Georg Heym - Der Dieb, ein Novellenbuch

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 3.521 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von zwergerl.

  • hab gschaut, aber nix dazu gfunden.


    Nun, ein herrliches Buch - bin absolut begeistert.
    Zuerst vielleicht kurz die Novellen


    Der fünfte Oktober
    ...beschreibt einen Aufstand des Hungers in Paris. Beschreibt das Kippen einer Menschenmenge in die Raserei.


    Der Irre
    ...wird aus der Haftanstalt entlassen. Er beschreibt, wie skurril ihm die ganzen Irren dort erschienen, wie sehr er darunter gelitten hat, unter diesen Irren zu sein. Man denkt, er selbst wäre normal, glaubt an einen Irrtum. Dann laufen ihm zwei Kinder über den Weg, er bringt sie um. Seine Motivation ist klar, er mag sie nicht. Dann kommt eine Frau - sie selbst ist schuld, daß sie nicht weiß, daß es hier Raubtiere gibt. Ein alter Mann kann entkommen. Die Geschichte gipfelt in dem völligen Ausrasten des Irren und er wird erschossen.


    Die Sektion
    ...Ärzte sezieren einen Toten, dem Heym noch die Seele hinzufügt.
    Jonathan
    ...eine Krankengeschichte. Jonathan liegt in eine Krankenhaus, seine Beine sind zu behandeln. Er leidet unter der Einsamkeit in dem Krankenzimmer. Einmal hat er die Möglichkeit, dem quälenden, verhaßten Schweigen und dem Zurückgeworfensein auf sich zu entfliehen, da er mit einer Zimmernachbarin sprechen kann. Dann wird die Tür wieder verschlossen, er auf sich zurückgeworfen. Am nächsten Tag müssen beide Beine amputiert werden...


    Das Schiff
    ...die Pest erscheint in Gestalt einer Frau und rafft eine ganze Schiffscrew hin - es ist das Grauen schlechthin


    Ein Nachmittag
    ...schildert die Enttäuschung einer jungen Liebe und zeigt ganz herrlich auf, wie unterschiedlich die Liebe gleiche Dinge anders erscheinen läßt


    Der Dieb
    ...raubt die Mona Lisa - zwischen ihm und ihrem Lächeln herrscht eine tiefe Haßliebe. Die Geschichte beruht auf dem Diebstahl des echten Gemäldes 1911.


    Ein wundervolles Buch. Heym schildert dunkel, düster, beschreibt das Grauen und das Grauenhafte meisterhaft. Mit Schmerz kennt er sich aus. Die Geschichten pendeln zwischen der Beschreibung und der Handlung, beides würde ich als gleich raumnehmend bezeichnen. Es ist nicht die Handlung, die fasziniert, es ist der Nebel, das schwarze Tuch, das Gespenstische, das so sehr fasziniert. Diese Stimmung kenne ich ein bisserl von Kafka, von Gogol (Der Mantel) und von E.T.A. Hoffmann. Wer diesen Stil, die Abgründe ab und an mag, kommt hier voll auf seine Kosten. Das Gefühl der Endzeit ist wunderbar vermittelt.


    Ich würde hier 4ratten geben, aber nur aus persönlichen Gründen - die erste Geschichte war nicht so meins - mir hat das Szenario nicht gefallen, aber besonders Der Irre, Jonathan und Ein Nachmittag gingen mir sehr unter die Haut

    Viele Worte sind lange zu Fuß gegangen, ehe sie zu geflügelten Worten wurden<br />(Marie von Ebner - Eschenbach)<br /><br />http://www.zwergerlhausen.de<br /><br />SUB: 241&nbsp; :-)<br />&nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; - 1 (In Swanns Welt v. Marcel Proust)

    Einmal editiert, zuletzt von fairy ()

  • Hi!


    Ich mag die expressionistischen Novellen Heyms ja sehr - im Gegensatz zu seinen Dramen.


    Nur so, für die ortsansässige Suchfunktion: Korrigiert jemand den Tippfehler im Threadtitel? Heyms Vorname ist natürlich Georg ... ;) Danke!


    Grüsse


    sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • danke, daß Du den Fehler vor mir gesehen hast - manchmal ist man einfach betriebsblind


    Dramen habe ich von ihm noch nicht gelesen - aber zum Teil die Lyrik und gerade seine Liebeslyrik berührt mich auch sehr tief. Aber ich schau mir mal ein Drama von ihm an, dann kann ich auch mitreden


    :winken:

    Viele Worte sind lange zu Fuß gegangen, ehe sie zu geflügelten Worten wurden<br />(Marie von Ebner - Eschenbach)<br /><br />http://www.zwergerlhausen.de<br /><br />SUB: 241&nbsp; :-)<br />&nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; &nbsp; - 1 (In Swanns Welt v. Marcel Proust)