Paul Auster - The Book of Illusions

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    Der Literaturprofessor David Zimmer ist vom Schicksal hart geprüft: Bei einem Flugzeugabsturz kamen seine Frau und seine beiden Söhne ums Leben. Von heute auf morgen brach damit sein ganzes Leben in sich zusammen. Halt fand er schließlich in der Arbeit: Zum einen in der Übersetzung von Chateaubriands schwergewichtiger Autobiographie Mémoires d'outre-tombe, zum anderen aber in einer filmwissenschaftlichen Arbeit über den Stummfilstar Hector Mann, der in den 20er Jahren eine vielversprechende Karriere begann, dann aber auf einmal spurlos verschwand und schließlich für tot erklärt wurde.
    Einige Monate nach Veröffentlichung dieses Buches erhält nun David Zimmer einen Brief von einer Frieda Spelling, angeblich die Ehefrau Manns. Dieser soll inzwischen in New Mexico auf einer Ranch leben und bittet David Zimmer zu ihm zu kommen. Er möchte mit ihm über seine Lebensgeschichte sprechen.
    Zimmer verlangt daraufhin einen Beweis für die Echtheit des Briefes, als er jedoch nichts mehr von Frieda Spelling hört, vergisst er die Sache und widmet sich wieder ganz seinem Schmerz und Chateaubriand - bis eines Tages eine Unbekannte vor seiner Tür steht und ihn erst bittet, dann mit vorgehaltener Pistole zwingen will, ihn nach New Mexico zu begleiten. Nach einiger Aufregung und einer spontanen Liebesnacht entschließt sich Zimmer am Ende aus freien Stücken zum Mitkommen und erfährt aus dem Mund seiner Begleiterin auf dem Weg nach New Mexico, was mit Hector Mann seit seinem Verschwinden passiert ist und warum er seinerzeit überhaupt verschwand. In New Mexico angekommen nimmt allerdings ein Drama seinen Lauf, auf das niemand vorbereitet war.


    Ich habe ein ziemlich zwiespältiges Verhältnis zu Paul Auster. Zum einen ist er jemand, der ohne Zweifel sehr unterhaltsam und gut zu schreiben versteht. Auch The Book of Illusions profitiert von dieser Fähigkeit. Selbst lange beschreibende Passagen der Filme Hector Manns haben mich überhaupt nicht gelangweilt. Auster gelingt es durch das Geheimnis, von dem das Verschwinden Manns umgeben ist, den Leser auch bei solchen Abschnitten gut bei der Stange zu halten. Man hofft stets im Detailreichtum der von Zimmer zusammengetragenen Fakten Hinweise auf den Grund für Hectors Verschwinden zu stoßen und wird damit gewissermaßen auch nicht enttäuscht.


    Störend finde ich Austers unglaublichen Hang zur Hyperdramatik.Ich kenne kaum einen Schriftsteller, der in einen einzigen Text einen Flugzeugabsturz der ganzen Familie, eine hochdramatische und tragische Lebensgeschichte und ein noch hochdramatischeres und tragischeres Ende zusammenpacken würden (außer vielleicht John Irving, zu dem ich ja auch ein sehr gespaltenes Verhältnis habe, viel gespaltener noch als zu Paul Auster). Und ich finde, diejenigen, die das nicht tun, haben nicht ganz Unrecht. Austers Plot wirkt doch ein klein wenig überladen.


    Auster behandelt aber mal wieder eines meiner erklärten Lieblingsthemen: die "Familie", das ich nur sehr selten originell behandelt finde. Durch die Figur David Zimmers scheint Auster nun zunächst eine sehr abgeschottete Haltung zu propagieren: Die Familie ist das allerwichtigste, ohne sie ist das Leben nichts wert; dann gibt es eine Szene, in der Zimmer auf eine Abendgesellschaft bei Kollegen eingeladen ist, wo er sich total danebenbenimmt. Schon hier wird klar, dass angebliches Kümmern und unendlicher Kummer häufig nichts weiter sind als purer Egoismus. Und auch das dramatische Ende des Buches zeigt die Schwierigkeit der Abschottung des familiären Bereichs gegenüber dem Rest des sozialen Gefüges. Die Ich-Perspektive führt dabei zu einer weitgehenden Kommentarlosigkeit in Bezug auf diese Problematik. Das finde ich aber nach ein bisschen Nachdenken gar nicht so verkehrt.


    Alles in allem ein Buch, das mir die Neugier auf Auster wieder ein bisschen zurückgegeben hat. Den Titel The Book of Illusions finde ich dabei außerordentlich glücklich gewählt: Er bezieht sich ebenso auf die filmische Folie, die dem Roman unterliegt, als auch auf verschiedene inhaltliche Aspekte, vor allem auf die Wahrnehmung des eigenen Lebens.


    Ich bin mir übrigens sicher, dass man aus dem Text noch mehr rausholen kann, wenn man den Chateaubriand kennt, der sowohl für Zimmer als auch für Mann eine bedeutende Rolle spielt.

    Einmal editiert, zuletzt von Bartlebooth ()

  • Hallo Bartlebooth,


    Ach, das freut mich, dass Dir das Buch gefallen hat (trotz zwiespältiger Gefühle gegenüber Austers Büchern :smile:)



    Zitat

    Störend finde ich Austers unglaublichen Hang zur Hyperdramatik.Ich kenne kaum einen Schriftsteller, der in einen einzigen Text einen Flugzeugabsturz der ganzen Familie, eine hochdramatische und tragische Lebensgeschichte und ein noch hochdramatischeres und tragischeres Ende zusammenpacken würden


    Es ist interessant zu sehen, wie andere Leser seine Bücher empfinden - mir ist z.B. nie so bewusst geworden, dass sooo viel Dramatik in seinen Büchern besteht - aber wenn ich das eine oder andere dann doch unter die Lupe nehme, erkenne ich schon deinen Kritikpunkt.
    Mich reizt einfach zu einem ganz grossen Teil seine Erzählkunst, die mich mit wenigen Worten in die unmöglichsten Geschichten hineinzieht und ab dem Moment lasse ich mich auch quasi blind in JEDE Geschichte mitnehmen.


    Betreffend diesem Buch muss ich sagen, dass es eines meiner liebsten von ihm ist und mir auch besonders gut in Erinnerung geblieben ist. In meinem Leseansatz überwiegt hier die 'Entdeckung' einer Geschichte - und dieser Filmemacher und die langen Sequenzen der Beschreibung seiner Filme fand ich einfach so originell und aussergewöhnlich - hat mir gut gefallen.


    Wenn das Thema 'Familie' dir zusagt, musst du unbedingt 'Brooklyn Follies' lesen - dort finde ich nämlich dieses Thema besonders schön behandelt.


    Und sein neuestes 'Travels in the Scryptorium' rate ich fast jedem heftigst ab - das ist wirklich nur was für Fans (und ich als Fan muss sagen, dass ich arge Schwierigkeiten hatte da durch zu kommen).


    Und falls dich ein 'normaler' Krimi interessiert - sein erstes Buch wurde unter Pseudonym veröffentlicht und ist als 'Squeeze Play' von Paul Benjamin auch heute noch zu beziehen.


    Ciao
    Kenavo

  • Hallo Kenavo,


    Warum genau ist der neue Auster denn nur was für Fans? Ich bin kein Leser, der schwer verdauliches nicht mag, eher im Gegenteil. Sag ruhig ein bisschen mehr dazu.
    Krimis sind hingegen gar nicht mein Ding, ich lese allenfalls mal einen modernen Klassiker wie Poe, Glauser, Dürrenmatt oder Chandler, aber da auch nur zu einem Drittel mit Genuss. Krimis lesen finde ich irgendwie doof, hören ist o.k.
    Eigentlich habe ich für meine nächste Auster-Lektüre "Das Land der letzten Dinge" ins Auge gefasst, das ist ja, wenn ich es richtig verstehe, so eine Art Dystopie. Das mag ich ja insgesamt sehr gern.
    Mir beim Thema "Familie" was zu empfehlen ist heikel. Wie gesagt finde ich es ja häufig sehr ätzend und konservativ behandelt. Ab einem gewissen Reflexionsgrad, der mir bei Paul Auster grundsätzlich gegeben scheint, kann es dann aber sehr spannend werden... Worum geht es denn in "Brooklyn Follies"?


    Herzlich, B.


  • Störend finde ich Austers unglaublichen Hang zur Hyperdramatik.Ich kenne kaum einen Schriftsteller, der in einen einzigen Text einen Flugzeugabsturz der ganzen Familie, eine hochdramatische und tragische Lebensgeschichte und ein noch hochdramatischeres und tragischeres Ende zusammenpacken würden (außer vielleicht John Irving ...)


    Ich bin mittlerweile großer Verehrer von Paul Auster, wobei ich der SZ ein Dank aussprechen muss. Leider hab ich diesem Meister bisher zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. "Im Land der letzten Dinge" kann ich dir aber wärmstens empfehlen.
    Von hochdramatischen Szenen ist mir bisher nichts bekannt, bei Irving allerdings kann ich Dir zustimmen - dort jedoch rechnet man jeden Augenblick mit solchen Szenen - es wäre kein Irving, fände man nichts dergleichen.


    Gruß,
    dumbler

  • Hallo Bartlebooth,


    ach welch ein schönes Thema - ich kann ohne schlechtes Gewissen gaaaaanz laaaaange und viiiiieeeeel über den lieben Paul reden :zwinker:


    Warum ich den neuen Roman von Paul Auster als 'nur für Fans' empfinde? (gleichzeitig kleine Berichtigung: das 'Scriptorium' wird nicht mit 'y' geschrieben, wie ich es gestern tat):
    Nun, Inhalt (des sehr dünnen Buches - was nicht unbedingt mit Qualität zu tun hat aber in diesem Fall so aussieht, als ob er sich unter Zeitdruck befand und schnell irgendwas abliefern musste) ist folgender: ein älterer Mann (im Alter von Auster!) erwacht in einem Zimmer wo er sich nicht erinnern kann wie er dorthin gekommen ist, noch wie lange er schon dort ist. Nach und nach kommen Leute in dieses Zimmer um ihm Essen zu bringen, mit ihm zu reden, .. und anhand der Namen erkennt der 'Fan' - das sind Protagonisten aus Büchern früherer Auster-Bücher. Damit ist nicht unbedingt die Voraussetzung gegeben, dass man alle seine Bücher gelesen haben muss, um diese Personen zu erkennen - aber so leid es mir für Auster tut - die Handlung MIT diesen Personen ist ziemlich schal und uninteressant und somit nicht mal für einen begeisterten Leser seiner Bücher von Belang (die Kritik hat einen Bezug zu Beckett gemacht, mit dem ich vielleicht nichts anfangen kann, weil ich Beckett nicht gelesen habe) - aber mir war diese Handlung etwas zu dürftig, obwohl ich es eigentlich noch ganz witzig fand, dieser Idee nach zu gehen - aber eben für ein ganzes Buch reicht so etwas nicht aus - und tut es auch nicht.
    Weil daneben gibt es noch eine weitere 'Handlung': in diesem Zimmer befindet sich ein Manuskript, das der Mann (Mister Blank!) zwischen den Besuchen der einzelnen Personen liest - und entgegen seinen (Paul Auster) sonstigen Aussagen ist dieser Text abstrus-politisch. Nicht, dass mich das stören würde - aber noch genau vor einem Jahr habe ich Paul Auster live erlebt und er sagte damals, dass er sich immer und gerne zu politischen Fragen äussern würde - in journalistischer Art und Weise - niemals als Autor in seinen Büchern - und dann kommt er ein Jahr danach dann doch mit so einem halbgaren Text innerhalb von einem eh schon schwachen Buch???
    Naja - bei mir hat er ja noch zig Pluspunkte - aber ich würde das Buch wirklich nicht unbedingt als absolut empfehlenswerte Lektüre angeben - dafür gibt es noch viele andere gute Bücher von ihm!!


    Witzigerweise würde ich auch 'Das Land der letzten Dinge' nicht empfehlen - das Buch von ihm, mit dem ich wirklich überhaupt nichts anfangen konnte. Zu utopisch, zu düster, zu...
    Aber schön, dass Dumbler :winken: zu genau diesem Buch so eine positive Bemerkung gemacht hat - jetzt darfst du dir also aus (+) und (-) etwas aussuchen :smile:


    Krimis lese ich auch nicht (ausser Leonardo Padura und seinen Mario Conde - und das auch nur weil diese Bücher für mich nicht richtig in die Kategorie 'Krimi' passen und ausserdem finden sie auf Kuba statt - das ist hier ausschlaggebend!!) - und das Buch von Paul 'Benjamin' Auster habe ich halt auch nur der Vollständigkeit halber gelesen - wenn es mich bei einem Autor gepackt hat dann lese ich meistens auch ALLES - und 'alles' hiess bei Auster eben auch 'Krimi' (war aber schon interessant zu sehen, wie seine Liebe für 'Zufälle' und viele Elemente seiner späteren New-York-Trilogie hier schon vertreten sind - ausserdem ist ein Thema darin Baseball - und ich mag diesen Sport ja sehr! Spätestens seit Philip Roth und seinem 'The great American Novel' auch literarisch ein Genuss!!)



    Zu 'Brooklyn Follies'
    Nun gut: Inhalt ist schwer wiederzugeben, da auf über 300 Seiten bei Auster ja SEHR viel passiert - aber um dir einen kleinen Eindruck zu geben: Nathan Glass zieht nach Krebserkrankung und Frühpensionierung nach Brooklyn wo er seinem Neffen (Familie!! :smile:) begegnet, der in einem Buchantiquariat als Aushilfe arbeitet. Wie die beiden sich über familiäre Bande hinaus anfreunden, zusammen an einem Projekt von Nathan arbeiten (ihm schwebt ein 'Lebenswerk' vor - eine kuriose Zettelsammlung ist der Ausgangspunkt). Schliesslich taucht dann aber auch noch die Tochter der verschollenen Tochter (Familie!) von Nathan auf - und wie die aus den Klauen von christlichen Fundamentalisten gerettet wird ist alles in allem ganz toll beschrieben und für mich neben 'Book of Illusions' mein Lieblingsbuch von ihm.
    (Kleiner Tipp: bei Amazon findest du dazu ein paar ganz tolle Rezensionen, die dir vielleicht einen noch besseren Einblick geben können).


    Ciao,
    Kenavo

    Einmal editiert, zuletzt von Kenavo ()


  • Witzigerweise würde ich auch 'Das Land der letzten Dinge' nicht empfehlen - das Buch von ihm, mit dem ich wirklich überhaupt nichts anfangen konnte. Zu utopisch, zu düster, zu...


    Das stimmt wohl alles, Auster begeht hier Stilbruch - so ganz anders als die anderen Bücher, die ich von ihm gelesen habe. Was jedoch nicht heißen soll, daß es weniger gelungen ist. Als "zu utopisch" würde ich die Thematik noch nicht einmal bezeichnen, Deutschlands Kassen sind leer - noch ein wenig leerer (ein sehr bezeichnendes Superlativ), die Menschen noch ein wenig hilfloser und verzweifelter und schon steckt man mitten drin, "Dystopie" trifft es genau.


    Gruß,
    dumbler

  • Dumbler

    Zitat

    Als "zu utopisch" würde ich die Thematik noch nicht einmal bezeichnen, Deutschlands Kassen sind leer - noch ein wenig leerer (ein sehr bezeichnendes Superlativ), die Menschen noch ein wenig hilfloser und verzweifelter und schon steckt man mitten drin, "Dystopie" trifft es genau


    Ja - unter diesem Aspekt hast du absolut recht.
    Die Zeit meiner Lektüre dieses Buches liegt schon etwas weiter zurück und ich hatte damals so eine Vision vor Augen wie George Orwell's '1984' und mir war das damals etwas zu düster und Illusionslos.
    Vielleicht ein Grund mal wieder in das Buch hineinzulesen!


    Kenavo

  • Hallo Zusammen,


    ich habe jetzt bewusst mal ganz oberflächlich über Eure Postings hinweg gelesen, weil ich das Buch gerade erst begonnen habe. Mir gefällt es bis hier hin (ca. S. 150-

    sehr gut. Was ich tatsächlich ebenfalls erstaunlich finde, ist die Einfallsgabe, mit der sich Auster Hectors Filme ausgedacht hat. Sehr beeindruckend.


    Aber irgendwie fehlt mir gegenüber seinen anderen Büchern bisher etwas. Vielleicht etwas wie eine bestimmte Atmosphäre...


    Na, kann ja noch kommen.


    Gruß
    Wolfgang


  • Aber irgendwie fehlt mir gegenüber seinen anderen Büchern bisher etwas. Vielleicht etwas wie eine bestimmte Atmosphäre...


    Hallo,


    welche anderen Bücher hast du denn von Paul Auster gelesen?
    Ich tue mich eigentlich recht schwer damit, Bücher von ihm untereinander zu vergleichen - für mich steht jedes als Einzelnes und ich finde meistens den Grundton der mich an Auster und seine Form des Schreibens erinnert, aber ansonsten bin ich immer bereit mich auf seine verschiedenen Phantasien und 'Zufallsorgien' einzlassen
    (Ausnahme bisher 'Das Land der letzten Dinge' und sein letztes 'Travels in the Scyptorium')


    Grüsse,
    Kenavo

  • EInfacher wäre es vermutlich zu sagen: welche habe ich nicht gelesen... :) So wie ich das überblicke sind das alle Bücher ab 2002. In dem Jahr hatte ich eine Auster Phase und habe so ziemllich alles von ihm gelesen.


    Ich versuche das mal zu konkretisieren: es geht Austers Charakteren häufiger "ans Leder", sprich sie sind auf die ein oder andere Art und Weise existentiell bedroht, in der Krise. Das ist der Held von "Buch der Illusionen" natürlich auch durch den Tod seiner Familie. Er denkt explizit über Selbstmord nach etc. Aber es wirkt eben nicht so.


    Aber wie gesagt: ich stehe ja noch am Anfang mit meiner Lektüre. Kann auch daran liegen, dass ich einen Großteil der anderen Bücher auf Englisch gelesen habe, das hier aber auf Deutsch...


    Findest Du denn tatsächlich, dass Austers Romane insgesamt sehr unterschiedlich sind? Ich finde gerade die "Atmosphäre" ist in vielen Büchern sehr vergleichbar...


    Gruß
    Wolfgang


  • Findest Du denn tatsächlich, dass Austers Romane insgesamt sehr unterschiedlich sind? Ich finde gerade die "Atmosphäre" ist in vielen Büchern sehr vergleichbar...


    Nein - in der Tat, sie sind (für mich) nicht allzu unterschiedlich - die Atmosphäre verbindet die meisten wie ein Gewebe, das durch seine Art und Weise zu schreiben entsteht. Ich habe seine Bücher teils auf englisch, teils auf deutsch gelesen ('Brooklyn Follies' auf Französisch, da er seinem Verlag in Frankreich einen grossen Dank schuldete und es dort 3 Monate VOR dem englischen Original herauskam - ich bin leicht ungeduldig bei seinen Büchern und wollte nicht warten :smile:) und seit ich seine englische 'Stimme' gelesen habe, will ich sie allerdings auch nur noch so lesen.
    Was ich allerdings nach wie vor meine - die Bücher haben eine Grundatmosphäre - aber durch meine Erfahrung mit Nicht-Fans von Auster habe ich gemerkt, dass viele Leute unterschiedlich auf seine Bücher reagieren - d.h. jemand, dem z.B. 'The Book of Illusions' gefallen hat, konnte mit einem anderen Buch, das ich daraufhin empfohlen habe, gar nichts anfangen. Und das ist mir mehrmals passiert, woraufhin ich mir gedacht habe - wenn der 'Auster-Virus' einen nicht befallen hat, sieht man die Bücher wirklich ganz unterschiedlich :smile:
    Ich weiss nicht, ob irgendetwas von dem Kauderwelsch verständlich ist :zwinker: aber es liegt wohl daran, dass ich etwas durcheinander bin da ich auf deiner Seite aboutmusic.de gesehen habe, dass du Patricia Barber Fan bist - und das ist jetzt total OFF TOPIC aber dazu muss ich dir kurz sagen, dass ich die Frau 2x hier im Land live erleben durfte und neben dem Konzert von Lizz Wright gehören diese Abende zum Besten was ich in Punkto Live Jazz erleben durfte!


    'Blaue' Grüsse :zwinker:
    Kenavo

    Einmal editiert, zuletzt von Kenavo ()

  • Hi Kenavo,



    Nein - in der Tat, sie sind (für mich) nicht allzu unterschiedlich - die Atmosphäre verbindet die meisten wie ein Gewebe, das durch seine Art und Weise zu schreiben entsteht. Ich habe seine Bücher teils auf englisch, teils auf deutsch gelesen ('Brooklyn Follies' auf Französisch, da er seinem Verlag in Frankreich einen grossen Dank schuldete und es dort 3 Monate VOR dem englischen Original herauskam - ich bin leicht ungeduldig bei seinen Büchern und wollte nicht warten :smile:) und seit ich seine englische 'Stimme' gelesen habe, will ich sie allerdings auch nur noch so lesen.


    Leider ist mein Französisch nicht besonders gut- eins der Bücher, die man sicher auch auf Französisch lesen kann, ist die Entdeckung der Einsamkeit... Die Beschreibung des kleinen Zimmers hat mich ursprünglich mal neugierig auf Auster gemacht...



    Was ich allerdings nach wie vor meine - die Bücher haben eine Grundatmosphäre - aber durch meine Erfahrung mit Nicht-Fans von Auster habe ich gemerkt, dass viele Leute unterschiedlich auf seine Bücher reagieren - d.h. jemand, dem z.B. 'The Book of Illusions' gefallen hat, konnte mit einem anderen Buch, das ich daraufhin empfohlen habe, gar nichts anfangen. Und das ist mir mehrmals passiert, woraufhin ich mir gedacht habe - wenn der 'Auster-Virus' einen nicht befallen hat, sieht man die Bücher wirklich ganz unterschiedlich :smile:



    Ich weiss nicht, ob irgendetwas von dem Kauderwelsch verständlich ist


    Ich glaube schon: Du meinst, dass "wir" Infizierte die Bücher ohnehin anders lesen?



    da ich auf deiner Seite aboutmusic.de gesehen habe, dass du Patricia Barber Fan bist - und das ist jetzt total OFF TOPIC aber dazu muss ich dir kurz sagen, dass ich die Frau 2x hier im Land live erleben durfte und neben dem Konzert von Lizz Wright gehören diese Abende zum Besten was ich in Punkto Live Jazz erleben durfte! :smile:


    Wiederum OFF TOPIC: Ja, ich war auch sehr angetan. Eigentlich ein totaler Zufall, ein Mitschreiber drüben bei uns im Musikforum hatte Mitfahrer für ein Patricia Barber Konzert in Amsterdam gesucht und da habe ich mich kurzerhand mit eingeklinkt. Das war ein wirklich eindrucksvolles Konzert. Ich muß gestehen, dass ich vorher gar nicht sooo ein Fan von Patricia Barber war, aber seitdem beschäftige ich mich ziemlich regelmäßig mit ihrer Musik.


    Auch das Bimhuis in Amsterdam als Veranstaltungsort kann man nur empfehlen. Und drumherum in Amsterdam haben wir auch einiges unternommen (Van Gogh Museum etc.). Wird eigentlich mal wieder Zeit, so eine gemeinsame Unternehmung bei uns anzustoßen... :)


    Zu Lizz Wright: Dreaming Wide Awake ist schon länger auf meiner Einkaufsliste....


    ON TOPIC
    Sagt mal, es ist bei mir schon eine Weile her, dass ich Moon Palace gelesen habe... Wie war das zeitlich noch mal einzuordnen, ich meine im Sinne von Jahreszahlen?



    'Blaue' Grüsse zurück :breitgrins:
    Wolfgang

  • Hallo PoeticShot, Kenavo,


    Zitat von "Kenavo"

    d.h. jemand, dem z.B. 'The Book of Illusions' gefallen hat, konnte mit einem anderen Buch, das ich daraufhin empfohlen habe, gar nichts anfangen. Und das ist mir mehrmals passiert, woraufhin ich mir gedacht habe - wenn der 'Auster-Virus' einen nicht befallen hat, sieht man die Bücher wirklich ganz unterschiedlich


    Beschreibst Du hier nicht ein allgemeines Merkmal von Fandom? ich möchte sagen: Gewöhnlich nehme ich Bücher immer unterschiedlich wahr, egal ob sie von einem/r Autor/in geschrieben sind, die ich insgesamt mag.

    Zitat von "PoeticShot"

    Ich glaube schon: Du meinst, dass "wir" Infizierte die Bücher ohnehin anders lesen?


    Das wäre eine andere Formulierung. Hat aber, wie gesagt, mE konkret nichts mit Auster zu tun, sondern lässt sich auf jede Art von "Verfallensein" beziehen.


    Zitat von "PoeticShot"

    Ich versuche das mal zu konkretisieren: es geht Austers Charakteren häufiger "ans Leder", sprich sie sind auf die ein oder andere Art und Weise existentiell bedroht, in der Krise. Das ist der Held von "Buch der Illusionen" natürlich auch durch den Tod seiner Familie.


    Krisen- oder Ausnahmesituationen eignen sich ganz allgemein gut, um an ihnen einen Romanplot aufzuhängen. Das alltägliche Einerlei ist selten erzählenswert. Auch hierin kann ich keine Auster-Spezifik erkennen. ;)

    Zitat von "PoeticShot"

    Er denkt explizit über Selbstmord nach etc. Aber es wirkt eben nicht so.


    Das verstehe ich nicht. Er denkt "explizit" über etwas nach, es "wirkt" aber nicht so? Ich finde, es wirkt sehr, als dächte er über Selbstmord nach (tut er ja auch. Explizit ;-)).


    Lizz Wright mag ich übrigens auch, vor allem "Blue Rose". :)


    Herzlich: Bartlebooth.


  • Ich glaube schon: Du meinst, dass "wir" Infizierte die Bücher ohnehin anders lesen?


    Dank Dir für dein Deutsch :smile: JA! genau das habe ich gemeint :smile:


    und ich gebe Bartlebooth absolut recht:


    Beschreibst Du hier nicht ein allgemeines Merkmal von Fandom? ich möchte sagen: Gewöhnlich nehme ich Bücher immer unterschiedlich wahr, egal ob sie von einem/r Autor/in geschrieben sind, die ich insgesamt mag.


    Ich habe mich in diesem Thread auf Auster bezogen - da es um ein Buch von ihm geht - aber ich habe einige andere Autoren, die ich so sehr mag, dass ich überhaupt nicht mehr objektiv darüber urteilen kann und vermeide sie von daher auch meistens zu empfehlen, da ich umso enttäuschter bin, wenn Leute dann meine 'Schätze' als 'Mittelmass' oder schlimmer abtun - oder noch grausiger ankommen und meinen 'naja.. ging so..' :grmpf:
    :zwinker:



    OFF-TOPIC - Von Lizz Wright kann ich die beiden CD's empfehlen die es derzeit gibt - und falls die Gelegenheit besteht - die Frau unbedingt Live erleben - ein Wahnsinn. Im Gegensatz zu Patricia Barber tut sie sich etwas leichter mit ihrem Publikum und hat eine dermassen starke Ausstrahlung und Wärme - das Publikum wollte die Frau jedenfalls an dem Abend nicht mehr nachhause gehen lassen, da hatten sich integral 350 Leute haltlos in die verliebt :zwinker:


    Grüsse,
    Kenavo

  • Hallo Zusammen,


    ==> Bartlebooth



    Beschreibst Du hier nicht ein allgemeines Merkmal von Fandom? ich möchte sagen: Gewöhnlich nehme ich Bücher immer unterschiedlich wahr, egal ob sie von einem/r Autor/in geschrieben sind, die ich insgesamt mag.
    [...]
    Hat aber, wie gesagt, mE konkret nichts mit Auster zu tun, sondern lässt sich auf jede Art von "Verfallensein" beziehen.


    Mhm. Also Fandom ist so ein Begriff, den ich ungerne auf mich selbst anwende. Klingt irgendwie nach kreischenden Teenies und Bravo-Starschnitt... :breitgrins:


    Trotzdem trifft er natürlich in gewißer Hinsicht die Situation- es ist schon so, dass ich Bücher von bestimmten Autoren einfach deswegen lese (und zu Ende lese) weil ich den Verfasser besonders schätze...


    Das liegt dann aber meist auch daran, dass ich schon so viel von dem betreffenden Autoren gelesen habe, dass ich auch in einem weniger starken Buch genug Elemente dessen finde, was mich ursprünglich mal neugierig gemacht hat... So geht es mir aktuell beispielsweise mit dem "Buch der Illusionen".



    Krisen- oder Ausnahmesituationen eignen sich ganz allgemein gut, um an ihnen einen Romanplot aufzuhängen. Das alltägliche Einerlei ist selten erzählenswert. Auch hierin kann ich keine Auster-Spezifik erkennen. ;)


    Klar- in gewißer Hinsicht könnte man das grundlegende Ablaufschema von Literatur oder Fiktion insgesamt auf "Krise" und "Überwindung" verkürzen.


    Ich habe mich da auch etwas unpräzise ausgedrückt-



    Das verstehe ich nicht. Er denkt "explizit" über etwas nach, es "wirkt" aber nicht so? Ich finde, es wirkt sehr, als dächte er über Selbstmord nach (tut er ja auch. Explizit ;-)).


    :)


    Ich finde, und es geht mir auch einige Seiten weiter noch so, dass Auster hier diese Zustände eher beschreibt als dass er sie zur Darstellung bringt. In anderen Büchern war man viel näher dran an den Helden.


    Anders ausgedrückt: Wir erfahren in "Book of Illusions" zwar, dass David Zimmer jeden Abend eine halbe Flasche Whiskey trinkt und mit einem Röhrchen Schlaftabletten spielt. Das ist aber nicht die Innenansicht, die mich an Austers Romanen bisher immer so fasziniert hat.


    Auch das Verlustgefühl bzgl. seiner Familie wird als Fakt beschrieben aber nicht in seiner Wirkung präsent gemacht.


    So ist zumindest bislang mein Eindruck. Oder nehmt die Szene auf dem Highway in Richtung Flughafen. Auch das passiert alles ziemlich distanziert, oder bin ich mit dieser Meinung alleine? :)


    ==> Kenavo



    Ich habe mich in diesem Thread auf Auster bezogen - da es um ein Buch von ihm geht - aber ich habe einige andere Autoren, die ich so sehr mag, dass ich überhaupt nicht mehr objektiv darüber urteilen kann und vermeide sie von daher auch meistens zu empfehlen, da ich umso enttäuschter bin, wenn Leute dann meine 'Schätze' als 'Mittelmass' oder schlimmer abtun - oder noch grausiger ankommen und meinen 'naja.. ging so..' :grmpf:
    :zwinker:


    O.k., auf eine Art ist es natürlich immer unschön, wenn die Hausheiligen gelästert werden. :)


    Aber so lange die Kritik nicht in die Richtung "Mittelmaß" etc. geht, sondern fundiert ist, finde ich es eigentlich eher spannend zu sehen, was genau den anderen denn nicht gefällt an den Büchern. :)


    Ich erhalte mir auch meist (so das denn geht) schon meine Objektivität und finde oft auch tadelnswertes an meinen Lieblingsautoren. Andererseits geht meine Zuneigung für sie vermutlich so weit, dass ich diese "Fehler" ausgesprochen nachsichtig übergehe...



    Lizz Wright mag ich übrigens auch, vor allem "Blue Rose". :)



    OFF-TOPIC - Von Lizz Wright kann ich die beiden CD's empfehlen die es derzeit gibt - und falls die Gelegenheit besteht - die Frau unbedingt Live erleben - ein Wahnsinn. Im Gegensatz zu Patricia Barber tut sie sich etwas leichter mit ihrem Publikum und hat eine dermassen starke Ausstrahlung und Wärme - das Publikum wollte die Frau jedenfalls an dem Abend nicht mehr nachhause gehen lassen, da hatten sich integral 350 Leute haltlos in die verliebt :zwinker:



    :) Habe mir gerade ein paar Scheiben von Lizz bei ebay auf beobachten gelegt... :zwinker:


    Einen schönen Lesesonntag wünscht
    Wolfgang

  • Zitat von "PoeticShot"

    Also Fandom ist so ein Begriff, den ich ungerne auf mich selbst anwende. Klingt irgendwie nach kreischenden Teenies und Bravo-Starschnitt... :breitgrins:


    Jaja, manche Selbsterkenntnis ist bitter :breitgrins: ;-).

    Zitat von "PoeticShot"

    Das liegt dann aber meist auch daran, dass ich schon so viel von dem betreffenden Autoren gelesen habe, dass ich auch in einem weniger starken Buch genug Elemente dessen finde, was mich ursprünglich mal neugierig gemacht hat...


    Mag sein, aber wenigstens bei mir erschöpft sich das dann nicht in einer esoterischen "Atmosphäre"... ;)

    Zitat von "PoeticShot"

    Das ist aber nicht die Innenansicht, die mich an Austers Romanen bisher immer so fasziniert hat.


    Ich habe von Auster bisher ja nicht allzu viel gelesen, außerd em Book of Illusions eigentlich nur noch die New York Trilogy - da kann ich keinen Unterschied in der Perspektive ausmachen. Beides Ich-Erzähler, beide eher distanziert von sich selbst und das eigene Ich mehr observierend als ausdrückend.

    Zitat von "PoeticShot"

    Auch das Verlustgefühl bzgl. seiner Familie wird als Fakt beschrieben aber nicht in seiner Wirkung präsent gemacht.


    Also eine Umkehrung der "creative wirting"-Maxime "Show, don't tell"? Kann ich nicht finden, er zeigt, gerade im "Book of Illusions", einen sehr stereotypisch männlichen Umgang mit Gefühlen - aber er zeigt ihn nichtsdestoweniger, er beschreibt nicht nur; denke etwa an die Szene bei der Party seiner Kollegin, ein sehr eindrückliches "showing", oder nicht?


    Herzlich: Bartlebooth.

  • Hi Bartlebooth,



    Jaja, manche Selbsterkenntnis ist bitter :breitgrins: ;-).


    Ganz so erkenntnishaft kam mich dieser Gedanke gar nicht an... :-))



    Mag sein, aber wenigstens bei mir erschöpft sich das dann nicht in einer esoterischen "Atmosphäre"... ;)


    Du hast natürlich recht- Atmosphäre ist ein reichlich dämlicher Begriff. Definieren wir das doch mal näher- mit Atmosphäre meine ich so etwas wie das Wirkgeflecht der einzelnen Aspekte. Wenn man diesen Begriff auf Lyrik anwendet, ist er ein wenig griffiger- vielleicht hilft das als Annäherung an das, was ich meine?



    Also eine Umkehrung der "creative wirting"-Maxime "Show, don't tell"? Kann ich nicht finden, er zeigt, gerade im "Book of Illusions", einen sehr stereotypisch männlichen Umgang mit Gefühlen - aber er zeigt ihn nichtsdestoweniger, er beschreibt nicht nur; denke etwa an die Szene bei der Party seiner Kollegin, ein sehr eindrückliches "showing", oder nicht?


    Nee, es geht schon über das Creative Writing Gedöns hinaus... :) Wichtig ist mir auch dabei die Wirkung, und die erscheint (...) mir bei "Book of illusions" im Vergleich zu anderen Büchern, die ich von ihm gelesen habe, eben distanzierter auszufallen.


    Ich lese in den nächsten Wochen mal vergleichsweise "Moon Palace" noch mal, vielleicht kann ich dann konkreter aufzeigen, wie ich das meine. Und ich kann meinen "Eindruck" noch mal überprüfen... :zwinker:



    Ansonsten habe ich das Buch gestern zu Ende gelesen, ich habe mir ein paar Notizen gemacht. Moment... :)


    Gruß
    Wolfgang

  • Und weiter...



    Alles in allem ein Buch, das mir die Neugier auf Auster wieder ein bisschen zurückgegeben hat. Den Titel The Book of Illusions finde ich dabei außerordentlich glücklich gewählt: Er bezieht sich ebenso auf die filmische Folie, die dem Roman unterliegt, als auch auf verschiedene inhaltliche Aspekte, vor allem auf die Wahrnehmung des eigenen Lebens.



    Interessant finde ich beispielsweise auch, dass in dem Abschnitt, in dem Zimmer den Großteil von Manns Geschichte erzählt bekommt, viele Fragen bzgl. der Glaubwürdigkeit der Geschichte direkt von Zimmer gestellt werden. Fragen, die ich mir auch gestellt habe (wie kann es sein, dass er einerseits Filme heimlich dreht, wenn doch so viele Leute an der Herstellung eines Films beteiligt sind etc.). Das geht über mehrere Seiten so- fast hat man den Eindruck, Auster wolle in diesem Abschnitt mögliche Leserbedenken möglichst gründlich beantworten und ausräumen.



    Ich bin mir übrigens sicher, dass man aus dem Text noch mehr rausholen kann, wenn man den Chateaubriand kennt, der sowohl für Zimmer als auch für Mann eine bedeutende Rolle spielt.


    Das ist sicher so- immerhin entdeckt ja Zimmer exakt die gleiche Ausgabe der Memoires in Manns Bibliothek. Außerdem weist er ja auf die Bäume hin, die sowohl bei Chateaubriand als auch auf Manns Anwesen eine wichtige Funktion haben. Sozusagen einer der Austerschen Zufälle? :)


    Bzgl. des Wahrheitsgehalts der ganzen Geschichte (Zimmer könnte sie sich ja fast ausgedacht haben) finde ich einen Abschnitt interessant, der am Anfang des siebten Kapitels steht.



    "...dass die Dinge, die wir anschauen, nicht das an sich selbst sind, wofür wir sie anschauen... und dass, wenn wir unser Subjekt oder auch auch nur die subjektive Beschaffenheit der Sinne überhaupt aufheben, alle die Beschaffenheit, alle Verhältnisse der Objekte im Raum und Zeit, ja selbst Raum und Zeit verschwinden würden."



    Interessanterweise endet das Buch mit folgenden Sätzen:



    Gruß
    Wolfgang


    Nachtrag: Hoffe, das ist trotz "Spoiler" einigermaßen lesbar... :rollen:

  • Hallo PoeticShot,


    nein, "Wirkgeflecht" macht es mir leider auch nicht deutlicher. Aber nett, dass Du es versuchst ;-). "Atmosphäre" ist - vor allem als "besondere" Atmosphäre halt auch so ein Wischi-waschi-Begriff; manchmal braucht man die ja auch, weil man noch nicht den Ausdruck für das gefunden hat, was die eigentliche Faszination ausmacht, insofern: von "dämlich" würde ich jetzt nicht unbedingt sprechen... :)


    Das mit den Spoilern ist so eine Sache. Ich finde ja, dass sie ein bisschen inflationär gebraucht werden. Für mein Empfinden tun es Spoilermarkierungen, wenn es wirklich um Spannungselemente geht.


    Der "Martin Frost"-Film ist ein bisschen seltsam. Eigentlich eine Musen-Geschichte und am Ende eine Entscheidung für das "richtige" Leben und gegen die Kunst. Und die wiederum führt dazu, dass das Leben aus der Welt verschwindet. Was ist das? Eine Schicksalsgeschichte? Ein Memento dafür, dass man in die Läufe von Leben und Tod nicht eingreifen darf? Oder eines dafür, dass ein Leben ohne Kreativität oder ohne Kunst kein richtiges Leben mehr ist? Wie ich den Film drehe und wende, ich finde einfach keine weniger pathetische Deutung.


    Die Kantsche Transzendentalphilosophie, die von Claire referiert wird, passt nicht zu dem etwas platten Konstruktivismus der Mond-Stelle, da wäre ich etwas vorsichtiger. Kant will im Grunde nur darauf hinaus, dass wir uns von unserer menschlichen Perzeption nicht lösen können. Das "Ding an sich" ist in diesem Sinne nicht "erkennbar", weil "Erkenntnis" an einen bestimmten Rahmen gebunden ist, an Mittel zur Erkenntnis - etwa unsere Sinne, die in ganz bestimmten raum-zeitlichen Kategorien funktionieren usw. Ein Wegnehmen dieses Rahmens zerstört daher für Kant jede Möglichkeit der Erkenntnis (ich referiere Kant aus dem hohlen Bauch heraus, im Idealismus Beschlagenere sind gern eingeladen zu ergänzen oder richtig zu stellen :-)).


    Das hat für mich nichts mit dem "Martin Frost"-Film und in dieser Allgemeinheit auch nichts mit der Frage zu tun, wann etwas beginnt zu existieren. Weil wir das "Ding an sich" nicht erkennen können, hört es ja nicht auf zu existieren, oder? Sonst hätte ich Kant immer falsch verstanden (kann ich ja nicht ausschließen).


    Herzlich: Bartlebooth.


  • Jaja, manche Selbsterkenntnis ist bitter :breitgrins: ;-).


    Also eigentlich habe ich es auch nicht so mit Fandom was Autoren anbelangt.. aber (keine Regel ohne Ausnahme :smile: ) vor 2 Jahren habe ich Paul Auster live erlebt - an 2 Tagen jeweils 3 x 1 Stunde, wobei eine dieser Begegnungen in kleinem Kreis stattfand und er wirklich sehr entspannt (es lag vielleicht auch an der Uhrzeit - er kam gerade vom Mittagessen und hatte wohl ein gutes Glas Wein beim Essen getrungen :smile:) und mitteilsam wirkte - und das ist wirklich nicht üblich bei ihm, da er doch eher scheu und zurückhaltend ist.
    Ich muss sagen, in einen 'kreischenden Teenie' habe ich mich nicht verwandelt :zwinker: - aber seine Ausstrahlung und Präsenz war schon heftig.. und eine Auswirkung davon bekam ich beim anschliessenden Signieren zu spüren - jeder liess sich was persönliches in sein Buch schreiben - ich legte ihm meines nur vor die Nase und war wohl wie das hypnotisierte Kaninchen - unfähig ihm auch nur meinen Namen zu sagen.. somit gab es nur ein 'Paul Auster' in mein 'Oracle Night' :breitgrins:


    Liebe Grüsse,
    Kenavo