Mark Twain - Ein Yankee aus Connecticut an König Artus' Hof

Es gibt 56 Antworten in diesem Thema, welches 15.956 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von gretchen.

  • Hallo!


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    Inhalt von amazon:


    Der Amerikaner Hank Morgan verdrängt den Zauberer Merlin und wird Premierminister bei König Artus.
    Ein Zeitsprung ins sechste Jahrhundert!


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    Teilnehmer:


    Doris
    IceTea
    Phistomefel?
    gretchen
    Tintinnell
    tina
    Callista


    [hr]


    Eine kurze Bitte: Damit das ein bisschen angenehmer zu lesen ist, postet erst, wenn ihr angefangen habt. Die Beiträge "Buch liegt bereit, ich fange heute Abend an" ziehen das ganze immer so sehr in die Länge.


    Interessant für Leserunden-Neulinge ist sicherlich die Leserunden-FAQ. Dort findet ihr auch Informationen z.B. zu Spoilern etc.


    Viel Spaß, fairy

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

  • Ok, dann macht der Frischling mal den Anfang... :zwinker:


    Der Yankee ist für mich definitiv kein first read mehr, seit dem Erstfeindkontakt vor mittlerweile 10 Jahren habe ich das Biest schon recht häufig gelesen. Dennoch fällt es mir immer wieder schwer, in das Buch hinein zu kommen. "A Word of Explanation" ist dank des Exzerpts aus Thomas Malorys "Morte Darthur" eine echte Pein, Pulvermanns Grab direkt zu Anfang.


    Danach wird es netter, weils in gewohnter Twainmanier weitergeht. Seine bissig-sarkastische Art finde ich bisweilen urkomisch.


    Durch die Zeitreise von Hank, aus dessen Perspektive ja nun erzählt wird, kommen die Unterschiede in Sprache und Lebensweise meiner Empfindung nach ganz extrem zum Tragen. Ich hab mir doch bei Marion Zimmer Bradleys "Mists of Avalon" noch nie Gedanken darüber gemacht, dass die Leute müffelten, gammelige Zähne im Mund hatten und fensterglaslos lebten. Hank erinnert mich immer wieder dran (gut, dass ich das vor Avalon/Merlin-Romanen schon wieder gediegen vergessen habe).


    Erschreckend finde ich die Degradierung der Menschen im 6. Jahrhundert durch den ja nun eigentlich ziemlich überheblichen Fatzke Hank.


    Aber ich mag nicht zu grätzig mit ihm sein. Im Grunde ist er mir nicht unsympathisch - dank der scharfen Zunge.


    Morgen gehts weiter.

  • Hallo Tintinnell und alle, die noch dazustoßen,


    wie erwartet bin ich heute nicht viel zum Lesen gekommen. Es hat allerdings gereicht, um einen ersten positiven Eindruck von dem Buch zu bekommen. Außer Tom Sawyer und Huckleberry Finn kenne ich nichts von Mark Twain, und diese beiden Bücher kann man wohl mit der Lektüre für die erwachsenen Leser nicht vergleichen.


    Probleme, in das Buch reinzukommen, gab es bei mir nicht, obwohl ich den Eindruck hatte, dass es eher etwas für Fantasy-Freunde sein dürfte, zu denen ich nicht zähle.


    Was mir an Hank sehr gut gefällt, ist seine Einstellung zum Leben: Wenn schon im Irrenhaus, dann als Chef der Meute :breitgrins:. Generell scheint er ein Mensch zu sein, der mit beiden Beinen fest im Leben steht und aus jeder Misere noch das Beste macht. Die humorvolle und trockene Erzählweise passt gut zu dem Charakter, den ich mir darunter vorstelle.


    @ Tintinnell
    Glaubst Du wirklich, dass hier jede/r weiß, was er/sie sich unter "Pulvermanns Grab" vorstellen muss? :zwinker:


    Grüße
    Doris

  • Guten Morgen, Doris, hallo zusammen,



    Probleme, in das Buch reinzukommen, gab es bei mir nicht, obwohl ich den Eindruck hatte, dass es eher etwas für Fantasy-Freunde sein dürfte, zu denen ich nicht zähle.


    Die Probleme, rein zu kommen, sind da bei mir sicherlich auch eher sprachlicher Natur; ich les ja in Englisch.


    Zitat

    @ Tintinnell
    Glaubst Du wirklich, dass hier jede/r weiß, was er/sie sich unter "Pulvermanns Grab" vorstellen muss? :zwinker:


    Asche auf mein Haupt :redface:, wohl eher nicht... :rollen:
    Pulvermanns Grab = sturzträchtiger, wohl unumstritten schwerster Sprung des Hamburger Springderbys.


    LG
    Tintinnell

  • Hallo,


    auf Grund des Wiesbadener Weinmarktes war ich die letzten beiden Abende etwas unpässlich, was das lesen anging :redface:, aber ich habe jetzt angefangen und bis zum 6. Kapitel gelesen.


    Einfach herrlich dieses Buch. Ich musste jetzt schon so oft lachen und schmunzeln. Das ist ja echt eine arme Socke. Man stelle sich vor man landet 13hundert Jahre früher in irgendeinem zugigen Schloss umgeben von lauter unnetten mordlustigen Gesellen. Witzig finde ich, dass Merlin mal nicht diesen edlen Touch hat, sondern als "normaler" Mensch dargestellt wird, der auch Neid und Eifersucht empfinden kann. Die Idee mit der Sonnenfinsternis war gut und ich habe mir gedacht; wäre das mir passiert, dann hätte ich nicht gewußt wann eine Sonnenfinsternis kommt. Sehr lustig fand ich den Anfang, als der Held glaubt in einer Orrenanstalt gelandet zu sein. Mark Twains Art zu schreiben ist genial. Ein Mischung aus bildlichen Beschreibungen von Land und Leuten, mit einer ordentlichen Prise Humor. ich musste ebenfalls schmunzeln, als Merlin befahl, dass man ihn nackt ausziehen solle und alle über sein Aussehen diskutierten, wie über einen "Kohlkopf".


    Ich freue mich schon auf's weiterlesen. Ich habe das Gefühl, dass dieses Buch ein Pageturner ist. Leider muss ich jetzt schlafen, denn in 5 Stunden klingelt mein Wecker. Schade, es fällt mir wirklich sehr schwer mich von diesen Buch zu trennne.


    Viele Grüße Tina

  • Hallo,


    ich bin inzwischen bis zum 10. Kapitel vorgestoßen. Hank kommt mir etwas sehr selbstverliebt vor, was ich normalerweise nicht mag, aber sein trockener Humor macht das um Längen wett. Mit seinem Wissen um die Zukunft kann er sich natürlich gut hervortun und ich gehe stark davon aus, dass er dies noch zu seinem Vorteil nutzen wird. Er erinnert mich an jemanden, aber ich komme nicht drauf, an wen.


    Witzig finde ich, dass Merlin mal nicht diesen edlen Touch hat, sondern als "normaler" Mensch dargestellt wird, der auch Neid und Eifersucht empfinden kann.


    So habe ich es auch empfunden. Irgendwie kam er mir bisher immer so würdevoll vor, ähnlich wie Dumbledore oder Gandalf.


    Übrigens konnte ich nichts über eine Sonnenfinsternis finden, die im Juni 528 stattgefunden hat. Das scheint also auch eine Schöpfung Twains zu sein.


    Grüße
    Doris

  • Ich muss leider berichten, dass ich die letzten paar Tage nur in Wien verbracht habe, auf der Suche nach diesem Buch, und es einfach nicht bekommen habe :(
    Habs jetzt doch bei amazon bestellt, und bekomme es am montag. Ich werde es auf jeden Fall dann lesen, aber eben viel weiter hinten sein als ihr.


    Hoffe ihr seid mir nicht böse..


    lg, Callista

    :leserin: Lenz: Der Hofmeister<br />:leserin: Bronte: Sturmhöhe

  • Hallo liebe Mitlesenden, :winken:


    da wir die vergangene Woche im Zeltlager waren, komme ich erst heute dazu, mich zu melden.


    Das Buch hatte ich mit dabei, da ich mich ganz wahnsinnig auf das Buch gefreut habe - Tom Sawyer und Huckleberry Finn lassen grüßen - und ich ließ mich auch durch nichts vom Lesen abhalten.


    Ein paar kleine Leseschwierigkeiten hatte ich zu Beginn des Buches, bis ich mich an den Erzählstil gewöhnt hatte.
    Als das Buch dann in die Ich-Form wechselte, konnte ich an dem Erzählstil vom Mark Twain wirklich erfreuen, der Stil ist wirklich unverwechselbar und zu Beginn fand ich alles ausgesprochen amüsant.


    Je länger ich jedoch in dem Buch gelesen habe, desto mehr ärgerte ich mich über die arrogannte Art und Weise, in welcher Mark Twain auf die Personen aus der damaligen Zeit
    herabsieht und über sie urteilt. Anscheinend hat er völlig vergessen, dass die Menschheit und auch er seit der damaligen Zeit 13 Jahrhunderte Weiterentwicklung genossen haben. Ich finde es, gelinge gesagt, anmaßend, wie er sich mit seinem Wissen aus dem 19. Jahrhundert über diese Menschen lustig macht und dies vergällt mich auch etwas das Weiterlesen.
    Am liebsten würde ich Mark Twain hinter dem Ofen vorziehen und ihm den Kopf waschen.
    Ich bin etwas - sehr - enttäuscht darüber, wie wenig Gedanken er sich über die Menschen von damals macht und wie wenig feinfühlig er ist.


    Er ist so richtig ein Amerikaner - kann alles und weiß sowieso alles besser wie die anderen


    Mich würde interessieren, wie Ihr das seht.


    Liebe Grüße


    gretchen :winken:

    Einmal editiert, zuletzt von gretchen ()

  • Hallo Gretchen,


    ich hoffe, euer Zeltlager war schön und nicht verregnet.


    Die bissigen Bemerkungen Twains über die Ritter und anderen Zeitgenossen sehe ich eher humorvoll. Vor allem das 12. Kapitel mit der Beschreibung der Ritterrüstung und ihre Unannehmlichkeiten fand ich wirklich gut. Da sind die Spitzen gegen die Kirche, die immer wieder eingestreut werden, schon von einem ganz anderen Kaliber. Gut, im wahren Leben würde ich mit solch einem überheblichen Kerl nichts anfangen können, aber da es sich um eine erfundene Figur handelt, nehme ich es mit Humor. Den Spaß am Lesen lasse ich mir daduch nicht nehmen. Ich bin bis zum 15. Kapitel gekommen und finde immer wieder Kommentare, z. B. darüber, wie die Obrigkeit das gemeine Volk damals unterdrückte oder was sich die Kirche alles herausnahm, was mir zeigt, dass Twain die damalige Zeit, den Adelsstand und die Kirche durchaus auch kritisch hinterfragte.


    In manchen Abschnitten wurde mir erst richtig bewusst, welch ein Schicksal es damals war, wenn man in eine niedrige Bevölkerungsschicht hineingeboren wurde und keinerlei Möglichkeit hatte, sich wie in der heutigen Zeit wenigstens in manchen Fällen daraus zu lösen, und das über Generationen hinweg. Ich sehe da einen sehr sozialkritischen Autor, der Missstände anprangert, die er vielleicht seinen Mitmenschen vor Augen führen wollte, da sie in all den Jahrhunderten nichts an Aktualität verloren haben.


    Im 13. Kapitel wird eine "Menschenfabrik" erwähnt, in die Hank auserwählte Personen schickt. Was es damit genau auf sich hat, habe ich noch nicht herausgefunden, aber mir scheint, er hat auch seine guten Seiten, wenn er sie für irgendwelche Positionen schulen möchte.


    @ Callista
    Ich nicht! :zwinker:


    Grüße
    Doris

  • Hallo,


    ich habe jetzt bis zum 10. Kapitel gelesen und ich muß sagen, dass ich das Buch nach wie vor sehr unterhaltsam und humorvoll finde. Mir kam eine Menschenverachtende Sichtweise noch gar nicht in den Sinn. Er schreibt ja auch, dass dieses Verhalten, welches im 6. Jahrhundert an den Tag gelget wird, in Bezug auf Obrigkeitshörigkeit und Demut, ja seine Ursache in Erziehung und Moral der Zeit haben. Insofern verurteilt er ja nicht den einzelnen Menschen, sondern eher die Lebensumstände und Ansichten diese Jahrhunderts.
    Ich mußte lachen über die neuen Verben welche er einsetzt wie: "heiliggralen" und "gralen". Auch die Beschreibung der Ritter die eben heiliggralen und dann Jahrespäter von einer Rettungseinheit wieder gesucht werden. Ich mag diese satirischen Züge seiner Schreibweise und mir tut das Buch momentan ausserordentlich gut, denn es bringt mich wirklich zum lachen.


    Viele Grüße Tina

  • Hallo,


    ich habe jetzt bis zum 18. Kapitel weitergelesen und gerade in den Kapiteln die von dem Aufenthalt auf Morgan le Fay's Burg handeln, setzt Mark Twain sich sehr für Demokratie und Gerechtigkeit ein. Auf's grausamste wird die Willkür damaliger Herrscher beschrieben und ich bin mir ziemlich sicher, hätten wir heute, auch mit dem Wissen unsere Zeit, die Gesetze des 6. Jahrhunderts, würden ganz viele begeistert mitmachen, wenn sie wissen, dass sie für ihre Taten nicht belangt werden. Eigentlich sollte man sich viel öfter fragen, warum Menschen gewissen Dingen nicht tun, anstatt nach den Gründen für ihre Taten zu forschen. Ist es nicht oft so, dass man nur Dinge nicht tut, weil man weiß dass man dafür keinerlei Represalien zu fürchten braucht. Wenn zum Beispiel Diebstahl nicht bestraft würde, in einer gewissen Bevölkerungsschicht, dann würde diese garantiert Diebstäle begehen und ich denke dass es bei Mord nicht anders wäre. Ganz bezeichnend für diese Theorie ist doch die Nazi-Zeit. Gewissen Menschen waren sozusagen vogelfrei und es gab genug, die dies ausgenutzt haben um Menschen zu quälen, zu foltern und zu töten und das liegt gerade mal 50 Jahre zurück. Der Mensch ist gierig, gehässig, brutal und mitleidlos. Das übelste Geschöpf aus Gottes Werkstatt.
    Schlimm fand ich auch die seelische Folter des Mannes, der jahrzehntelang durch sein Kerkerfenster auf sein Haus sehen konnte und immer wieder die gestellten Beerdigungen sehen musste und jahrelang in dem Glauben lebte, dass alle seine Kinder und seine Frau tot seien. Diese Kapitel fand ich überhaupt nicht lustig und sehr ernst und anklagend.


    Das Buch gefällt mir immer besser, denn es stellt hirnloses hinterher rennen von Obrigkeiten in Frage, seien es nun hochgestellte Personen aus Politik und Öffentlichkeit oder die Kirche, die mit ihren Doktrinen jahrhundertelang das Volk dumm gehalten hat.


    Tina, die sich trotz der Uhrzeit nicht von dem Buch losreisen kann.

  • Moin moin!


    Nachdem mir glaubhaft versicherte wurde, dass mir als Nicht-Leserunden-Teilnehmer nicht der Kopf abgerissen wird, wenn ich auch einen Beitrag schreibe, wage ich es mal: denn den Yankee habe ich mehrmals gelesen - kein Wunder, denn einerseits habe ich stets Mark Twain gerne gelesen, andererseits sind die Geschichten und Bücher um König Artus einer meiner Interessenschwerpunkte.



    Je länger ich jedoch in dem Buch gelesen habe, desto mehr ärgerte ich mich über die arrogannte Art und Weise, in welcher Mark Twain auf die Personen aus der damaligen Zeit herabsieht und über sie urteilt. Anscheinend hat er völlig vergessen, dass die Menschheit und auch er seit der damaligen Zeit 13 Jahrhunderte Weiterentwicklung genossen haben.
    Ich finde es, gelinge gesagt, anmaßend, wie er sich mit seinem Wissen aus dem 19. Jahrhundert über diese Menschen lustig macht und dies vergällt mich auch etwas das Weiterlesen.
    Am liebsten würde ich Mark Twain hinter dem Ofen vorziehen und ihm den Kopf waschen.
    Ich bin etwas - sehr - enttäuscht darüber, wie wenig Gedanken er sich über die Menschen von damals macht und wie wenig feinfühlig er ist.
    Er ist so richtig ein Amerikaner - kann alles und weiß sowieso alles besser wie die anderen


    Dem kann ich aus mehreren Gründen nicht zustimmen.


    Zum einem ein eher "technischer" Grund:
    Man darf meiner Ansicht nach Hank Morgan nicht mit Mark Twain gleichsetzen.
    Bei einer Erzählung in der 1.Person liegt es zwar nahe, den Ich-Erzähler mit dem Autor zu verwechseln und fraglos ist es auch sehr häufig so, dass der Ich-Erzähler Gefühle, Ansichten und Meinungen des Autors wiedergibt.
    Auch beim Yankee ist das zweifellos vielerorts der Fall, aber nicht immer.
    Von der Arroganz des Protagonisten darf nicht auf die Einstellung Mark Twains unmittelbar zurückgeschlossen, Hank Morgan ist nicht einfach ein "alter ego" von Mark Twain.
    Da es sich nach allgemeinen und meinem Verständnis bei dem "Yankee" um eine Satire handelt, sehe ich auch in Einstellung und Verhalten Hank Morgans die satirische Überhöhung.


    Zum anderen sprechen meiner Ansicht nach auch einige inhaltliche Gründe gegen Gretchens These Dabei kann kann ich Tinas Aussage voll unterstützen:



    Er schreibt ja auch, dass dieses Verhalten, welches im 6. Jahrhundert an den Tag gelegt wird, in Bezug auf Obrigkeitshörigkeit und Demut, ja seine Ursache in Erziehung und Moral der Zeit haben. Insofern verurteilt er ja nicht den einzelnen Menschen, sondern eher die Lebensumstände und Ansichten diese Jahrhunderts.


    [color=navy]Mark Twains Roman ist eine Satire - eine Satire nicht nur auf das Feudalsystem, sondern ebenso auch auf seine Zeit und letztlich auch auf die USA.
    Natürlich enthält der Yankee auch eine Kritik an dem Feudalsystem bzw. an der Verherrlichung des Feudalsystems und der der Romantisierung des Rittertums: Mark Twain zeigt satirisch auf, das es so romantisch nicht wahr, das Ritter nicht die edlen Menschen waren als die sie damals und auch heute noch vielen Menschen erscheinen.
    Zwar ist die Epoche der Romantik bei Erscheinen des Buches bereits seit etwa 50 Jahren vergangen, aber zumindest in Europa gab es mit der "Neuromantik" Ende des 19., Anfang des 20.Jahrhunderts wieder eine ähnliche Strömung.
    Meine Kenntnisse reichen leider nicht aus, um zu sagen, inwieweit in den USA die Entwicklung wahr.
    Da Mark Twain aber selbst in Europa war und u.a. auch seinen Deutschlandaufenthalt in seinen Reisebeschreibungen als besonders prägend bezeichnet ist es durchaus möglich, dass er von den neoromantischen Strömungen, wenn es sie denn nicht auch in den USA gab, so doch in Deutschland etwas mitbekommen hat (besonders da er sich in einer Stadt aufhielt, die heute noch als besonders romantisch gilt: Heidelberg).
    Und gegen diese Romantisierung hatte er wohl ebenso etwas wie gegen die Romantiserung des Lebens am Mississippi.


    Aber noch weitergehender wendet sich Mark Twain nicht nur gegen die Verherrlichung des Rittertums, zugleich hat diese Kritik eine politische und gesellschaftliche Ebene:
    Im Erscheinungsjahr des Buches gab es zwar in Europa kaum mehr Staaten mit mittelalterlichen Feudalsystem, doch noch hatten viele Staaten (einschließlich Deutschlands) kein so entwickeltes demokratisches und freies System wie die USA .
    Man kann also dem "Yankee" ebenfalls eine Kritik an solchen Staaten entnehmen bzw. noch etwas etwas allgemeiner: die Kritik an Adel, Monarchie und Kirche (und wie gesagt: Mark Twain kannte Europa und Deutschland).


    Es ist nachvollziehbar, dass dabei zunächst die USA als Vorbild dargestellt werden und als ihr "Repräsentant" Hank Morgan.
    Aber: so einfach macht es einem Mark Twain dann auch nicht und er belässt es nicht bei dem bloßen Vorbild USA.
    Denn auch die Figur Hank Morgans und seines Verhaltens erfährt zunehmend Brüche. (Mehr möchte ich zu diesem Zeitpunkt der Leserunde nicht verraten) und schließlich sind die Verhaltensweisen der Menschen in einer demokratischen, freiheitlichen Gesellschaft oft auch nicht so anders als in dem von Twain geschilderten Feudalsystem.
    Menschen wie Merlin und Artus finden sich ebenso wie Obrigkeitshörigkeit und Willkür ja auch in einer (scheinbar?)demokratischen, freien Gesellschaft wie in den USA.
    Letztlich also ist in dem Yankee auch die allgemeine Kritik am menschlichen Verhalten enthalten mit dem Tenor, dass der Mensch unfähig zu Demokratie und Freiheit ist.


    Inwieweit damit Mark Twains Buch überinterpretiert wird und ob eine solche Kritik an politischen und sozialen Verhältnissen wirklich in Mark Twains Absicht lag oder nur aus unserer heutigen hineininterpretiert werden kann ist wieder eine andere Frage - aber Intention und Funktion unterscheiden sich ja häufig.
    Zieht man jedoch die anderen kritischen Werke Mark Twains in Betracht - u.a. eben auch die "Erwachsenenversionen" von Tom Sawyer und Huckleberry Finn oder auch "Prinz und Bettelknabe" - so ist meiner Meinung nach eine solche Interpretation durchaus zulässig.

    [size=10pt]Tschüss und liebe Grüße<br />Rüdiger[/size]

  • Was soll man da noch hinzufügen? :breitgrins: Willkommen in unserer Leserunde, Rüdiger.


    Es ist nachvollziehbar, dass dabei zunächst die USA als Vorbild dargestellt werden und als ihr "Repräsentant" Hank Morgan.

    Deinem Argument mit dem "Vorbild" USA kann ich nicht so ganz zustimmen. Wenn Hank Rittertum und Feudalsystem anprangert, heißt das noch nicht, dass er deshalb alles nach amerikanischem Muster ummodeln möchte. Als das Buch 1889 im Original erschien, war das Thema Sklaverei in den USA noch sehr präsent. Das macht keinen großen Unterschied zu einem Feudalsystem.


    Ich bin nicht recht viel weiter gekommen, gerade mal bis zum 18. Kapitel. Inzwischen stelle ich immer häufiger eine philantropische Tendenz bei Hank fest. Hängt das mit der zunehmenden Akzeptanz seiner Person zusammen? Der Sarkasmus wird etwas weniger (oder habe ich mich mittlerweile daran gewöhnt?), er versucht, seinen Mitmenschen zu helfen und ihnen die Errungenschaften des 19. Jahrhunderts zu vermitteln. Im Moment kommt er mir fast etwas brav vor.


    Grüße
    Doris

  • Hallo nochmal!



    Willkommen in unserer Leserunde, Rüdiger.


    Danke. :smile:



    Was soll man da noch hinzufügen? :breitgrins:


    Na, das zum Beispiel: :zwinker:


    Deinem Argument mit dem "Vorbild" USA kann ich nicht so ganz zustimmen. Wenn Hank Rittertum und Feudalsystem anprangert, heißt das noch nicht, dass er deshalb alles nach amerikanischem Muster ummodeln möchte. Als das Buch 1889 im Original erschien, war das Thema Sklaverei in den USA noch sehr präsent. Das macht keinen großen Unterschied zu einem Feudalsystem.


    Du hast recht. Da habe ich mich in dem Bestreben, einen Zusammenhang mit der "Arroganz" Hanks aufzuzeigen und zu zeigen, warum er so arrogant erscheint, ein wenig vergaloppiert.
    Mark Twains Absicht war es ganz sicher nicht, die USA als Vorbild darzustellen, auch wenn sein Protagonist Hank die Errungenschaften der modernen Welt, deren Repräsentant er ist, und damit auch zunächst den modernen Menschen dem Feudalsystem und dem mittelalterlichen Menschen als überlegen ansieht.


    Oft wird ja der "Yankee" bei der Interpretation auf die Kritik am Feudalsystem und am Rittertum reduziert.
    Das mag eine mögliche Interpretationsebene sein, ich habe aber versucht darzustellen, das man und ich noch erheblich weiter gehen würde:
    es geht für mich bei dem "Yankee" letztlich eben nicht um das Feudalsystem bzw. um die Kritik am Feudalsystem geht (auch wenn es nach meiner Kenntnis zweifellos um die Entglorifizierung des Rittertums ging, von dem Mark Twain nicht viel hielt), sondern um die Kritik an den politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen zu seinen Lebzeiten.
    Und dabei geht eben auch nicht (nur) um die Zustände im "alten", noch monarchistischen Europa, sondern eben auch um die in den USA.
    Diese Kritik transportiert zugleich auch sein Menschenbild, nach dem auch der "moderne" Mensch nicht fähig ist, eine wirklich freie (und demokratische) Gesellschaft aufzubauen. Denn letztlich unterscheidet sich für Twain der moderne Mensch nicht groß von dem Menschen im Mittelalter, trotz der technischen Errungenschaften: auch ihm fehlt weiterhin Einsichtsfähigkeit.


    Inzwischen stelle ich immer häufiger eine philantropische Tendenz bei Hank fest. Hängt das mit der zunehmenden Akzeptanz seiner Person zusammen? Der Sarkasmus wird etwas weniger (oder habe ich mich mittlerweile daran gewöhnt?), er versucht, seinen Mitmenschen zu helfen und ihnen die Errungenschaften des 19. Jahrhunderts zu vermitteln. Im Moment kommt er mir fast etwas brav vor.


    Ich möchte nichts vorwegnehmen, aber ja, Hank Morgan erfährt in diesem Roman eine Entwicklung, er lernt auch dazu und damit lässt seine Arroganz nach.

    [size=10pt]Tschüss und liebe Grüße<br />Rüdiger[/size]

  • Hallo Ihr Lieben,


    da bin ich aber baff, da habe ich ja eine richtige Lawine losgetreten :breitgrins:


    Ich bin gerade dabei, alles aufzuarbeiten und hoffe, dass ich noch heute mit einer Antwort glänzen kann.


    Und auch ich werde Dir, @ lieber Rüdiger, gewiß nicht den Kopf abreißen dafür, dass Du die Dreistigkeit besessen hast, als Nichtleserunden-Teilnehmer hier zu schreiben. :zwinker:


    Ich gehöre leider zu der Gattung Leser, der es Spaß macht, über die verschiedenen Meinungen zu einem Buch zu diskutieren. Es wäre ja langweilig und einer Leserunde nicht würdig, wären alle einer Meinung.


    Vorausschicken möchte ich noch, dass ich Mark Twain für einen genialen Erzähler halte und ich sehr wohl verstanden habe, dass es sich um eine Sartire auf das mittelalterliche Feudalsystem und deren Gepflogenheiten handelt und dass ich eine Kritik daran für durchaus berechtigt halte.


    Auch mag es sein, dass ich etwas überreagiert habe, denn als ich gestern meine Kritik geschrieben habe, hatte ich gerade den langen Ritt des Protagonisten Hank mit redseligen Sandy an den Hof von König Artus' Schwester Morgan le Fay hinter mir und für mein Gefühl hat Mark Twain da etwas zu oft und völlig unbegründet das Mädchen der Dummheit bezichtigt.
    Denn es hat meiner Meinung nach wenig mit Satire zu tun, wenn man Menschen als dumm bezeichnet, die Wörter wie Freiheit und Demokratie nicht begreifen, da sie deren Bedeutung noch gar nicht kennenlernen durften, da die Entwicklung der Menschheit noch nicht so weit fortgeschritten war.
    Nur dadurch, dass die Menschheit sich immer weiterentwickelt hat, konnte der Protagonist Hank Morgan oder auch Mark Twain selbst, die Errungenschaften der Zivilisation des 19. Jahrhunderts genießen.


    Etwas zweifelhaft finde ich auchdie Vorbildfunktion der Vereinigten Staaten, die zwar unzweifelhaft die erste demokratische Verfassung bekommen haben, aber unleugbar ist auch, dass diese Verfassung nur für einen bestimmten Teil der Menschen dort galt und die anderen, nämlich die Sklaven und Indianer, außen vor standen, die Vereinigten Staaten also im Hinblick auf die Menschenrechte auch schon damals kein so wahnsinnig gutes Beispiel war.


    Und selbst ein Aufleben der Ritterromantik in Europa im 19. Jahrhundert erklärt nicht die Gnadenlosigkeit und Kompromißlosigkeit mit der Mark Twain das Rittertum, die damaligen Traditionen und den Glauben attackiert.


    Selbst wenn er nicht die Menschen selbst kritisiert, wie Tina schreibt, sondern die Lebensumstände, so ändert sich nichts, denn die Lebensumstände waren damals nun mal so, was also hätten sie ändern sollen, sie kannten es ja nicht besser.


    @ hallo Rüdiger, zu Deiner These, dass Hank Morgan nicht die Meinung von Mark Twain wiedergibt, möchte ich nur anmerken, dass meiner Meinung nach jeder Schriftsteller seine eigene Meinung in seinen Werken vertritt und ich denke auch, dass Hank die Meinung von Mark Twain wiedergibt.



    Obwohl es noch einiges zu sagen gäbe, möchte ich jetzt zum Ende kommen und mich der Meinung von tina anschließen, die sehr treffend bemerkte:


    Das Buch gefällt mir immer besser, denn es stellt hirnloses Hinterherrennen von Obrogkeiten in Frage, seien es nun hochgestellte Personen aus Politik und Öffentlichkeit oder die Kirche, die mit ihren Doktrinen jahrhundertelang das Volk dumm gehalten hat.


    Tina, die sich trotz der Uhrzeit nicht von dem Buch losreisen kann.


    Besser kann man es nicht sagen.


    Liebe Grüße an alle


    gretchen :winken:

  • Hallo Doris,


    vielen Dank der Nachfrage, das Zeltlager war klasse, nur am Donnerstag etwas verregnet, aber am Freitag sind wir ja auch abgereist.


    Das Zeltlager ist mir also nicht auf den Magen geschlagen.
    Aber jetzt bin ich froh, wieder in meinem richtigen Bett schlafen zu können.


    Entschuldigung ist etwas off topic


    Liebe Grüße :winken:


    gretchen

  • Moin Gretchen!


    Da haben sich unsere Beiträge gestern ja etwas überschnitten - leider kam ich nicht mehr dazu, nochmal zu antworten.



    da bin ich aber baff, da habe ich ja eine richtige Lawine losgetreten :breitgrins: ...
    Ich gehöre leider zu der Gattung Leser, der es Spaß macht, über die verschiedenen Meinungen zu einem Buch zu diskutieren. Es wäre ja langweilig und einer Leserunde nicht würdig, wären alle einer Meinung.


    Gott sei Dank gehörst Du zu der Gattung Leser :smile: - die Möglichkeit zur Diskussion ist ja auch der Grund für meine Teilnahme an diesem Forum.



    Denn es hat meiner Meinung nach wenig mit Satire zu tun, wenn man Menschen als dumm bezeichnet, die Wörter wie Freiheit und Demokratie nicht begreifen, da sie deren Bedeutung noch gar nicht kennenlernen durften, da die Entwicklung der Menschheit noch nicht so weit fortgeschritten war.


    Wenn es Mark Twain dabei einfach beließe, hättest Du sicher recht. Aber das tut er nicht - vielleicht erschließt sich das aber erst im weiteren Verlauf der Geschichte.
    Das allerdings nicht alles in diesem Buch gelungen ist, gebe ich auch gerne zu - ab und an ist es einfach auch mal nur platt, manchmal einfach nur albern.


    Nur dadurch, dass die Menschheit sich immer weiterentwickelt hat, konnte der Protagonist Hank Morgan oder auch Mark Twain selbst, die Errungenschaften der Zivilisation des 19. Jahrhunderts genießen.


    Es zeigt sich, das eben alleine die Errungenschaften der Zivilisation nicht dazu führen, ein Verständnis für Freiheit und Demokratie zu entwickeln, wenn die Einsichtsfähigkeit des Menschen fehlt - und die fehlt nach Twains Ansicht eben nicht nur dem Menschen des Mittelalters. Insofern findet gar keine Weiterentwicklung statt.


    Etwas zweifelhaft finde ich auch die Vorbildfunktion der Vereinigten Staaten, die zwar unzweifelhaft die erste demokratische Verfassung bekommen haben, aber unleugbar ist auch, dass diese Verfassung nur für einen bestimmten Teil der Menschen dort galt und die anderen, nämlich die Sklaven und Indianer, außen vor standen, die Vereinigten Staaten also im Hinblick auf die Menschenrechte auch schon damals kein so wahnsinnig gutes Beispiel war.


    Ja, das war ein missglückter Interpretationsversuch.


    Und selbst ein Aufleben der Ritterromantik in Europa im 19. Jahrhundert erklärt nicht die Gnadenlosigkeit und Kompromißlosigkeit mit der Mark Twain das Rittertum, die damaligen Traditionen und den Glauben attackiert.


    Sein Protagonist Hank Morgan geht zunächst davon aus, dass er aufgrund der (technischen) Errungenschaften der Zivilisation etwas an den Zuständen des Mittelalters ändern kann, dass diese Menschen dort noch "unterentwickelt" sind. Hank Morgan hält sich anfangs für überlegen, kann aber letztlich selbst das feudale System und die Menschen, die in ihm leben, gar nicht verstehen.
    Es mag sein, dass bereits dieser Umstand sein Vorhaben scheitern lässt.
    Ich weiß, das ein Argument nicht besser wird, je öfter man es wiederholt, aber für mich ist das ein zentraler Punkt nicht nur in diesem Buch Mark Twains, sondern in seinem gesamten Werk, also nochmal:
    Ich glaube, dass Mark Twain weitergehender aufzeigen wollte, dass eben die technischen Errungenschaften alleine nicht zur Verbesserung der Zustände beitragen, wenn sie nicht begleitet werden von einer Einsichtsfähigkeit des Menschen.
    Und diese Einsichtsfähigkeit, letztlich die Fähigkeit zum Leben in Frieden und Freiheit, spricht Mark Twain nicht nur den scheinbar unterentwickelten Menschen des Mittelalters ab, sondern auch dem Menschen seiner (und unserer?) Zeit.


    Aber in diesem Zusammenhang fällt mir noch etwas ein:
    Twain gehörte zu jenen Kreisen amerikanischer Schriftsteller, die versuchten, der amerikanischen Literatur ein eigenes Gesicht, eine eigene Identität zu verleihen und sie von der europäischen, vorrangig der englischen Literatur abzugrenzen. Möglicherweise liegt auch darin die Härte begründet, mit der Mark Twain Rittertum und Romantik attackiert. Dann würde es sich auch um eine "Abrechnung" mit der alten europäischen Literatur handeln. Aber da müsste ich noch tiefer graben, ist nur ein Gedanke.



    @ hallo Rüdiger, zu Deiner These, dass Hank Morgan nicht die Meinung von Mark Twain wiedergibt, möchte ich nur anmerken, dass meiner Meinung nach jeder Schriftsteller seine eigene Meinung in seinen Werken vertritt und ich denke auch, dass Hank die Meinung von Mark Twain wiedergibt.


    Ich stimme mit Dir völlig über ein, dass Mark Twain in dem Buch seine eigene Meinung vertritt.
    Aber für mich ist das nicht gleichbedeutend damit, das sein Protagonist Hank Morgan als handelnde Person im Buch Mark Twains Meinung vertritt oder gar immer vertreten muss.
    Das ist meiner Ansicht nach nicht der Fall - tatsächlich zeigt Mark Twain ja auch Fehler auf, die sein Protagonist begeht, und die er nicht begehen würde, wäre er Mark Twain.

    [size=10pt]Tschüss und liebe Grüße<br />Rüdiger[/size]

  • Hallo,


    ich habe mittlerweile wieder ein Stückchen weitergelesen und habe das 21. Kapitel beendet.


    Herzhaft lachen musste ich dann doch an der Stelle, als Hank und Sandy zu diesem Schweinestall kamen mit den "Prinzessinen". Wahrlich eine Heldentat, diese waghalsige Rettung, der Jungfrauen, vor dem Unhold. :breitgrins:
    Trotzdem bin ich froh nicht in seiner Haut stecken zu müssen. Ich glaube nicht, dass ich so ohne weiteres im 6. Jahrhundert hätte leben können. Das hat mich auch etwas verwirrt, denn ich finde, dass Hank einfach zu gut mit dem veränderten Lebensumständen zurecht kommt. Mir erscheint es zu einfach.


    Viele Grüße Tina

  • ...Ich glaube, dass Mark Twain weitergehender aufzeigen wollte, dass eben die technischen Errungenschaften alleine nicht zur Verbesserung der Zustände beitragen, wenn sie nicht begleitet werden von einer Einsichtsfähigkeit des Menschen.
    Und diese Einsichtsfähigkeit, letztlich die Fähigkeit zum Leben in Frieden und Freiheit, spricht Mark Twain nicht nur den scheinbar unterentwickelten Menschen des Mittelalters ab, sondern auch dem Menschen seiner (und unserer?) Zeit.


    Manchmal kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass gerade die technischen Errungenschaften dazu beitragen, die Kluft zwischen Freiheit und Unterdrückung noch weiter aufklaffen zu lassen. Die westliche Welt möchte ich davon ausnehmen, aber in anderen Ländern führt die Technik in den Händen einiger weniger Privilegierter letzten Endes auch nur dazu, dass der Großteil der Bevölkerung mit dem Existenzminimum leben muss, während der kleine Rest den Rahm abschöpft. Oder die Technik trägt dazu bei, dass Staaten unter einem Militärregime oder Terrorismus leiden müssen. Das würde ich auf keinen Fall als unterentwickelt bezeichnen, aber von einer Fähigkeit zu Frieden und Freiheit ist nichts zu spüren.


    Hank in unserem Buch versucht unterdessen, die Entwicklung seiner Mitmenschen zu fördern, indem er sie mit Seife oder Zylinderhüten vertraut macht. Ich bezweifle, dass er damit recht weit kommt. Aber man merkt, dass er sich allmählich ändert.


    Langsam verbringe ich mehr Zeit damit, die Postings hier zu lesen als das Buch. Nie hätte ich damit gerechnet, dass sich die Leserunde so interessant entwickelt :klatschen:


    Grüße
    Doris

  • Ich glaube nicht, dass ich so ohne weiteres im 6. Jahrhundert hätte leben können. Das hat mich auch etwas verwirrt, denn ich finde, dass Hank einfach zu gut mit dem veränderten Lebensumständen zurecht kommt. Mir erscheint es zu einfach.


    Für mich ist es sogar unvorstellbar, im 21. Jahrhundert in radikal veränderten Lebensumständen zurecht zu kommen. Wenn ich mir vorstelle, ich würde jetzt nach Afghanistan oder in brasilianische Favelas gebeamt werden :entsetzt:. Nichts anderes ist Hank ja passiert. Aber er ist einer vom Typ Chamäleon - passt sich überall an und macht das Beste daraus. Zu einfach erscheint mir dagegen, dass er sich am Hof so schnell etablieren konnte. Konnte es sich ein König damals leisten, so gutgläubig zu sein, dass er einen völlig Fremden an eine wichtige Position setzt, auch wenn dieser sich mit einer angekündigten Sonnenfinsternis als scheinbar mächtig erweist?


    Was mich im 21. Kapitel entsetzt hat, war der Zug der Sklaven. Fast unvorstellbar, dass es das wirklich gab.


    Grüße
    Doris