(Originaltitel: The Lies of Locke Lamora)
Inhalt:(von amazon.de)
Locke Lamora ist ein Held. Nein, eigentlich ist er das nicht: Er ist ein Dieb, ein Lügner und ein Ganove, wenn auch mit guten Manieren. Mit seiner Bande bewegt er sich in den Kanälen und engen Gassen des Herzogtums Camorr, um die Nobilität um ihre Schätze zu erleichtern. Und darin ist Locke unschlagbar, denkt er zumindest. Bis ein weiterer Verbrecher in Camorr auftaucht. Locke muss handeln - und das Abenteuer seines Lebens beginnt...
Meine Meinung: (zur englischen Ausgabe)
Der erste Teil der Gentleman Bastard Sequence spielt in Camorr, einer Stadt, die man als eine Art Fantasy-Venedig beschreiben könnte, auch viele Namen und begriffe sind italienisch oder erinnern zumindest daran; Noble Viertel und heruntergekommene Gegenden, Kanäle, von Menschenhand errichtete Gebäude und solche aus dem so genannten Elderglass, dem Erbe ein eines Volkes, das lange vor den Menschen in Camorr lebte; bevölkert von Adligen, reichen Kaufleuten, einfachem Volk und natürlich von Diebesbanden, angeführt von Capa Barzavi, dessen Macht der des eigentlichen Herrschers, Duke Nicovante, in nichts nachsteht. Einer bestimmten Zeit lässt sich die Welt von Locke Lamora nur schlecht zuordnen, das typische Mittelalter-Setting ist es jedenfalls nicht. Magie kommt zwar zum Einsatz, aber nur relativ sparsam, Alchemie dagegen ist allgegenwärtig. Alles in allem ein lebendiges Setting mit einer sehr passenden Atmosphäre, das ich von Anfang an sehr ansprechend fand.
Den Titel"helden“ Locke Lamora lernt der Leser zuerst als kleinen Jungen kennen. Als einen kleinen Jungen, der seinem Meister, dem so genannten „Thiefmaker“ einiges Kopfzerbrechen bereitet. Denn er stiehlt zu viel. Ist mit viel zu viel Spaß bei der Sache. Und hat dabei eine Neigung zu Methoden, die etwas zu kreativ sind, um kein unerwünschtes Aufsehen zu erregen. Also muss sein Meister ihn loswerden. Und da Tote keinen Profit bringen versucht er erst einmal, ihn an jemanden zu verkaufen, der möglicherweise Verwendung für die speziellen Talente des Jungen haben könnte...
Der Größte Teil der Geschichte spielt jedoch einige Jahre später, als Locke und drei seiner Freunde und Kollegen schon erwachsen und dabei sind, den Coup ihres Lebend zu landen, als plötzlich Gerüchte über den so genannten Grey King auftauchen.
Die einzelnen Kapitel des Buches sind meist in zwei Abschnitte aufgeteilt, von denen einer die aktuellen Ereignisse schildert und der zweite, kürzere, einen Rückblick auf die Ausbildung der kleinen Gentlemen Bastards gewährt, was immer wieder für eine nette Abwechslung und Auflockerung der Geschichte sorgt. Auch innerhalb eines Abschnitts bleibt der Autor nicht immer bei der chronologischen Reihenfolge der Geschehnisse, sondern setzt dem Leser schon mal ohne Vorwarnung eine bestimmt Situation vor die Nase, um dann erst im Nachhinein den Weg dorthin zu erzählen. – Klingt unübersichtlich, ist es aber nicht.
Scott Lynchs Stil liest sich sehr flüssig und locker, teilweise ist die Sprache auch recht deftig, ich weiß nicht, ob ich in einem einzigen Fantasy Buch schon mal so häufig das Wort fuck gelesen habe. Aber das passt ja durchaus, schließlich hat man es hier mit gestandenen Ganoven zu tun und nicht mit netten, wohlerzogenen Musterknaben.
Auch die Geschichte selbst liest sich in erster Linie sehr locker, ein spannendes, sehr unterhaltsames Diebes-Abenteuer, dass man von der Atmosphäre her vielleicht mit einem Mantel-und-Degen-Roman vergleichen könnte und bei dem auch der Humor nicht zu kurz kommt. Es macht Spaß, Locke und seine Kumpane zu begleiten, wenn sie mit ausgeklügelten Plänen Adeligen das Geld aus der Tasche ziehen und es macht ebensoviel Spaß, von ihren Eskapaden als Kinder und Jungendliche zu lesen.
Genauso gibt es aber auch düstere und traurige Momente, gerade gegen Ende hellt sich die Stimmung nicht unbedingt auf, dafür wird es spannend. Auch die Gewalt ist in einigen Szenen nicht ohne, auch wenn die Schilderungen nicht unnötig detailreich sind. Capa Barzavi hat so seine Methoden, mit Untergebenen umzugehen, die keine befriedigenden Antworten geben wollen und selbst Locke möchte ich nicht zum Feind haben.
Die fünf Gentlemen Bastards sind eventuell nicht unbedingt übermäßig außergewöhnliche Charaktere, aber sehr sympathisch und lebendig und nicht ohne ein paar Ecken und Kanten, so dass es, wie gesagt, Spaß macht, sie auf ihren „Unternehmungen“ zu begleiten und man schnell mit ihnen mitfiebert. Auch einige Nebencharaktere, haben mir gut gefallen.
Ein bisschen gestört hat mich – Tja, was eigentlich? – Ich glaube, irgendetwas hat mich an der Geschichte um den Grey King nicht hundertprozentig überzeugt oder vielleicht war die Geschichte insgesamt ein ganz klein wenig zu locker? Ich kann es nicht wirklich logisch erklären, es ist mehr ein Gefühl, das das Buch für mich kein ganz glattes „sehr gut“ erreichen lässt.
Insgesamt hat die Die Lügen des Locke Lamora ziemlich genau meinen Geschmack getroffen und mich bestens unterhalten. Ein schöner Fantasy-Schmöker mit einem gewissen Charme jenseits irgendwelcher Weltrettungsszenarien, genau das richtige für ein verregnetes Wochenende auf dem Sofa und für alle, die bei Fantasy-Büchern oder -Rollenspielen schon immer ein besonderes Faible für Diebe und ähnlich zwielichtige Gestalten hatten.
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