Faïza Guène - Paradiesische Aussichten

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 4.984 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Saltanah.

  • Danke, Zauberin.
    Was bedeutet "kiffe, kiffe" eigentlich? Erst hatte ich mich darüber gewundert, dass der deutsche Titel ganz anders lautet als der französische und der schwedische (in dem aus "demain" ein "imorgon", also "morgen" gemacht wurde), aber als ich mir "Kiffe, kiffe morgen" noch mal durch den Kopf gehen ließ, wurde es mir auf einmal klar, dass der Titel auf deutsch einfach nicht funktioniert, (von wegen Aufforderung zum Drogenkonsum) :breitgrins: .

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Also "kiffe kiffe" hat auf jeden Fall nichts mit Drogen zu tun. :breitgrins: Das heißt ungefähr sowas wie "mögen", zBsp: "Je kiffe trop ta jupe" = "Ich finde deinen Rock zu schön". Ich denke das ist sowas in der Art. "kiffe" ist eins der wenigen Wörter die ich fast gar nicht kenne weil ich sie auch (fast) nie benutze :smile:

    "Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir. Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde." - Walter Moers - Die Stadt der Träumenden Bücher

  • Hallo,



    Also "kiffe kiffe" hat auf jeden Fall nichts mit Drogen zu tun. :breitgrins: Das heißt ungefähr sowas wie "mögen", zBsp: "Je kiffe trop ta jupe" = "Ich finde deinen Rock zu schön". Ich denke das ist sowas in der Art. "kiffe" ist eins der wenigen Wörter die ich fast gar nicht kenne weil ich sie auch (fast) nie benutze :smile:


    Ich würde eher sagen, es kommt von kif-kif (arabisches Wort), das häufig in französischer Umgangssprache benutzt wird und "ganz egal" im Sinne von "das eine oder andere, es ist gleich" bedeutet.


    liebe Grüsse
    dora

  • @Dora: Ah ja, daran hatte ich gar nicht gedacht obwohl ich es ziemlich oft benutze. :breitgrins: Ich hab mich dann nur auf das Verb "kiffer" = mögen konzertriert und gar nicht mehr an das "kiffe-kiffe" gedacht, denn ich wusste auch nicht wie das geschrieben wird. Danke, jetzt weiß ichs! :smile:

    "Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir. Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde." - Walter Moers - Die Stadt der Träumenden Bücher


  • Also "kiffe kiffe" hat auf jeden Fall nichts mit Drogen zu tun. :breitgrins: Das heißt ungefähr sowas wie "mögen", zBsp: "Je kiffe trop ta jupe" = "Ich finde deinen Rock zu schön". Ich denke das ist sowas in der Art. "kiffe" ist eins der wenigen Wörter die ich fast gar nicht kenne weil ich sie auch (fast) nie benutze :smile:


    Aber das ist doch ein nordafrikanischer Ausdruck und heißt so viel wie gleichwertig oder ähnlich.....


    z.B. Rotwein oder Weißwein, ist kiffe kiffe"


    oder Konkret zum Buchtitel: "Morgen genauso"....."Morgen das Gleiche".....


    Wobei es schon doppelt sein muß.
    Also nicht nur einmal. :zwinker:


    Grüssle
    Marion :winken:

    "Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandelt." Mahatma Gandhi

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    Mit viel Humor blickt die 15-jährige Doria auf ihr Leben. Und das ist eigentlich alles andere als lustig. Zusammen mit ihrer analphabetischen Mutter lebt sie in einer tristen Pariser Vorstadtsiedlung. Der Vater ist mit einer jüngeren Frau nach Marokko abgehauen. Seitdem beschränken sich Dorias Shopping-Ausflüge auf die Altkleiderkammer. Und einmal die Woche geht sie zu einer Therapeutin, die sie nicht versteht, aber nett ist. Nett ist auch Hamoudi, den Doria heimlich verehrt...


    Rezi:


    Ich bin froh, dieses Buch gelesen zu haben. Es ist ein sehr lustiges Buch und es ist aus der Sicht einer 15-jährigen geschrieben. Dadurch glaube ich gefällt das Buch Jugendlichen auch sehr, weil sie sich mit Doria identifizieren können (auch wenn sie nicht soviel Unglück im Leben haben wie sie). Doria benutzt auch oft Schimpfwörter, aber das hilft den Jugendlichen nur umso besser sich mit ihr zu vergleichen. :breitgrins: Allerdings ist es auch einen ziemlich hoffnungsloses Buch dessen Message am Anfang ist: "Egal, was du tust, irgendwann wird die Zukunft dir etwas schlechtes antun" (das ist jetzt nicht wortwörtlich übersetzt, da ich die französische Ausgabe gelesen habe). Doria stellt von Anfang an klar, dass sie nicht an ihr Glück glaubt. Das, was ich noch gut finde an dem Buch, ist dass es nicht nur um Doria geht. Doria erzählt viel von ihren Nachbarn, ihrer Therapeutin, Hammoudi, Nabil (keine Ahnung ob er im Deutschen Buch auch so heißt) der ihr Nachhilfe gibt und noch von vielen anderen Menschen, die sie kennt.
    Ich finde eigentlich gar nichts negatives an dem Buch, es war wirklich witzig und hat mir sehr viel Spaß gemacht.


    Ganz klar: 5ratten


    Diese Version habe ich gelesen:

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    PS: Ich hoffe ich bin hier richtig mit dem Buch, ich finde es passt eher in "Sonstige Belletristik" als in "Kinder- un Jugendliteratur", hoffe das ist gut so. :smile:

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    Einmal editiert, zuletzt von zauberin ()

  • Die Ausrede zählt aber nicht. Es gibt hier genug Leute, die Französisch verstehen und auch Bücher auf Französisch lesen. Es gibt sogar welche hier, die in Frankreich wohnen ... :zwinker: :breitgrins:


    Voilà :breitgrins:
    Doria a 15 ans, un sens aigu de la vanne, une connaissance encyclopédique de la télé, et des rêves qui la reveillent. Elle vit seule avec sa mère dans une cité de Livry-Gargan depuis que son père est parti un matin dans un taxi gris trouver au Maroc une femme plus jeune et plus féconde. Ça, chez Doria, ça s'appelle le mekotub, le destin: "Ça veut dire que quoi tu fasses, tu te feras toujours couiller." Alors autant de ne pas trop penser à l'avenir et profiter du présent avec ceux qui l'aiment ou font semblant. Sa mère d'abord, femme de ménage dans un Formule 1 de Bagnolet et soleil dans sa vie. Son pote Hamoudi, un grand de la cité qui l'a connue alors qu'elle était "haute comme une barrette de shit". Mme Burlaud, sa psychologe, qui met des portes-jarre-telles et sent le Parapoux. Les assistentes sociales de la mairie qui défilent chez elle toujours parfaitement manicurées. Nabil le nul qui lui donne des cours particuliers et en profite pour lui voler son premier baiser. Ou encore Aziz, l'épicier du Sidi Mohamed Market avec qui Doria essaie en vain de caser sa mère. Il se mariera sans les inviter? Peu importe, "Maman et moi on s'en fout de pas faire partie de la jet-set." Kiffe kiffe demain est d'abord une voix, celle d'une enfant des quartiers. Un roman plein de sève et d'humour.


    Meine Eindrücke
    Die fünfzehnjährige Doria lebt mit ihrer Mutter allein in einem der Pariser Vororte, den sogannanten banlieus. Der Vater ist vor wenigen Monaten erst Richtung Marokko abgehauen, um sich eine jüngere Frau zu suchen und den ersehnten Stammhalter zu zeugen. Von der Schule und der Gemeinde werden Doria und ihre Mutter seither mit einigen Sozialleistungen unterstützt - ein Tropfen auf den heißen Stein und in Dorias Augen finden beileibe nicht ale Anstrengungen Gnade. Sie erkennt zielsicher, welche der entsandten Personen ernsthaft Interesse an Hilfe haben und welche mitleidig oder hochnäsig mit ihnen und anderen Bewohnern des Viertels umgehen.


    Guène erzählt den Alltag in Form kleiner Anekdoten und kommentiert mit spitzer Zunge die Begegnungen und täglichen Herausforderungen. Was vordergründig spritzig und kurzweilig geschrieben ist, entpuppt sich an mancher Stelle als ernster Denkanstoß und als Kritik an der aktuellen Situation in den banlieus. Da ist z.B. der elsässische Chef der Mutter Yasmina, der sich zwar ungeheuer aufregt, wenn man seinen Namen (ungewollt) falsch ausspricht, der die Mutter andererseits aber respektlos stets als "die Fatma" ruft und anspricht. Da sind Lehrer, die Doria nicht glauben, dass sie wegen Ramadan tagsüber nicht in die Kantine muss und die nach vollendeter Arbeit mit "gutem Gewissen" in ihre eigenen Viertel zurückkehren und in der Bar fabulieren, wie schwer das Unterrichten in der Vororten sei. Als ganz selbstverständlich kommen die unterschiedlichen privaten Hemmnisse zur Sprache: Von den Verwandten, die Doria an einen "schielenden Esel" verheiraten wollen, von wohlhabenderen Bekannten, die arrogant auf Dorias Familie heruntersehen oder von liebgewordenen Freunden, die auf die schiefe Bahn geraten.


    Der Erzählstil ist kurzweilig und sehr unterhaltsam und öffnet auf lebhafte Weise einen Blick in Dorias Lebens- und Gedankenwelt. Das Mädchen kommentiert seine Welt sehr pragmatisch und hat sich dank seiner Erfahrungen einen unschätzbaren Wertekodex entwickelt: "Je suis fière de ma mère. C'est la dignité, le genre de trucs qu'on t'apprend pas à l'école." Bei allen Widernissen bleibt Doria ein positiver Mensch, der sicher ist, seinen Weg zu finden. Am Ende meint sie, dem "kif-kif demain", dem ewig gleichen täglichen Trott entkommen zu können und plant für sich ihre Zukunft.


    4ratten

    ☞Schreibtisch-Aufräumerin ☞Chief Blog Officer bei Bleisatz ☞Regenbogen-Finderin ☞immer auf dem #Lesesofa

  • kiffe-kiffe-imorgon_150.jpg


    Ich habe das Buch in der schwedischen Übersetzung unter dem Titel "Kiffe kiffe imorgon" gelesen.


    Die fünfzehnjährige Doria wächst als Tochter marokkanischer Einwanderer in einem Pariser Hochhausvorort auf. Ungefähr ein Jahr lang lässt sie ihre LeserInnen an ihren Gedanken über ihr Leben und ihre Umwelt teilhaben.


    Anfangs ist ihre Situation recht trist. Ihr Vater ist nach Marokko zurückgekehrt und hat dort eine neue Familie gegründet, die ihm den lang ersehnten Sohn beschert. Ihre analphabetische Mutter arbeitet als Putzfrau in einem Hotel und das Sozialamt stockt den Lohn soweit auf, dass das Geld auf niedrigstem Niveau doch immerhin zum Überleben und Mietezahlen reicht. Dankbar kann Doria aber für diese "Almosen", wie sie die Hilfeleistungen auffasst, nicht sein und die vermeintliche oder echte Herablassung der Sozialtanten mag sie überhaupt nicht.


    Voller Bitterkeit denkt sie auch an ihren Vater zurück, der sie schon immer hat merken lassen, dass sie als Mädchen minderwertig ist. Nur durch einen Sohn kann er seine Männlichkeit beweisen und den konnte Dorias Mutter ihm nicht geben. Sein Verschwinden ist da nur der endgültige Verrat. Nicht dass der Vater mit seiner Meinung alleine dastände - nein, in der hauptsächlich von Arabern bewohnten Siedlung stellt sie die Norm da. Eine Norm, die Doria (noch?) nicht verinnerlicht hat. Deutlich sieht sie die Ungerechtigkeiten unter denen ihre Geschlechtsgenossinnen zu leiden haben.


    Aber auch den männlichen Bewohnern geht es nicht unbedingt gut. Tristesse und Aussichtslosigkeit prägen das "Paradies", so der Name der Siedlung. Jobs sind nicht leicht zu bekommen und nur zu leicht und zu verführerisch ist die Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt durch krumme Geschäfte zu verdienen.


    Alles Jammer und Elend, könnte man also meinen. Aber so einfach macht es sich die junge Autorin Guène nicht. Nach und nach verbessern sich die Lebensumstände und die psychische Situation von Doria und ihrer Mutter, nicht zuletzt durch die tatkräftige Hilfe des so verpönten Sozialsystems. Regelmäßige Besuche bei einer Psychologin für Doria und ein Alphabetisierungskurs für ihre Mutter werden vom Sozialamt organisiert und bezahlt und helfen ein gutes Stück auf dem Weg in eine bessere Zukunft.


    Eine gewisse Versöhnung mit dem "Verrat" ihres Vaters, den Doria schließlich auch auf sein extremes Heimweh zurückführt, Frauen, denen es gelingt, ein selbst bestimmtes Leben zu führen, arabische Väter, die ihre Kinder nicht nur unter dem Aspekt der eigenen Ehre betrachten - das alles und mehr zeigt, dass Veränderung möglich ist, dass man hoffen kann ohne völlig realitätsfremd zu sein, dass es sich lohnt für das eigene Leben Verantwortung zu übernehmen.


    Oder anders ausgedrückt: Dorias Lebenssicht hat sich von "kif-kif morgen" (Morgen wieder der gleiche Scheiß wie heute) in ein "kiffe kiffe morgen" (Ich mag die Zukunft) geändert.


    Hellsichtig ist Doria, erkennt die Schwächen (aber später auch die Stärken) und Ungerechtigkeiten ihrer Umwelt und kann schließlich auch ihre eigenen ungerechten Urteile über andere Menschen zugeben. Das ganze in einer sehr lebendigen, und, wie die Schweden sagen, "glockenreinen" Sprache erzählt, bei der jede Formulierung, jedes Wort (zumindest in der schwedischen Übersetzung) stimmt. Ich kann gut verstehen, wie dieser Erstling der damals erst neunzehnjährigen Autorin ein solcher Erfolg werden konnte. Ihr Buch strotzt vor Leben und zeigt, dass auch ein Pariser Banlieu eine lebenswerte Umwelt sein kann. Auf den ersten Blick scheint sie Klischees zu bedienen, bricht sie aber dann und geht darüber hinaus. Der Hoffnungsschimmer am Ende des Buches ist nicht übertrieben dargestellt, und weit entfernt von einem Friede-Freude-Eierkuchen-Ende.


    Ich vergebe starke
    4ratten

    Wir sind irre, also lesen wir!