Célestine Vaite - Unter dem Frangipani-Baum

  • Dieses Buch ist mein Beitrag zu Tahiti in unserem Projekt Wir lesen uns um die Welt. Ich habe es in der schwedischen Übersetzung mit dem Titel "I kloka kvinnors sällskap" (wörtlich "In der Gesellschaft kluger Frauen") gelesen.


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    Dieses Buch, das mir eigentlich zu gut für das Unterforum "Frauenliteratur" gefallen hat, das aber wohl doch am ehesten hierhin gehört, erzählt von der Tahitianerin Materena. Deren Leben gestaltet sich wie das vieler anderer armer Tahitianerinnen auch. Als junge Frau und Mutter von 2 (bald 3) Kindern ist sie von ihrem Lebensgefährten Pito abhängig. Nur trägt der seinen Wochenlohn lieber ins nächste Wirtshaus statt ihn bei seiner Frau abzugeben. Als sie beschließt, sich dies nicht mehr gefallen zu lassen, gerät ihre Beziehung in eine echte Krise. Materena, die von ihrer Mutter gelernt hat, dass Frauen stark sind, sucht sich einen eigenen Job und wird "professionelle Putzfrau", obwohl sie schon hochschwanger mit ihrem dritten Kind ist. Mit ihrer ersten Tochter Leilani kommt auch Pito zurück in ihr Leben.
    Das Berhältnis Materena/Leilani steht ab dann im Mittelpunkt dieses Romans. Auch in Tahiti ist es für eine Mutter nicht immer einfach, ihre Tochter aufwachsen zu sehen und sie immer unabhängiger werden zu lassen. Und wenn dann auch noch Jungs ins Spiel kommen...


    Überraschend gut hat mir dieses Buch gefallen, dass in kurzen Episoden vom Leben einfacher Leute in Tahiti erzählt. Mit viel Humor - ich denke da unter anderem an die überneugierigen Verwandten, die auf die Sekunde genau messen, wie lange wer sich im Beichtstuhl aufhält und aus der Länge der Beichte Schlüsse auf die Art des jeweiligen Vergehens ziehen; ein großartige Sequenz - und in einem sehr angenehm zu lesenden, eigentlich naiven aber trotzdem entlarvenden Stil (die schwedische Übersetzung zumindest ist geglückt) schildert Vaite die tahitianische Wirklichkeit und lässt sie vor den Augen der Leserin lebendig werden. Überraschend sind sowohl die Ähnlichkeiten mit europäischen Verhältnissen, wie z. B. dem Mutter/Tochter-Verhältnis oder dem eifrigen Verbreiten von Klatsch und Tratsch in einer ländlich überschaubaren Gegend, als auch die Unterschiede. Der Ratschlag streng katholischer Frauen an ihre Töchter etwa, doch frühestens nach dem zweiten Kind deren Vater zu heiraten, denn erst Kinder stellten eine Beziehung auf die richtige Probe, hat mich doch etwas umgehauen.
    Keine hohe Literatur, aber richtig gut gelungene Unterhaltung voller Charme, die mir
    4ratten wert ist.

    Wir sind irre, also lesen wir!