Kin Ping Meh übers. v. Franz Kuhn

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 6.991 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von ChinaGirl.

  • Kin Ping Me oder die abenteuerliche Geschichte von Hsi Men und seinen sechs Frauen, übers. von Franz Kuhn, Wiesbaden 1950


    Ich hatte die leider vergriffene, gebundene Version zur Verfügung. Aber auch als Paperback bleibt es ein sehr gutes Buch:

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Über das Buch
    Das Kin Ping Me (in heutiger Umschrift Jin Ping Mei) ist leider mit dem marktschreierischen Untertitel „Das chinesische Kamasutra“ vermarktet worden. Es wäre schön, wenn sich die Urheber dieser Kampagne sozusagen als Bußübung einmal die Mühe machen würden, beide Werke zu lesen. Sie haben nichts miteinander gemein, vielleicht abgesehen von der Tatsache, daß beide zur Weltliteratur gehören.


    In der chinesischen Literaturgeschichte gilt das Kin Ping Me als einer der „4 großen, merkwürdigen Romane der Ming-Zeit“ und ist von Franz Kuhn mit Hingabe übersetzt worden.
    Der anonyme Autor – Franz Kuhn und seine chinesischen Quellen identifizieren ihn mit dem Dichter Wang Schi Tschong (die Schreibweise ist überholt, aber ich bekenne, daß ich die korrekte Notation nicht auftreiben konnte) – webt seine Geschichte in das sehr populäre Volksbuch über die Rebellen vom Liang Shan Moor ein, das in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts als Serie verfilmt worden ist und als „Die Rebellen vom Liang Shan Po“ auch durch die deutschen Wohnzimmer flimmerte – 500 Jahre Wirkungsgeschichte, von welchem Roman kann man das schon sagen?


    Der Titel des Buches heißt übersetzt: „Pflaumenzweige in goldener Vase“ und hat im Chinesischen die Nebenbedeutung „Frauen in einem reichen Haushalt“ und darum geht es: Intrigen in einem reichen aber korrupten Haushalt, die dieses Haus schließlich zugrunde richten.
    Die Hauptfigur des Romans, Hsi Men, ist ein unverschämt reicher Mann, dessen Gier nach Macht und Geld nur noch von seiner Gier nach Sex übertroffen werden.
    Am Anfang hat Hsi Men noch vier Frauen, mit denen er ordentlich verheiratet ist. Das war in dieser Zeit durchaus üblich, wenn es auch als unmäßig galt. Weil die Kirschen in Nachbars Garten süßer sind, verliebt er sich in die negative Heldin des Romans, die anderweitig verheiratete Goldlotos. Deren störender Ehemann wird umgebracht, die Tat durch Bestechung vertuscht und Goldlotos heimgeführt. Später heiratet Hsi Men noch ein sechstes Mal.
    Zeit seines Lebens hat er, obwohl er daheim aufs Beste versorgt wird, wechselnde Verhältnisse mit vernachlässigten Ehefrauen verschiedener anderer Männer und mit „Blumenmädchen“, die die sexuelle Dienstleistung professionell betreiben.
    Parallel dazu bringt es Hsi Men noch fertig, durch Korruption und Geschäftssinn sein Vermögen immer weiter zu vermehren und auch in politische Macht umzumünzen, allerdings bleibt ihm der in der konfuzianischen Gesellschaft so wichtige, männliche Nachwuchs lange verwehrt. Als der langersehnte Stammhalter endlich zu Welt kommt, fällt dieser einer Hausintrige zum Opfer.


    Irgendwann zeigt Hsi Mens Lebenswandel seine Folgen: Er stirbt unter erbärmlichen Umständen. Mangels eines Erben zerfällt der Haushalt und das Geschlecht findet sein Ende.


    Die Legende besagt, daß dieser Roman ein Schlüsselroman sei, mit dem der Dichter die Familie und Lebensweise seines Gegners demontierte. Uns Lesern im Westen ist der Zugang zu dieser Interpretation verschlossen. Uns verbleibt der Blick auf einen perfekt konstruierten Roman mit glaubhaft und fein gezeichneten Charakteren, der uns darüber hinaus eine Vorstellung von der Lebensweise im alten China vermittelt. Ich empfinde das Buch als große Bereicherung und rate jedem, der mal über den westlichen Tellerrand hinausschauen will, zur Lektüre, auch wenn derjenige, der nach der Beschreibung sexueller Praktiken sucht weitgehend enttäuscht wird. Vielleicht ist letzteres in den Kürzungen durch den Übersetzer begründet.


    Otto und Artur Kibat besorgten eine vollständige Übersetzung die leider nur noch antiquarisch zu erhalten ist. Ich habe einen neuen Buchwunsch :leserin:

    ____<br /><br />Äh.. ja? :kaffee:

  • Die Übersetzung ist gekürzt? Schade, aber trotz der Kürzungen ist es mit seinen über 900 Seiten (behauptet zumindest Amazon) ein ganz schöner Brocken und ich habe dank deiner Buchvorstellung ein weiteres dickes Buch auf meinem Wunschzettel.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Genau, hat mein Examplar auch. Die Übersetzung der Kibat-Brüder soll 3000 Seiten lang sein. Also ein SUB für sich :zwinker:


    Hast Du schon mehr chinesische Romane gelesen?



    EDIT
    Huhu, ich habe euch mal einen eigenen Thread zur chinesischen Literatur gegönnt. Viel Spaß! LG Seychella

    ____<br /><br />Äh.. ja? :kaffee:

    Einmal editiert, zuletzt von Seychella ()

  • Kuhns Übersetzung ist wohl wirklich arg gekürzt. Ich habe nämlich gestern in der Buchhandlung Band 1 + 2 einer geplanten 5-bändigen englischen Übersetzung gesehen.
    Den ersten Band habe ich mir genauer angeschaut: Über 600 Seiten! (Davon allerdings knapp 200 "Annotations".) Und zusätzlich vorne noch über 100 römisch nummerierte Seiten, erst 50 Seiten Einleitung und dann ein 50-seitiges Personenverzeichnis! :ohnmacht:


    Ich denke, ich werde mit dem Kuhn beginnen und dann, falls es mir überaus gut gefallen sollte, kann ich mir die vollständige Ausgabe auf englisch auch noch antun. Oder auch nicht.


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Die vollständige Übersetzung des Djin Ping Meh von den Kibat-Brüdern gibt es übrigens nicht nur noch antiquarisch... Die ursprüngliche Erstausgabe von Verlag die Waage ist nach wie vor erhältlich. Allerdings nur noch über Emailbestellung, und natürlich nicht so günstig wie das antiquarische Exemplar der Lizenzausgabe.