Hallo ihr Lieben ,
endlich bin ich nach einem anstrengenden Kinotag nach Hause gekommen und habe ein bisschen Zeit fürs Forum und das Lesewochenende. Ich habe heute nachmittag schon mit meinem ersten Buch für dieses WE begonnen und es hat sich als Volltreffer erwiesen:
Lygia Bojunga: Sängen (Das Bett)
Leider gibt es das Buch nicht in deutscher Übersetzung und soweit ich feststellen konnte, auch nicht in englischer oder französischer.
Auf die brasilianische Autorin Lygia Bojunga wurde ich aufmerksam, als ihr der 2004 der Astrid Lindgren Gedächtnispreis verliehen wurde. Als ich dann im Jahr darauf im Bokrea auf dieses Buch stieß, musste ich es natürlich kaufen.
Worum es geht, wird schon im Titel klar: um ein Bett - oder besser gesagt Das Bett. Das Bett nämlich, das in einer brasilianischen Familie seit 200 Jahren immer an die älteste Tochter vererbt wird, und das auf gar keinen Fall die Familie verlassen darf. Denn dann wird der Familie nur Unheil wiederfahren, denn eine Vorfahrin, der das Bett sehr am Herzen lag, würde jeden verfluchen - auch nach ihrem Tode -, der es wagen würde, das Bett zu verkaufen. Es ist auch kein Bett wie alle anderen, sondern etwas ganz besonderes. Vor 200 Jahren war die Familie reich, besaß Plantagen und konnte sich so erstklassige Möbel leisten. Aus Vollholz ist es, edles Jakaranda-Holz, das Kopfende mit Schnitzereien verziert; eine echte Antiquität also. Nur was hilft der Besitz eines solchen Bettes, wenn man sonst nichts hat, und zwar wirklich nichts? Außer Hunger? Maria Rita verkauft es also, gegen den Willen ihres Bruders, der sich auf dem Weg zu ihr (um den Verkauf des Bettes zu verhindern) den Knöchel bricht. Sein Sohn Tobias macht sich alleine auf zu seiner Tante und lernt dort Petunia, die Tochter der Käuferin kennen. Und das Bett. Das hatte er nur ein einziges Mal als kleiner Junge gesehen, aber einen umso größeren Eindruck macht es nun auf ihn, als er es im Haus (bzw. der Slumhütte) seiner Tante sieht. Er merkt sofort, dass dies ein Bett mit einer Persönlichkeit ist - es ist kein "Es", sondern eine "Sie"! Dies ist auf schwedisch grammatisch eigentlich genau so unmöglich wie auf deutsch, aber trotzdem passt der weibliche Artikel perfekt.
Elvira, Petunias Mutter, jedenfalls kauft es und schenkt es ihrer älteren Tochter Rosa als Quasihochzeitsgeschenk. Nur widerwillig akzeptiert sie, dass Rosa ohne Trauschein mit Jerônimos zusammenlebt. Rosa gefällt das Bett sehr gut, aber Jerônimos, der nach einer langen Dienstreise nach Hause kommt, ist entsetzt, als er plötzlich statt seines schmalen, harten Sofas dieses Monstrum in seinem Zimmer vorfindet. Genauso empfindet er es: es ist ein Monster mit Löwenfüßen und grimmigen Fratzen am Kopfende. Unmöglich für ihn, dies zu benutzen - das Unding muss weg! Und so kommt es statt zu einem lang ersehnten Wiedersehen zum ersten Ehekrach der jungen Beziehung und endet damit, dass Rosa zu ihrer Mutter und Schwester zurückkehrt.
Dort will sie natürlich ihr altes Zimmer, in dem mittlerweile Petunia lebt, wieder haben. Petunia will ihr einen Tausch vorschlagen: Sie ist bereit, das Zimmer herzugeben, wenn sie statt dessen das Bett bekommt. Denn dies will sie Tobias, dem Jungen aus der ursprünglichen Bettfamilie, zurückgeben. Wieso? Ganz einfach:
Leider, leider kann ich dem Buch in meiner Nacherzählung des Inhalts ganz und gar nicht gerecht werden. Es ist mit einer unglaublichen Lebendigkeit geschrieben und in nur wenigen Sätzen stehen den Lesern Situation und Personen plastisch vor den Augen. Bojunga weiß, welche Szenen ausführlich erzählt werden müssen, aber auch, wo ein paar andeutende Worte genügen. Sie mischt sehr ernste Szenen mit solchen von grandiosem Humor, scheut vor Eltern-Kind-Konflikten ebensowenig zurück wie vor dem Thema Sex, schreibt voller Freude von der ersten Liebe und erzählt dabei auch noch eine spannende Geschichte!
@Stefanie:
Mir ging es genauso. Winnie-the-Pooh habe ich vor ein paar Jahren erst gelesen, Alice im Wunderland kurz davor und Peter Pan subbt bei mir.
elsabina:
Ich liebe Ronja! "Wie gut, dass die Eltern nicht wussten, wie sie sich vor dem Wasserfall in Acht nahm" (oder so ähnlich) war immer eine meiner Lieblingsstellen. Die Verfilmung ist auch genial!
Hach, und Lindgrens Märchen, der Wunschpunsch und die Welle haben mir auch alle gefallen. Schöne Bücher habt ihr euch ausgesucht.