Christa Wolf - Kassandra

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 6.068 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Chibi.

  • Huhu,


    ich hoffe der Thread ist hier nicht komplett falsch...


    Also: ich scheine nun auch einen Kassandra-Tick zu haben, und bin heute bei Amazonius über das Buch von Christa Wolf gestolpert.
    In einer Rezi stand nur etwas von "schwierig zu lesen", was mich erstmal etwas abschreckt - könnt ihr mir dazu vielleicht mehr sagen?


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  • Hallo!


    Kassandra habe ich vor gar nicht langer Zeit gelesen und ist mir daher noch gut in Erinnerung.


    Kassandra erzählt zurückblickend ihr Leben. Und das der Menschen um sie herum.
    Das Buch ist nicht in Kapitel unterteilt. Es ist ein einziger langer Erzählstrang, der mit Konzentration gelesen werden muss.
    Das hört sich nun vielleicht erst mal abschreckend an, sollte es aber nicht sein. Es ist ein faszinierendes Buch, für das eben etwas Zeit zur Verfügung stehen sollte.
    Christa Wolf schreibt oft in kurzen Sätzen, die mehr aussagen als ellenlange Abschnitte.
    Kassandras Entwicklung zur Frau, zur Seherin. Ihre Sicht des Trojanischen Krieges. Sonst kennt man ihn nur aus der Sicht der Männer, der Krieger.


    Hilfreich wäre es, wenn man die Figuren des Trojanischen Krieges kennen würde; ist aber keine Voraussetzung.


    Kassandra gibt es übrigens auch als Hörbuch. Gesprochen von Corinna Harfouch. Eines der wenigen Hörbücher, die mir gefallen haben. Corinna Harfouch hat es geschafft diese Erzählung wunderbar umzusetzen. :daumen:


    Ich hoffe, ich konnte dir etwas helfen.


    Gruß
    yanni

  • Ich habe von Christa Wolf bisher nur Kein Ort.Nirgens gelesen, und es ist schon so das sie anspruchsvoll schreibt. Sicherlich kein Roman den man nebenher liest. Ich denke bei Kassandra wird dies nicht anders sein. (Kassandra liegt auch noch auf meinem SUB)

  • Hallo Seychella,


    Kassandra habe ich schon mehrfach gelesen, das erste mal mit 15, das nächste Mal mit 19 - und ich habe es jedes Mal genossen. Frustig und schwierig zu lesen ist für mein Empfinden etwas Anderes. Sie hat schon ihre eigene Stimme, aber jetzt nicht unbedingt einen besonders experimentellen Stil.
    Kenntnisse über den Trojanischen krige, das sehe ich wie yanni, fügen der lektüre eine zusätzliche Ebene hinzu, sind aber nicht zwingend notwendig zum Verständnis.


    Herzlich: Bartlebooth.

  • Ich habe das Buch vor einigen Jahren gelesen und es hat mir sehr gefallen. Wie die anderen schon geschrieben haben, ist es ein Buch, das Konzentration verlangt (ganz anders als z.B. "Die Feuer von Troja" von Marion Zimmer Bradley, das aber auch ein sehr gutes Buch ist :smile: )
    Empfehlenswert finde ich "Kassandra" allemal

    viele Grüße<br />Tirah

  • Und hier nun meine Rezension, nachdem ich durch diesen Thread spontan Lust bekam Kassandra zu lesen.


    Christa Wolf hat eine Kassandra erschaffen die mich tief beindruckt. Stark, wütend, resignierend, aufbrausend, am Ende ihrem Schicksal ergeben reflektiert sie das geschehene (in der Ilias) und zieht ihre eigenen Schlüsse. Christa Wolf interpretiert die Sage auf ihre eigene Weise, dabei kommt das ein oder andere überraschende zu Tage. Sie hat eine erzählerrische Kraft der man sich nicht entziehen kann. Sie lässt einen eins werden mit Kassandra, tief in ihre Gedankenwelt eintauchen. Ganz einfach liest sich der Roman nicht aber gerade das mehrmalige Lesen der Sätze lies ich mir "auf der Zunge zerrgehen". Mich hat Kassandra jedenfalls in ihren Bann gezogen.


    Kein Roman für kurz mal Zwischendurch aber dafür wäre er auch viel zu schade.


    Ganz Subjektiv:


    5ratten

  • "Kassandra" von Christa Wolf
    las ich im Rahmen des SLW 2008, weil es schon mehr als 20 Jahre ungelesen bei mir im Regal stand.
    Mein Buch ist die alte DDR-Ausgabe und umfaßt folgende zwei Bücher:


    Voraussetzungen einer Erzählung: Frankfurter Poetik-Vorlesungen
    und
    Kassandra (die Erzählung selbst).

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    Zu den "Vorlesungen":


    Die ersten beiden Vorlesungen handeln von einer Reise Christa Wolfs nach Griechenland, auf der sie die Stätten der antiken Ereignisse aufsucht und versucht, sich auf diese Weise der Person Kassandra und den anderen agierenden Personen des trojanischen Krieges zu nähern.


    In der dritten Vorlesung beschreibt sie, wie sich sich (zurück in Deutschland und in ihrem Landhaus in Mecklenburg arbeitend) langsam an die Gestalt der Kassandra annähert, verschiedene mythologische und historische Quellen studiert.
    In der vierten Vorlesung geht es um "weibliches Schreiben", um die Bedingungen für Frauen jetzt und früher, wobei das "jetzt" ja inzwischen auch schon über 20 Jahre her ist, was man durchaus an einigen Ansichten merkt. Stellenweise konnte ich nicht ganz folgen.


    Besonders aufgefallen in der dritten Vorlesung ist mir diese "Weltuntergangsstimmung": es war eine Zeit, in der die Aufrüstung in Ost und West zu einer Situation führte, in der die Menschen sowohl in Ost als auch in West vor dem Augenblick zitterten, in dem ein Knopfdruck (sei es mit vermeintlich gutem Grund, aus einer Laune oder aus einem Kommunikationsfehler heraus oder auch weil irgendwer die Nerven verliert) die Atomraketen losschickt, die ganz Europa und die halbe Welt zerstören konnten. Beim Lesen fühlte ich mich an diese Zeit - Anfang der achtziger Jahre - erinnert, an diese Angst und Unsicherheit.


    Diese Vorlesungen vor der eigentlichen Erzählung zu lesen, empfand ich als sehr nützlich und kann es jedem empfehlen, der den damaligen Zeitgeist nicht mehr ganz in Erinnerung hat oder womöglich die 80er Jahre nicht erlebt hat.


    Zur eigentlichen Erzählung "Kassandra":


    Kassandra, Tochter des Königspaares Hekabe und Priamos, von Agamemnon nach dem Ende des trojanischen Krieges als Gefangene nach Mykene verschleppt, erwartet ihren Tod und erinnert sich an ihr Leben, von der Kindheit bis zum Untergang Trojas.
    Für das Verständnis des Buches sind Grundkenntnisse über griechische Mythologie und über den trojanischen Krieg nützlich. So kann man die unterschiedlichen Sichtweisen besser vergleichen.


    Es dauerte eine Weile, bis ich mich in das Buch hineingelesen hatte, die Personen zuordnen konnte, mich an die Sichtweise Kassandras gewöhnt hatte. Christa Wolf erzählt knapp, aber treffend, deutet oft nur an, aber man versteht. Das Lesen verlangt einiges an Konzentration, diese Anstrengung ist aber nicht umsonst.


    Kassandra erzählt vom Untergang Trojas aus ihrer Sicht, aus Sicht der Machtlosen, Unterlegenen. Dies ist keine Heldengeschichte. Die üblichen, vermeintlichen Helden des trojanischen Krieges erscheinen hier als Menschen, die mutig oder feige, voll Angst oder voll Tatkraft, brutal oder mitfühlend sind, deren Handeln politisch motiviert und oft unklug, unbedacht ist. Kassandras Sehergabe erscheint mir nicht als übernatürliche Weissagungsgabe, sondern als die Fähigkeit, die Folgen gewisser Geschehnisse und politischer Handlungen abzuschätzen. Dies sind aber unangenehme Wahrheiten, die man am Hofe König Priamos´ nicht hören will, nicht verstehen kann, weil sie nicht in die herrschende Ideologie passen. Kassandra wird nicht angehört, hat keinen Einfluß. Weil sie eine Frau ist? Weil sie politisch unbequem ist? In ihrer Verzweiflung darüber flieht sie in den Wahnsinn, was für die anderen ganz praktisch ist, denn einer Wahnsinnigen kann man ja sowieso nicht glauben. Nur wenige, vor allem die Frauen, die Sklavinnen in den Höhlen am Idaberg, verstehen diese Wahrheiten. Diese Frauen scheinen die einzigen zu sein, die das Leben, das positive Miteinander in der langen Zeit der Belagerung Trojas (10 Jahre) aufrechterhalten, obwohl das Ende ihrer Welt bevorsteht.


    Kassandra (die zwar nicht angehört wird, aber doch gut genug ist, um als Unterpfand an einen wichtigen Verbündeten König Priamos´ verheiratet zu werden) überwindet dieses Gefühl der Machtlosigkeit und findet ihren Weg. Sie bleibt sich treu, auch wenn das unter anderem bedeutet, daß ihr geliebter Vater sie verstößt.


    Je weiter die Erzählung fortschritt, umso näher rückte mir Kassandra, umso moderner und aktueller kam sie mir vor. Wie fühlt man sich in einer Welt vor dem Untergang? Gibt es nicht auch heute Menschen wie Kassandra, Priamos, Eumelos, Achill? Was bewirkt menschliches Handeln, was sind die Triebkräfte, was die langfristigen Folgen? Darüber hinaus gibt es noch mehr Aspekte. Christa Wolf bringt in dieser Erzählung das Wesentliche, Zeitlose, das in der Sage vom Untergang Trojas steckt, zum Vorschein. Das Buch wirft Fragen auf, die heute ebenso aktuell sind wie im alten Troja und wie vor 25 Jahren, zur Entstehungszeit des Buches. Ich hätte das Buch schon damals lesen sollen.


    5ratten



    kaluma

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

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    Mein Meinung


    Gestern habe ich nun dieses Buch beendet und weiß immer noch nicht so richtig, was ich von dem Buch halten soll.


    Die Sprache war ein wenig verwirrend. mal waren kurze Sätze, die irgendwie komisch klangen und dann gab es wieder längere Sätze, die vollkommen normal klangen und sich auch gut lesen ließen.


    Zum Inhalt muss ich sagen, dass ich das Thema an sich sehr gut fand. Der trojanische Krieg hat mich früher, auch im Geschichtsunterricht, nicht besonders interessiert und ich fand es schön, jetzt endlich mehr darüber zu erfahren. Nur da kam dann das Problem: Ich habe wirklich relativ langsam und in einer ruhigen Umgebung gelesen. Allerdings konnte ich mich nach einiger Zeit nicht mehr an das gelesene erinnern. Es war immer wie weggeblasen und ich weiß bis jetzt noch nicht, woher das kam.
    Das erste Mal habe ich es daran gemerkt, dass unsere Lehrerin eine Art Ex schreiben wollte und ich keine Frage beantworten konnte, obwohl ich weiß, dass ich das Ganze gelesen habe.
    Zum Schluss des Buches hin wurde es zwar besser, aber es kommt mir immer noch so vor, als hätte ich nur die Hälfte gelesen, obwohl ich zu 100 Prozent weiß, dass ich alles gelesen habe.


    Also Begeisterungsstürme hat das Buch bei nun wirklich nicht ausgelöst, da ich auch mit Kassandra nichts anfangen konnte, da sie für mich immer mal wieder arrogant und dann doch wieder lieb und nett vorkam.


    2ratten

    Liebe Grüße

    Chibi

    Bevor i mi aufreg´, is ma wurscht. - Rainer Maria Schießler

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