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    Titel: Ilias (in einer Doppelband Doppelbandausgabe des Patmos Verlags zusammen mit Odyssee)
    Autor: Homer


    In einer Übertragung von Johann Heinrich Voß, nach dem Text der Erstausgabe von 1793


    Allgemein:
    776 S.; Patmos Verl.; 2003; 9.95 €


    Inhalt:
    In Ilias schildert Homer den Kampf um Troja ausgelöst durch die "Entführung" der schönen Helena, der Frau des Königs . Bald wird dem Leser jedoch klar das vorallem die Götter hier letztendlich über das Schicksal der Stadt entscheiden.
    In der Ilias werden lediglich ungefähr 50 Tage der Schlacht geschildert. Das Hauptaugenmerk liegt vorallem auf Achileus, den Helden der Griechen.


    Meine völlig subjektive Meinung:
    Ich müsste lügen , wenn ich behaupten würde das mir das Lesen der Ilias leicht gefallen ist. Vielmehr habe ich mich zeitweise sehr durch die sperrige Sprache gequält. Ich frage mich ob die Wahl der Übersetzung nicht einfach falsch war? Ich jedenfalls konnte kaum etwas von der spannenden Geschichte vom Untergang Trojas in dem Epos wiederfinden. Vielleicht bin ich hier einfach auch zu sehr von Prosaübertragungen der Geschichte und Interpretationen von anderen Autoren beeinflusst gewesen. Mir hat sich das Werk jedenfalls nur schwer erschlossen. Zeitweise konnte ich der Handlung gar nicht so recht folgen, da ich immer wieder überlegen musste von wem nun gerade die Rede war. Gestört hat mich auch das Paris ständig Alexandros genannt wurde und dann hieß er plötzlich wieder doch Paris. Das hat mich doch sehr verwirrt.
    Insgesamt habe ich mich eher gequält als das ein Lesegenuss zustande gekommen wäre. Daher würde ich persönlich von der Lektüre dieser Übersetzung abraten - ich denke aber auch das es sicher Leute gibt die das anders sehen^^


  • Insgesamt habe ich mich eher gequält als das ein Lesegenuss zustande gekommen wäre. Daher würde ich persönlich von der Lektüre dieser Übersetzung abraten - ich denke aber auch das es sicher Leute gibt die das anders sehen^^


    Ich lese nun ja bereits das dritte Jahr an eben dieser Übertragung, jedoch mache ich immer wieder laaange Pausen, einmal habe ich sogar wieder von vorn angefangen. :redface: Auch mir fällt die Lektüre nicht leicht - man muss in der richtigen Stimmung sein. Das bin ich leider nur selten, aber wenn es dann passt, flutscht es nur so. Vielleicht warst du einfach zu schnell?
    Die Verwendung unterschiedlicher Namen für die selben Personen macht wirklich Schwierigkeiten. Und wie ich an anderer Stelle schon sagte, ginge ohne mein 'Lexikon der Antike' gar nichts in der Ilias...


    Gratuliere, dass du durchgehalten hast! :smile:

  • Hallo Holden Caulfield,



    Alle Achtung, du hast es gelesen. Wer macht sich heute noch die Mühe. :zwinker:


    Natürlich, das muss ich jetzt sagen, ist die "Ilias" ein großartiges Werk, der erste literarische Atem Europas. Ich habe großes Verständnis dafür, wenn jemand einen Zugang zu diesem Werk nicht findet. Einen vollen Genuss des Werkes kann meines Erachtens auch nur mit Hilfe von Sekundärliteratur erziehlt werden. Wenn jemand ein Faible für die Geschichte der Mykener, des antiken Griechenlands hat, natürlich auch zur Mythologie und antiken Religion (Kulte), sich mit der Literatur der alten Griechen befasst, dem dürfte eine Lektüre des Werkes warscheinlich nicht soooooo schwerfallen. :winken:


    Ich gehe aber davon aus, dass die "Odyssee" vom lesetechnischen und vom Inhalt her warscheinlich mehr Gefallen finden wird.


    Liebe Grüße
    mombour

    Einmal editiert, zuletzt von mombour ()

  • Natürlich war nicht Agamemnon der König von Troia, sondern Priamos. Agamemnon und sein Bruder Menelaos waren ja Söhne des Atreus, der ja ein Sohn des Pelops war. Nach ihrem Vater, wurden sie Atriden genannt. Sie waren die Herren über den Peloponnes. Es gibt in der Mythologie auch einen "Agamemnon Zeus", sprich der entschlußharte Zeus. Agamemnon war der Heerführer der Griechen. :smile:

  • Ähnlich wie Holden ist es auch mir vor einigen Jahren ergangen. Die gegnerischen Parteien kämpften miteinander und ich kämpfte mit dem Text, ebenfalls in der Voß'schen Übersetzung. Etwas später schaute ich in eine modernere schwedische Übersetzung und war erstaunt davon, um wieviel klarer und verständlicher der Text plötzlich war.
    Aber auch von den sprachlichen Problemen abgesehen, fiel es mir schwer, nicht aufzugeben. Zu eintönig und wiederholend war ein Großteil der Handlung: eine Schlacht folgt der anderen, man kämpft und schlachtet die Gegner ab, schlachtet noch ein bisschen und kämpft zur Abwechslung weiter und immer wieder "fallen die Waffen klirrend zu Boden", wenn deren Träger die tödliche Wunde erhalten hat.
    Natürlich gab es auch andere Szenen, manche sogar richtig interessant, aber der bleibende Eindruck war doch eher der von Langeweile.


    Ich empfehle allen Neulingen auf diesem Gebiet, doch mit der Odyssee zu beginnen, die viel leichter zugänglich ist, und deren Lektüre mir nach der Ilias viel besser gefallen hat.
    Bei der Erstlektüre zu einer modernen Übersetzung zu greifen, ist sicher auch nicht verkehrt; es wäre schade, wenn man durch die schwerere alte Übersetzung schon in den Anfängen stecken bleibt und den Homer entnervt beiseite legt. Denn irgendwie hat mir die Lektüre der Ilias trotz aller Qual doch gefallen und ich spiele doch tatsächlich mit dem Gedanken einer Wieholek. Ich glaube, das Epos verdient eine zweite Chance.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Wer Probleme mit der Übersetzung von Voss hat, sollte zu der leichteren Übertragung von Wolfgang Schadewaldt greifen. Sie kommt wohl auch dem Original wesentlich näher, und verzichtet dabei auf die Hexameter Versform. So wird die Geschichte viel lebendiger, und rückt wieder näher an die griechische Lebenslust.


  • Wer Probleme mit der Übersetzung von Voss hat, sollte zu der leichteren Übertragung von Wolfgang Schadewaldt greifen. Sie kommt wohl auch dem Original wesentlich näher, und verzichtet dabei auf die Hexameter Versform. So wird die Geschichte viel lebendiger, und rückt wieder näher an die griechische Lebenslust.


    Vielen Dank für den Tipp!

  • Homer - Ilias
    in der Übertragung durch Raoul Schrott (2008)


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    Ich lese gerade die Ilias in der Übertragung von Raoul Schrott aus dem Jahr 2008, die für einigen Wirbel gesorgt hat, weil sie in recht moderner Sprache verfasst ist und sich keinen Deut um die Einhaltung der Metrik oder die Versform des Originals oder (stellenweise) um allzu große Texttreue schert. Sie hält sich zwar in der Zeilenzählung an die Vorgabe des Originals, liest sich aber im Grunde wie ein Prosatext.


    Darüber hinaus verwendet Raoul Schrott eine konsequente Kleinschreibung seines Textes, und auch mit der Zeichensetzung geht er äußerst sparsam um. :zwinker: Aber entgegen meiner anfänglichen Befürchtung spielt das nach kurzem Einlesen gar keine Rolle mehr. Im Gegenteil. Bin ich erst mal im Text drin, bemerke ich das gar nicht mehr.


    Ich kann zwar keine Vergleiche mit dem Original oder früheren Übersetzungen anstellen, weil ich weder des Griechischen mächtig bin, noch eine der früheren Übersetzungen gelesen habe, aber ich bin ganz zufrieden mit der Schrott-Übersetzung. Sie liest sich sehr flüssig und verständlich, und ich habe beim Lesen nicht das Gefühl, es hier mit einem ehrfurchtgebietenden und schwierigen Werk zu tun zu haben.


    Diejenigen, die eine evtl. als "unpassend" empfundene moderne Sprache befürchten, möchte ich beruhigen, denn Schrott geht hier für mein Empfinden ganz behutsam vor, und man merkt ihm den Respekt vor dem Text an. Die Modernisierung hält sich in Grenzen und fällt eigentlich nur punktuell auf.


    So musste ich gestern laut lachen, als ich auf die folgende Passage gestoßen bin, in der Odysseus im Auftrag Agamemnons Achilles zu überreden versucht, den Kampf gegen die Trojaner wieder aufzunehmen. Achilles lehnt jedoch ab und schickt Odysseus mit den folgenden Worten wieder zu Agamemnon zurück:



    :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:


    Aber keine Sorge - eine derartige saftige Sprache findet sich wirklich nur ganz vereinzelt wieder.


    Das Buch ist mit einem recht umfangreichen Vorwort versehen, welches das Werk erläutert und verständlich macht. Es geht auf die Entstehung des Werkes ein, auf die historischen und politischen Hintergründe, den Aufbau und die Form der Ilias, und nicht zuletzt auf die moderne Neuübersetzung. Zur Begründung letzterer wird angeführt, dass die bisherigen Übersetzungen sich entweder sklavisch an die Hexameterform des Originals halten und diese um jeden Preis beibehalten wollten, auch wenn man sich hierfür sprachlich verbiegen musste. Oder sie kommen in einem seltsam altertümlichen Duktus daher, der gestelzt und seltsam unnatürlich, ja, „unhomerisch“ wirkt - denn wie will man in der Sprache des 18. oder 19. Jahrhunderts wiedergeben, was im 7./8. Jahrhundert v.Chr. in Griechenland gesprochen wurde…? Die Sprache, die Homer verwendet hat, war schließlich im damaligen Griechenland modern, so lag für Schrott nahe, für seine Übersetzung eine Sprache zu wählen, die für den heutigen Leser modern und vertraut klingt. Klingt für mich plausibel. :smile:


    Darüber hinaus ist im Anhang eine umfangreiche Kommentierung des Historikers Peter Mauritsch mit sehr hilfreichen Erläuterungen zahlreicher Textpassagen enthalten. Mauritsch geht darin ebenfalls u.a. auf die passagenweise ungewöhnliche Übersetzung Raoul Schrotts ein und weist gelegentlich auf das Original oder Übersetzungsalternativen hin. Man merkt den Kommentaren an, dass Mauritsch nicht immer einverstanden mit der Übertragung von Raoul Schrott ist, er verpackt dies aber bisweilen in recht trockene und subtile Kommentare, in denen man auch mal zwischen den Zeilen lesen muss.


    So weist Mauritsch angesichts der - doch recht freien - Übersetzung der letzten Zeile in obigem Zitat darauf hin, was wirklich im Original steht: :zwinker:


    Zitat

    dem hat doch zeus ins hirn geschissen! - im Griechischen ist diese dem Zeus unterstellte Aktion mit den Worten „gänzlich genommen hat er ihm die Besinnung“ umschrieben.


    :breitgrins:


    Alles in allem: Eine lohnenswerte Ausgabe, die ich auch allen Lesern empfehlen möchte, die sich bislang nicht an die Ilias rangetraut haben.


  • Sprachlich gefällt mir diese Szene sehr gut. Wenn nur nicht die (meiner Meinung nach) bescheuerte Kleinschreibung wäre! Wieso bloß? Mir drängt sich der Verdacht auf, dass den Lesern hier schon durch das Schriftbild suggeriert werden soll, dass diese Übersetzung was ganz besonderes und einzigartiges ist, nicht das Standardzeug, das es in x Varianten schon lange gibt.
    Ohne mich!

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Sprachlich gefällt mir diese Szene sehr gut. Wenn nur nicht die (meiner Meinung nach) bescheuerte Kleinschreibung wäre! Wieso bloß? Mir drängt sich der Verdacht auf, dass den Lesern hier schon durch das Schriftbild suggeriert werden soll, dass diese Übersetzung was ganz besonderes und einzigartiges ist, nicht das Standardzeug, das es in x Varianten schon lange gibt.
    Ohne mich!


    Ich finde im Falle der Ilias kann man das dem Autor zugestehen. Auf der einen Seite nähert er sich mit der Sprache unserer Zeit an, auf der anderen Seite entfernt er sich wieder mit der eigentümlichen Schreibweise, ebenso benutzt er auch noch viele Zeilenumbrüche. Irgendwie muss man sich dem Urtext ja wieder annähern.


    Ich finde die Sprache in der hier dargestellten Szene hingegen schon etwas gewöhnungsbedürftig (ich würde mich häufiger fragen, wie es im Original ausgedrückt wird), aber man versteht den Text nun durchaus.


    Gruß, Thomas

  • Ich denke es ist schwierig hier ein Mittelmaß zu finden. Das man den Text nun nd das ist ja erstmal positiv, vor allem weil es den Zugang erleichtert. Andererseits geht es mir wie Klassikfreund... irgendwie schon gewöhnnungsbedürftig, auch wenn mir klar ist wie der Übersetzter hier gedacht hat. Klar ist eine Übersetzung auch irgendwie eine Interpretation... hm ich glaub ich sollte wohl doch mal mehrere Ilias Übersetzungen vergleichen. Interessant wäre das alle Mal!


    Saltanah
    Der Eindruck drängte sich mir auch irgendwie auf.

  • Was mir an dem Textauszug der Schrott-Übersetzung so besonders gefällt: Man kann Achilleus' Zornesausbruch deutlich spüren. Ich habe ihn förmlich vor Augen gehabt, wie er in Rage gerät, welche Wut ihn antreibt und wie diese Wut aus ihm herausbricht.


    Aber wie es sich in einem geordneten Haushalt gehört, haben wir auch die Schadewaldtsche Übersetzung im Haus. :zwinker: Ich habe sie gerade mal aus dem Regal gezogen und die gleiche Passage rausgesucht.


    Dort liest sich der Auszug folgendermaßen:



    Und wisst Ihr was? Da sehe ich keinen wütenden Krieger. Da sehe ich - übertrieben gesagt - einen steifen Gentleman, der auf jedes seiner Worte bedacht ist, dabei vielleicht seinen kleinen Finger abspreizt und die Augenbraue hebt. Aber Wut und Rage - nein, die sehe ich da nicht.


  • Was mir an dem Textauszug der Schrott-Übersetzung so besonders gefällt: Man kann Achilleus' Zornesausbruch deutlich spüren. Ich habe ihn förmlich vor Augen gehabt, wie er in Rage gerät, welche Wut ihn antreibt und wie diese Wut aus ihm herausbricht.


    Der Rezensent M. Heider bemerkt aber auf Amazon dazu:


    "Diese Unflätigkeit, an der prinzipiell nichts auszusetzen wäre, mag modern erscheinen, entspricht aber ganz und gar nicht der Sprache Homers. Deftigkeit und Unflätigkeit kommt auch in der ältesten erhaltenen griechischen Literatur nicht selten vor, etwa bei Archilochos -- allerdings enthält sich Homer einer solchen Ausdrucksweise zur Gänze."


    Schöne Grüße,
    Thomas

  • Neugierig geworden musste ich nachgucken, wie der olle Voß diese Stelle übersetzt hat:


    Das ist zwar schwerer zugänglich, aber Achilles' Gefühle werden auch hier, ebenso wie in der Schadewaldt'schen Übersetzung, sehr gut deutlich, finde ich.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Der Rezensent M. Heider bemerkt aber auf Amazon dazu:


    "Diese Unflätigkeit, an der prinzipiell nichts auszusetzen wäre, mag modern erscheinen, entspricht aber ganz und gar nicht der Sprache Homers. Deftigkeit und Unflätigkeit kommt auch in der ältesten erhaltenen griechischen Literatur nicht selten vor, etwa bei Archilochos -- allerdings enthält sich Homer einer solchen Ausdrucksweise zur Gänze."


    Ich habe mit etwas freieren Übersetzungen kein Problem, solange sie sinngemäß bleiben. Ich verbuche sowas unter künstlerischer Freiheit für den Übersetzer, der auch immer etwas von sich in den Text einbringen will. Harry Rowohlt handhabt das auch so. :zwinker:



    Neugierig geworden musste ich nachgucken, wie der olle Voß diese Stelle übersetzt hat:
    (...)


    Das ist zwar schwerer zugänglich, aber Achilles' Gefühle werden auch hier, ebenso wie in der Schadewaldt'schen Übersetzung, sehr gut deutlich, finde ich.


    Ja, natürlich wird klar, was er meint und fühlt. Mir gefällt aber die Schrott-Übertragung trotzdem besser. Kann ich nicht erklären, warum. Ich fürchte, mir wären die altertümlichen Voßschen und Schadewaldtschen Schilderungen des wilden Kriegsgeschehens vor Troja möglicherweise etwas zu behäbig. Aber ich kenne sie ja auch noch gar nicht, insofern lehne ich sie auch nicht von vornherein ab. Ich will ihnen gerne eine Chance geben... :zwinker:

  • Oh Mann - soll ich Euch was gestehen? Ich lese immer noch an der Ilias. Zwar noch nicht so lange wie Ingroscha ...



    Ich lese nun ja bereits das dritte Jahr an eben dieser Übertragung


    ... aber doch immerhin schon seit Februar. Ich werde einfach nicht warm mit diesem Schinken.



    Ich habe großes Verständnis dafür, wenn jemand einen Zugang zu diesem Werk nicht findet.


    Das beruhigt mich. :smile:


    Die Prosaübertragung von Raoul Schrott liest sich zwar recht flüssig, doch ich greife immer seltener und mit immer weniger Begeisterung zum Buch. Für meinen Geschmack enthält das Werk ein paar unnötige Längen, es kommen eindeutig zu viele Schlachtenschilderungen vor, bei denen mal die Griechen, mal die Trojaner die Oberhand behalten. Das wogt mal hin, mal her. Außerdem tauchen immer wieder Krieger auf und werden in aller Ausführlichkeit vorgestellt - nur um im nächsten Moment abgemurkst zu werden. Wie soll man denn da eine Beziehung zu den Figuren aufbauen, mein lieber Herr Homer...? :grmpf:


    Klar, die Erzählung erstreckt sich über einen relativ großen Zeitraum, aber einige kleinere Kürzungen hätten dem Buch bestimmt nicht geschadet. Da derartige Werke im alten Griechenland ja von Erzählern bzw. Sängern vorgetragen wurden, frage ich mich, wie lange wohl so eine Aufführung gedauert haben mag. :gruebel:


    Naja. Ich werd's wohl zu Ende lesen, ich habe nur noch ein knappes Drittel vor mir. Aber jetzt brauch' ich erst mal was Zeitgenössisches und lese meinen Murakami weiter. :breitgrins:

  • So, ich hab' die Ilias ausgelesen! Nein, halt, so ganz stimmt das nicht. Ich habe nämlich ein wenig getrickst. Ich habe nicht die Übersetzung von Raoul Schrott zu Ende gelesen, noch nicht, weil ich das immer noch vorhabe. Auch die Voß'sche Übersetzung habe ich mir nicht vorgenommen. Ich habe stattdessen vor ein paar Tagen aus einer Laune heraus ins Bücherregal meines Sohnes gegriffen und mir die Fassung von Auguste Lechner geschnappt, die ich ihm vor ein paar Jahren geschenkt habe. :zwinker:


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    Auguste Lechner (1905-2005)[br]Ilias (Nacherzählung)[br]Erstveröffentlichung: 1977[br]Verlag: Arena[br]Taschenbuch[br]189 Seiten


    Es handelt sich dabei um eine stark gekürzte und leicht(er) verständliche Nacherzählung der Ilias aus dem Jahr 1977, die ursprünglich wohl für die Behandlung im Schulunterricht vorgesehen war. Auguste Lechner war u.a. österreichische Staatspreisträgerin für Jugendliteratur und hat zahlreiche derartige Nacherzählungen alter Stoffe, Mythen und Sagen verfasst.


    Ich habe mich ja nun schon eine ganze Weile mit der Übersetzung von Raoul Schrott rumgeplagt, die zwar in einem recht modernen Duktus daherkommt und sich eigentlich recht flott lesen lässt. Aber die komplexe Handlung und die vielen Namen und Herkunftsangaben der griechischen und troischen Krieger und all' der Götter erfordern einiges an Aufmerksamkeit, die ich in diesem Jahr leider nicht immer aufbringen konnte. Hinzu kamen immer wieder mal mehr, mal weniger lange Lesepausen, und so habe ich recht bald den Faden und den Überblick über die Handlung verloren. Das hat mich unheimlich geärgert, weil ich das Werk unbedingt lesen wollte.


    Die Nacherzählung von Auguste Lechner rafft stattdessen viele Handlungsstränge zusammen und lässt bestimmt auch einiges komplett unter den Tisch fallen. Ist ja bei knapp 200 Seiten auch nicht anders zu machen. Aber das hat mich gar nicht gestört. Ich hatte nicht das Gefühl, dass mir was fehlen würde. Im Gegenteil: Nicht jede Schlacht muss bis in ihre kleinsten Verästelungen geschildert werden, und es müssen nicht unzählige Personen auftauchen, die nur ein paar Absätze später eines mehr oder weniger grausamen Todes sterben. Das große Ganze und der Spannungsbogen bleiben trotzdem die ganze Zeit über erhalten.


    Zwar gbt es auch in dieser Erzählung an der einen oder anderen Stelle einige bemüht altertümliche Wendungen (wohl, um den Geist des Klassikers zu bewahren), aber alles in allem handelt es sich um eine gut lesbare Fassung, die sich auf das Wesentliche konzentriert.


    Denn vieles ist für mich bei Lechner letztlich viel klarer und deutlicher geworden als bei meinem Leseversuch mit der Schrott-Übersetzung des Originals: sowohl die großen Handlungsstränge im Kampf um Troja als auch die Beziehungen der wichtigsten Figuren zueinander und vor allem, wie sehr die Welt der Götter mit der Welt der Menschen verwoben ist, ihre Rolle im Leben der Menschen und ihr Einfluss auf das Kampfgeschehen, auf die Geschicke der Krieger und das Schicksal der Menschen.


    Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich so schwer tue mit der Ilias, und ich war schon ziemlich frustriert, aber Auguste Lechner hat es geschafft, mich mit ihrer Nacherzählung zu packen und mir den großartigen Stoff in verständlicher Form näherzubringen. Und schließlich gehe ich jetzt mit ganz neuem Elan an die Übersetzung, denn nun möchte ich sie erst recht weiterlesen. Ich glaube, ich hätte von vornherein erst dieses Buch und dann eine der Übersetzungen lesen sollen, das hätte mir einigen Verdruss erspart.


    Also für Leute mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne, die schon immer wissen wollten, was die Ilias ausmacht, ist die Nacherzählung von Auguste Lechner bestens geeignet. :breitgrins:


    Sie bekommt von mir 4ratten