Meja Mwangi – Kariuki und sein weißer Freund

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    Rückentext: Kenia zur Zeit der Mau-Mau-Bewegung, des Befreiungskampfes gegen die weiße Kolonialmacht. Zwischen Kariuki, dem Farmarbeitersohn, und Nigel, dem Enkel des Großgrundbesitzers, entsteht trotzdem eine Freundschaft. Nigel hilft Kariuki bei der Erledigung seiner unzähligen Pflichten, und Kariuki nimmt Nigel mit auf die Jagd in den Dschungel. Eines Tages ist Nigel plötzlich spurlos verschwunden ...


    Meine Meinung: Da an diesem Klappentext mal wieder fast nichts stimmt, zunächst noch ein paar Worte zum Inhalt. Nigel lebt eigentlich mit seinen Eltern in England und besucht während der Ferien seine Großeltern. Während er am Fluß fischt, lernt er zufällig Kariuki kennen und die beiden Jungen freunden sich an. Das ist für Kariuki und seine Familie alles andere als einfach, denn als Afrikaner dürfen sie quasi nichts, und vieles davon versteht Nigel nicht. Warum darf sein Freund nicht fischen, und nicht einmal die Fische essen, die Nigel gefangen und ihm geschenkt hat? Warum kommen Soldaten, treiben alle Farmarbeiter und ihre Familien in den Versteigerungspferch für das Vieh, plündern und verwüsten deren Hütten? Warum verbietet man ihm den Umgang mit Kariuki? Warum darf er als weißer Junge kein Ugali essen? Trotzdem verbringen die beiden Jungen viel Zeit miteinander und gehen des öfteren mit der Meute der Dorfköter auf die Jagd, meist erfolglos. Das alte dicke Warzenschwein, auf das sie es einen Tag abgesehen haben, läßt dann aber vor allem Nigel keine Ruhe. Und so kommt es kurz vor Ende seiner Ferien zu einer weiteren Jagd, bei dem die Wachhunde der Farm mitgenommen werden. Kariuki, der wegen eines eingetreten Dorns nur noch humpeln kann, verliert Nigel im Wald und stößt schließlich nur noch auf Leiche des einen Hundes. Nigel bleibt verschwunden und die nächsten Tage verbringt Kariuki mit der Suche nach seinem Freund. Dieser ist, wie sich herausstellt, einigen Mau-Mau in die Hände gefallen. Auch Kariukis Bruder Hari gehört zu dieser Gruppe und sorgt aber trotzdem für ihre Rettung, die er selbst mit dem Leben bezahlt.


    Mwangi beschreibt aus der Sicht Kariukis mit einer zwar einfachen, aber gerade durch den fast lakonischen Tonfall wirkungsvollen Sprache die himmelschreienden Ungerechtigkeiten, denen Afrikaner im kolonialen Kenia ausgesetzt waren. Dabei streift Mwangi die Schrecken der Mau-Mau-Bekämpfung (Folter in Gefängnissen, Konzentrationslager usw.) nur, manches wird gar nur im Nachwort erwähnt. Aber die „normale“ Alltagsbrutalität ist wirklich nicht besser: Da wird geprügelt und gedemütigt, daß es eine Art hat. Dagegen steht der in einem völlig anderen Umfeld aufgewachsene Nigel, der von seinen Eltern nicht geschlagen wird – was auch wesentlich daher rührt, daß sein Vater sich nicht permament um Unterhalt und Sicherheit seiner selbst und seiner Familie sorgen muß wie Kariukis Vater.


    Was man auf jeden Fall relativieren muß, ist die Sichtweise auf Mau-Mau. Der sog. Mau-Mau-Aufstand war, da ist sich die Forschung heute einigermaßen einig, kein heroischer Befreiungskampf gegen die weiße Kolonialmacht, auch wenn es weiße Opfer gegeben hat. Die Reaktion der Briten auf die Bewegung war aber derart überzogen, daß sie damit erst weitere Kampfgründe geliefert haben. Im wesentlichen war Mau-Mau ein Bürgerkrieg innerhalb der Kikuyu, die durch die weiße Besiedlung in Reservate abgedrängt war, die nicht groß genug waren, alle Menschen zu ernähren. Die Besonderheiten der Landverteilung und Siedlungsstruktur des südkenianischen Hochlandes waren daher zwar ein Auslöser, die Opfer waren aber überwiegend Afrikaner. Sicher hat die Unlust der Briten, sich mit einer solchen Bewegung auseinandersetzen zu müssen, die Unabhängigkeit Kenias beschleunigt, aber die Höhepunkt von Mau-Mau war noch deutlich in den 1950er Jahren und damit vor der Unabhängigkeit Ende 1963 überschritten. Dafür waren andere in der Kolonie selbst begründete Ursachen und vor allem externe Faktoren sehr viel entscheidender.


    Von diesen Mängeln abgesehen ist es aber auf jeden Fall ein lesenswertes Jugendbuch, das einen guten Einblick in das Alltagsleben einer unterdrückten Kolonialbevölkerung ermöglicht.


    4ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen