Ein paar winzige Randbemerkungen:
(1) Sooo viele Bücher hat Cherryh gar nicht geschrieben. Wie sie selbst in einem Vorwort (ich glaube zum letzten Band vom Chanur-Zyklus ("Chanurs Legat", das nicht unmittelbar zu den Vorbänden gehört, sondern Jahre später spielt) schreibt, ist sie immer wieder zum "Opfer" von Verlagen geworden. Nach dem Motto, sie hatte eine lange Erzählung und der Verlag machte aus den von Lesern wie Autoren viel beklagten Gründen eine Serie daraus. Der überbordende Buchsegen gründet also teilweise auf Verlagspolitik.
(2) Cherryh schreibt in der sogenannten "Bewußtseinsstromtechnik", weshalb ich ihre Bücher nicht als Space Opera einsortieren würde. Wer Space Opera - erst recht die klassische Version á la E.E. Doc Smith, Heinlein oder Edmond Hamilton - in ihren Büchern sucht, dürfte sich schmerzlich enttäuscht sehen. Wer Ethnologie und Soziologie sowie ein gerütteltes Maß an Psychologie mag, ist bei ihr allerdings gut aufgehoben.
Ihr Schreibstil ist wahrscheinlich so eine Art Haß-Liebe-Ding. Entweder man mag ihren Stil (sofern man sich nicht wie Saltanah eines Tages daran überliest) oder - man haßt ihn. Dazwischen gibt es nichts, insbesondere bei den Büchern, wo sie die Nichtmenschen mehr oder weniger konsequent nichtmenschlich denken, reden und handeln läßt und es dem Leser überlassen bleibt, sich in deren Motivationsschichten einzufühlen. Ein Leser, der mundgerecht servierte Space Opera mit ad hoc nachvollziehbaren (menschlichen) Handlungen bei Protagonisten und den Gesetzen von Gegenwelten, resp. Gegengesellschaften sucht, könnte eventuell rasch die eine oder andere Nervenkrise erleiden und aufgeben. Cherryh schreibt..... anspruchsvoll. *gg*
(Hach, die Hürde hübsch hochgesetzt, doch so schlimm ist es nicht. Aber wie gesagt, man muß die Geduld mitbringen, sich einzulesen und sollte vielleicht nicht mit einer Serie, sondern einem der kürzeren und älteren Bücher anfangen - z.B. "Kauffahrers Glück" oder "Weltenjäger".)
(3) Irgendjemand (Grisel, glaube ich) äußerte, daß es bei Cherryh kaum oder keine weiblichen Protagonisten gäbe. Es ist richtig, daß ihre Bücher stark männerlastig sind. Was auch für jene Bücher/Serien gilt, in denen Frauen auf gleicher Ebene vorkommen oder die Frauen als Titelprotagonisten haben - der Morgaine-Zyklus zum Beispiel. Doch Chanur ist eine weibliche Domäne, in der Männer (zumindest innerhalb der Schiffsgesellschaft) die "Fremdkörper" sind und die Hauptperspektive vom weiblichen Standpunkt aus erzählt wird (Pyanfar/Hilfy sowie deren Crewfrauen).
In "Pells Stern" besteht ein annäherndes Gleichgewicht zwischen weiblichen und männlichen Protagonisten - die beherrschende weibliche Figur ist die Kapitänin Signy Mallory. Desgleichen bildet in "Kauffahrers Glück" die Perspektive von Allison Reilly ein annäherndes Gegengewicht zu der des männlichen Protagonisten Sandor Kreja.
Aber im Bereich der reinen Cherryh'schen Science Fiction scheint es tatsächlich nur (Elisabeth) Yeager ("Yeager") als weibliche Protagonistin zu geben, deren "Bewußtseinsstrom" ausnahmslos das ganze Buch bestimmt. Im Sektor Cherryh'scher Fantasy kenne ich nicht viele ihrer Romane, auf Anhieb fallen mir dazu jedoch Taizu ("Der Paladin") sowie Altair ("Der Engel mit dem Schwert") ein - beides Frauen und beide Bücher werden vornehmlich vom weiblichen Standpunkt aus erzählt. Nebenbei bemerkt, sind das m.W. in sich geschlossene Romane, also keine Serien.
Kurzum, es stimmt also nicht, daß es bei Cherryh (gar) keine weiblichen Hauptfiguren gäbe.