Thor Heyerdahl – Kon-Tiki

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    Rückentext: Thor Heyerdahl hatte sich – gegen die gelehrte Fachwissenschaft – in den Kopf gesetzt, eine gewagte Theorie zu beweisen, daß nämlich die hohe Kultur Polynesiens aus Südamerika stammt. Viele tausend Kilometer Ozean liegen zwischen Peru und Polynesien, aber Heyerdahl war überzeugt, daß Kon-Tiki, ein sagenhafter Häuptling der Vor-Inka-Zeit, vor anderthalbtausend Jahren von Peru aus über das Meer entschwand und in Polynesien wieder auftauchte. Das konnte nur auf einem Floß geschehen sein. Also bauten Heyerdahl und seine Freunde aus dicken Balsastämmen ein abenteuerliches Fahrzeug, das nach Ansicht der Fachleute den ersten Sturm nicht überleben würde. Die Fachleute irrten. Denn die Norweger schafften die Überfahrt nach 97 Tagen und landeten zwar etwas hart, aber dennoch wohlbehalten auf einer kleinen Insel. Damit wurde wieder einmal deutlich, daß Wissenschaft nicht nur eine Sache des Schreibtisches, der Laboratorien und Hörsäle ist, sondern echtes Abenteuer, das den Einsatz der ganzen Persönlichkeit erfordert. Und Heyerdahl beweist auf jeder Seite seines prächtigen Buches, daß er bei aller Besessenheit von der großen Aufgabe einen köstlichen Humor besitzt. Spannend, lebendig, frisch, unbekümmert und sachlich zuverlässig schildert der Forscher seine abenteuerliche Fahrt über den Stillen Ozean.



    Meine Meinung: Nun ja, ein bißchen arg reißerisch und positiv ist der Rückentext schon, aber schließlich soll er vor allem zum Kauf animieren. Als Reisebeschreibung hat dieses Buch wirklich etwas, denn trotz der vielen Tage auf See wird die Beschreibung nicht eintönig, auch wenn furchtbar viel von Fisch die Rede ist :breitgrins: Aber wie man Haie mit der Hand fängt oder wie man ein Floß steuern lernt, das ist schon interessant beschrieben. Ich habe mich allerdings immer wieder gefragt, ob es wirklich so harmonisch und ohne Spannungen abgegangen ist, wie Heyerdahl es beschreibt. Eigentlich kann ich mir das bei dem engen Zusammenleben von sechs Menschen über drei Monate hinweg nicht vorstellen, aber vielleicht werden wortkarge Nordmänner damit leichter fertig als so eine Plappertasche wie ich :zwinker:


    Was Heyerdahls Theorie angeht, so ist sie meines Wissens bis heute umstritten, aber auch nicht widerlegt. Allein die technische Machbarkeit einer solchen Pazifiküberquerung ist natürlich kein Beweis dafür, daß sie auch so stattgefunden hat. Heyerdahl hat zwar eine Vielzahl weiterer Indizien zusammengetragen, aber mehr als Indizien sind es eben nicht. Trotzdem gebührt ihm Anerkennung dafür, die Ansätze der etablierten Wissenschaft aufgemischt zu haben und wenn man sich auf dieses Gedankenexperiment einläßt, dann kann man bei dieser Floßfahrt schon mitfiebern.


    Nicht klar geworden ist mir, wie Heyerdahl zu den indigenen Bevölkerungen Perus wie Polynesiens steht. Es schwingt zwar durchaus eine gewisse Sympathie mit, aber der Tonfall erinnerte mich oft an eine weitverbreitete Kolonialsicht der „Eingeborenen“ als einfache Naturkinder, die man anleiten muß, und über deren Handlungen man mit einem großmütigen Lächeln hinwegsehen kann, wenn sie damit niemandem schaden. Das mag dem Zeitgeist entsprochen haben (schließlich fand die Expedition 1947 statt, der Bericht erschien 1949), aber ein ungutes Gefühl hinterläßt es bei mir trotzdem.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Um zu beweisen, dass es schon zu Zeiten der Inkas mit einfachsten Mitteln möglich war, Polynesien von Südamerika aus zu besiedeln, beschließt der norwegische Wissenschaftler und Abenteurer Thor Heyerdahl kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges, eine solche Reise zu wagen. Da dies alleine kaum durchführbar ist, macht er sich auf die Suche nach geeignetem Bordpersonal.


    Bis die kleine Mannschaft in See sticht, ist beim Leser Geduld gefragt, denn Heyerdahl erzählt zunächst auf über 70 Seiten von der Entstehung der Idee, der Suche nach den richtigen Bäumen für das Floß und dem Bau des Fahrzeugs. Das sind zwar wesentliche Bestandteile der Geschichte, es hätte aber gerne kürzer ausfallen dürfen. Als es dann von der Stadt Lima in Peru aus endlich losgeht, steht nicht nur das Segeln im Mittelpunkt. Heyerdahl berichtet auch ausführlich von den Meerestieren und deren Verhalten, dem Leben an Bord und erklärt die Herkunft des Namens Kon-Tiki. Allmählich entwickeln sich die unerfahrenen Männer zu Seeleuten, die ihr Gefährt mit einem Minimum an Hilfsmitteln auf den erforderlichen Kurs bringen. Nach 101 Tagen landet das Floß relativ unsanft auf einem Riff vor dem Raroia-Atoll. Knappe 7000 Kilometer wurden mit der Hilfe des Windes und der Meeresströmungen bewältigt und damit der Beweis geliefert, dass die Inseln im Pazifik durch Menschen aus Südamerika besiedelt worden sein können. Die führenden Experten der polynesischen Anthropologie, die diese Möglichkeit nie auch nur in Erwägung gezogen hatten, wurden damit in Aufruhr versetzt. Im einem erst Jahrzehnte später geschriebenen Nachwort erzählt Heyerdahl umfassend über diese jahrelange Kontroverse und darüber, wie er durch eigene Entdeckungen und Überlegungen auf die Theorie der Besiedelung von Südamerika aus kam.


    Diese Reise ist fraglos ein denkwürdiges Experiment, das Bewunderung verdient. Mit Humor und manchmal leichter Ironie erzählt Heyerdahl von dem waghalsigen Unternehmen. Von Unstimmigkeiten unter den sechs Passagieren ist keine Rede, im Gegenteil, sie verstanden und ergänzten sich alle bestens. Auch Stürme und schweres Wetter tauchten kaum auf, so dass der Trip fast als Kinderspiel erscheint. Um ehrlich zu sein: Ich kann mir nicht vorstellen, dass es tatsächlich so war. Wenn sechs Menschen, die sich vorher zum Teil völlig unbekannt waren, unter teilweise widrigen Umständen auf einem Floß zusammenleben, muss es auch einmal zu Problemen kommen.


    So weit verdient der Bericht eigentlich fast die volle Punktzahl. Eigentlich.


    Den Umgang der Mannschaft mit den Fischen konnte ich nur mit wiederholtem Kopfschütteln quittieren. Zur Zeit der Reise 1947 gab es im Vergleich zu heute noch großen Fischreichtum. Die sechs Seefahrer konnten sich problemlos mit ausreichend Fisch versorgen, um täglich satt zu werden. Es gab so viel, dass sie die Reste der Mahlzeiten an andere Fische verfüttern konnten. Manche der geangelten Fische wurden verwendet, um damit Haie anzulocken. Die Männer machten sich einen Spaß daraus, die Haie mit der Hand zu fangen und an Bord zu ziehen. Bei anderen Gelegenheiten hängten sie ihre Füße ins Wasser, um sie dann blitzschnell herauszuziehen, wenn die angelockten Haie darauf zu schwammen. Als Haie Jagd auf andere Fische machten, die sich unter dem Floß versteckten, begingen die Männer ein wahres Gemetzel, indem sie mehrere Haie und Thunfische angelten, aufs Floß zogen und töteten. Durch das in Wasser fließende Blut wurden natürlich nur noch mehr Tiere angelockt. Als eines Tages der Bordpapagei mit einer Welle über Bord ging und nicht mehr auftauchte, zogen sie eine Woche lang jeden Hai aus dem Wasser, den sie erwischen konnten, um ihm den Magen aufzuschneiden und nach Überresten des Papageis zu suchen. Die ausführliche Schilderung lässt den Rückschluss zu, dass die Männer bei diesen Angeleien einen Heidenspaß hatte. Bei allem Respekt für ihre seemännische Leistung kann ich darüber nur den Kopf schütteln, selbst wenn ich ihnen zugute halte, dass damals das Verhalten gegenüber Tieren noch anders war. Ein frühes Beispiel dafür, wie Menschen unüberlegt mit scheinbar unerschöpflichen Ressourcen umgehen.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus: