Amos Oz - Der dritte Zustand

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    OT: Ha mazaw ha schlischi
    OA: 1992
    365 Seiten
    ISBN: 3518388312


    Kurzbeschreibung
    Fima, 54 Jahre alt, chaotisch, vergesslich, ohne feste Beziehung, Sekretär in einer gynäkologischen Praxis in Jerusalem, ist eine liebenswerter, wenn auch manchmal etwas anstrengender Neurotiker.
    Tagein tagaus, sinniert er über den Sinn des Lebens, mit all seinen eigenen Sinnen. Jede Kleinigkeit gewinnt in seinem Weltbild Bedeutung. Von der Politik der Großen bis hin zu einer gestorbenen Kakerlake im Küchenschrank; aber auch all das was er mit Augen, Nase und Ohren wahrnimmt.
    Seine beiden Geliebten, sein liebenswerter mit Anekdoten um sich werfender, etwas skurriler Vater und gute Freunde, welche wirklich gute Nerven und eine immense Geduld haben, stehen ihm, in dem für ihn völlig aus der Bahn geratenen Leben zur Seite.


    Eigene Meinung
    Fima ist sehr extremer Charakter und man braucht eine Weile um diesen Mann so zu nehmen wie er ist. Er hat das zuviel, was andere zu wenig haben, nämlich Mitgefühl, Verständnis und eine fast schon erschreckenden Intensität in der Wahrnehmung seiner Umgebung und der darin vorkommenden Menschen. Fima lebt in Jerusalem und liebt es sich in politische Diskussionen einzulassen. Er ist ein radikaler Pazifist, er ist enttäuscht von seinem Land, seiner Regierung, seiner Militärherrschaft, dem fehlenden Verständnis für die andere Seite, dass die Mensch nicht in der Lage sind, in Frieden zu leben, den anderen einfach in seiner Andersartigkeit nicht unbedingt zu lieben, aber zu akzeptieren und zu respektieren. Fima ist ebenfalls die gute Seele, die immer für Dimmi, den Sohn seiner Ex-Frau und ihres neuen Mannes, da ist, wenn beide wieder einmal an einem Militärprojekt arbeiten und nicht da sein können.
    Fima ist hoch intelligent und man fragt sich fortwährend, was solch ein Geist, als Sekretär in einer gynäkologischen Praxis zu suchen hat.
    Mir erschien es oft so, dass Fima, indem er versucht die Welt, sein Land und seine Mitmenschen zu verstehen und zu analysieren, damit sich selbst gut von seinem eigenen Leben ablenkt, welches nicht gerade die Erfüllung seiner Wünsche und Sehnsüchte beinhaltet. Fima ist der liebenswerte, manchmal auch anstrengende Verrückte, der in Gedanken seine eigene Regierung aufstellt, Posten mit Freunden besetzt und versucht, zumindest imaginär diese Welt ein wenig zu verbessern. Leider fällt er dabei völlig unter den Tisch, denn er ist nicht in der Lage, seinen eigenen kleinen Mikrokosmos, der sein eigenes ganz privates Leben betrifft so in zu Handhaben, dass er dem glücklich sein auch nur annähernd nahe kommt. Seine Betrachtungen beinhalten soviel Aufmerksamkeit seinen Mitmenschen gegenüber, die eigentlich auch einmal ihm gebühren würde.
    Fima ist allerdings auch sehr anstrengend und trotzdem eine tragische Figur. Er hält ellenlange Monologe, unabhängig davon, ob der Gegenüber an diesem Thema jetzt Interesse hat oder nicht. Fima muss reden um zu leben. Muss kommunizieren um beachtet zu werden, weil er das in seiner Kindheit nicht hatte und allein im Schatten des Bruders sehen musste, wie er klar kommt.
    Bis zum Schluss bin ich mir nicht sicher, ob Fima es schaffen wird, jemals einfach nur glücklich zu sein. Das kann er nur, wenn er den dritten Zustand erreicht. Einen Zustand absoluter Selbstzufriedenheit (das ist nicht in negativem Sinne gemeint), in dem auch Fima einmal zur Ruhe kommen kann.


    Dieses Buch handelt von Akzeptanz, Respekt, Liebe, Sehnsüchten, von den Erfahrungen der Kindheit, die uns für immer prägen ohne dass wir uns dagegen wehren können, von Mitmenschlichkeit und tiefen Gefühlen. Das Buch handelt von der zerrissenen israelischen Gesellschaft, die auch die Zerrissenheit des einzelnen Israelis wieder spiegelt, welcher tagtäglich mit Politk, Tod und Gewalt konfrontiert wird, obwohl er doch eigentlich nur ein ganz normales Leben führen möchte.
    Ein weiteres Buch von Amos Oz, das definitiv lesenswert ist, geschrieben mit sehr viel Gefühl und Tiefe, aber ohne jegliche Sentimentalität. Fima ist wohl in jedem von uns ein wenig vertreten. Kein Held, sondern einfach ein Mensch, der es verdient geliebt und akzeptiert zu werden; einer der sich nicht vor anderen verbiegt, sondern zu der Skurrilität die er inne hat steht.


    4ratten


    Tina