wirst. Eigentlich hab ich den Roman nämlich nur deshalb auf dem SUB weil in einem meiner Teenager- Lieblingsbücher mehrmals Kurt Vonnegut erwähnt wird. (Tanz auf meinem Grab von Aidan Chambers ist das betreffende Buch.) Ich habe aber eigentlich keinen blassen Schimmer wie oder was Vonnegut eigentlich schreibt. :breitgrins:

  • Billy ist viel unterwegs. Er bewegt sich von der Gegenwart in die Vergangenheit und wird sogar von Außerirdischen entführt. Alle diese kleinen Episoden passen hervorragend zusammen, obwohl solche Zeit- und Raumsprünge normalerweise nicht meins sind. Aber hier stört es mich nicht.


    Ich bin froh, dass ich die englische Ausgabe lese. Ich überlege mir die ganze Zeit, wie man "so it goes" richtig übersetzen könnte, ohne dass es seinen Sinn (und Charme) verliert und komme auf keine vernünftige Lösung.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

    Einmal editiert, zuletzt von Kirsten ()

  • Gegen Ende bin ich mit dem vielen Zeitreisen nicht mehr so gut zurecht gekommen. Billy erging es wohl ähnlich, denn er hat immer mal wieder in der Gegenwart, in der er sich gerade befand, Bemerkungen gemacht die keiner verstehen konnte. Seine Tochter hat sich ja schon Sorgen gemacht, dass ihr Vater langsam senil wird.


    Wie fühlt man sich wenn man weiß, was passieren wird und es nicht ändern kann? Oder vielleicht auch nicht ändern will? Auf jeden Fall habe ich das Gefühl, dass Billy immer gelassener wird, je öfter er reist. Trotzdem hat es mir irgendwann gereicht.
    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ein merkwürdiges Buch, ich bin etwas ratlos.
    Das Beste war der Teil mit den rückwärts laufenden Kriegsfilmen.
    Ansonsten nicht so mein Fall, auch die sich immer wieder wiederholenden Formulierungen nervten etwas.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.