Bruno Apitz - Nackt unter Wölfen

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  • Titel: Nackt unter Wölfen
    Autor: Bruno Apitz
    Verlag: Aufbau Taschenbuch
    Erschienen: Oktober 1998 (9. Auflage)
    Seitenzahl: 409
    ISBN-10: 3746614201
    ISBN-13: 978-3746614205
    Preis: 9.50 EUR


    Der Autor:
    Bruno Apritz wurde 1900 in Leipzig geboren und starb 1979. Er war selbst acht Jahre im KZ Buchenwald und hat in diesem Buch sehr viele autobiographische Erfahrungen verarbeitet und einfließen lassen. Apitz war Verwaltungsdirektor der Städtischen Bühnen in Leipzig und arbeitete auch als Dramaturg für die DDR-Filmgesellschaft DEFA.


    Zu diesem Buch:


    Ein kleiner dreijähriger Jungen wird in einem Koffer in das KZ Buchenwald von einem Neuzugang eingeschmuggelt. Die Häftlinge der Effektenkammer verstecken das kleine Kind in ihrem Lagerraum. Als der Mann, der das Kind ins KZ schleuste, mit einem Transport wieder das KZ Buchenwald verlassen muss, ist das Kind nicht mehr in seiner Obhut, obwohl sich der Lagerälteste und die illegale Widerstandsgruppe des KZ’s darüber einige waren, auch das Kind mit auf diesen Transport zu geben. Sie sahen das Kind als Gefahr für ihre Widerstandspläne, war doch der Kapo der Effektenkammer einer der militärischen Führer der illegalen Widerstandsgruppe.


    Bruno Apitz hat ohne Frage ein wirklich beeindruckendes Buch geschrieben, das 1959 zuerst in der DDR erschien. 1963 wurde nach diesem Buch der gleichnamige DEFA-Film gedreht, mit Erwin Geschonnek als Lagerältester Krämer in der Hauptrolle und Armin Müller-Stahl als Höfel, dem Kapo der Effektenkammer.
    Dieses Buch gehört ohne Frage zu den Highlights der DDR-Literatur. Manchmal übertreibt Apitz es etwas mit der Glorifizierung der kommunistischen Häftlinge. Kommunist ist gleich Gutmensch, auf diese einfache Formel gebracht, liest sich vieles in diesem Buch. Aber das wird eben auch verständlich, wenn man daran denkt, dass dieses Buch eben in der DDR geschrieben wurde und auch dort erschienen ist. Da fehlt dann schon mal das richtige Maß. Nichtsdestotrotz ist dieses Buch ein beredtes Zeugnis über die Zustände in den Konzentrationslagern während der Zeit des Dritten Reiches. Menschenverachtende Grausamkeiten waren an der Tagesordnung und gehörten zur Normalität des KZ-Alltags. Das Buch spielt im März 1945, ein paar Wochen vor der Selbstbefreiung der Häftlinge des KZ Buchenwald. Gerade im Zuge der sich abzeichnenden Niederlage Hitlerdeutschlands wird auch die SS zunehmend unruhiger und unberechenbarer.


    Ein durchaus beeindruckendes Buch, was aber ein wenig unter der politischen Einseitigkeit leidet. Trotzdem lesenswert.


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    Bruno Apitz, 1900 geboren, war in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert, zuletzt acht Jahre bis zur Befreiung im KZ Buchenwald.


    Schon ziemlich zu Beginn bin ich über diesen Satz gestolpert:


    Deutsches Volk, was für ein Rindbvieh bist du ... Erst verdunkelst du dir das Gehirn und dann die Fenster.


    Wenn ich so schaue, mit was wir uns heutzutage beschäftigen, was die Masse für ein TV-Format schaut, wie die Politiker uns für dumm verkaufen und nur noch eine Politik des Geldes betreiben, dass der Paragraf 1 des Grundgesetzes schon längst überholt ist, was uns alles verschwiegen wird, was für Kriegstreiber wir eigentlich sind, da finde ich das Zitat beängstigend aktuell.


    Zweiter Weltkrieg, die letzten Monate vor der Befreiung.


    Ein kleiner Junge wird von einem polnischen Häftling mit ins KZ Buchenwald geschmuggelt. Ein paar Männer verstecken ihn entgegen den Befehlen des illegalen Internationalen Lagerkomitees, als der Pole nach Bergen-Belsen verlegt wird. Das wäre das Todesurteil des Jungen gewesen.


    Dieser kleine Junge bringt aber nun alle, die von ihm wissen, in Gefahr. Und der Kreis derer, die Bescheid wissen, wird immer größer. Pippig nimmt die Sache in die Hand. Kümmert sich; sogar Milch treibt er für den Kleinen auf.


    Dann taucht ein Zettel auf, der in die falschen Hände gerät. Im Lager soll ein Kind versteckt sein. Höfel und Kropinski, die in der Effektenkammer arbeiten, werden aufs Schwerste gefoltert. Die Genossen, die sich im Geheimen treffen, überlegen, wie ihnen geholfen werden kann.


    Die Effektenkammer bekommt einen Neuen. Als Ersatz für Höfel und Kropinski. Doch die Männer bekommen raus, dass dieser Wurach ein Zinker ist.


    Und wieder ist es Pippig, der sich in Gefahr begeben muss. Versteckte Waffen müssen umgelagert werden.


    Höfel und Kropinski befinden sich immer noch in Zelle Nr. 5. Höfel lag nach der Tortur mit der Leimzwinge mit hohem Fieber auf dem nasskalten Zementboden. Seine Peiniger stehen um ihn herum und horchen, ob er in seinem Fieberwahn seine Geheimnisse preisgibt.


    Neue Häftlinge werden gesucht, aus denen man etwas herauspressen könnte: Rose, der vor Angst schlottert, und Pippig.


    Die Befreier rücken immer näher. Aber schaffen sie es rechtzeitig? Ich fiebere mit ihnen mit. Wage mir nicht auszumalen, was nun mit Pippig geschieht. Oder mit Höfel, über den Reineboth gerade sagt:


    Heb ihn und den Polen noch auf, die laufen uns nicht davon. Lass den Mandrill noch eine Weile mit ihnen spielen, vielleicht quetscht er doch noch was aus ihnen raus. Umlegen kann er sie am letzten Tage noch. Abgeschrieben sind sie ja bereits...


    Mir kommen die Tränen bei so viel Menschenverachtung.


    Plötzlich geistert das Wort "Evakuierung" herum. Was sollen die Genossen tun? 50.000 Menschen evakuieren lassen und damit unweigerlich in den Tod schicken? Diese Entscheidung muss das ILK treffen.


    Pippig holten sie zum Verhör und Rose bleibt in der Zelle alleine zurück. Er erinnert sich an die ersten Jahre im Lager:


    Den Graben hatten wir zuzuwerfen, das war unsere Arbeit. Wie harmlos das klingt! Haben Sie eine Ahnung! [...] Aber da gibt's noch Schlimmeres. Die verfluchte Scheißerei! Du möchtest dir die Hosen herunterreißen und an Ort und Stelle ... Das ist verboten. Du musst dich beim Posten abmelden und in den Wald gehen. Hahahaaa, in den Wald ... Das heißt: über die Postenkette, und wer da drübergeht, wird auf der Flucht erschossen. Nun scheiß mal ... Aber der Wanst will dir auseinanderplatzen! Im letzten Moment, wenn es schon in die Hosen abgehen will, ist dir alles egal. Scheißen ist notwendiger als sterben. Du lässt die Picke fallen, stolperst über den Erdhaufen zum Posten, die Sensenmesser zerschneiden dir den Rücken, zitternd ziehst du vor dem Knaben dein Krätzchen. "Häftling bittet austreten zu dürfen..."

    Kauerst du dich nun zu nah bei dem nieder, dann springt er auf dich los, kracht dir den Kolben ins Kreuz: "Schwein! Willst du mir deinen Mist vor die Nase setzen?" Gehst du aber einen Meter zu weit, dann reißt er vielleicht den Karabiner an die Backe...


    In der Neuauflage vom Aufbau-Verlag stehen viele Wörter, Satzteile und Sätze in Klammern, die in vorherigen Ausgaben nicht vorhanden sind. Es sind meist Passagen, die sehr krass klingen. Die die Gefahr und den Ernst der Lage noch deutlicher wiederspiegeln. Auch wie die SS mit den Gefangenen umgeht, wird mit solchen Passagen deutlicher.


    Das Schlimme ist ja: Die politischen Gefangenen mussten in den KZ Ungeheuerliches erleiden. Und wenn sie das überlebt haben und dann in der DDR weitergelebt haben, haben sie unter Umständen Ähnliches wieder erleben müssen.

    Es sei denn, sie haben sich angepasst.

    Jede Diktatur hat ihre Foltermethoden und die der DDR-Stasi war gar nicht so weit entfernt von denen des Naziregimes.

    Das Makabere dabei: In den DDR-Kriegsfilmen wurde oftmals gezeigt, dass kurz vor der KZ-Befreiung noch eine Hauptfigur starb. Früher habe ich vor dem TV gesessen und geheult. Heute frage ich mich, ob es für denjenigen nicht besser gewesen ist.


    5ratten