Vincent Delecroix - Der Schuh auf dem Dach

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  • Im Zentrum des Geschehens : ein Schuh auf einem Dach! Alle Personen des Romans stehen in Verbindung mit diesem Haus (dem Dach und diesem Schuh!) in der Nähe des Pariser Nordbahnhofs: ein verträumtes Kind, ein Eindringling in die Wohnung seiner ehemaligen Geliebten, ein paar Verbrecher, ein ehemaliger, nun aber zur Philosophie bekehrter Fernsehmoderator, ein melancholischer Hund, ein Immigrant ohne Papiere, eine exzentrische alte Dame, ein leicht eingebildeter, moderner Künstler, ein Einbeiniger, ein Ich-Erzähler nah am Rande des Selbstmordes...


    Die zehn Kapitel könnten fast so als Kurzgeschichten stehen: sie erzählen jeweils aus anderer Warte eine mögliche Variante des „Schuhs auf dem Dach“, Variante im Bezug, aber auch Variante im Stil: mal Anklage, mal Erzählung, mal märchenhaft etc. Und Delecroix schaut mit wachem und humanem Blick hinter die Fenster und Wohnungstüren (das erinnerte mich an die Strassenbahnszene im „Himmel über Berlin“ von Wim Wenders) und erzählt von diesen Leben mit ihren Schwierigkeiten und auch in ihrem jeweiligen Alleinsein. Alle Personen sind auf ihre Weise Einzelgänger. Doch für Delecroix scheint dies wie eine Grundbefindlichkeit des Menschen zu sein, vielleicht sollte uns dies also nicht abschrecken, denn eigentlich sind in diesen Geschichten, die miteinander durch Querverweise und eben gemeinsame Themen verbunden sind, Einsamkeit, Leid, aber doch auch Humor ganz nah beieinander. Schmunzeln, ja Lachen als auch ein wenig Nachdenklichkeit waren bei der Lektüre oft gleichzeitig. Und wenn so ein Schuh auf dem Dach eben was ganz Gewöhnliches sein kann, dann vielleicht auch jene einzelnen Schicksale?
    Für mich eine sehr schöne Entdeckung!


    4ratten


    Vincent Delecroix wurde 1969 geboren, lebt und unterrichtet Philosophie in Paris. Ein Schwerpunkt seiner Studien beschäftigt sich mit Kierkegaard.


    Bisherige Prosa:
    Retour à Bruxelles, récit lyrique, Actes Sud, janvier 2003.
    La preuve de l'existence de Dieu, monologues, Actes Sud, 2004.
    A la porte, roman, Gallimard, NRF, 2004
    Ce qui est perdu
    Dazu kommen philosophische Arbeiten…



    Broché: 217 pages
    Editeur : Editions Gallimard (30 août 2007)
    Collection : Blanche
    Langue : Français
    ISBN-10: 2070781550
    ISBN-13: 978-2070781553


    Link zur franz. Amazonseite : http://www.amazon.fr/chaussure…oks&qid=1194098113&sr=1-1

    Gruß, tom leo<br /><br />Lese gerade: <br />Léonid Andreïev - Le gouffre<br />Franz Kafka - Brief an den Vater<br />Ludmila Ulitzkaja - Sonjetschka

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    Inhalt
    Ein Schuh liegt in einer Regenrinne eines pariser Mehrfamilienhauses ... soweit die Grundlage dieses Buches. Wie kommt dieser Schuh dorthin und warum? Ganz verschiedenen Menschen erzählen ihre Geschichte und immer kommt dieser Schuh, sei es nur so nebenbei oder als Hauptthema, darin vor. Was kann ein alter Schuh schon alles erzählen? Hier findet man es heraus ...


    Meine Meinung
    Die zwei Kapitel aus der Leseprobe fand ich ziemlich witzig und ich habe mich deswegen auch wirklich über das Buch gefreut. Nach dem kompletten Lesen des Buches stehe ich diesem jedoch mit gemischten Gefühlen gegenüber.


    Aber jetzt erstmal von vorne:
    Die ersten 2 Geschichten waren nach wie vor schön zu lesen, auch wenn natürlich im zweiten Kapitel der Aha-Effekt fehlt. Schon ab dem 3. Kapitel verschwimmt für den Leser Realität und Fiktion, da auch hier eine Erklärung für den Aufenthalt des Schuhs auf dem Dach gegeben wird. Man fragt sich hier erstmal, welche der beiden stimmt und welche nur Einbildung ist. Doch diese Überlegungen muss man bei diesem Buch sehr schnell aufgeben, denn es gibt letztendlich keinen! Jeder Charakter hat seine eigene Version der Geschichte „Der Schuh auf dem Dach“. Zuerst hat mich das ziemlich verwirrt, aber man muss einfach lernen, sich treiben zu lassen und nicht zwanghaft nach der Antwort zu suchen.
    Die Kurzgeschichten an sich sind recht gemischt. Es gibt lustige (

    ), traurige („Das Märchensyndrom“ ist wirklich nichts für schwache Nerven) und vor allem welche, die zum Nachdenken und Philosophieren anregen.
    Allgemein befassen sich einige Geschichten mit philosophischen Themen, aber da der Autor sich selbst ja auch als Philosoph bezeichnet, verwundert das nicht weiter. Allerdings muss man, wie ich finde, als Leser schon einiges an Vorwissen mitbringen, sonst erkennt und versteht man nicht alle Andeutungen. Bei die Erzählung „Das tragische Element“ habe ich erst später begriffen, dass diese eine Neuinterpretation des „Philoktet“ von Sophokles ist ... was wohl daran lag, dass ich es nicht kenne. Noch nicht, denn nach dieser Lektüre werde ich es mir demnächst zu Gemüte führen.
    Tränen gelacht habe ich bei „Erste Hilfe“.


    Dieses Buch ist auf jeden Fall keine locker-leichte Sache für zwischendurch, dazu stecken viel zu viele Details in den Seiten. Ich werde es schon bald nochmal lesen, wenn ich mich besser darauf einlassen kann ... dieses Buch ist ein klarer Fall von „Mich-weiß-man-erst-beim-zweiten-Mal-richtig-zu-schätzen-Buch“!


    3ratten

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

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    Vincent Delecroix - La chaussure sur le toit


    Im Zentrum des Geschehens : ein Schuh auf einem Dach! Alle Personen des Romans stehen in Verbindung mit diesem Haus (dem Dach und diesem Schuh!) in der Nähe des Pariser Nordbahnhofs: ein verträumtes Kind, ein Eindringling in die Wohnung seiner ehemaligen Geliebten, ein paar Verbrecher, ein ehemaliger, nun aber zur Philosophie bekehrter Fernsehmoderator, ein melancholischer Hund, ein Immigrant ohne Papiere, eine exzentrische alte Dame, ein leicht eingebildeter, moderner Künstler, ein Einbeiniger, ein Ich-Erzähler nah am Rande des Selbstmordes...
    Die zehn Kapitel könnten fast so als Kurzgeschichten stehen: sie erzählen jeweils aus anderer Warte eine mögliche Variante des „Schuhs auf dem Dach“, Variante im Bezug, aber auch Variante im Stil: mal Anklage, mal Erzählung, mal märchenhaft etc. Und Delecroix schaut mit wachem und humanem Blick hinter die Fenster und Wohnungstüren (das erinnerte mich an die Strassenbahnszene im „Himmel über Berlin“ von Wim Wenders) und erzählt von diesen Leben mit ihren Schwierigkeiten und auch in ihrem jeweiligen Alleinsein. Alle Personen sind auf ihre Weise Einzelgänger. Doch für Delecroix scheint dies wie eine Grundbefindlichkeit des Menschen zu sein, vielleicht sollte uns dies also nicht abschrecken, denn eigentlich sind in diesen Geschichten, die miteinander durch Querverweise und eben gemeinsame Themen verbunden sind, Einsamkeit, Leid, aber doch auch Humor ganz nah beieinander. Schmunzeln, ja Lachen als auch ein wenig Nachdenklichkeit waren bei der Lektüre oft gleichzeitig. Und wenn so ein Schuh auf dem Dach eben was ganz Gewöhnliches sein kann, dann vielleicht auch jene einzelnen Schicksale?
    Für mich eine sehr schöne Entdeckung!


    Vincent Delecroix wurde 1969 geboren, lebt und unterrichtet Philosophie in Paris. Ein Schwerpunkt seiner Studien beschäftigt sich mit Kierkegaard.


    Bisherige Prosa:
    Retour à Bruxelles, récit lyrique, Actes Sud, janvier 2003.
    La preuve de l'existence de Dieu, monologues, Actes Sud, 2004.
    A la porte, roman, Gallimard, NRF, 2004
    Ce qui est perdu
    Dazu kommen philosophische Arbeiten…



    Broché: 217 pages
    Editeur : Editions Gallimard (30 août 2007)
    Collection : Blanche
    Langue : Français
    ISBN-10: 2070781550
    ISBN-13: 978-2070781553


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    Gruß, tom leo<br /><br />Lese gerade: <br />Léonid Andreïev - Le gouffre<br />Franz Kafka - Brief an den Vater<br />Ludmila Ulitzkaja - Sonjetschka

  • [size=13pt]Vincent Delecroix – Der Schuh auf dem Dach[/size]


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    Als ich die erste Kostprobe dieses Buches genoss, dachte ich nur: Das muss ich haben! Das will ich lesen. Der Klappentext war sehr vielversprechend, ich stellte mir vor, wie kunstvoll dieses Buch sein würde. Ein Schuh als Grundlage für ein ganzes Buch, das wollte ich nicht verpassen!


    Leider wurde ich sehr enttäuscht. Obwohl ich mir erhofft hatte, dass Buch zügig lesen zu können, hat es sich für mich gezogen wie Gummi. Nach jedem abgeschlossenen Kapitel musste ich mich zwingen, das nächste anzufangen. Das Wartezimmer beim Arzt war meine Rettung, hier hatte ich einfach nichts anderes zu tun.


    Vincent Delecroix weiß meiner Meinung nach nicht, das Interesse des Lesers dauerhaft zu fangen. Obwohl die einzelnen Charaktere ein sehr weites Spektrum abdecken ( von der alten, leicht verrückten Oma bis hin zum Köter findet man alles in ‚der Schuh auf dem Dach‘)hatte man doch das Gefühl, dass der Autor auf penetrante Weise versucht hatte, sich selbst zu verewigen. Witzig fand ich, dass mehrere Personen „Vincent“ heißen, witzig auch das späte Auftreten einer Person, die ebenfalls der Autor sein könnte, doch GNADE: Heidegger, Hegel, Desquartes, etc. sind bestimmt alles sehr interessante Philosophen und Theoretiker, doch ihr ständiges Erwähnen ermüdet beim Lesen. Wer nicht gerade selber Philosophie studiert hat – so wie Delecroix – versteht bei den Anspielungen auf berühmte Philosphen so wie ich wahrscheinlich auch nur Bahnhof (wobei Züge eine Rolle im Buch spielen).


    Immerhin, zum Schluss des Buches fügt sich langsam ein Bild zusammen von der Idee, die Vincent Delecroix bei der Schaffung des Buches hatte, doch für mich kam das zu spät. Wenn ich beim Lesen keinen Spaß hatte, kann ein gutes Ende das auch nicht mehr retten. Deshalb bekommt das Buch nur zwei von 5 Punkten. Schade!


    2ratten

    Einmal editiert, zuletzt von J.D. ()

  • Ein philosophischer Episodenroman von einem Schuh auf dem Dach und zehn verschiedene Versionen wie er dort hingekommen sein könnte. Dieser Teil der Inhaltsangabe hat mich Anfangs dazu bewogen, mich für das Buch „Der Schuh auf dem Dach“ von Vincent Delecroix zu interessieren. Als ich mit dem Lesen begann, fehlte mir schnell der philosophische Aspekt. Selbst der Schuh war mehr eine Randerscheinung, als ein beeinflussendes Element. Was ich schade fand, denn zehn Geschichten die sich rund um einen Schuh drehen, hören sich unterhaltsam an. Auch das fehlte Anfangs: Unterhaltung. Die Tatsache, dass ich für die erste Hälfte des Buches 2 Wochen und für den Rest wenige Stunden benötigte, lässt allerdings auf mehr hoffen. Mehr Unterhaltung, mehr Gedankengänge und mehr Schuh. Das Buch steigerte sich in meiner Wertung von ganz nett, auf großartig. Auch wenn ein kleines schlafloses Mädchen, ein verbitterter Exfreund oder ein Kulturkritiker nicht so sehr mein Interesse weckten, wie die Suche nach der Frau des Lebens, ein enttäuschter Hund und die Freundschaft zwischen einer alten Dame und einem Feuerwehrmann, so erkannte ich zum Schluss die Notwendigkeit aller Geschichten für das Gesamtbild. Dies wird nicht nur durch den Schuh geschaffen, das wäre eine zu große, rhetorische Aufgabe für so einen kleinen Gegenstand, sondern durch die einzelnen Verknüpfungen der Geschichten untereinander. Da beobachtet ein Nachbar den Anderen und hat hier und da ein Gerücht gehört, wovon wir bereits in einem Kapitel zuvor gelesen haben. Es ist fast so als würde man einen alten Bekannten treffen.
    Es wird gesagt, das Buch handle vom Glück, von der Liebe, vom Schmerz, von der Trauer und vom Jungsein. Das tut es auch. Ich finde jedoch das jede Geschichte auf ihre Weise auf ein Gefühl hinaus läuft: Einsamkeit. Dieser Eindruck steigert sich von Kapitel zu Kapitel.
    Ein Wohnblock, dutzende Nachbarn und ein Schuh der zu der Erkenntnis verhilft, dass man auch unter Menschen alleine sein kann. Dass ein Nachbar genauso fremd ist, wie Passant auf der Straße.
    Ein wirklich gutes Buch ist für mich mehr als nur Unterhaltung. Ein gutes Buch gibt mir einen Gedanken, eine Erkenntnis oder ein Gefühl. „Der Schuh auf dem Dach“ ist ein solches Buch.

  • Typisch französisch


    Das Buch besteht aus 10 Kurzgeschichten, von denen jede eine andere Version erzählt, wie ein einzelner Schuh auf das Dach eines gegenüber stehenden Hauses gelangt ist. Irgendwie hängen sie aber auch alle zusammen. Erzähler sind die Bewohner eines Hauses in Paris bzw. Menschen, die sich dort aus irgendwelchen Gründen aufhalten.


    Es handelt sich um ganz unterschiedliche Charaktere (und nicht nur menschliche) und damit stark unterschiedliche Sichtweisen, aber sie sind alle mehr oder weniger philosophisch angehaucht. Nebenbei erfährt der Leser von allen möglichen Problemen der Akteure, was einen schon nachdenklich macht. Amüsant fand ich, wie in den einzelnen Geschichten immer wieder auf die Entstehung genau dieses Buches eingegangen wird.
    Vom Stil her empfand ich das Buch als typisch französisch. Das muss man mögen, wenn einem das Buch gefallen soll.


    3ratten