Willy Russell - Der Fliegenfänger

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 2.534 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von illy.

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    Klappentext:
    Ein Tag im jungen Leben von Raymond Marks ändert alles. Wie er durch ein tragikomisches Missverständnis zum Außenseiter wird und wie er aus dieser Perspektive die Welt sieht, erzählt dieser zum Heulen komische, zum Lachen traurige Roman.



    Rezension
    Raymond Marks, auf dem Weg nach Grimsby, um seinen ersten Job in seinem Leben anzutreten, schreibt an sein großes Idol Morrissey (Sänger von "The Smith") Briefe, in denen er über seine Reise und sein bisheriges Leben als Außenseiter berichtet, zudem er durch ein großes Missverständnis geworden ist. Und diese zum Teil komischen und zugleich tragischen Missverständnisse und Fehlbeurteilungen ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Leben.


    Ein Buch zum Lachen, zum Weinen, zum Nachdenken.
    Die vielen Missverständnisse, die Raymond immer wieder aus der Gesellschaft ausschließen und in seine Außenseiterrolle drängen, machen betroffen, auch wenn Willi Russell dies immer wieder mit viel Humor und Wortwitz verpackt. Sehr schnell wird einem bewusst, wie sehr die Menschen ihre eigene Wahrheit basteln, oft weit entfernt von der eigentlichen Realität, ohne Rücksicht darauf, was dies für den Betroffenen bedeutet.


    Teilweise war ich genervt von so vielen dummen und ignoranten Menschen, besonders von der Mutter, die ihren Sohn zwar sehr liebt, aber durch ihre Naivität sich der eigentliche Wahrheit immer wieder verschließt. Zum Teil kommen die Charaktere sehr überzogen rüber, bei näherer Betrachtung allerdings sind sie realer, als man wahrhaben möchte.


    Ein tolles Buch. Mir hat es sehr gut gefallen. Wer als Morrissey-Fan dieses Buch lesen möchte, der wird nicht auf seine Kosten kommen. Theoretisch könnte man ihn durch jeden anderen Sänger ersetzen.



    LG Murkxsi


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:



    P.S.: Bitte seit etwas nachsichtig. Dies ist meine erste Rezension hier, ich bin also noch ungeübt.

    Mein Lebensmotto: Leben und leben lassen!

  • Ist doch klasse fürs erste Mal :breitgrins:


    Ich habe gesehen, wie Jürgen von der Lippe das Buch im Fernsehen vorgestellt hat und mich beinahe tot gelacht über die vorgelesenen Szenen. Seitdem steht das Buch schon auf dem Merkzettel und ist jetzt ein paar Schritte nach oben gerückt. Da ich bei Musik ein 100%er Ignorant bin (ich weiß zwar wie man The Smith schreibt, aber da endet es auch schon) freut es mich, dass es doch nicht so musiklastig ist, wie ich befürchtet hatte.


    Besten Dank
    illy

  • @ illy
    Es ist schon ein Weilchen her, dass ich das Buch gelesen habe und ich war genauso angetan von dem Buch wie Murkxsi es beschrieben hat,aber musiklastig war es nicht.


    Wie Murkxsi schon geschrieben hat ist es ein tolles Buch welches einen emotional berührt.
    Durch wirklich unglückliche Umstände wird Raymond zum Außenseiter. Der Leser erlebt die Reaktionen in Raymonds Umfeld und das unglückliche Verhalten seiner Mutter, die mit der Situation absolut überfordert ist.
    Gleichzeitig lernt man aber auch Raymonds unglaublich coole Oma kennen und die ist einfach toll.

  • Ohhh, ich hab's hier liegen, aber hab mich noch nicht rangetraut, weil es so dick ist. Da ich bisher nur Gutes darüber gehört habe und Murkxsi mir jetzt doch den Mund wässrig gemacht hat, werd ich es aber demnächst doch mal in Angriff nehmen.
    Ich liebe tragikomische Geschichten. Außerdem hat mir "Educating Rita" von Russell auch sehr gut gefallen, wobei das ein Theaterstück ist.


    Nur Schade, dass man nicht ein bisschen Morrissey in das Buch gebracht hat. Das wäre zu schön gewesen...
    Als Identifikationsfigur und Vorbild für einen Außenseiter hätte man aber keinen geeigneteren Sänger finden können, möchte ich noch anmerken.

    Liest:<br />Matt Ruff - Bad Monkeys

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  • Hallo


    Ich habe heute das Buch "der Fliegenfänger" ausgelesen.
    Auf dieses Buch bin ich hier im Forum gestoßen und nach eurer Rezi hab ich es mir in der Bücherei ausgeliehen.
    Aber ehrlich gesagt, hätte ich mir das Buch ganz anders vorgestellt.
    Ich hab mir oft gedacht: "Wie viel Pech kann ein einzelner Mensch haben?"
    Es ist echt extrem wie Menschen einen anderen Menschen psychisch fertig machen können.
    Ich habe mich teilweise echt geärgert, dass ihm keiner die Möglichkeit gegeben hat sich zu erklären bzw. das ihm niemand geglaubt hat.
    Sehr faszinierend fand ich auch, dass Lieder einer Band einen Mensch so berühren können. Die Lieder und die "Verehrung" von Morrissey haben ihm durch die extrem schwierigen Phasen seines Lebens geholfen.
    Leider fand ich den Schluss etwas zu sehr auf "heile Welt" gemacht. Ich finde der Schluss hat nicht 100%ig zum Rest des Buches gepasst.


    Meine Bewertung:
    3ratten

    Nigends findest du Frieden als in dir selbst.


  • Ich hab mir oft gedacht: "Wie viel Pech kann ein einzelner Mensch haben?"
    Es ist echt extrem wie Menschen einen anderen Menschen psychisch fertig machen können.
    Ich habe mich teilweise echt geärgert, dass ihm keiner die Möglichkeit gegeben hat sich zu erklären bzw. das ihm niemand geglaubt hat.


    Leider kommt genau das häufiger vor als man wahrhaben möchte. Und ich kenne tatsächlich Menschen, die anscheinend das Negative anziehen und immer wieder auf die Nase fallen. Warum das so ist, weiß ich nicht. Vielleicht schlechtes Karma? :zwinker: Und dieses Ignorante und um jeden Preis die eigene Wahrheit aufrecht zu erhalten, anstatt dem Anderen mal zuzuhören, verbreitet sich meiner Meinung immer mehr in unserer Gesellschaft - leider. Von daher fand ich gerade diese Passagen sehr realistisch und auch sehr traurig.


    Das Ende empfand ich dann eher als "Erlösung", tatsächlich sieht es in der realen Welt nicht so aus. Da gibt es seltener ein Happy End.


    Ich denke, das Buch wird tatsächlich unterschiedlich aufgefasst. Von daher finde ich andere Meinungen dazu sehr aufschlussreich.


    Lieben Gruß
    Murkxsi

    Mein Lebensmotto: Leben und leben lassen!

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    Originaltitel: The wrong boy


    Auf dieses Buch bin ich durch die Sendung " Was liest du?“ mit Jürgen von der Lippe aufmerksam geworden. Er hat eine Szene aus dem Buch vorgelesen und ich fiel vor Lachen fast von der Couch - dieses Buch musste ich haben. Ein bisschen gezögert habe ich nur wegen des doch recht starken Musikbezugs, von den Smiths und ihrem Frontmann und späterem Einzelkünstler Morrissey weiß ich kaum mehr als das sie existier(t)en bzw. in den 1980ern ihre große Zeit hatten, ihren Musikstil konnte ich kaum zuordnen. Mittlerweile habe ich mir als Begleitung zum Buch ein paar Lieder angehört und vor allem auch die ziemlich interessanten Texte gelesen – mit positivem Urteil


    England in den 1980ern: Der 11jährige Raymond und seine Schulkameraden stehen in der Pause in letzter Zeit häufig am Kanalufer und spielen ein durch einen Zufall selbst erfundenes Spiel, bei dem es das Ziel ist, eine Fliege unter der Vorhaut zu fangen. Als ein Junge fast ertrinkt und von Raymond gerettet wird ist der für einen kurzen Zeitraum ein Held - aber nur solange bis Raymond als Initiator des Spiels ausgemacht wird. Von diesem Zeitpunkt an scheint sich alles gegen ihn verschworen zu haben und jegliche Äußerung und Handlung von ihm wird mit einer sexuellen Konnotation versehen. Plötzlich ist er ein Perversling und wird als eine Art Triebverbrecher ausgegrenzt - das so etwas bei einem Kind nicht ohne psychische Folgen bleibt ist klar.


    „Der Fliegenfänger“ ist eine Art Roadmovie, der Erzähler berichtet von seiner Reise nach Grimsby, wo er einen Job antreten soll, um endlich ein geregeltes Leben zu führen und so seine Mutter glücklich zu machen. Was ihm auf dieser Fahrt - die sich zu einer Odyssee entwickelt, erlebt und wie er überhaupt in seiner ziemlich verfahrenen Lebenssituation landete, berichtet er in Briefen an sein Idol Morrissey.


    Es gibt ein paar wirklich geniale Szenen in dem Buch, wenn sich z.B. Raymond - gelangweilt von den Monologen einer Person, einen Film ausdenkt, in dem Außerirdische/Mutanten die Welt erobern, indem sie die Menschen zu Tode langweilen, ist das wirklich witzig. Wenn er aber dann, unter dem Einfluss dieser Phantasie, denjenigen wirklich als Mutanten bezeichnet, krümmt man sich als Leser wieder und denkt nur "Nein, tu es nicht, so etwas sagt man doch nicht laut!" Ich mochte zwischendurch manchmal gar nicht weiterlesen, weil ich genau wusste, dass Raymond in den nächsten Zeilen wieder ein Schlag versetzt werden würde. Man windet sich jedes Mal innerlich, wenn man sieht, wie Raymond gleich etwas sagen oder tun wird, was seinen Außenseiterstatus, seine Rolle als Gestörter, noch verstärken wird.


    Die anderen Figuren sind größtenteils ebenfalls sehr gut gezeichnet und man schließt einige von ihnen in sein Herz. Am genialsten ist Raymonds Oma, die eine resolute Freidenkerin und so ganz unomahaft ist. Ihre Lieblingskekse, "Garibaldis" stehen schon einmal aus Prinzip auf meiner Einkaufsliste für die nächste "British-Food-Shopping-Tour"


    Wenn ich ein Hauptmotiv des Buches nenne müsste, wäre es am Ende auch nicht die Musik, man kann das Buch sehr gut mit minimalen Morrissey-Kenntnissen lesen, sondern Würde und Menschlichkeit. Das ist es, was die negativen Personen in diesem Buch ausmacht, sie haben kein Bewusstsein für die Gefühle anderer Menschen und trampeln auf ihnen herum und nehmen ihnen so ihre Würde. Es ist wunderbar, dass es Raymond am Ende gelingt aus dem Sumpf zu entkommen und zunächst einmal nach seiner Façon glücklich zu werden. Das in der Realität nur die wenigsten irgendwann dann doch genug Glück und gute Freunde haben, ist eine ganz andere Geschichte.


    In gewisser Weise erinnert mich das Buch an Owen Meany von John Irving, es vereinigt ebenfalls unglaublich witzige Szenen mit traurigen und verzweifelten Begebenheiten, die einen als Leser ziemlich mitnehmen und ist ein unbedingter Buchtipp.


    5ratten