Stephan Grundy - Rheingold

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  • [size=13pt][b]Stephan Grundy - Rheingold[/size]


    Meine Meinung:


    Bei diesem Buch handelt es sich um eine Nacherzählung der Nibelungensage – auf eine detaillierte Inhaltsangabe werde ich deshalb für diese Rezension verzichten, da der Inhalt wohl jedem zumindest im Groben bekannt sein dürfte. Grundy hält sich im Großen und Ganzen an die nordische Version der Saga, baut aber auch vereinzelte Elemente der deutschen Version mit ein.


    Die Geschichte beginnt in der Jugend des späteren Drachentöters Sigfrid und endet… wie sie eben endet – mehr möchte ich dazu gar nicht verraten.


    Stephan Grundys Schreibstil zeichnet sich vor allem durch eine enorme atmosphärische Dichte aus – man fühlt und lebt mit den Charakteren und vermag es nach einer gewissen Einlesezeit kaum noch aus der Hand zu legen. So erlebte zumindest ich dieses großartige Buch, in das ich so richtig schön eintauchen konnte und das mich in eine andere Welt entführte – in die Welt Sigmunds, Sigfrids und Gudruns und all der anderen bekannten Charaktere.


    Ein einziger kleiner Kritikpunkt ist, dass die Beschreibungen zumindest zu Beginn des Buches manchmal doch etwas zu genau geraten, so dass ich das Buch bereits zweimal begonnen hatte, ohne es zu beenden, bevor ich es diesmal endlich schaffte. Aber durchhalten lohnt sich, das kann ich versprechen.


    Das Buch ist natürlich sehr mystisch angehaucht, immer wieder tauchen verschiedene Götter in der Handlung auf, allen voran Wotan und Loki, die häufig in menschlicher Gestalt durch die Welt wandern. Zu Beginn war mir das Buch zwar fast ein wenig zu mystisch und zu surreal, doch auch dies legt sich im weiteren Verlauf der Geschichte, wenn der Leser die Handlung dann aus der Perspektive der Wälsungen verfolgen kann.


    Grundy haucht den Charakteren mit großer Einfühlsamkeit Leben ein und ich als Leser konnte nicht anders, als mit ihnen zu fühlen und eine große Nähe zu ihnen aufzubauen, mit ihnen zu trauern, zu lachen, zu lieben und zu hassen. Bis zum letzten Nebencharakter sind die Figuren toll ausgearbeitet und facettenreich – teilweise entdeckt man auch Eigenschaften, die man so an ihnen bisher noch nicht kannte.


    Das Buch ist in drei Bücher eingeteilt, „Die Wälsungen“, „Sigfrid“ und zuletzt „Gudrun“. Zwar gibt es teilweise recht große Zeitsprünge, nicht nur zwischen den Büchern, sondern auch teilweise zwischen den Absätzen, doch im Gegensatz zu so manchem anderen Buch wirkten diese auf mich nie verwirrend und behinderten auch nicht meinen Lesefluss. Sie scheinen also genau an den richtigen Stellen platziert zu sein, auch ohne explizit als Zeitsprünge gekennzeichnet zu sein.


    Natürlich ist auch Grundys Version der Nibelungensage stellenweise sehr grausam und blutrünstig, was sich angesichts des größtenteils doch recht düsteren Stoffes wohl auch nicht vermeiden lässt. Der Autor erklärt allerdings in seinem Nachwort, die Gewaltszenen gegenüber dem Original schon deutlich abgeschwächt zu haben.


    Alles in allem hat mir „Rheingold“ aber sehr schöne und mystische Lesestunden bereitet.
    Jedem, der die Nibelungensage einmal anders erleben will, dem kann ich dieses Buch also nur ans Herz lesen. Für ein schönes und emotionales Leseerlebnis ist damit sicherlich gesorgt!


    Von mir gibt es daher 4ratten

    :lesen: Joe Navarro - Menschen lesen

    Einmal editiert, zuletzt von Erendis ()

  • Danke für die schöne Rezi, Erendis. :klatschen:


    Das Buch subt bei mir schon seit vielen Jahren. Nachdem ich deine Rezi gelesen
    habe, nehme ich es vielleicht doch endlich mal in Angriff (oder ich setze es 2009 auf
    meine SLW-Liste :breitgrins:)


    LG, Aurian

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    Meine Meinung:


    Dieser Roman basiert vor allem auf der Völsungensaga, also der nordischen Version der Nibelungensage, die erst später entstand. Daraus erklärt sich auch der Umstand das sich bestimmte Namen und Begebenheiten anders sind als in der hier in Deutschland sicher bekannteren Version des Nibelungenliedes. Wagner Freunde werden allerdings vieles wieder erkennen. Nicht ohne Grund heißt der Roman Rheingold. Der Autor hat sich hier im Groben an die Geschichte Des Ring der Nibelungen gehalten, an manchen Stellen lässt er allerdings auch Teile des Nibelungenliedes mit einfließen. Man hat das Gefühl das dies zum Teil auch seinen eigenen Vorlieben für irgendeine Szene zu Grunde liegt. Interessant ist auch die Tatsache das die deutsche. Version abgeschwächt wurde. Im Nachwort ist zu lesen das einige Grausamkeiten absichtlich abgeschwächt wurden um den Geschmack des Lesers zu treffen... hm solche Praktiken finde ich persönlich ja nicht so gut. Das klingt für mich zu sehr nach Marketing und Verkaufstrategie und hat nichts mehr mit der Erzählung an sich zu tun.


    Zu den Figuren ist zu sagen das ich persönlich keinen rechten Zugang zu ihnen finden konnte. Grundy erzählt irgendwie nur nach und man hat nicht das Gefühl viel eigenes von ihm in der Handlung wieder zu finden. Das finde ich sehr schade weil ich denke das man aus dem Stoff einiges hätte machen können. Bloßes nacherzählen, das kann jeder... Desweiteren wäre es vielleicht sinnvoller gewesen die Sage nicht in einen Roman zu packen sondern vielleicht eine Trilogie daraus zu gestalten. So hat der Roman seine Längen und ich war an mancher Stelle doch eher gelangweilt und hatte keine Lust weiter zu lesen. Gerade im ersten Teil ist es zum Teil auch nur eine Aneinanderreihung von Ereignissen und die vielen Namen verwirren etwas.


    Ich stelle immer wieder fest das ich in allen bisherigen Versionen der Geschichte, die ich kenne (Diana L. Paxsons Töchter der Nibelungen, Hagen von Tronje von W. Hohlbein, Siegfried und Krimhild von Lodemann und das Nibelungenlied selbst) Siegfried die Figur ist die mir am wenigsten gefällt. Irgendwie erscheint er mir immer eingebildet und viel zu sehr von sich überzeugt. Das ist in diesem Roman zwar nur Streckenweise der Fall, aber ich werde wohl mit ihm einfach nicht mehr warm werden. Brünhild, die alles in allem meine Lieblingsfigur darstellt (neben Hagen) wird hier finde ich zu zahm dargestellt und ich finde Grundy wird der Figur nicht gerecht. Gudrun (im Nibelungenlied Krimhild) ist die Frauenfigur die hier etwas stärker dargestellt wird, andererseits wird hier auch ihre Eitelkeit stärker betont. Ich finde sie ist von allen Figuren noch am besten gelungen. Hagen, im Roman ihr Bruder spielt alles in allem eine eher untergeordnete Rolle, in Wodans Fluch war er meiner Meinung nach besser getroffen.


    Interessant fand ich jedoch trotzdem die Vorgeschichte zu den Geschehnissen rund um die Burgunder und Siegfried den Drachentöter. Hier gibt es ja ebenso verschiedene Versionen. Gerade in der Vöslungensaga spielen die Götter und der göttliche Wille eine sehr große Rolle, während im Nibelungenlied der christliche Einfluss schon sehr spürbar ist, und dieser Teil dort keine Rolle spielt. Wagners Ring der Nibelungen widmet dieser Geschichte ja eine ganze Oper und den ersten Teil der Geschichte. Der Autor betont selbst in seinem Nachwort wie sehr in Wagners Oper beeinflusst hat.
    In Rheingold wird gerade auf diesen göttlichen Willen näher eingegangen und vor allem auch erzählt wie das Rheingold eigentlich genau mit Siegfrieds Familie verbunden ist. Ich muss auch sagen das dieser erste Teil des Romans rückblickend der Teil ist der mir am besten gefallen hat, vielleicht auch deshalb weil ich hier einiges gelesen habe das ich noch nicht wusste.
    Alles in allem bin ich insgesamt etwas enttäuscht, ich habe Wodans Fluch jedenfalls in sehr viel besserer Erinnerung und finde das Rheingold nur bedingt gelungen ist.


    3ratten