Haruki Murakami - Gefährliche Geliebte/Südlich der Grenze, westlich der Sonne

Es gibt 34 Antworten in diesem Thema, welches 12.888 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Schokomaus.

  • @klassikfreund
    Hier liegt es vielleicht auch schon daran das die Grundlage eine unterschiedliche ist. Die Neuübersetzung bezieht sich ja direkt auf die Originalausgabe, die alte auf die englische Übersetzung.

  • Ich habe ja auch schon einiges zu dieser Neuübersetzung gehört, lohnt es sich wirklich das ganze noch mal zu lesen? Ich kann nicht so recht einschätzen wie tief die Auswirkungen sind. Der Grund Tenor der Geschichte bleibt doch trotz alle dem?!


    Gruß
    schokotimmi

  • Mir hatte das Buch auch in der alten Übersetzung sehr gut gefallen, insofern habe ich gar nicht das Bedürfnis es noch einmal zu lesen.

  • Bei mir war es so, dass ich das Buch zu Hause hatte, aber nie das Verlangen gespürt hatte, es zu lesen. Und das, obwohl es von Murakami ist. Jetzt weiss ich wieso. Die neue Übersetzung werde ich nämlich lesen.

    //Grösser ist doof//

  • Nun, das sind ja mal 2 unterschiedliche Meinungen, ich habe es ja gelesen und fand es auch recht gut, aber es solche "hammermäßige" Geschichte, die ich unbedingt nochmal lesen müßte war es eben für mich nicht. Vllt. lasse ich den "Hype" erstmal vorbeigehen und entscheide später.


    Grüße
    schokotimmi

  • schokotimmi schrieb:

    Zitat

    lohnt es sich wirklich das ganze noch mal zu lesen? Ich kann nicht so recht einschätzen wie tief die Auswirkungen sind. Der Grund Tenor der Geschichte bleibt doch trotz alle dem?!


    Aus Klassikfreunds oben genannten link:


    Zitat

    Wer Gefährliche Geliebte im Regal stehen hat und die Neuübersetzung von Ursula Gräfe daneben stellt, hat nicht dasselbe Buch noch einmal gekauft, nicht einmal das gleiche. Sondern ein anderes.

    Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark.Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen.Hermann Hesse

  • Ursula Gräfe hat ja so ziemlich alle Murakami-Werke übersetzt, deshalb bin ich froh, dass sie dieses nun auch unter ihre Fittiche genommen hat. Ich finde nämlich, sie macht das mit dem Übersetzen richtig, richtig gut.

    //Grösser ist doof//

  • Dann ist es ja auch eine logische Konsequenz das sie diesen Roman nun auch übersetzt hat. Ich gebe zu mit Namen von Übersetzern beschäftige ich mich Recht wenig und daher fällt mir so etwas eh nicht so auf.

  • Mir fallen die Übersetzer eigentlich auch nicht auf, aber Ursula Gräfe ist mir unterdessen schon so oft begegnet (auch bei anderen Büchern, die aus dem Japanischen stammen), dass sie für mich ein fester Begriff geworden ist. Und da ich sie eben auch von anderen Titeln her kenne, kann ich für mich sagen, dass sie es schafft, jedem Buch seine Feinheiten und seine Eigenheiten zu lassen.

    //Grösser ist doof//

  • Haruki Murakami - Südlich der Grenze, westlich der Sonne.


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    Womit soll ich diese Rezension beginnen? Mit dem Positiven oder dem Negativen? Ich entscheide mich für das Negative und das ist im Vergleich zum Positiven nur eine Petitesse.


    Coverbilder sind mir normalerweise ziemlich egal. Hier fällt es mir jedoch auf, ein Coverbild welches man eher auf der Rückseite eines Buches erwarten würde und auf der Vorderseite würde man dann das Gesicht der Frau erkennen. Dann der doch recht sperrige Titel, den sich der Autor zuschreiben lassen muss, der zudem auf dem Cover kaum zu lesen ist. Zumindest nicht, wenn das Buch auf dem Bücherstapel im Buchladen liegt. Also kein Buch, bei dem ich spontan zugreifen würde. Dennoch habe ich zugegriffen, das mag vor allem daran liegen, dass ich mich noch dunkel an die seinerzeitige Diskussion im Literarischen Quartett zwischen Marcel Reich-Ranicki und Hellmuth Karasek auf der einen Seite sowie Sigrid Löffler auf der anderen Seite erinnere. Wie ich nach der Lektüre noch mal im Internet nachgehört habe, bezeichnete Löffler den Roman seinerzeit als "Fast Food", während Reich-Ranicki konstatiert, er habe eine solche Liebesszene wie im letzten Kapitel dieses Buches seit Jahren nicht mehr gelesen. Zudem bin ich hinsichtlich japanischer Autoren noch relativ unbeschlagen und wollte einen weiteren Versuch innerhalb dieses Kulturkreises wagen. Und ich wurde dabei nicht enttäuscht.


    Man kann ein Buch auf verschiedenen Ebenen lesen, auf der Ebene der Handlung, auf der Ebene der Philosophie mit den dahinterstehenden Lebenswahrheiten und Weisheiten, oder auf der Ebene der Gesamtwirkung. Wenn man die leicht zu lesende, mit erotischen Elementen versehene Handlung mal beiseite schiebt und auch die darin enthaltenen klugen Lebenswahrheiten außer Acht lässt und das Buch als ganzes auf sich wirken lässt, dann hat man einen der besten Liebesromane der Neuzeit gelesen. Ergriffen und mit Bedauern habe ich dieses Buch beiseite gelegt. Murakami beschreibt auf intensive Weise, was Liebe zwischen zwei Menschen ausmacht. "Romeo und Julia" kann man als Urmodell großer Liebesgeschichten ansehen. Heute muss man diese alte Geschichte so erzählen, wie Murakami es macht.


    Der Ich-Erzähler Hajime erzählt die entscheidenden Wegmarken seines Lebens beginnend mit seiner Kindheit, wobei zunächst Mädchen, später Frauen hierbei eine besondere Rolle gespielt haben. Im Mittelpunkt steht die unerfüllte Liebe zu Shimamoto. Seine Sprache ist poetisch und angenehm knapp (ähnlich wie bei Siegfried Lenz), die Handlung wird schnell vorangetrieben, so dass niemals das Gefühl von Langatmigkeit oder gar Langeweile aufkommt. Ohne dass ich es am Original überprüfen kann, erscheint mir die Übersetzung äußerst elgant. Man findet im Internet einige Vergleiche mit der derberen englischen Übersetzung. Der Protagonist ist intelligent, so dass es eine Freude bei der Lektüre ist, seinen Innenansichten über das Leben zu folgen. Es bereitet auch Spaß dem Plattensammler Hajime durch sein Musikleben zu folgen, auch wenn ich mit anderer Musik sozialisiert wurde. Murakami kann mit seiner lakonischen Schreibweise Leidenschaft seines Protagonistgen beschreiben und entfacht sie dabei auch beim Leser. Und dann gibt es trotz der Zartheit der Sprache und der hohen Emotionalität, zu der Hajime im Stande ist, eine fast überraschend auftauchende derbe Seite, auf der Sexualität offen beschrieben wird, wobei es dem Autor gelingt, herauszuarbeiten, wie viel "Liebe" im jeweiligen Liebesakt da mitschwingt. Wenn Reich-Ranicki dies als "hoch erotisch" im Literarischen Quartett bezeichnet, dann finde ich das auch heute noch richtig, also in einer Zeit, in der noch offener geschrieben wird als seinerzeit. Das Buch wäre eben ohne diese Offenheit genauso schön und das zeigt wie falsch m.E. Sigrid Löffler bei der Beurteilung liegt. Man kann das Buch als Lebensgeschichte mit nicht genutzen Chancen lesen, und wer denkt denn nicht über seine vertanen Möglichkeiten einmal nach. Auf dieser Ebene hat es mir ebenso gut gefallen. Richtig großartig ist es aber in der Gesamtwirkung.


    5ratten


    und ein wenig Bedauern, dass mir bisher nur Tia und Tina bei meiner Bewertung folgen. Ich hoffe, dass Buch findet noch viele Leser.


    Gruß, Thomas

  • Was für eine tolle Rezi, Klassikfreund! Die lässt einem sozusagen das Wasser im Mund zusammenlaufen, ich freu mich schon sehr darauf, dieses Buch zu lesen. Wird definitiv mein nächster Murakami.

    //Grösser ist doof//

  • Vielen Dank für die überaus ansprechende Rezension. Ich besitze die alte Übersetzung als Ebook (bisher noch ungelesen), aber nachdem ich mir die Leseprobe der neuen Übersetzung durchgelesen und einen direkten Vergleich angestellt habe, würde ich doch fast die Gräfe-Übersetzung bevorzugen. Auch wenn die übrigen Rezensionen dafür sprechen, dass die Geschichte durch die alte Version nicht weniger zu beeindrucken vermag.

  • So nun habe ich, wenn auch nicht ganz aus eigenem Antrieb die neue Übersetzung gelesen und fand die Geschichte deutlich besser als beim ersten Lesen, ich habe viel mehr Emotionen und Nuancen der Geschichte gespürt und insgesamt hat sie mich mehr berührt.
    Im Gegensatz zu meiner ersten Rezi kann ich überhaupt nicht mehr sagen, dass mir irgendwelche wichtigen Dinge offen bleiben. Die Geschichte um Hajime ist abschließend und stimmig. Ich kann viel mehr diese Zweifel und Einsamkeit nachspüren.
    Ich kann nicht behaupten dass es wirklich nur an der Übersetzung liegt, wobei im direkten Vergleich schon einige Grobheiten in der Sprache zu erkennen waren und die Melodie des Textes jetzt stimmiger ist.


    Grüße
    schokotimmi

  • Es ist etwas unglaubliches passiert - ich habe nach anderthalb Jahren endlich mal wieder 100 Seiten am Stück lesen können!!! :breitgrins:
    Und da ich vor knapp drei Monaten dieses Buch angefangen hatte und zwischendurch immer nur ca. fünf bis höchstens acht Seiten lesen konnte, ohne dabei einzuschlafen oder anderweitig gestört zu werden, war das wie ein kostbarer Wein mit dem besten Stück Schokolade der Welt. Das ging runter wie warmes Öl.


    Es ist ein wunderschönes Buch.
    Größtenteils wegen der Melancholie-Jazz-Komponente, ich liebe Jazz. Die Szenen, in denen Hajime in seiner Bar saß und beschrieben wurde, was drumherum passierte/passiert war, und die Szenen, in denen über Musik geschrieben wurde, haben mir am meisten gefallen.
    Diese gewisse "Grundtraurigkeit" wohnt - denke ich - in verschieden großen oder winzigen Teilen jedem Menschen inne, und ich genieße diese (kleine!) Seite an mir sehr, da sie ein gesundes Maß enthält und ich sonst das Leben in vollen Zügen (er)lebe. Genau deshalb kann ich Hajime auch ziemlich gut verstehen und mich in ihn hineinversetzen. Und genau deshalb war das Buch für mich wie ein kleiner Kurzurlaub.


    Nachdem schokotimmi damals erst schrieb, dass sie kurz nach der Lektüre auf Grund der bleibenden Eindrücke das neu übersetzte Buch vorerst nicht lesen wird, und es später doch getan und nicht bereut hat, werde ich mir die Neuauflage auch besorgen und wahrscheinlich auch erst später lesen, aber damit will ich nicht zu lange warten. Ich bin nun arg neugierig, was es mit der Neuübersetzung auf sich hat, zumal ich mit der alten Ausgabe schon überglücklich bin.


    5ratten

    "Verzicht bedeutet für Frauen die kurze Pause zwischen zwei Wünschen."

    ~ Mario Adorf

    Einmal editiert, zuletzt von Schokomaus ()