Hallo
Hand aufs Herz:
Wer liest heute noch Gedichte?!
Aber:
Ist das Gedicht nicht eigentlich die literarische Gattung der Moderne?
Denn das zeitgenössische Gedicht mit seiner formalen Experimentierlust,
seiner lapidaren Knappheit, seiner subjektivistischen Bildsprache,
seinem sprachlichen Spielwitz, seiner unterkühlten Emotionalität,
seiner Abkehr von politischen oder psychologischen "Programmen" -
sind nicht das genau auch wichtige Mainstreams der aktuellen
deutschsprachigen Kultur- bzw. Literaturszene?
Jedenfalls gehört zu meinen grössten Leseabenteuern u.a.
die jährliche Lektüre von "Das Gedicht" (http://www.dasgedicht.de)
aus dem Münchner A.G.-Leitner-Verlag. Der aktuelle Band Nr. 14
(ISBN 978-3-929433-66-1) widmet sich dem Tier und zimmert
aus diesem Thema eine 180-seitige "Arche der Poesie".
Beeindruckend, welch weites und tiefes Meer
diese Gedichte-Arche durchmisst!
Vom kalauernden Reimen eines Frantz Wittkamp...
Zitat:
"Neunhundertneunundneunzig Bienen.
Alle summen, um mir zu dienen.
Weil ich Summa summarum bin.
Ich bin die Bienenkönigin."
...bis hin zum Mitleid eines Werner Dürrson...
Zitat:
"MANN UND KIND BEIM ANGELN
Du musst den Fisch
totschlagen
sieh mal
Kopf
schwupp gegen die
Steinkante
streicheln
weisst du
das dauert zu
lang"
...schöpft "Das Gedicht" aus einer wirklich
fulminanten Fülle zeitgenössischer Lyrik.
Bin begeistert!
Zugreifen, Leute; lest wieder Gedichte!
Gruss: Walter
Threadtitel-Icon entfernt. LG, Valentine